An der SMTconnect in den Nürnberger Messehallen beteiligten sich neben langjährigen auch einige neue Aussteller. Die Besucher nutzten die Messe für Networking und Fachgespräche mit dem Ziel, die Elektronikproduktion weiterzuentwickeln.
Rund 8.400 Besucher konnten sich über Innovationen und Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Elektronikfertigung informieren. Nach dem Motto ‚Driving Manufacturing Forward' waren in diesem Jahr Nachhaltigkeit, Obsoleszenzmanagement und KI in der Elektronikfertigung Highlight-Themen der SMTconnect. Viele Gespräche zwischen den knapp 230 ausstellenden Unternehmen bzw. Partnern und den Besuchern spiegelten die aktuelle Stimmung wieder. Und auch über die Messe an sich wurde oft gesprochen.
„Für mein Team und mich ist die SMTconnect seit Jahren ein fixer Termin im Kalender“, so Sandra Paggen-Breu, Geschäftsführerin Paggen Werkzeugtechnik, die bereits seit 25 Jahren fester Teil der Aussteller-Community ist. „Wir freuen uns jedes Jahr auf das Klassentreffen der Elektronikbranche und bringen immer spannende Projekte mit nach Hause“.
„Die SMTconnect ist meine absolute Lieblingsmesse“, bestätigt Stefan Janssen, Geschäftsführer Fuji Europe. „Ich besuche sie seit fast 30 Jahren. Hier bekommen wir von den Kunden direktes Feedback zu unseren Produkten – das ist für uns unglaublich wertvoll. Wir freuen uns, bei diesem Branchentreffen in den Austausch mit all den anderen Marktbegleitern zu gehen. Hier bekommen wir einen optimalen Marktüberblick und erfahren alles über die aktuellsten Trends und Entwicklungen“.
Rahmenprogramme in allen drei Hallen - Branche zeigt sich optimistisch
Das Forenprogramm mit Fachvorträgen, Podiumsdiskussion und Produktvorstellungen bot auch in diesem Jahr vielfältige Informationen. Dr. Sandra Engle, VDMA, und Volker Pape, VDMA und Viscom, gaben am ersten Messetag einen Marktausblick auf den Elektronikmaschinenbau. Die Branche zeigt sich optimistisch. Laut einer Umfrage unter Mitgliedern des VDMA Fachverbands EMINT (Electronics Micro and New Energy Production Technologies) beurteilen 46% der befragten Unternehmen den bisherigen Geschäftsverlauf besser als im Vorjahreszeitraum und mehr sehen Wachstumschancen bei den Umsätzen. Für 2023 berichten 24% der Unternehmen eine Stagnation. Dieser Wert reduziert sich für 2024 um 13%. Für 2023 prognostizieren 1% ein Wachstum von 0 - 5%, dieser Wert soll sich auf 21% für das Jahr 2024 erhöhen. 43% der Unternehmen sehen für 2023 ein Wachstum von 5 - 10%. Wesentlich für die positive Perspektive sind Entspannungstrends seit Juni 2022 in den vorgelagerten Lieferketten. Insbesondere im Bereich Elektrotechnik/Elektronikkomponenten-Zulieferungen haben sich die Engpässe merklich verringert. Allerdings bleiben aus Sicht der Elektronikmaschinenbauer die Lieferengpässe für elektronische Bauelemente bestehen. Personalbestand und Fachkräftebedarf bleiben im Fokus: 30% der Unternehmen beurteilen den Fachkräfteengpass als gravierend. 55% der Productronic-Unternehmen streben einen Personalaufbau an, rund 45% planen keine Änderungen. Hohe Preise bei Energie und Rohstoffen sowie Vorprodukten führen bei 74 % der Unternehmen zu merklichen Beeinträchtigungen. 65% der Elektronikmaschinenbauer beurteilen die Preissituation eingekaufter Vorprodukte als schlecht.
Tiefere Einblicke in die Elektronikfertigung bot wie in den Vorjahren die Fertigungslinie ‚Future Packaging', die wieder vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) organisiert wurde. Im Mittelpunkt stand das Thema ‚Trust the Line – Wettbewerbsfähigkeit durch Vertrauen, Sustainable Tool- und Supply Chain'.
Ausstellung bot einen guten Überblick und viele Anregungen
ASYS stellte seiner Mission ‚Everything´s connected' entsprechend eine Vielzahl an flexiblen und skalierbaren Lösungen für die Fertigung der Zukunft aus. Darunter waren der autonome Nutzentrenner mit Offline-Programmierung ASYCAM Extended, der weltweit erste vollautomatische Drucker SERIO 6000 mit neu entwickelter Pastenaufnahme sowie Materiallogistikkomponenten für die verbrauchsorientierte Nachversorgung, die die Bediener mit ‚Pick-by-Light' visuell unterstützen und so Fehler reduzieren, und die PULSE PRO Software-Lösung, mit der man die Übersicht behält, egal wo man sich befindet.
Die ATEcare bietet neben Test- und Inspektionssystemen in Zusammenarbeit mit dem Materiallagerspezialisten cts Lösungen für das Materialmanagement an, nebst Service- und Beratungsdienstleistungen rund um das Thema Bauteil- und Baugruppentransport in der Intralogistik. Mit Materialwirtschaft ‚by ATEcare' werden die Kunden vom Auslesen der Daten, dem Verknüpfen dieser Informationen in den ERP-, MES- und weiteren Systemen bis hin zur Auswertung und Interpretation der Daten unterstützt. Des Weiteren bietet ATEcare alle notwendigen Hardware-Komponenten, die für ein effizientes und zuverlässiges Materialmanagement erforderlich sind, vom Hochleistungs-Scan-Tisch für den Wareneingang bis hin zum komplexen, vollautomatisierten Lagersystem und autonomen Transportsystemen auf Omron-Basis.
Das Smart In-Production Warehouse von cts, das jetzt auch in einer kleinen Variante verfügbar ist, bildet eine effektive Lösung für das Einlagern von Baugruppenmagazinen, die den Bedarf an Fläche für das Lagern signifikant reduziert. Das intelligente Lagersystem ist modular aufgebaut und bietet die Möglichkeit, an die individuellen Bedürfnisse des Kunden angepasst zu werden. Im Kern bewegt sich ein innovatives, raumsparendes Greifsystem und sorgt für ein effektives Ein- und Auslagern. Dieses Konzept bietet nicht nur die Möglichkeit, Leiterplattenmagazine einzulagern, sondern durch Modifikationsmöglichkeiten können z. B. auch KLT-Boxen für zusätzliches Material wie Artikel für die Endmontage oder Trays mit Halb- und Fertigerzeugnissen eingelagert werden.
Balver Zinn ist Hersteller von Loten und hochwertigen Anoden aus Zink, Zinn, Blei und deren Legierungen sowie Spezialdrähten aus Zinn und Blei für die Elektronikindustrie und Oberflächenveredelung. Cobar Europe ist Mitglied der Balver Zinn Gruppe und produziert Flussmittel und Lotpasten. Nicht erst mit der Einführung von e-CO2sol ist Nachhaltigkeit ein Thema für Balver Zinn, vielmehr ist es seit je her selbstverständlich für das Unternehmen. Neu ist die zuverlässige, niedrigschmelzende Legierung SnBi28, die als Stangenmaterial für Selektivlötanlagen sowie als robuste Lotpaste JEAN-151 angeboten wird. Die Lotpaste JEAN-151 SnBi28 ist perfekt für das Reflowlöten und für die Dampfhase geeignet. Darüber hinaus hat Balver Zinn eine neue Serie von Reinigern mit ins Programm genommen, wie den Spray Cleaner, der als Sprühreiniger zur ESD-sicheren Entfernung von Flussmittelrückständen geeignet ist. Der Equipment Cleaner ist ein schäumendes Gel zur manuellen Reinigung aller Arten von Lötsystemen. Der Multi Cleaner ist ein wässriger, pH-neutraler Breitbandreiniger für das Entfernen von Rückständen. Er eignet sich zum Entfernen von Flussmittelrückständen, Ölen und Fetten.
Erstmals seit 2019 war wieder der Cluster Mechatronik & Automation mit einem Gemeinschaftsstand vertreten. Zusammen mit vier Mitausstellern aus dem Netzwerk präsentierte sich der Cluster in Halle 5. Auf dem Gemeinschaftstand stellten Schärer + Kunz, das Fraunhofer EMFT und die Bavarian Chips Alliance von Bayern Innovativ aus. Zudem präsentiere sich das Verbundprojekt ‚Additive4Industry – Printed electronics on 3D substrates' mit den beiden Projektpartnern FAPS und Neotech AMT GmbH.
Göpel electronic präsentierte mit dem neuen System Vario Line 3D SPI ihre innovative Systemlösung für die 3D-Inspektion von gedruckten Lot- und Sinterpasten. Das neue System basiert auf der bewährten Hardwareplattform der AOI-Produktfamilie Vario Line. Herzstück ist das auf Streifenprojektion basierende High-Speed-3D-Inspektionsmodul, das durch seine fortschrittliche Technologie ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit gewährleistet. Mit dem Vario Line 3D SPI ist es nicht nur möglich, Strukturhöhen von nur 30µm zu prüfen. Zusätzlich ermöglicht eine Closed Loop Schnittstelle die direkte Vernetzung zu Pastendruckern bzw. Bestückungsautomaten. Es verfügt über eine Verknüpfung zu Pilot Connect, dem einheitlichen Vernetzungssystem aller Inspektionsdaten von AOI, SPI und AXI für die zentrale Erfassung und Verwaltung der Maschinen- und Betriebsdaten.
Als Highlight wurde das neue SFX TIC022-HVPRG/SR vorgestellt. Es ist eine spezielle TAP Interface Card als externe Testschnittstellenlösung für sämtliche Scanflex II Controller SFX II CUBE und SFX II BLADE. Es ergänzt das bestehende Spektrum der TAP Interface Cards (TIC) um eine Variante zur flexiblen Ansteuerung beliebiger serieller Testbus- und Debug-Protokolle. Dazu gehören neben JTAG auch SWD, BDM, SBW, PIC1X und HS/CSI. Durch die rekonfigurierbare Architektur kann der Protokollumfang auch bei bereits installierten Modulen jederzeit erweitert werden. Softwareseitig wird es von der integrierten JTAG/Boundary Scan Plattform System Cascon unterstützt. Mit Hilfe der VarioTAP-Technologie können somit Prozessoren und µController ohne Firmware zu sehr leistungsfähigen Design-Embedded Test- und Programmierinstrumenten transformiert werden. Darüber hinaus lassen sich mit der neuen Karte auch BS-Tests gemäß IEEE1149.x realisieren, was Kombinationstests mit höchster statischer und dynamischer Fehlerabdeckung ermöglicht. Das SFX TIC022-HVPRG/SR stellt dabei eine zusätzliche Programmierspannung zur Verfügung, die beispielsweise zur HV-Programmierung von Microchip PIC Bausteinen notwendig ist. Damit können auch bereits programmierte und für den Standardzugriff gesperrte Bausteine wieder gelöscht und erneut programmiert werden.
SmartRep präsentierte SMT-Prozessmaschinen vom Bestücken bis zum Nutzentrennen sowie 3D- Inspektionssysteme und Materialflusslösungen. Darunter war der neue Röntgen-Bauteilzähler Hawkeye2000. Er erfasst die Barcodes und die Position der Rolle automatisch und ordnet die Zählergebnisse im MES/ERP-System automatisch zu. Der Nachfolger des Hawkeye1000 punktet mit der zusätzlichen SmartCamera-Funktion und macht damit den Prozess noch schneller und digitaler.
Das automatische Nutzentrennen wurde von SmartRep zusammen mit LPKF Laser & Electronics präsentiert. SmartRep setzt auf Vereinzelung mittels Laser und bietet Automatisierungslösungen in verschiedenen Stufen an. Diese reichen von halbautomatischen Wannenlösungen über Cobot-Systeme mit Testinsel bis zum vollautomatischen Loading Master. Durch neuste Technologien und den Einsatz leistungsstarker Laserquellen ist der Laser-Nutzentrenner zu einer echten Alternative für das Fräsen von Leiterplatten geworden. In der neuen 3000-Serie von LPKF wird die patentierte Tensor-Technologie eingesetzt, mit der höchste Schnittgeschwindigkeiten und zu 100% saubere Schnittkanten erreicht werden.
Die Allround-Plattform iineo+ von Europlacer für die Bestückung bietet eine hohe Bestückleistung und ist zugleich so flexibel aufgebaut, dass sie in jeder High-mix-low-volume Fertigung eingesetzt werden kann. Denn 10 JEDEC Trays, 264 Feederplätze und elektrischer Test sind schon in der Standardausführung integriert.
Viscom präsentierte mit dem iS6059 PCB Inspection Plus ihr neuestes 3D-AOI-System. Es bietet neun Ansichten in erstklassiger Auflösung und mit 26% mehr Pixeln als das AOI-System S3088 ultra gold. Variable Beleuchtungen, größere geneigte Bildfelder bei gleicher Auflösung, noch weiter gesteigerte Datenübertragungsraten kombiniert mit 25% schnelleren Aufnahmen und umfangreiche Vernetzungsoptionen bieten eine solide Basis für unschlagbare linienintegrierte Performance. Um bei geringen Taktzeiten vollautomatisch nachzuprüfen, ob auch die Lötverbindung des kleinsten elektronischen Bauteils noch akzeptabel ist, bietet die iS6059 PCB Inspection Plus ausgereifte Prüfmethoden. Ein weiteres 3D-AOI-System am Messestand war das S3088 ultra chrome, das im Zusammenspiel mit modernstem Handling und einer smarten Verifikation gezeigt wurde, welche mit künstlicher Intelligenz neue Formen der Hilfestellung bietet.
KI ist aktuell ein großes Thema bei Viscom. Sie kommt u. a. zum Einsatz, wenn es darum geht, bei einer Röntgeninspektion Voids in Lötverbindungen zu vermessen und Fehler aufgrund individueller Faktoren auszuschließen. Diese und andere verdeckte Fehlertypen erkennen Viscom-Systeme wie die auf der SMTconnect gezeigte iX7059 PCB Inspection XL.
Die nächste SMTconnect wird voraussichtlich vom 11. – 13. Juni 2024 stattfinden.
Auf der parallel stattfindenden Messe für Leistungselektronik (PCIM Europe) war deutlich mehr los. Kein Wunder: Leistungselektronik liegt im Trend. Bei einer Panel-Discussion wurden die Zuverlässigkeits- und Qualitätsanforderungen für SiC- und Gan-Power-Devices erwogen – und die revolutionären Möglichkeiten, die sich durch die neuen Materialien ergeben. Als Vergleich wurde die Frage gestellt, welche seiner Visionen Leonardo DaVinci hätte umsetzen können, wenn ihm andere Materialien als Stoff und Holz zur Verfügung gestanden hätten. Die Leistungselektronik stünde nun an einem ähnlichen Scheideweg.