165 Aussteller präsentierten auf der SMTconnect 2024 den mehr als 7.100 Besuchern ihre Produkte und Lösungen. Die Messe war, da nur wenige echte Neuheiten vorgestellt wurden, vom persönlichen Austausch geprägt. Anders die parallel stattfindende PCIM Europe 2024: Sie verzeichnete mit 637 Ausstellern (60 % international) und über 18.000 Besuchern eine beeindruckende Resonanz mit Rekordwerten und bot etliche Neuheiten.
Der Erfolg der PCIM Europe spiegelte sich in der positiven Stimmung und Kommentaren wider: „Für uns bei Heraeus Electronics ist die PCIM Europe die weltweit größte Messe für Leistungselektronik. Die Veranstaltung ist international, interaktiv und inspirierend. Hier können wir alle internationalen Geschäftspartner auf dem Leistungselektronikmarkt treffen und neue Technologien und Entwicklungen diskutieren. Wir lassen uns nicht nur davon inspirieren, sondern auch von anderen Geschäftspartnern. Auf der PCIM Europe haben wir die Möglichkeit, dies persönlich zu besprechen”, sagte Manuel Fischer, EVP, Global Head of HR, Marketing Communication & Sustainability bei Heraeus Electronics. „Ich spüre jedes Jahr auf der PCIM Europe die Leidenschaft für die Leistungselektronik. Ich schätze dies in Kombination mit der Interaktion über alle Nationalitäten hinweg. Zusammen verfolgen wir unser gemeinsames Ziel, unsere Gesellschaft global in Richtung Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit zu entwickeln”, so Toshiro Fujimura, BU President, Semiconductor – European Business Group bei Mitsubishi Electric Europe B.V. .
Am ersten Messetag informierten Dr. Sandra Engle, VDMA Productronic, und Volker Pape, Viscom AG und Vorsitzender der Fachabteilung VDMA Productronic, im Rahmen einer Pressekonferenz ausgehend von einer Lagebeurteilung über die „Netzwerkaktivitäten VDMA Productronic für den Maschinenbau in der Halbleiterwertschöpfungskette“. Stand Juni 2024 zeichnet sich eine leichte Stabilisierung des Auftragseingangs im Maschinenbau ab, aber noch unter dem Niveau von 2019. Im April gab es ein Plus von 10% zum Vorjahr. Die Unternehmen reagieren auf die schwache Nachfrage. Fast die Hälfte reduziert den Einsatz von Zeitarbeitern und bei gut einem Drittel nehmen die Zeitguthaben der Arbeitszeitkonten ab. Die Lageeinschätzung ist durchwachsen. Tendenziell wird in den nächsten Monaten eine leichte Verbesserung erwartet. Dabei werden die Absatzchancen für Nordamerika positiv, aber die Absatzchancen in anderen Regionen eher schlechter bewertet. Für 2024 erwarten 67 % der Unternehmen eine Umsatzentwicklung zwischen -5 % und +5 %. Für 2025 sind die Erwartungen etwas besser. Ähnlich sieht es bei den Investitionserwartungen aus. Dr. Sandra Engle und Volker Pape gingen auch auf die Mitgliederentwicklung sowie die Netzwerkaktivitäten und Veranstaltungen des VDMA Productronic ein. Darunter war die neue Initiative „Netzwerk Chip Design Germany (CDG)“ zur Stärkung der Mikroelektronik.
Das Messeforum in Halle 4 bot an allen Tagen Informationen zu aktuellen Themen, u. a. zum KI-Einsatz in der Elektronikfertigung, zu Industrie 4.0 und zur Fertigung in der Leistungselektronik. Am meisten besucht wurden die Keynote ‚Innovative Aufbau- und Verbindungstechnik in der Leistungselektronik – Einblick in die Forschung' von Nils Thielen, Forschungsbereichsleiter Elektronikproduktion der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sowie der Vortrag ‚Neue Applikation für den Laser in der Elektronikproduktion – Kabel auf Leiterplatten lasern' von Uwe Kriegshäuser, Geschäftsführer der Firma Schnaidt.
Gut besucht war auch der Vortrag von Markolf Hoffmann, Chefredakteur der PLUS vom Eugen G. Leuze Verlag, zum Fachkräftemangel in der Elektronikindustrie. Im Rahmen einer laufenden journalistischen Recherche hat er u. a. Auszubildende, Ausbilder und Studierende befragt, um zu ergründen, warum sich die Situation trotz vieler Angebote für Jüngere zuspitzt und warum die Industrie andererseits zunehmend Probleme hat, neue Kräfte zu finden und zu binden. Ist die Generation Z nicht mehr für den Arbeitsmarkt erreichbar? Sollte der Fokus in einer sich ändernden Gesellschaft auf älteren Arbeitnehmern oder auf Quereinsteigern liegen? Welche Strategien wenden einzelne Firmen mit Erfolg an und welche erweisen sich als ungenügend? Wie blicken Jugendliche und kommende Arbeitnehmer selbst auf ihre berufliche Zukunft? Markolf Hoffmann berichtete über Zwischenergebnisse, indem er die bisher ermittelten Fakten aufzählte, und stellte erste Thesen auf. So ist der Fachkräftemangel ein globales Problem und die ständige Weiterbildung eine Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen. Die Generation Z orientiert sich an Influencern, weshalb Ausbildung und Berufswahl von diesen interessant und anspruchsvoll behandelt werden sollten und der Fokus nicht nur auf das schnelle Geld gelegt wird. Vorbilder und geeignete Ausbilder sind wichtig. Für die Unternehmen können Mitarbeiter als Botschafter bzw. Influencer in den Sozialen Medien agieren. Auch Berufsfremde bis hin zu Geisteswissenschaftlern sollten als Potenzial betrachtet werden. Es gibt noch viele Möglichkeiten.
The ‚REAL DEAL'
Die vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) organisierte Fertigungslinie ‚Future Packaging' mit 18 teilnehmenden Firmen bzw. Mitausstellern stand in diesem Jahr unter dem Motto ‚See the REAL DEAL'. Anhand verschiedener Live-Produktionsvorführungen wurde dargestellt, wie durch einen höheren Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad die Prozesse robuster gegen Störungen und äußere Einflüsse gestaltet werden können. Wie in den Vorjahren moderierte Ulf Oestermann, Fraunhofer IZM, die mehrmals täglich stattfindenden Live-Führungen. Er hielt zudem einen Forumsvortrag über ‚Die Linie ‚See the REAL DEAL' – Automatisierung und Digitalisierung für robuste Prozesse und Technologien“.
PCIM-Begleitveranstaltungen noch on demand verfügbar
Das Rahmenprogramm der PCIM Europe war so umfangreich wie nie zu vor. Mit der begleitenden Konferenz bot sie eine Plattform, die Industrie und Wissenschaft miteinander verbindet. In 472 hochkarätigen Vorträgen konnten sich die 952 Konferenzteilnehmer aus 38 Ländern über Details sowie neueste Forschungsergebnisse und Entwicklungen der Leistungselektronik informieren. Dabei standen zukunftsweisende Themen wie Energieeffizienz, Elektromobilität und Energiespeicherung im Vordergrund.
Zudem boten vier ‚Stages' in den Hallen den Messebesuchern die Gelegenheit, ihr Fachwissen zu vertiefen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Das vielseitige Programm umfasste aktuelle Fachvorträge, innovative Produktpräsentationen, praxisnahe Anwendungsbeispiele und interessante Podiumsdiskussionen. Die Themenvielfalt erstreckte sich von leistungselektronischen Produkten für die Elektromobilität und Energiespeicherung bis hin zur Leistungselektronikfertigung. Die ‚University Research Zone' ermöglichte mit täglich wechselnden Universitäten und Instituten einen Einblick in die aktuelle Forschungslandschaft der Leistungselektronik. Das gesamte Vortragsprogramm der PCIM Europe steht bis zum 31.07.2024 on demand zur Verfügung. Damit können auch Aussteller- und Produktprofile erkundet sowie Networking-Möglichkeiten mit der Community genutzt werden. Die Inhalte der Fachmesse sind frei zugänglich. Der Zugang zu den Konferenzvorträgen ist über ein entsprechendes Ticket möglich, welches noch erworben werden kann. Seit 2008 prämiert die PCIM Europe Konferenz herausragende Beiträge und fördert junge Talente in der Leistungselektronikbranche. Aus über 500 Einreichungen hat der Fachbeirat der PCIM Europe unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Leo Lorenz, ECPE, die fünf Preisträger ausgewählt. Die PCIM Europe Konferenz Awards wurden durch Prof. Dr. Leo Lorenz und die diesjährigen Konferenzsponsoren Littelfuse, Mitsubishi Electric und Semikron Danfoss im Rahmen der Konferenzeröffnung überreicht. Den Best Paper Award gewannen:
- Bhaskar Chatterjee, Robert Bosch, für den Beitrag ‚A Partial Load Three-Phase Triangular Current Mode Modulation Concept with an Optimized Filter Inductor for High Efficiency Traction Drives'
- Michael Hanf, Universität Bremen, für den Beitrag ‚Corrosion Resistant Packaging for Power Semiconductor Modules – Modified Insulation Materials for Contaminated Environments'
- Dennis Helmut, Universität der Bundeswehr München, für den Beitrag ‚Characterization of Power-Module Parasitics: Sub-Nanosecond Large Signal Pulsing vs. Double-Pulse Testing'
- Mit dem Young Engineer Award ausgezeichnet wurde Adriana Campos, SuperGrid Institute, Frankreich, für ihren Beitrag ‚CO2 Footprint of Medium Voltage DC Solid State Transformer'.
- Mit dem Young Researcher Award ausgezeichnet wurde Andreas Horat, ETH Zürich, Schweiz, für seinen Beitrag ‚Highly-Compact Bearingless Axial-Flux Motor for a Pediatric Implantable Fontan Blood Pump'.
Informationen und Beispiele von Exponaten beider Ausstellungen
Die Unterschiede zwischen der SMTconnect und der PCIM Europe waren deutlich: es waren zwei Messewelten. Denn während auf der SMTconnect manche Elektronikproduktionsmaschinenbauer ihre Produkte gar nicht oder nur auf den Ständen ihrer Händler präsentierten, war auf der PCIM Europe praktisch alles vertreten, was in der Leistungselektronik einen Namen hat. Darunter waren auch einige Unternehmen, die früher auf der SMT Aussteller waren. Dementsprechend war es um die vorgestellten Neuheiten – viele wurden bereits im letzten „PLUS-Heft“ erwähnt – und Standpressekonferenzen bestellt.
So veranstaltete nur Viscom auf beiden Messen auf ihren Ständen eine Pressekonferenz und stellte dort verschiedene Produkte für unterschiedliche Anwendungen aus.
Vision4Quality stellte einen neuen kamerabasierten und KI nutzenden Produktionsassistenten vor. Der neue ModSPOT unterstützt wie der ältere ModBCB die Live-Montage- und -Bestückkontrolle für eine fehlerfreie Produktion. Ebenso sind effiziente Wareneingangs- und Endkontrollen möglich. Dank der NoCode-Philosophie ist die Bedienung einfach und es sind keine Programmierkenntnisse erforderlich. Prüfprogramme werden in kürzester Zeit ohne aufwendige Schulungen erstellt. Denn alle Algorithmen und KI-Modelle sind so weit vereinfacht, dass man diese direkt nach der Inbetriebnahme nutzen kann. Der neue ModSPOT ist eine eingebettete All-In-One-Lösung, die eine 100%-Prüfung in der Elektronikfertigung ermöglicht. Omron präsentierte auf der SMT seine Inspektionssysteme, darunter war als Highlight das neue System VT-X850 für die automatische 3D-Computertomographie. Durch die Integration einer Hochspannungsröntgenröhre und KI verbindet das VT-X850 Geschwindigkeit, Genauigkeit und Benutzerfreundlichkeit. Die neue Röntgenlösung verbessert die Qualitätskontrolle signifikant. Denn ein Fokus ist die Erkennung von Hohlräumen oder unzureichendem Lot bei Steckern und Leistungsgeräten. Das System eignet sich für Module mit einer Höhe von bis zu 335 mm und einem Gewicht von bis zu 40 kg und unterstützt vielfältige Anwendungsoptionen. Die KI sorgt für eine Top-Bildverarbeitung und macht das VT-X850 zur problemlos nutzbaren Lösung für Anwender mit unterschiedlichen technischen Kenntnissen. CeramTec präsentierte auf der PCIM Europe mit Sinalit ein neues Keramiksubstrat auf Basis von Siliciumnitrid (Si3N4). Es überzeugt mit einem geringen Gewicht, hoher Leistungsdichte und einer langen Lebensdauer. Denn es ist robust und hält widrigen Umweltbedingungen wie Bewegung und Schadstoffen stand. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass Sinalit Substrate sehr dünn produziert werden können. Siliciumnitrid zeichnet sich durch eine besonders hohe Biegebruchfestigkeit von ≥700 MPa und eine sehr hohe Bruchzähigkeit aus. Dadurch ist es extrem robust und kann als Substrat mit 0,25 mm oder 0,32 mm (weitere Dicken auf Anfrage) besonders dünn gefertigt werden. Ein weiterer Vorteil ist die gute Wärmeleitfähigkeit (80 W/mK). Die extreme Robustheit ermöglicht dicke Kupfermetallisierungen von 1 mm. Dies eröffnet neue Horizonte für Anwendungen mit Active Metal Brazing (AMB) und Sputter Metal Bonding (SMB).
Die letzte SMTconnect
Zwei Wochen nach der Messe verkündete der Veranstalter Mesago Messe Frankfurt, dass die SMTconnect 2024 wohl letztmals stattgefunden hat. Petra Haarburger, Geschäftsführerin der Mesago Messe Frankfurt, erklärte die Beweggründe: „Die SMTconnect hat uns sehr viel bedeutet und wurde als erfolgreiche internationale Fachmesse für alle Bereiche der Elektronikfertigung angesehen. Wir blicken voller Stolz auf eine 35-jährige Veranstaltungsgeschichte zurück. Die SMTconnect trug entscheidend dazu bei, Experten auf dem Gebiet der Mikroelektronik zusammenzubringen und deren Fortschritt voranzutreiben. Dennoch müssen wir als Veranstalter von Technologiemessen heute feststellen, dass wir den veränderten Bedürfnissen der Community in den letzten Jahren nicht nachkommen konnten. Wir bleiben der Branche eng verbunden und bieten mit der PCIM Expo & Conference im Bereich Leistungselektronik zumindest einem Teil der Community eine alternative Plattform zum Austausch. Wir möchten uns abschließend vor allem für die jahrelange Treue bei unseren Ausstellern, Besuchern und Partnern bedanken.“
Inwieweit die SMTconnect 2024 auf der wohl gesichert stattfindenden PCIM Europe (6.-8. Mai 2025) präsent bleiben wird, war zum Zeitpunkt dieser Newsmeldung noch unklar.