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Montag, 04 Mai 2020 11:22

Bakterien, Viren und andere Biostoffe

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Bakterien, Viren  und andere Biostoffe ©fotoliaxrender - stock.adobe.com

Aufgrund der aktuellen Covid-19 Pandemie erreichten unsere Redaktion mehrere Fragen, die teils allgemein, teils speziell die Galvanotechnik betrafen. Einige dieser Fragen ergänzten wir durch weitere Informationen und formten eine FAQ, welche Theorie und (vor allem) die Praxis abdeckt.

Frage: Was ist der Unterschied zwischen Bakterien und Keimen?

Keime sind eine sehr allgemeine Bezeichnung für Krankheitserreger. Darunter fallen Bakterien, Viren, Pilze u. v. m.

Frage: Was sind Viren?

Viren sind keine autarken Lebewesen, sondern infektiöse organische Strukturen. Sie bestehen lediglich aus einer Hülle, die ihr Erbgut enthält. Ihre vorrangige Aufgabe besteht darin, sich zu vermehren.

Frage: Bei welcher Temperatur sterben Keime ab?

Die meisten Keime sterben bei Temperaturen > 60 °C ab. Einige Pilze und Viren sind auch über diese Temperatur hinaus beständig.Die meisten Keime sterben bei Temperaturen > 60 °C ab. Einige Pilze und Viren sind auch über diese Temperatur hinaus beständig.

Frage: Werden Viren durch tiefe Temperaturen abgetötet?

Nein, im Gegenteil. Viren werden in der Forschung sogar bei Temperaturen von –180 °C konserviert.

Frage: Muss eine Arbeitsumgebung in der Galvanik und in Büros absolut steril sein?

Nein, vor allem wenn es Bakterien betrifft. Viele Bakte-Nein, vor allem wenn es Bakterien betrifft. Viele Bakte-rien sind sehr wichtig für unsere Gesundheit. Sie leben z. B. in unserem Darm, auf der Haut und in der Mundhöhle. Nur etwa ein Prozent aller Bakterien lösen Krank-heiten beim Menschen aus. Bei allen Vorsichtsmaßnah-men darf das Augenmaß nicht verloren gehen, da eine zu sterile Umgebung auf Dauer ebenfalls krank macht.

Frage: Was wirkt gegen Bakterien?

Vor allem hohe Temperaturen (deshalb bekommen wir im Fall einer Infektion Fieber) und Stoffe wie Alkohol, Aldehyde oder Chlor, aber auch UV-Licht.Vor allem hohe Temperaturen (deshalb bekommen wir im Fall einer Infektion Fieber) und Stoffe wie Alkohol, Aldehyde oder Chlor, aber auch UV-Licht.

Frage: Machen alle Viren krank?

Menschen werden nicht durch alle Viren befallen und nicht alle Viren, die uns befallen, machen uns auch krank. In den meisten Fällen kümmert sich das Immunsystem um die Eindringlinge. Dennoch gibt es Krankheiten, die durch Viren ausgelöst werden.

Frage: Wo kommen Viren vor?

Viren vermehren sich, indem sie sog. Wirtszellen befallen. Diese können pflanzlich, tierisch oder menschlich sein. Ohne entsprechende Zellen sterben Viren nach wenigen Tagen ab. An Oberflächen können Viren bis zu neun Tage überleben, meistens sind es vier bis fünf Tage. Untersuchungen mit Covid-19 zeigten bisher, dass die Viren an Edelstahl und Kunststoff selbst nach 72 Stunden noch nachweisbar sind und sich aus diesen Viren Zellkulturen bilden lassen

Frage: Was wirkt gegen Viren?

Außerhalb des Körpers helfen Desinfektionsmittel, UV-Strahlung und Hitze. Im menschlichen Körper ist der Fall komplizierter. Antibiotika sind bei Virus-Erkrankungen wirkungslos. Es gibt zwar antivirale Medikamente, diese helfen aber nur gegen einzelne Virusarten. Wenn unsere körpereigene Abwehr je-doch mit dem Erreger fertig geworden ist, sind wir in vielen Fällen gegen dieses bestimmte Virus immun.

Frage: Welche Bereiche in der Galvanik müssen besonders geschützt werden?

Grundsätzlich alle Bereiche, in denen Menschen mit Oberflächen direkten Kontakt haben. Dies betrifft u. a.:

  • Türklinken
  • Handläufe
  • Sanitärräume
  • Tastaturen und Mäuse
  • Schalter und Knöpfe
  • Lenkräder an Staplern
  • Griffe an Transporteinrichtungen
  • Griffe an manuellen Schiebetüren
  • u. v. m.

Solche Flächen sollten mindestens einmal täglich gereinigt und desinfiziert werden.

Frage: Unser Kunde will eine Garantie dafür haben, dass unsere Oberflächen frei von Biostoffen sind. Können wir diese Garantie bedenkenlos aussprechen?

Leider nein. Zum einen, weil Sie nicht 100 % kon­trollieren können, was mit der Oberfläche zwischen Galvanik und Kunde passiert. Bspw. reicht es schon, wenn jemand im Lager auf die Ware hustet. Zum anderen kann davon ausgegangen werden, dass die Oberfläche bereits direkt nach der Galvanisierung von Biostoffen kontaminiert wird, wobei das Ausmaß sehr unterschiedlich sein kann. Die Ursache liegt teilweise in der Art der Trocknung, der Umgebungsluft der Galvanik aber vor allem im Spülwasser.

Frage: Welche Schadstoffe sind im Spülwasser enthalten? Sollte es, aufgrund der Kreislaufführung, nicht absolut rein sein?

Das Wasser ist rein, zumindest bezogen auf Salze bzw. allgemein Ionen. Kreislaufwasser in Galvaniken wird über Ionenaustauscher gereinigt. Hier können auch langkettige Moleküle, wie die meisten organischen Stoffe, hängen bleiben, eine Garantie dafür gibt es nicht. In den letzten Jahren zeigte sich verstärkt, dass Spülwannen ein sehr guter Ort dafür ist, Bakterien und Pilze zu bilden. Ist auch der letzte Spülprozess davon betroffen, werden sich auch nach der Trocknung solche Biostoffe nachweisen lassen.

Frage: Wie erhalten wir keimfreies Spülwasser?

Hierfür gibt es mehrere Ansätze. Immer mehr verbreitet sich der Einsatz von UV-Lampen. Das Wasser wird nicht durch Chemie weiter verunreinigt und das UV-Licht zerstört, zumindest in der Theorie, die Organik. In der Abwasserchemie lässt sich dies durch Messung von TOC-Werten sehr gut nachvollziehen, im Spülwasser kommen aber zumeist weniger aggressive Verfahren zum Einsatz. Hierdurch werden die Schadstoffe nicht völlig zerstört sondern lediglich in einen Zustand versetzt, in dem sie sich nicht mehr vermehren können.

Ebenso werden biologische Stoffe eingesetzt, um das Wasser zu reinigen. Der Einsatz von Aktivkohle ist aber, vor allem im Hinblick auf die Kosten, eher un-aber, vor allem im Hinblick auf die Kosten, eher ungeeignet.

Frage: Können die Oberflächen nachträglich behandelt werden?

Das hängt seht stark von der Oberfläche und den Ansprüchen ab. Wird die Ware anschließend getempert, kann bei entsprechender Temperatur das Problem als erledigt angesehen werden. Inerte Oberflächen wie Chrom, Aluminium, Titan oder Edelmetalle können nachträglich desinfiziert werden, sofern die Optik nicht negativ beeinflusst wird. Bei anderen Oberflächen ist zusätzlich auf Eigenschaften wie Korrosionsschutz, Lötbarkeit und Übergangswiderstand zu achten. Ggf. müssen vorab mehrere Desinfektionsmittel getestet und mit dem Kunden abgesprochen werden.

Frage: Welche zusätzlichen Maßnahmen können noch ergriffen werden, um mehr Sicherheit zu bieten?

Im Nassbereich ist vor allem darauf zu achten, dass Flüssigkeiten nicht unnötig und vor allem nicht lange herumstehen. Dies betrifft vor allem Behältnisse, die vorübergehend mit Wasser befüllt werden (Eimer, Fässer) und gerne mehrere Tage oder Wochen herumstehen. Notfallduschen sind im Kreislauf zu führen, um vor allem die Bildung von Streptokokken zu vermeiden. Mehrmals im Jahr sollten diese trotzdem genutzt werden. Einerseits um die Funktion zu testen, andererseits um frisches Wasser in den Austrittsbereich der Leitung zu bringen.

Angebrochene Augenspülflaschen sollten nach Gebrauch verworfen und nicht mit Leitungswasser nachgefüllt werden.Angebrochene Augenspülflaschen sollten nach Gebrauch verworfen und nicht mit Leitungswasser nachgefüllt werden.

Eine besondere Aufmerksamkeit sollten Zu- und Abluftanlagen erhalten. Beide können, bei schlechter Wartung und ungenügender Reinigung, ein Herd für Bakterien und Pilze sein.

Achten Sie auch – unabhängig von den oben geschilderten Stoffen – auf ausreichende Schutzkleidung (Handschuhe, Atemschutzmasken etc.) in guter Qualität. Bei aller Vorsicht vor Keimen sollte nicht vergessen werden, dass in Galvaniken mit giftigen und ätzenden Stoffen gearbeitet wird.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 5
  • Jahr: 2020
  • Autoren: B. C.

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