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Montag, 11 Mai 2020 14:42

27. Leipziger Fachseminar: Kontinuität in allen Bereichen

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Geschätzte Lesezeit: 9 - 18 Minuten
Wie immer gut besucht: 249 Zuhörer fanden Ende Februar 2020 den Weg nach Leipzig ins CongressCentrum auf dem Messegelände Wie immer gut besucht: 249 Zuhörer fanden Ende Februar 2020 den Weg nach Leipzig ins CongressCentrum auf dem Messegelände

249 Teilnehmer und 55 Aussteller waren der Einladung der Bezirksgruppen Sachsen und Thüringen gefolgt und besuchten das 27. Leipziger Fachseminar am 27. Februar 2020. Als Gäste konnte der Moderator des Vormittags, Prof. Thomas Lampke, TU Chemnitz, den neuen Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig, Clemens Schülke sowie Rainer Venz, Past-Präsident der DGO, Christoph Matheis, Geschäftsführer des ZVO und Vertreter der Presse begrüßen. Er dankte allen Ausstellern für ihre Unterstützung und dem Organisationsteam für die Auswahl des anspruchsvollen Vortragsprogrammes sowie für die Organisation der Veranstaltung.

Schülke begrüßte die Teilnehmer im Namen der Stadt Leipzig und hob in seinen Begrüßungsworten insbesondere hervor, dass an die Oberflächentechnik-Branche als Zulieferer für die Automobilindustrie durch den Strukturwandel große Herausforderungen gestellt werden. In diesem Zusammenhang informierte er über den Bau des Batteriewerkes der Firma Dräxlmair im Raum Leipzig. Hier werden künftig 800-Volt-Gesamtbatteriesysteme für einen rein elektrisch betriebenen Sportwagen gefertigt. Er wünschte im Rahmen der Veranstaltung einen guten Austausch zur Meisterung dieser Herausforderung. Venz, seit Anfang 2020 für zwei Jahre Past-Präsident der DGO, verwies darauf, dass Leipzig Vieles erreicht hat und wünschte der Veranstaltung gutes Gelingen.

Lampke machte das Auditorium mit einer organisatorischen Neuerung vertraut: Um später noch ein Highlight zu setzen, wird der Leipziger Galvanopreis unmittelbar nach der Mittagspause verliehen.

Bevor jedoch mit dem Vortragsprogramm begonnen wurde, erinnerte Lampke an die Gründung des Vereins Deutsches Museum für Galvanotechnik e. V. (VDMG e. V.) vor zehn Jahren durch Thilo von Vopelius in Leipzig. Die Gründung erfolgte mit 27 Personen; heute hat der Verein 68 Mitglieder. Wesentliche Zielstellung des Vereins ist, Jugendliche für die Galvanotechnik zu interessieren. Dazu wurde ein Lehrfilm produziert, ein Poster und ein Flyer mit allen Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen und es werden Führungen inklusive der Galvanisierung von Mustern angeboten. Weiter zeigte er wesentliche Ak-tivitäten des VDMG e. V. aus den letzten zehn Jahren auf und dankte dem Vorstand für seine erfolgreiche Entwicklungsarbeit.

Nach einer über 20-jährigen Tätigkeit im Organisationsteam des LFS wird Jens Heinze, MacDermid Enthone GmbH, seine Mitarbeit beenden, was das Organisationsteam außerordentlich bedauert. Lampke würdigte die Aktivitäten von Heinze auch als langjährigen Leiter der BG Thüringen, bedankte sich für die geleistete Arbeit und wünschte ihm, ausdrücklich auch im Namen des Organisationsteams, für seine Zukunft alles Gute und sprach die Hoffnung aus, dass er auch weiterhin – dann als Besucher – dem LFS treu bleibt.

Der Plenarvortrag „Veränderungen der Oberflächen im Automobil durch E-Mobilität“ von Rainer Venz, Coventya International GmbH, war äußerst spannend und brachte einige Antworten auf die viel in der Branche diskutierten Fragen zur Meisterung der An-forderungen, die sich aus der Umstellung auf die E-Mobilität ergeben.

Zu Beginn seiner Ausführungen stellte Venz den aktuellen Stand der E-Mobilität in der Welt dar und machte deutlich, dass die Entwicklungen in Europa aufgrund der Forderungen zur CO2-Einsparung Strafzoll getrieben sind. Aktuell existieren verschiedene Technologie-Konzepte zur Verminderung des CO2-Ausstoßes. Zum Beispiel: Biotreibstoff, Synthetischer Treibstoff, E-Fahrzeuge, Hybride, Gas, Brennstoffzelle und die bisherige Technologie mit der Begrenzung auf 1 Liter stellte er in den Vergleich und formulierte Vor- und Nachteile des Einsatzes. Dabei liegen die Herausforderungen derzeit in der Verbesserung der Kapazität und der Stabilität der Lebensdauer der Batterien, der Minimierung der Ladezeit, in der Infrastruktur (Ladestationen) und nicht zuletzt in der Kundenakzeptanz.

Weiter stellte Venz den Rohstoffbedarf für Batterien für Elektroautos dar. An erster Stelle steht hier Wasser mit ca. 4000 km3/a, gefolgt von Sand mit ca. 40–50 Mio. t/a. Sehr viel weiter hinten in der Rangfolge steht Kobalt. Ein Elektroauto benötigt 8–12 kg Co. Der Tesla 3 benötigt aktuell 5,5 kg Co. Wenn man davon ausgeht, dass es 2025 26,9 Mio. Fahrzeuge weltweit gibt und weiter davon ausgeht, dass eine Reduktion der benötigten Co-Menge auf 50 % erfolgt, dann sind immer noch 134 000 t Kobalt erforderlich. Das entspricht 112 % der Jahresmenge von 2018. Alternative Konzepte zur Reduzierung der wertvollen Rohstoffe könnten Hybrid-Fahrzeuge, der Einsatz von Brennstoffzellen aber auch Elektro-Autobahnen, bei denen der Strom aus Oberleitungen abgegriffen wird, sein.

GT4 20 verabschiedungEhrung Jens HeinzeDie Geschichte der Elektroautos begann Mitte des 19. Jahrhunderts. Im April 1899 erzielte der Belgier Camille Jenatzky mit seinem E-Auto 105,88 km/h. Damit war die Ära der Elektroautos jedoch schon wieder zu Ende, denn der nächste Geschwindigkeitsrekord wurde drei Jahre später mit einem Dampfauto aufgestellt. Warum haben sich Elektroautos damals nicht durchgesetzt? Es waren die gleichen Gründe wie heute auch: Je mehr Reichweite, desto mehr Leistung, desto größer und schwerer und teurer sind die Batterien. Der Herausforderung der sich Hersteller stellen müssen – früher und heute: Reichweite und Aufladungszeit.

In engem Zusammenhang mit der Reduktion des CO2-Ausstoßes steht die Reduzierung des Gewichts der Autos. Die Verwendung von Aluminium liegt hier klar vorn. 1990 wurden ca. 50 kg Al pro Fahrzeug verbaut; heute sind es ungefähr 180 kg Al. Ein weiterer Trend sind der Verbau von Magnesium, Kohlefaserverbundwerkstoffe und hochfester Stahl. Der Verbau von normalem Stahl soll bis 2030 auf 13 % gesenkt werden. Der Leichtbau wird eine Voraussetzung für zukünftige E-Autos sein.

Mit welchen Konsequenzen hat sich nun die Oberflächentechnik im Zuge der E-Mobilität auseinander zu setzen? Es wird Veränderungen im Komponentenmarkt geben, d. h. klassische mechanische Komponenten werden rückläufig sein. Neue Bestandteile (elektronische und elektrische Komponenten, Ladegeräte, Elektromotoren, Batterien, Verbindungselemente) werden kommen. Die Nachfrage nach klassischen mechanischen Teilen wird sinken, die Nachfrage nach Steckverbindern steigen. Insgesamt wird es aber wesentlich mehr neue Komponenten geben als klassische wegfallen. Hinsichtlich der Beschichtungssysteme werden auch zukünftig Zink- und Zinklegierungsschichten eine große Rolle spielen. Für Passivierungen und Top Coats stehen Anforderungen bzgl. des Aussehens, der Leitfähigkeit, der Korrosion. Es werden mehr dünne Schichten gefragt sein sowie Verschleiß- und Korrosionsschutz der Schichten. Viele Anforderungen sind aktuell aufgrund der fehlenden Felderfahrungen noch nicht definiert.

Im ersten Vortrag im Themenblock „Industrie 4.0“ fragte Frank Benner, B + T Technologies GmbH, „Vernetzte Oberflächentechnik – wie geht das?“. Bei 4.0 geht es um die Vernetzung mehrerer Produktionsschritte, die entlang der Wertschöpfungskette zu optimieren sind. Technische Grundlage dabei sind intelligente und digital vernetzte Systeme. Stellt sich die Frage: wie kann man die Prozesse verknüpfen und wie fängt man an? Wie Benner darstellte, steht an erster Stelle eine Bestandsaufnahme zur Erfassung der bestehenden Datenlage, der Prozesse und des Netzwerkes sowie die Beantwortung der Frage: Was haben wir und was brauchen wir? Des Weiteren ist die Definition der Schnittstellen wichtig, wo Informationen benötigt werden sowie natürlich die digitale Umsetzung (Hard- und Software).

Es muss beachtet werden, dass die Anforderungen heute viel komplexer sind. Früher lieferte der Kunde Bauteile zur Beschichtung und erhielt diese in der Regel nach fünf Arbeitstagen zurück. Heute ist eine komplexe Vernetzung über Kunden-, Planungs- und Produktionsinterface gegeben. Es wurde eine gläserne Galvanik bei B + T geschaffen, wo der Kunde jederzeit einsehen kann, in welchem Bearbeitungsschritt sein Bauteil sich aktuell befindet.

Mit Hilfe der Anlagenkommunikation erfolgt eine visualisierte Rückmeldung der Leistungsdaten der Produktionsanlagen an die Fertigungsleitung, Geschäftsführung/Controlling. Bei Prozessüberschreitungen oder Fehlermeldungen ist dadurch ein schnelles Eingreifen möglich. Unabdingbar bei diesem Prozess der Verknüpfung ist die IT-Security mit Virenschutz, Ausfallsicherheit, Back-up und einer Mitarbeiterschulung.

In Zusammenarbeit mit dem Unternehmen B+T K-Alpha GmbH wurde außerdem ein Inline Analysesystem entwickelt, wo die komplette Beschichtungslinie kontinuierlich überwacht wird. Alle Analysengeräte sind vernetzt, die Datenablage erfolgt in einer Cloud. Hierdurch sind für den Anwender, aber auch für die Fachfirma alle relevanten Daten jederzeit einsehbar. Probleme können durch die Mitarbeiter der Fachfirma schneller und zielorientierter angegangen werden.

Industrie 4.0: Und wo bleibt der Mensch?

Die Frage „Wo bleibt der Mensch dabei“ hat sich das Unternehmen auch gestellt und eine Mitarbeiterbefragung in zwei Werken (Werk 1 BTO (4.0) und Werk 2 BTT/BTS (4.1) zur Ermittlung der Zufriedenheit durchgeführt. Es hat sich heraus gestellt, dass die Zufriedenheit im Werk 2 höher ist, obwohl der Komplexitätsfaktor (je höher, desto mehr Prozessstufen je Auftrag) 17-mal höher ist als in Werk 1. 98 % der Mitarbeiter sind mit der Unternehmensstruktur zufrieden, obwohl die Anforderungen im Werk 2 wesentlich komplexer sind. Im Werk 1 sind es nur 89 %.

Zum Schluss seiner Ausführungen gab Benner noch einen Ausblick für 2020. Ziel ist: die Durchlaufzeit für die Prozesse Härten, Oberflächenbeschichtung, Prüfen/Sortieren und Logistik auf drei Werktage zu bringen und SST-Aufträge innerhalb von 12 bis 24 Stunden zu bearbeiten.

In der Diskussion zu diesem Vortrag wurde noch ein wichtiger Satz geprägt:
"Wichtig ist der Prozess, ein schlechter Prozess kann nicht digitalisiert werden."

Im folgenden Vortrag stellte Heinrich-W. Kämper, Munk GmbH, „Intelligente Stromversorgungssysteme für Industrie 4.0“ vor. Zunächst machte Kämper jedoch auf das in diesem Jahr stattfindende 50-jährige Betriebsjubiläum des Unternehmens aufmerksam, d. h. seit 50 Jahren liefert die Munk GmbH maßgeschneiderte Stromversorgungslösungen für industrielle Anwendungen.

Um für 4.0 tauglich zu sein, müssen die Gleichrichter folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Vernetzung via gängiger Bussysteme
  • Ausfallsicherheit (möglichst wenige, sichere Komponenten, sichere Technologie einsetzen)
  • Energieeffizienz (was ist sinnvoll, Leistungsfaktor verursacht Kosten)

Effizienz und Ausfallsicherheit werden durch die Auslegung der Bauteile bestimmt wird. Eine großzügige Auslegung sichert eine hohe Effizienz und eine hohe Ausfallsicherheit.

Hier setzt das Munk-Area-Network (MAN) Konzept mit dem Gleichrichtergerät Munk-Gateway-MAN an; der Schlüssel für mehr Sicherheit und Produktivität. Ganz wesentlich ist das Vorhandensein eines Cyber Security Managements (IT-Sicherheit). Damit wird gewährleistet, dass die Kommunikationswege (Kabel, Funk, Drittanbieterkompatibel) sicher sind und dass der Schutz von Netzwerken, Computersystemen, Daten u. a. besteht.

Das Munk-Gateway unterstützt die Identifikation des Gleichrichtergerätes. Das heißt, es erfolgt eine selbständige Erkennung das Typs und der Nenndaten des Gleichrichters und eine Weiterleitung der Daten an die übergeordnete Steuerung. Die Anbindung zusätzlicher mobiler Bediengeräte (Tablet) und stationärer Bediengeräte (Touchpanel) ist gegeben. Das Munk-Gateway unterstützt den Betreiber bei der Verifikation von Soll-Istwert-Abweichungen durch Warnmeldungen bei Unter- oder Überschreiten von Grenzwerten. Das Gerät besitzt eine Hot-Plug Funktion, so dass der Administrationsaufwand bei der Installation und beim Gerätetausch entfällt sowie eine Parallelschaltfunktionalität (Parallelschaltung von Gleichrichtergeräten).

Kämper führte aus, dass weitere Entwicklungsarbeiten laufen. Das sind die Zukunftsaussichten:

  • Erkennen von Umgebungsparametern (wie Kühlwasserzulauf- und Ablauftemperaturen, Ablufttemperatur, Kühllufttemperatur)
  • Interne Fehlererkennung und Protokollierung
  • Intelligente Reaktion auf Prozessanforderungen (Gateway fasst selbständig Entscheidungen, wie auf Änderungen reagiert werden soll)
  • Bessere Planung von Wartungsintervallen (z. B. Schalthäufigkeit von Schützen protokollieren)

Daniel Schlak, Deutsche Metrohm GmbH & Co. KG, referierte anschließend zum Thema „Chrom(III)-Elektrolyte durch automatisierte Analysenverfahren sicher beherrschen“. Bei der Verwendung von Chrom(III)-Elektrolyten sehen sich Anwender vor der Herausforderung, die Vorgaben an die Konzentration der Badparameter konsequenter als bei anderen Verfahren einzuhalten. Schlak zeigt Möglichkeiten auf, die Analytik der Badparameter zu automatisieren. Vorteile einer online-Analytik liegen im Allgemeinen in einer hohen Analysenfrequenz, einem schnellen Feedback und in einer höheren Genauigkeit (beispielsweise keine Fehler in der manuellen Probenahme, fester Messaufbau).

Eine Möglichkeit ist die automatische Kontrolle des pH-Wertes. Online-Systeme überwachen kontinuierlich den Elektrodenzustand und stellen diese u. U. neu ein (längere Lebensdauer). Durch die automatische Zudosierung mit einer Genauigkeit von bis zu pH 0,5 (oder genauer) wird die automatische Einstellung des Bades ermöglicht. Eine Rund-um-die Uhr-Verfügbarkeit ist damit gewährleistet ebenso wie eine lückenlose Dokumentation.

Des Weiteren ist eine kontinuierliche Überwachung der gesamten Prozesskette durch die Überwachung der Spülwässer sowie die vollautomatische Chrom(III)-Elektrolyt-Analytik machbar. Für die Parameter Cr(III), Fremdmetalle, Borsäure, pH-Wert, Dichte und Leitfähigkeit sind unterschiedliche Analysenmethoden nötig. Die erforderlichen Methoden wie Titrationen, Photometrie, Ionenchromatographie, Direktmessungen (pH, Leitfähigkeit, Dichte) u. a. können in einem System zusammengefasst werden. Die Bestimmung des Fremdmetallgehaltes wird beispielsweise mit eine Optrode gemessen. Es erfolgt eine automatische Einstellung der gewünschten Wellenlänge sowie eine sichere automatische Auswertung aller Titrationen mit Farbindikatoren.
Die Systeme werden in kompakter und platzsparender Modulbauweise mit einfacher Bedienung über Touchscreen, flexibler Steuerung und Auswertung sowie einfacher Netzwerkeinbindung und Prozesskommunikation angeboten. Ziel ist, Fehlfunktionen zu minimieren und automatische Nachdosierfunktionen betriebssicher zu gestalten.

Den letzten Vortrag im Block Industrie 4.0 gestaltete Michael Hellmut, Softec AG, zum Thema „Warum 4.0 schon heute Sinn macht – Vorteile für Logistik und Prozesssicherheit“. Bevor Hellmuth konkrete Beispiele vorstellte, machte er noch einmal darauf aufmerksam, dass die maßgebliche Voraussetzung ist, die bestehenden analogen Prozesse zu digitalisieren. Und wie schon im ersten Vortrag festgestellt: Ein schlechter analoger Prozess führt zu einem schlechten digitalen Prozess. Also geht es erst einmal darum, den analogen Prozess vor der Digitalisierung zu prüfen bzw. zu überarbeiten.

Ausstellungsimpressionen

Ausstrellung 1

Ausstellung2
Ausstellung 3
Ausstellung4
 Ausstellung 5
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Digitalisierung: Möglichkeiten in einer Galvanik

Im Weiteren stellte Hellmuth Beispiele vor, welche Möglichkeiten der Digitalisierung in einer Galvanik bestehen. Eine Möglichkeit sind RFID-Transponder, die aus dem Einzelhandel bekannt sind. An jedem Behälter wird ein Transponder angebracht und an Schlüsselpositionen im Betrieb RFID-Antennen. Diese Antennen lesen in ihrem Umfeld die Transponder aus und übermitteln die Informationen an ein ERP-System. Ein Problem gab es bisher bei der Verwendung von RFID-Transpondern in Galvaniken: Das Metall (zu beschichtende Bauteile, Gitterboxen, Warenkörbe) stören die Funkverbindung der Transponder. Deshalb werden Kunststoffmappen eingesetzt, so dass die Funkverbindung ungestört bleibt.

Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von Barcodes. Die Erfassung dieser Daten erfolgt mobil über Apps. Das RFID-System kann damit erweitert und verfeinert werden, damit wird das Informationssystem des Betriebes immer dichter. Das heißt, Digitalisierung muss nicht in einem Schritt realisiert werden. Auch die Beschichtungsanlagen sollten Bestandteil der Digitalisierung sein. Bisher sind das meistens Insellösungen. Mit einer Schnittstelle zum ERP-System können die Anlagen so angeschlossen werden, dass ein direkter Informationsaustausch möglich ist.

Ein interessanter Ansatz ist aktuell der Einsatz einer Künstlichen Intelligenz (KI) in der Fertigungsplanung. Für den Einsatz einer KI müssen Einschränkungen im System formuliert werden. Dadurch wird ein Rahmen gesetzt, in dem sie mögliche Szenarien simuliert. Die KI versucht optimale Lösungen zu finden.

Ziel der Digitalisierungsmaßnahmen ist u. a., die Zufriedenheit bei Kunden und Mitarbeitern zu erhöhen sowie die Verringerung der Rüstzeiten, eine bessere Ressourcenauslastung und eine hohe Termintreue. Hellmuth machte abschließend deutlich, dass es keinen definierten Start- und Endpunkt gibt und dass jedes Unternehmen selbst entscheidet, wie, wann und wo es in die Digitalisierung einsteigt.

Nach der Mittagspause, die für einen regen Meinungsaustausch innerhalb und außerhalb der Ausstellung genutzt wurde, übernahm Dr. Olaf Boehnke, Sachverständiger Umweltschutz, die Moderation der Nachmittagsvorträge. Zu Beginn appellierte er leidenschaftlich an alle Teilnehmer, Bekanntheitsgrad und Image der Galvanotechnik (beides ist in der Bevölkerung noch weitestgehend unterentwickelt) zu erhöhen. Diese Problematik lastet seit vielen Jahren auf der gesamten Branche, was sich u. a. dramatisch auf den Ausbildungsmarkt auswirkt.

Wie eingangs bereits informiert, folgte unmittelbar nach der Mittagspause die Vergabe des Leipziger Galvanopreises. Laut Dr. Boehnke wurden sechs äußerst hochwertige Bewerbungen eingereicht. Die Jury entschied sich in Abstimmung mit dem Organisationsteam, in diesem Jahr 1+1 Galvanopreise zu vergeben. Die Preise wurden durch den Past-Präsidenten Rainer Venz und den Sprecher der Jury Stefan Kaßner, Nehlsen-BWB Flugzeug-Galvanik Dresden GmbH & Co. KG, überreicht.

 galvanopreis1Übergabe der beiden Galvanopreise 2020
 galvanopreis 2

Galvanopreis 1: Airbus AG für die Technologie 3D-SurFin®

Dr. Jürgen Wehr und Dr.-Ing. Tobias Mertens, Airbus AG stellten einen Doppelvortrag zum Thema „3D-SurFin® – Eine Schlüsseltechnologie für die additive Fertigung von Metallkomponenten“ vor. Die metallisch additive Fertigung hat große Bedeutung für die Realisierung neuer Leichtbaukomponenten, die für die Luft- und Raumfahrt bestimmt sind. Damit wird die Fertigung komplexer Geometrien (z. B. bionisch inspirierter Strukturen) ermöglicht. Das Problem des Verfahrens liegt darin, dass die Oberfläche von pulverbeschichteten AM-Bauteilen partiell angeschmolzene Partikel, eine hohe Rauheit, inhomogene Partikelstruktur und eine signifikante Welligkeit aufweist. Die allgemein schwer reproduzierbare Oberflächenqualität limitiert den Einsatz entsprechender Bauteile in der Luft- und Raumfahrt, wobei das nicht befriedigende Ermüdungsverhalten eine zentrale Rolle spielt.

Zur Lösung dieses Problems wurde ein elektrochemisches Plasmapolierverfahren vorgestellt, welches zum Abtrag angeschmolzener Partikel und zur Rauheitsreduzierung bei Behandlungszeiten bis zu 60 min führt. Daraus resultiert eine signifikante Verbesserung des Ermüdungsverhaltens der Bauteile. Das Verfahren wurde bisher für Luft- und Raumfahrtbauteile aus Titan optimiert. Es ist Bestandteil einer ganzen Prozesskette incl. Vor- und Nachbehandlung. Das wirtschaftliche Potential des Verfahrens liegt u. a. in der Gewichtsoptimierung von 3D-gedruckten Bauteilen, wie sie z. B. in der Ariane 5-Rakete Anwendung finden.

Das vorgestellte Verfahren, das bereits zum Patent angemeldet wurde, ist natürlich nicht gleichermaßen für alle Bauteile geeignet; als Alternativen stehen mechanische und thermische Prozesse zur Verfügung.

Galvanopreis 2: Politeknik Metal San ve Tic A.S. (Coventya Group) für das Verfahren Castelox

Dr. Can Akyil, Coventya Group, berichtete über spezielle Probleme und deren Lösungsansätze beim Anodisieren siliziumhaltiger Aluminiumdruckgussteile. Nach einführenden Worten zum Anodisierverfahren und den Eigenschaften eloxierten Aluminiums ging der Vortragende auf die Problematik des unterschiedlichen Abtrages von Silizium und Aluminium beim Anodisieren entsprechender Teile ein, was zu ungleichmäßigem Oxidwachstum und damit auch zu deren geringerer Korrosionsbeständigkeit führt. Bisher bekannte Additive auf Basis von Oxalsäure konnten diesem Manko nicht abhelfen bzw. verstärkten es sogar. Die Lösung besteht im Einsatz eines speziell angepassten organischen Additivs, das zur Aktivierung des Siliziums führt und damit die Homogenität der entstehenden Oxidschichten gewährleistet. Anhand von REM-Aufnahmen von Aluminiumgussteilen mit einem Si-Anteil von 7 bis 12 % wurde der erreichte Effekt dargestellt. Die Schichten können anschließend eingefärbt werden.

Filmische Verunreinigungen

Viele Anwendungen, für die der Einsatz von hochlegiertem Aluminium bisher nicht möglich war, können jetzt im Leichtbau hergestellt und mit einer funktionalisierten Oberfläche versehen werden.

Das als „Castelox“ vertriebene Verfahren, wurde 2019 zum Patent angemeldet. Angaben zu Struktur und Einzelheiten zur konkreten Wirkungsweise des verwendeten Additivs wurden nicht gemacht.

Das Vortragsprogramm wurde von Dr. Michael Flämmich, Vacom Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH, mit dem Thema „Filmische Verunreinigungen beherrschen“ fortgeführt.

Der Referent stellte eingangs den FiT Fachverband industrielle Teilereinigung e. V. vor, der mit mehr als 70 Mitgliedern das führende Expertennetzwerk der Bauteilreinigung für Chemie und Umwelt, Verfahren und Anlagentechnik sowie Messen, Prüfen & Steuern darstellt. Im Arbeitsausschuss Messen, Prüfen & Steuern erfolgte die Erarbeitung der hier behandelten FiT-Richlinie zu filmischen Verunreinigungen mit dem Ziel, Anwender zu qualifizieren, die gesamte Prozesskette der Bauteilreinigung qualitätssicher realisieren zu können. Diese Prozesskette umfasst den Ausgangszustand vor der Reinigung, die eigentlichen Reinigungsverfahren, die Reinigungschemie, die Mess-, Prüf-, und Analysetechnik sowie die Prozessüberwachung. Die Richtlinie wendet sich an die Betreiber von Teilereinigungsanlagen, Verantwortliche für Reinigungsprozesse, Anwender von Mess- & Prüftechnik sowie Teilehersteller. Letztere sollen bereits bei Konstruktion und Teilefertigung angehalten werden, die Reinigungsmöglichkeiten ihrer Bauteile im Blick zu haben.

Die Richtlinie wurde im Oktober 2018 zur parts2clean veröffentlicht und ist seit Oktober 2019 auch als englische Version erhältlich. Sie kann für 50,00 Euro zzgl. MwSt. (für FiT-Mitglieder für 20,00 Euro zzgl. MwSt.) beim FiT e. V. käuflich erworben werden.

Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Ulrich Mäule, Qubus GmbH, fuhr mit dem Thema „Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen – AwSV“ fort.

Die AwSV vereinheitlicht als Bundesverordnung die früheren 16 Landesverordnungen (bekannt als VAwS).

Das Grundprinzip der AwSV besteht in der Verhinderung von Boden- und Grundwasserverunreinigungen in Folge von Leckagen und Löschwasser durch materielle und organisatorische Maßnahmen. Basierend auf dem § 62 WHG („Besorgnisgrundsatz, gut bekannt auch aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz) müssen alle ortsfesten oder ortsfest benutzen Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen, Behandeln und Verwenden wassergefährdender Stoffe so ausgerüstet sein, dass so gut wie keine Wahrscheinlichkeit einer Gewässerverunreinigung bestehen darf. Die Anlagen müssen demnach dicht sein, Leckagen müssen erkennbar und Auffangeinrichtungen für Undichtigkeiten vorhanden sein. Die Anlagen sind durch Fachbetriebe zu errichten und zu warten sowie durch Sachverständige zu kontrollieren. Außerdem hat ein zwingend notwendiger Alarmplan Schäden zu begrenzen.

Der AwSV unterliegen HBV-Anlagen (Herstellen, Behandeln, Verwenden), LAU-Anlagen (Lagern, Abfüllen, Umschlagen) sowie Rohrleitungsanlagen. Bei der Einstufung der Anlagen haben die Betreiber Wasserschutzgebiete und Überschwemmungsgebiete zu berücksichtigen und Gefährdungsstufen an Hand der vorhandenen Inhaltsstoffe zu ermitteln.

Gespraeche 1 IMG 5501Eine Frage hätt ich noch ... Diskussionsrunde nach einem der Vorträge
Gespraeche 2 IMG 5492Private Gespräche in der Kaffeepause. Der Corona-Abstand war damals noch nicht vorgeschrieben, Händeschütteln sollte jedoch unterbleiben
Gespraeche 3 IMG 5495Bitte recht freundlich: Prof. Wolfgang Paatsch, Rainer Venz und Dr. Meyer im Gespräch

Löschwasserrückhaltung

Die Anlagenbetreiber haben prinzipiell ihre Anlage einer Gefährdungsstufe zuzuordnen. Diese Gefährdungsstufe hängt von der Menge und der jeweiligen Wassergefährdungsklasse (WGK 1–3) der in der Anlage befindlichen Stoffe ab; Gemische werden nach einer speziellen „Rechenregel“ bewertet. Auf Basis dieser Berechnungen sind die Anlagen in die Gefährdungsstufen A–D einzustufen. Für die relevanten Stoffe sind Rückhalteeinrichtungen vorzusehen, deren Volumina von der ermittelten Gefährdungsstufe abhängig sind. In Anlagen der Stufe D, die sich in Wasserschutz- und Überschwemmungsgebieten befinden, muss das Gesamtvolumen der relevanten Stoffe aufgefangen werden können. Die Prüffristen durch Sachverständige für Anlagen der Stufe C und D betragen 5 Jahre.

Die Anlagenbetreiber haben den Betrieb ihrer Anlage den zuständigen Wasserbehörden anzuzeigen. Die dafür notwendigen Unterlagen sind je nach Bundesland unterschiedlich, in jedem Falle jedoch umfangreich. Der Anlagenbetrieb ist jetzt auch wasserrechtlich zu dokumentieren.

Löschwasserrückhaltung liegt bisher nur als Entwurf vor. An diesem Thema entzündete sich anschließend eine lebhafte Diskussion, in der die vorgeschlagenen Volumina als wenig realisierbar kritisiert wurden. Der Moderator merkte dazu an, dass die von den
Versicherungen geforderten Auffangvolumen teilweise noch bis zum Faktor vier höher sind.

Weitere Informationen

  • Autoren: M. Regal; Dr. M. Süß

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