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Mittwoch, 15 Juli 2020 07:00

Galvanische Aluminium-Abscheidung auf unterschiedlichen Startschichten für die Leiterplatten- und Mikrosystemtechnik (Teil 2)

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Geschätzte Lesezeit: 6 - 11 Minuten

Die Herstellung dicker Al-Schichten bei moderaten Temperaturen ist für viele Anwendungsbereiche von großem Interesse. In diesem Beitrag wird die galvanische Abscheidung von Aluminium für die Leiterplatten- und Mikrosystemtechnik untersucht. Es werden Einflussgrößen auf die Schichtmorphologie anhand von Abscheidungen auf Siliziumsubstraten mit Gold-Startschicht dargestellt. Die Stromdichte und die Elektrolyttemperatur haben einen großen Einfluss auf die Mikrostruktur der erzeugten Schichten. Die Abscheideparameter die für die Gold-Startschicht evaluiert werden, können nicht auf eine Aluminium-Startschicht übertragen werden.

The production of thick Al layers at moderate temperatures is of great interest for many applications. In this paper the galvanic deposition of aluminium for printed circuit board and microsystem technology is investigated. Influencing variables on the layer morphology are represented by deposition on silicon substrates with a gold seed layer. The current density and the electrolyte temperature have a great influence on the microstructure of the layers produced. The deposition parameters evaluated for the gold seed layer cannot be transferred to an aluminium seed layer.

Vias are very important for a functional printed circuit board. In this article different approaches for the coating of such through-hole contacts are presented. Furthermore, the structuring of the aluminium layers is described using photoresist including etching of the seed layer.

Für eine funktionale Leiterplatte sind Durchkontaktierungen sehr wichtig. In dem Beitrag werden verschiedene Ansätze zur Beschichtung solcher Durchkontakte dargestellt. Weiterhin wird die Strukturierung der Aluminiumschichten mithilfe von Fotolack inklusive Ätzen der Startschicht beschrieben.

4.1.2 Einfluss von Temperatur und Stromdichte auf die Schichtmorphologie

Abb. 5: REM-Aufnahmen für IL-Temperaturen von 30 °C und 50 °C für drei unterschiedliche Stromdichten: 5 mA/cm2, 13 mA/cm2, 26 mA/cm2Abb. 5: REM-Aufnahmen für IL-Temperaturen von 30 °C und 50 °C für drei unterschiedliche Stromdichten: 5 mA/cm2, 13 mA/cm2, 26 mA/cm2Die Eigenschaften elektrische Leitfähigkeit und Viskosität des ILs werden durch die Temperatur beeinflusst: die elektrische Leitfähigkeit steigt, die Viskosität sinkt. Inwiefern diese Temperaturabhängigkeit auch die Schichtmorphologie beeinflusst, wird nachfolgend dargestellt. Die Parameter sind wie folgt:

  • 3 Stromdichten: 5 mA/cm2, 13 mA/cm2, 26 mA/cm2
  • 4 Temperaturen: 30 °C, 40 °C, 50 °C, 55 °C
  • Geflossene Ladung annähernd konstant, so dass ca. 1 µm Schichten abgeschieden werden

Abbildung 5 illustriert den Einfluss einer steigenden Stromdichte bei konstanter Temperatur auf die Mikrostruktur. REM-Aufnahmen für alle drei Stromdichten und zwei Temperaturen (30 °C und 50 °C) sind dargestellt. Es wird deutlich, dass die Schichten mit steigender Stromdichte feinkristalliner werden. Dieser Effekt ist auch bei 40 °C und 55 °C erkennbar.

Weiterhin wird deutlich, dass die Mikrostruktur für 5 mA/cm2 und 13 mA/cm2 bei steigender Temperatur gröber wird. Hingegen bleibt die 26 mA/cm2 Schicht optisch gleich. Dieser Einfluss setzt sich bei 55 °C IL-Temperatur weiter fort, so dass die Schicht, welche mit 26 mA/cm2 abgeschieden wurde, optisch unverändert bleibt. Das optische Erscheinungsbild kann mittels Weißlicht-Interferometrischer (WLI) Rauheitsmessung bestätigt werden (siehe Abb. 6). Die Rauheit für 26 mA/cm2 liegt bei allen Temperaturen unter 10 nm in einer Fläche von 100 × 100 µm2. Die Rauheitserhöhung bei niedrigeren Stromdichten kann mit einer schnelleren Oberflächendiffusion der Al-Atome zu Kristallkeimen erklärt werden. Somit entstehen größere Kristallite anstatt neuer Kristallkeime. Bei höheren Stromdichten hingegen ist die Kristallisationsüberspannung, d. h. der Zwang neue Keime zu bilden, so hoch, dass sich die Schichten bei Temperaturerhöhung kaum verändern. Aus den Potential-Zeit-Verläufen für die jeweiligen Stromdichten kann festgestellt werden, dass das Abscheidepotential mit steigender Temperatur sinkt. Bei j = 13 mA/cm2 sinkt das Potential von ca. 0,8 V (30 °C) auf ca. 0,55 V (55 °C). Für j = 26 mA/cm2 reduziert sich das Potential von ca. 1,6 V (30 °C) auf ca. 1,05 V (55 °C). Da sich die Schichten für die beiden Stromdichten bei 30 °C nur minimal unterscheiden, ist davon auszugehen, dass ein Abscheidepotential > 800 mV benötigt wird, um feinkristalline Schichten zu erhalten.

Abb. 6: Abhängigkeit der RMS-Rauheit der Al-Schichten von der IL-Temperatur für drei StromdichtenAbb. 6: Abhängigkeit der RMS-Rauheit der Al-Schichten von der IL-Temperatur für drei Stromdichten

Die Stromausbeute steigt bei j = 26 mA/cm2 mit der Temperatur. Bei 30 °C liegt die Stromausbeute bei ca. 80 %. Bei 50 °C hingegen schon bei ca. 93 %. Bei den niedrigeren Stromdichten verschlechtert sich die Stromausbeute mit steigender Temperatur.

Schlussfolgernd können folgende Erkenntnisse gewonnen werden:

  • Abscheidungen bei nahezu Raumtemperatur (30 °C) können mit j = 13 mA/cm2 und j = 26 mA/cm2 gleichwertig durchgeführt werden.
  • Abscheidungen bei erhöhten Temperaturen (50–55 °C) sollten mit höheren Stromdichten (j = 26 mA/cm2) erfolgen.
  • Das Abscheidepotential sollte größer 800 mV sein, um feinkristalline Schichten zu erhalten.

4.1.3 Einfluss der Stromführung

Abb. 7: REM-Aufnahmen der Al-Schichten für 30 °C und 50 °C bei jpeak = 26 mA/cm2Abb. 7: REM-Aufnahmen der Al-Schichten für 30 °C und 50 °C bei jpeak = 26 mA/cm2Aus dem Kapitel 4.1.2 geht hervor, dass sich höhere Stromdichten positiv auf die Schichtmorphologie auswirken. Aus der Literatur ist bekannt, dass Pulsstromabscheidungen zu feinkristallinen und dichten Schichten führen [14]. Da es bisher kaum Studien [15, 16] zur Pulsstromabscheidung aus dem EMImCl/AlCl3-IL gibt, werden nachfolgend ausgewählte Parameter gegenübergestellt.

Für die Untersuchungen wird die Peakstromdichte jpeak auf 26 mA/cm2 festgelegt. Die Variation erfolgt hinsichtlich der Frequenz f (10 Hz bzw. 50 Hz), des Tastverhältnisses dc (90 % bzw. 50 %) und der Temperatur (30 °C bzw. 50 °C). In dieser Gegenüberstellung wird nur unipolares Pulsen betrachtet.

In den REM-Aufnahmen in Abbildung 7 sind die Mikrostrukturen dargestellt. Die Aufnahmen sind nach Temperatur und Durchschnittsstromdichte, Frequenz und Tastverhältnis angeordnet. Für eine bessere Vergleichbarkeit zur Gleichstromabscheidung sind diese REM-Aufnahmen ebenfalls aufgeführt.

 

Tab. 1: Überblick der Prozesskennwerte Stromausbeute und Abscheiderate bei Gleich- und Pulsstromabscheidungen

 

Stromausbeute
@ T = 30 °C

Abscheiderate
@ T = 30 °C

Stromausbeute
@ T = 50 °C

Abscheiderate
@ T = 50 °C

DC

80 %

230 nm/min

92 %

264 nm/min

PP 10 Hz, 90 %

75 %

328 nm/min

94 %

413 nm/min

PP 50 Hz, 50 %

139 %

188 nm/min

163 %

220 nm/min

Es ist ersichtlich, dass sich die Mikrostrukturen bei TIL = 30 °C kaum voneinander unterscheiden. Bei TIL = 50 °C hingegen ist ein großer Unterschied zwischen den Pulsstromparametern erkenntlich. Der ausschlaggebende Parameter ist das Tastverhältnis, da auch bei f = 10 Hz und dc = 50 % ein ähnliches Verhalten festgestellt wird. Durch das geringere Tastverhältnis sinkt die Durchschnittsstromdichte ja, wodurch sich der Abscheideprozess analog zur Gleichstromabscheidung verhält. Der Vergleich der REM-Aufnahmen der Pulsstromparameter f = 10 Hz, dc = 90 % mit der Gleichstromabscheidung weist kaum einen Unterschied auf.

Die Prozesskennwerte Stromausbeute (current effiency, CE) und Abscheiderate sind maßgeblich für einen zuverlässigen Prozess. In Tabelle 1 sind diese Kennwerte für die hier verwendeten Parameter aufgeführt. Es wird deutlich, dass sich die Prozesskennwerte für alle Abscheideparameter bei TIL = 50 °C erhöhen. Da bei der Pulsstromabscheidung die Ionenkonzentration vor der Kathode einen quasistationären Zustand erreicht, der höher ist als bei der Gleichstromabscheidung, ist es möglich die Abscheidegeschwindigkeit zu erhöhen [17]. Somit ist für eine Zielschichtdicke mit dem Pulsstromverfahren weniger Zeit notwendig.

Die Stromausbeute der Probe mit f = 50 Hz, dc = 50 % kann durch einen Messfehler erklärt werden.

4.1.4 Einfluss der Startschicht auf die Schichtbildung

Abb. 8: REM-Aufnahmen der galvanisch abgeschiedenen Al-Schichten für Al- und Au-Startschicht bei f = 25 Hz und dc = 90 %. A) Al-Startschicht, jpeak = 20 mA/cm2; B) Al-Startschicht, jpeak = 10 mA/cm2; C) Au-Startschicht, jpeak = 20 mA/cm2Abb. 8: REM-Aufnahmen der galvanisch abgeschiedenen Al-Schichten für Al- und Au-Startschicht bei f = 25 Hz und dc = 90 %. A) Al-Startschicht, jpeak = 20 mA/cm2; B) Al-Startschicht, jpeak = 10 mA/cm2; C) Au-Startschicht, jpeak = 20 mA/cm2Al und Au weisen als Startschichtmaterial sehr unterschiedliches Verhalten auf. Al oxidiert sofort beim Kontakt mit Luft. Au reagiert nicht mit Luft und ist somit eine ideale Startschicht. Die Analyse des Startschichteinflusses wird anhand von strukturierten Abscheidungen auf Waferlevel durchgeführt. Die Strukturbreiten sind 80 µm (Au) bzw. 60 µm (Al). Die Strukturbreiten in diesen Größen haben dabei keinen Einfluss auf die Schichtbildung.

Für die Abscheidung auf Al wird ein 2-minütiger anodischer Rückpuls bei kleiner Stromdichte geschalten. Anschließend wird mittels Pulsstromabscheidung die Stromdichte (jpeak = 10 mA/cm2 bzw. 20 mA/cm2) variiert. Die Frequenz und das Tastverhältnis sind konstant bei 25 Hz und 90 %. Für die Au-Startschicht wird jpeak = 20 mA/cm2 und die gleiche Frequenz sowie gleiches Tastverhältnis genutzt. In Abbildung 8 sind die erzeugten Schichten an unterschiedlichen Positionen des Wafers dargestellt. Die Reihe A und B repräsentieren die Al-Startschicht bei 20 mA/cm2 bzw. 10 mA/cm2. Für A wurden 20 µm Schichtdicke anvisiert. Letztlich weist die Schicht wenige 100 nm auf. Resultierend daraus ist die Stromdichte für B sowie die Zielschichtdicke reduziert worden. Es fällt auf, dass das Stromdichteverhalten der Al-Startschicht nicht den aus Kapitel 4.1.2 bekannten Ergebnissen entspricht. Dieser Untersuchung zufolge ist die Abscheidung auf Al-Startschicht mit niedrigeren Stromdichten zielführender. Dennoch ist auch die Beschichtung der Probe B nicht zufriedenstellend. Die Strukturkanten sind überhöht und am Waferrand sind die Schichten oftmals nicht geschlossen. Zur Überprüfung, ob es ein Layout- oder Startschichteffekt ist, sind die Abscheidungen mit Au-Startschicht (Reihe C) wiederholt worden. Die dunklen dreieckförmigen Partikel an den Strukturkanten sind Lackreste, die nicht einwandfrei entfernt wurden. Für jpeak = 20 mA/cm2 und einer anvisierten Schichtdicke von 5 µm wird eine homogene, ebene und der Zieldicke entsprechende Schicht erreicht. Demzufolge hat das Layout keinen Einfluss auf die prinzipielle Abscheidung. Der Einfluss der Startschichten kann eindrucksvoll nachvollzogen werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass die galvanische Abscheidung von Al auf Al-Startschicht nicht trivial ist. Die Zuhilfenahme eines Zinkat- und Nickelprozesses soll vermieden werden, um ein homogenes Materialsystem zu gewährleisten. Ein weiterer Ansatz zur erfolgreichen Beschichtung der Al-Startschicht ist eine stufenartige Anpassung des Stromes. Inwieweit es dabei sinnvoll ist, mit hohen oder niedrigen Stromdichten zu beginnen, ist aktueller Untersuchungsgegenstand.

4.2 Leiterplattensubstrate

Die Al-Abscheidung auf Cu-kaschierten Leiterplatten verhält sich ähnlich wie auf Au-Startschicht. Die größte Herausforderung ist dabei die Beschichtung von Durchkontaktierungen. Dafür sind unterschiedliche Vorbeschichtungen der Vias in den Testsubstraten genutzt worden:

  • Intrinsisch elektrisch leitfähiges Polymer
  • Black Hole (Graphit-Vorbeschichtung)
  • Anschlagkupfer

Die Substrate sind von der Jenaer Leiterplatten GmbH bereitgestellt worden.

4.2.2 Leitfähiges Polymer

Abb. 9: REM-Aufnahme vom Querschliff eines 200 µm  Vias: Abscheideparameter: TIL = 30 °C, Gleichstromabscheidung: j =  40 mA/cm2, t = 900 sAbb. 9: REM-Aufnahme vom Querschliff eines 200 µm Vias: Abscheideparameter: TIL = 30 °C, Gleichstromabscheidung: j =  40 mA/cm2, t = 900 sZiel ist es, so nah wie möglich an dem bestehenden Produktionsprozess in der Leiterplattentechnik zu arbeiten. Elektrisch leitfähige Polymere sind eine übliche Via-Vorbeschichtung, um eine Basis-Leitfähigkeit der Vias zu erreichen, so dass nachfolgend die Vias galvanisch mit Cu beschichtet werden können. Allerdings verringert sich die Leitfähigkeit des Polymers aufgrund von Oxidationsprozessen innerhalb weniger Tage stark, so dass eine zügige Weiterbearbeitung nach Eintreffen der Lieferung erfolgen muss.

Stellvertretend für die Versuchsreihe mit elektrisch leitfähigem Polymer ist in Abbildung 9 eine Probe mit einer Al-Eindringtiefe von ca. 70 µm in das Via dargestellt. Die Stromdichte ist mit j = 40 mA/cm2 verhältnismäßig hoch, wobei mit niedrigeren Stromdichten keine Al-Beschichtung in den Vias nachvollzogen werden konnte. Die weiteren Arbeiten mit den Polymer-gefüllten Vias haben sich als nicht erfolgsversprechend herausgestellt. Aufgrund der oben benannten Leitfähigkeitsabnahme bei Standzeit an Luft ist die Herstellung von Al-beschichteten Durchkontaktierungen bisher nicht möglich. Daraufhin ist die langzeitstabile Graphitbeschichtung genutzt worden.

4.2.2 Black Hole (Graphit-Vorbeschichtung)

Auch bei der Graphitbeschichtung in den Vias ist die Beschichtung mit Gleichstrom nicht erfolgsversprechend. Die nachfolgenden Pulsstromabscheidungen zeigen vielversprechendere Ergebnisse. Die Pulsparameter sind nach den Ergebnissen auf den Si-Substraten ausgewählt: jpeak = 26 mA/cm2, f = 10 Hz, dc = 90 %.

Anhand der Querschliff-Analysen (Abb. 10) kann für diese Parameter eine Eindringtiefe des Al von ca. 550 µm für ein 600 µm Via angegeben werden. Des Weiteren ist die Al-Schichtdicke im Via mit ca. 27 µm ausreichend hoch. Allerdings ist die Schichtdicke an der Oberfläche wesentlich geringer. Die Eindringtiefe auf der gegenüberliegenden Seite ist mit ca. 90 µm sehr gering. Dies könnte durch eine leichte Verkippung der Elektroden erklärt werden, so dass die effektive Stromdichte an dieser Stelle geringer war. Weitere Proben gleicher Parameter zeigen ein ähnliches Beschichtungsverhalten.

Abb. 10: Lichtmikroskop-Aufnahme des Querschliffes der Probe Bh10 (dargestellt ist ein 600 µm Via)Abb. 10: Lichtmikroskop-Aufnahme des Querschliffes der Probe Bh10 (dargestellt ist ein 600 µm Via)

Als Fazit der Experimente kann festgestellt werden, dass die Al-Beschichtung von Vias mit der Black-Hole-Vorbeschichtung durchaus möglich ist. Allerdings bleibt zu klären, ob die Durchflutung der Vias ausreichend hoch ist, um eine komplette Beschichtung zu gewährleisten.

-wird fortgesetzt-

 
 
 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 7
  • Jahr: 2020
  • Autoren: Silvia Hertel1, Maik Wiemer1, Thomas Otto1,2 1 Fraunhofer Institut für elektronische Nanosysteme ENAS, Chemnitz 2 Technische Universität Chemnitz, Zentrum für Mikrotechnologien, Chemnitz

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