1 Die konventionelle Ultraschallprüfung
Die genaue Kenntnis der Einflussgrößen der Ultra-schallprüfung und die Fähigkeit, sie exakt in die Prüftechnik einfließen zu lassen, sind unabdingbare Voraussetzungen. Nicht immer sind alle Einflüsse so gravierend, dass der Prüfer sie berücksichtigen muss. In vielen Fällen kann der eine oder andere Einfluss vernachlässigt werden, ohne dass die Messtoleranzen die erlaubten Grenzen überschreiten. Dadurch vereinfacht sich der Prüfablauf und die Prüfzeit wird reduziert.
Trotzdem gehört die Zukunft dem qualifizierten Ultraschallprüfer, der seine Aufgaben verantwortungsbewusst durchführt und ständig bemüht ist, sein Wissen auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.
2 Warum Ultraschall zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung?
Neben den Verfahren zur zerstörungsfreien Prüfung von Werkstückoberflächen, dem Farbeindring- und Magnetstreuflussverfahren, kannte der Praktiker bis zum Anfang der fünfziger Jahre nur die Durchstrahlungsprüfung (mit Röntgengerät oder radioaktiven Isotopen) als Verfahren zum Nachweis von inneren Fehlern.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das von Sokolov 1935 erstmals beschriebene und von Firestone 1940 angewandte Ultraschallverfahren weiterentwickelt, so dass schon bald brauchbare Geräte für die Werkstoffprüfung mit Ultraschall zur Verfügung standen. Das Prinzip der Ultraschallprüfung beruht auf der Tatsache, dass insbesondere feste Stoffe Schallwellen gut weiterleiten.
Dabei wird die Welle nicht nur an den Begrenzungsflächen eines Werkstückes reflektiert, sondern auch an inneren Fehlstellen (Materialtrennungen, Einschlüssen, usw.). Die Wechselwirkung der Schallwelle mit dem Material ist umso stärker, je kleiner die Wellenlänge, also je höher die Frequenz der Welle ist.
3 Funktionsweise
Auffinden von Ungänzen
Das eigentliche Werkzeug des Ultraschallprüfers ist der Prüfkopf (Abb. 1 bis 4).
Der piezoelektrische Wandler, angeregt durch eine extrem kurze, elektrische Entladung, sendet einen Ultraschallimpuls aus. Der gleiche Wandler erzeugt andererseits wieder ein elektrisches Signal, wenn er durch ein ankommendes Schallsignal zu schwingen beginnt. Der Prüfkopf wird mit einer Flüssigkeit oder einer Koppelpaste an die Werkstückoberfläche angekoppelt, damit die Schallwellen vom Prüfkopf in das Werkstück übertragen werden können.
Dann tastet der Prüfer das Werkstück ab, d. h. er bewegt den Prüfkopf gleichmäßig auf der Oberfläche hin und her. Dabei achtet er auf Signale, die durch Reflexion von inneren Ungänzen oder wie im Bild unten durch eine planparallele Rückwand kommen könnten.
Jeder Prüfkopf hat eine bestimmte Richtwirkung, d. h. die Ultraschallwellen erfassen nur einen bestimmten Ausschnitt des Prüfstückes. Der für die Ultraschallprüfung wirksame Bereich heißt das Schallbündel, das charakteristisch für den benutzten Prüfkopf und den Werkstoff ist, in dem sich die Schallwellen ausbreiten. Ein Schallbündel lässt sich grob in einen konvergenten (fokussierenden) Bereich, dem Nahfeld, und einen divergenten (auseinanderlaufenden) Bereich, dem Fernfeld, unterteilen.
Die Länge N des Nahfeldes (Nahfeldlänge) und der Öffnungs- oder Divergenzwinkel hängen vom Durchmesser des Wandlers, seiner Frequenz und der Schallgeschwindigkeit des Ausbreitungsmediums ab. Den Mittelstrahl bezeichnet man als die akustische Achse. Bei der Auswahl eines Prüfkopfes zur Lösung einer bestimmten Prüfaufgabe, spielt die Form des verwendeten Schallbündels natürlich eine wichtige Rolle. Oft reicht es jedoch aus, nur die akustische Achse zu zeichnen, um zu zeigen, wie die Lösung einer Prüfaufgabe aussieht.
4 Wellenarten – für die Ultraschallprüfung interessant
Die meisten Standard-Senkrechtprüfköpfe senden und empfangen Longitudinalwellen (Druckwellen). Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sich die Schwingungen in Form von Verdichtungen und Verdünnungen in allen Materialien (Gasen, Flüssigkeiten und Feststoffen) ausbreiten. Senkrechtprüfköpfe gibt es in großer Auswahl in den unterschiedlichsten Größen mit Frequenzen von ca. 0,5 MHz bis 25 Mhz. Man kann mit ihnen Reichweiten bis 10 m und mehr erzielen und somit auch die größten Werkstücke prüfen. Die meisten Standard-Winkelprüfköpfe senden und empfangen aus technischen Gründen Transversalwellen oder Scherwellen. Bei einer Transversalwelle schwingen die Atome (Moleküle) senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle, da die Anregung durch Scherkräfte (quer zur Ausbreitungsrichtung gerichtete Kräfte) erfolgt. Transversalwellen haben außerdem die Eigenschaft, dass sie nur in festen Stoffen auftreten können, also niemals in Flüssigkeiten und Gasen, da diese keinen Schermodul besitzen, also hier auch keine Scherkräfte wirken können. Darüber hinaus breiten sie sich wesentlich langsamer aus, als die Longitudinalwellen im gleichen Werkstoff.
5 Die Phased Array Technik
Das Prinzip der Phased Array Technik
Verglichen wird ein konventioneller Schwinger mit einem Array. In diesem Array sind 64 einzelne Elemente vereint. Jedes der einzelnen Elemente stellt einen eigenen Ultraschallschwinger mit seiner definierten Größe dar.
Die einzelnen Elemente des Arrays werden zeitlich versetzt angesteuert. Es ist auch möglich einzelne Gruppen innerhalb eines Arrays nacheinander anzusteuern. Sie bilden mit ihrer Gesamtgröße die Größe des einzelnen Schwingers ab. Hier spricht man von virtuellen Einzelschwingern im Array.
Einschwinger-Prüfköpfe besitzen einen festen Fokus und einen festen Nennwinkel. Werden mehrere Fokustiefen und mehrere Einschallwinkel für eine Prüfung benötigt, müssen verschiedene Prüfköpfe zur Ultraschallprüfung eigesetzt werden.
Die Phased Array Prüfung erlaubt dem Anwender, Winkel und Fokus in einem Prüfkopf zu verändern, wie es die Prüfaufgabe abverlangt. Bei einem Phased Array Prüfkopf mit linearer Anordnung der Einzelelemente werden in der Regel bis 128 Elemente eingesetzt.
Dadurch ergibt sich der Vorteil, dass bestimmte Bereiche nicht durch die Verschiebung des Prüfkopfes überprüft werden können, so wie es bei der konventionellen Prüftechnik erfolgt, sondern durch Verschiebung des Schallfeldes über die Länge des Prüfkopfes. Der Prüfkopf bleibt auf einer Stelle stehen.
Links in Abbildung 14 der konventionelle Schallverlauf eines Einschwinger-Prüfkopfes. Die Abbildung der Laufzeit wird durch ein sogenanntes A-Bild dargestellt. Die Reflektion der Querbohrung wird durch einen Pick im A-Bild angezeigt.
In der Abbildung rechts dargestellt, ein Phased-Array-Prüfkopf mit x Elementen. Durch die zeitlich unterschiedliche Ansteuerung der einzelnen oder im Verbund durch eine Apertur programmierten Zusammenschluss beliebig vieler Elemente, können über die gesamte Prüfkopfbreite beliebig viele virtuelle Einzelschwinger der Reihe nach angeordnet werden.
Der Ablauf der Ansteuerung dieser Schwinger ergibt, dass sich das Schallfeld auch in X-Richtung vom Anfang des Prüfkopfes bis zum Ende des Prüfkopfes bewegt.
Nun kann in einer statischen Position des Prüfkopfes das Schallfeld über eine definierte Länge über dem Prüfgegenstand bewegt werden. Die Abbildung 14 zeigt die Darstellung aller 3 Querbohrungen in verschiedenen Tiefen/Laufzeiten und an verschiedenen Positionen im Bauteil.
Die Abbildung 15 zeigt die Darstellung bei konventioneller Prüftechnik (A-Bild) oben mit festem Winkel. Es kann nur ein Reflektor im A-Bild dargestellt werden. Bei der Verschiebung des Prüfkopfes nach hinten kann nur der untere Reflektor im A-Bild dargestellt werden.
Im unteren Bild dargestellt, bei gleicher Prüfkopfposition können beide Bohrungen im Sektorbild dargestellt werden. Der nutzbare Winkelbereich erstreckt sich von ca. 35° bis 75°.
6 Prüfabdeckung am Beispiel einer Schweißnaht
Die Positionierung des Prüfkopfes wird bis zur Schweißnahtmitte berechnet (Maß A). Im Verlauf der Prüfung bleibt dieses Maß (im Beispielsfall, Abb. 16, 36 mm) konstant.
Dieses Maß ist abhängig von der Prüfgegenstandsdicke und von den Vorlaufkeilmaßen des Prüfkopfes.
Bei der Vielzahl der einzelnen Einschallwinkel, in diesem Fall von 35° bis 70° (70 sog. Einschallwinkel) betrachten die folgenden Abbildungen 18 bis 24 einzelne Winkel und damit die Abdeckung des Schweißnahtvolumens. Im Einzelnen werden die Winkelbereiche 35°, 45°, 50°, 55°, 60°, 65°, 70° dargestellt. Typische Schweißnahtfehler könnten Flankenbindefehler, Wurzelfehler, Poren oder mittige Fehler und Fehler in der Decklage sein (Abb. 26). Fehler werden als Ellipsen dargestellt, bei denen die laterale Ausdehnung mit der Größe des Schallstrahls an der Reflexionsoberfläche und die axiale Ausdehnung mit der Echobreite korrespondiert (Abb. 27 und 28).
Interpretiert werden die Fehleranzeigen, die der Anwender mit der konstanten Prüfkopfposition zur Schweißnahtmitte erfasst hat (Abb. 29 und 30). Die Vorteile die dieses Verfahren in der Ultraschallprüfung mit sich bringen, liegen auf der Hand:
- Schnelle Reflektor Erfassung
- Sehr gute Interpretation von Anzeigen aufgrund der B-Bild Darstellung
- Erfassung von Prüfbereichen mit nur einem Prüfkopf, die zuvor einen Prüfkopfwechsel notwendig gemacht haben.
7 Applikationsbeispiele
Tandemtechnik
Zum Nachweis von senkrecht orientierten Ungänzenanzeigen ab einer Werkstoffdicke von 90 mm wird gemäß Norm die Tandemprüfung angewendet. Die Prüfzonen werden in Abhängigkeit der Wanddicke des Prüfgegenstandes bestimmt.
Hierzu werde 2 Prüfköpfe für die konventionelle Ultraschallprüfung verwendet, die einen Einschallwinkel von 45° haben.
Die Prüfköpfe werden an einem Lineal befestigt, damit der für die einzelnen Prüfzonen eingestellte Abstand zueinander konstant gehalten werden kann. In den folgenden Abbildungen 31–33 dargestellt: die einzelnen Prüfzonen mit jeweils konstantem Prüfkopfabstand.
Prüfaufgabe
Eine Reibschweißstumpfnaht eines Hydraulikzylinders, bei der vornehmlich Fehler in senkrecht orientierter Richtung auftreten, soll auf senkrecht liegende Bindungsfehler überprüft werden. Eine Winkeleinschallung mit nur einem konventionellen Prüfkopf würde aufgrund der fehlenden Reflektionen durch den Fehler zu keinem aussagekräftigen Ergebnis führen.
Die Positionierung eines herkömmlichen Senkrechtprüfkopfes zu Detektion dieser Fehler wäre aus geometrischen Gründen in einem Abstand von 2000 mm erforderlich.
Durch die vorliegende Geometrie könnte in dieser Entfernung keine zuverlässige Echohöhenbewertung der vermeintlichen Fehleranzeigen gemacht werden.
Im vorliegenden Beispiel wurde an einem Phased-Array Prüfkopf mit 64 Elementen die Apertur so programmiert, dass im 1. Schritt von Element 1 bis 10 gesendet wurde. Die Elemente 55 bis 64 wurden auf Empfang eingestellt. In den weiteren Schritten sendeten die Elemente 2 bis 11 und die Elemente 54 bis 63 empfingen das Signal. Die weiteren Schritte wiederholen sich bis zu den Elementen 28 bis 37, die zuerst senden und dann empfangen, dargestellt in der Abbildung 34.
Die Prüftiefe beträgt etwas mehr als den halben Durchmesser des Prüfgegenstandes. Um eine Abdeckung des gesamten Volumens zu erreichen, wird der Prüfkopf 180° an der äußeren Oberfläche des Zylinders parallel zur Schweißnaht entlanggeführt (Abb. 35).
8 Zusammenfassung
Die Phased Array Technik bietet wesentliche Vorteile gegenüber der konventionellen Ultraschallprüfung. Entscheidend für den Einsatz der PA Technologie sind die Material- und die Prüfkosten, gegeben durch den sehr viel höheren Zeitaufwand bei der konventionellen Prüfung.
Die automatisierte Phased Array Technologie bedarf vor jeder Durchführung einer Validierung durch den Auftraggeber. Somit werden die Forderungen die durch ein Lastenheft gegeben sind, vor Inbetriebnahme einer Anlage erfüllt.
Bei der manuellen Phased Array Prüfung (PAUT) möchte man sich weitestgehend an europäische Normen und Regelwerke anlehnen. Diese sind bisher noch nicht alle auf ihren Weg gebracht worden. Somit greifen vielfach die europäischen Produktnormen und Durchführungsnormen für die konventionelle Ultraschallprüfung. Zurzeit wird die PAUT vornehmlich in Unternehmen angewandt, die die Ultraschallprüfung zur eigenen Qualitätsabsicherung einsetzten. Hier wird die PAUT in den meisten Fällen Applikations-bezogen eingesetzt.
Das Unternehmen
Die Firma GE Inspection Technologies GmbH mit ihrem deutschen Hauptsitz in Hürth bei Köln stellt Ultraschallanlagen und tragbare Ultraschallgeräte her. Das Angebot umfasst ca. 5000 Standard-Ultraschallprüfköpfe aber natürlich auch Prüfköpfe, die nach Kundenwunsch gefertigt werden. Weiterhin umfasst der Standort Hürth ein Servicecenter für Ultraschallgeräte und Endoskope.
Außerdem gibt es in Deutschland Standorte in Hannover, dort werden Röntgen-CT-Anlagen für die Industrie entwickelt und gefertigt und in Ahrensburg werden sowohl Durchleuchtungsanlagen als auch tragbare Röntgenanlagen für die Industrie gefertigt.