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Montag, 20 Juli 2020 11:59

Erhöhung der Energieeffizienz in einem Galvanikunternehmen (Teil 4)

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Geschätzte Lesezeit: 5 - 9 Minuten

Die Maßnahmen des beschlossenen Konjunkturprogrammes sollen die durch die Corona-Krise arg angeschlagene Wirtschaft ankurbeln und auch dem Klima zugute kommen. So werden stolze 9 Milliarden Euro für das Wasserstoffprogramm bereitgestellt, um die Herstellung, Speicherung und Anwendung von Wasserstoff voranzutreiben.

Am klimafreundlichsten wäre die alleinige Nutzung von grünem Wasserstoff, der mittels Elektrolyse von Wasser mit Strom aus Erneuerbaren produziert wird. Allerdings ist dies noch viel zu teuer und energieintensiv. Deshalb wird die Wasserstoff-Produktion mit in Off-Shore-Windkraftanlagen erzeugtem Strom gefördert. Im Rahmen der nationalen Wasserstoffstrategie werden auch Mittel bereitgestellt, um in Marokko eine industrielle Photovoltaik-Anlage aufzustellen zur Lieferung von Strom für die Elektrolyse.

Trotzdem wird in Zukunft die fossile Energiequelle Erdgas weiter gebraucht, gerade um den wachsenden Bedarf an Wasserstoff zu decken. Um dem Ziel der CO2-Reduktion gerecht zu werden, soll das während des Dampfreformingprozesses freiwerdende CO2 abgeschieden und gespeichert werden. Dazu sind noch Forschungen auf dem Gebiet der CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) notwendig.

Die in der Vergangenheit von der Bundesregierung geförderten Forschungsvorhaben zeigten, dass Wasserstoff in vielen Bereichen der Wirtschaft zwar eingesetzt, aber nur recht ungünstig betrieben werden kann. Gerade bei der Stahl- und Zementherstellung könnten jedoch die CO2-Emissionen erheblich gesenkt werden. Es werden also Anreize gebraucht, um jetzt in teure aber CO2-ärmere Technologien zu investieren. Bereits Anfang der 1990er Jahre befassten sich Ingenieure in führenden Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit der Brennstoffzellentechnologie. Inzwischen fahren testweise erste Züge und Busse mit Brennstoffzellen. Weitere Forschungen befassten sich mit der Herstellung sogenannter E-Fuels aus Wasserstoff und CO2 beziehungsweise Methan. Kämen die E-Fuels zum Zuge, ließen sich das vorhandene Tankstellennetz und die bewährten Verbrennungsmotoren weiternutzen. Die Beispiele zeigen, wie vielseitig Wasserstoff eingesetzt werden kann.

Die Wasserstoffstrategie hilft hoffentlich der Automobilbranche und den Zulieferern auf die Frage nach dem günstigsten Antrieb – ob Elektromotor, Wasserstoff-Brennstoffzelle und Elektromotor oder Verbrennungsmotor – Antworten zu finden, die Umweltschutz und Rentabilität berücksichtigen.

Mit Wasserstoff neue Wege gehen Erhöhung der Energieeffizienz in einem Galvanikunternehmen (Teil 4)

3.2.3 Vakuum-Verdampfer

Abb. 18: Leistungsbedarf des Vakuum-Verdampfers 2017 [IB Potthoff]Abb. 18: Leistungsbedarf des Vakuum-Verdampfers 2017 [IB Potthoff]Zur Reduzierung des Abwasserstroms (zum Beispiel chromhaltige Wässer) und somit der Entsorgungskosten ist ein Vakuum-Verdampfer installiert. Das Destillat und das Konzentrat (zum Beispiel Chromsäure) werden dem Produktionsprozess wieder zugeführt.

Der elektrische Antrieb des Vakuum-Verdampfers ist altersbedingt abgängig und soll ersetzt werden.

Die Auswertung des elektrischen Leistungsbedarfs des Vakuum-Verdampfers im Jahr 2017 ist in der Abbildung 18 enthalten.

Aus Abbildung 18 ist zu erkennen, dass eine Grundlast von 2 kW durchgehend abgerufen wird. Weiterhin zeigt sich, dass der Kompressor über zwei Stufen verfügt. Die erste Stufe weist eine elektrische Leistung zwischen 15 kW und 20 kW auf. ET 7 20 Giglia4 Abb19Abb. 19: Geordnete Jahresdauerlinie des Vakuum-VerdampfersDie zweite Stufe weist eine elektrische Leistung zwischen 30 kW und 50 kW auf. Aus Abbildung 18 ist weiterhin ersichtlich, dass in den Monaten November und Dezember die Leistungsaufnahme des Vakuumprozesses geringer ist. Dies könnte auf veränderte Produktionsbedingungen hindeuten.

Abbildung 19 zeigt die geordnete Jahresdauerlinie des elektrischen Leis-
tungsbedarfes des Vakuum-Verdampfers. Es zeigt sich, dass der Vakuum-Verdampfer ab 4200 h/a im Leerlauf betrieben wird.

In Tabelle 11 sind die elektrischen Daten des Vakuum-Verdampfers auf-
geführt.

Tab. 11: Daten des Vakuum-Verdampfers

Bezeichnung

Einheit

Wert

Stromverbrauch

kWh/a

96 122

Lastmaximum

kWh

51

Volllaststunden

h/a

1885

 

4 Maßnahmen zur Energie- und Kosteneinsparung und zur Reduzierung
der CO2-Emissionen

Basierend auf der zuvor vorgenommenen Analyse des Istzustandes werden nachfolgend Maßnahmen zur Energie- und Kosteneinsparung und zur Reduzierung der CO2-Emissionen in dem Galvanikunternehmen aufgezeigt.

4.1 Maßnahmen an den Abluftanlagen

Wie zuvor bereits aufgeführt werden hier die nachfolgenden Maßnahmen wie

  • Teilabdeckung der Bäder
  • Wärmerückgewinnung mit einem Kreislaufverbundsystem (KVS-System)
  • Effizienzsteigerung der elektrischen Ventilatorantriebe

bewertet.

4.1.1 Teilabdeckung der Bäder

Nach Angabe des Galvanikunternehmens ist eine Teilabdeckung der Bäder realisierbar. Dazu wird die Beckenoberfläche mit einer Teilabdeckung versehen, die vor der Beladung des Bades entfernt wird. Die seitliche Schlitzabsaugung ist dazu an den Bädern anzupassen. Der Abluftvolumenstrom kann durch die Verringerung der Badoberfläche um ca. 40 Prozent reduziert werden.

Bedingt durch die Verringerung des Abluftvolumenstromes wird der Wärmeaustrag aus der Produktionshalle und der elektrische Energiebedarf der Abluftventilatoren reduziert.

In der Tabelle 12 sind der reduzierte Luftvolumenstrom und die elektrische Leistung des Ventilators der Bäder aufgeführt:

Tab. 12: Volumenstrom und elektrische Leistung des Ventilators der Bäder mit Teilabdeckung

Bezeichnung

Volumenstrom mit Teilabdeckung
m3/h

Elektrische Leistung mit Teilabdeckung
kW

Elektrische Arbeit mit Teilabdeckung
kWh/a

Volumenstrom Bereich 1 (Bad 1)

6000

2,7

13 300

Volumenstrom Bad 2, 3, 4

7200

4,6

24 615

Volumenstrom Bad 5

3600

1,0

3 861

Volumenstrom Bad 6 und Vernickelung

3600

1,0

7956

 

Tab. 13: Verringerter Wärmeaustrag

Bezeichnung

Differenz-Volumenstrom
m3/h

Ersparter Wärmeaustrag
kW

Ersparter Wärmeaustrag
kWh/a

Volumenstrom Bereich 1 (Bad 1)

4000

18

88 668

Volumenstrom Bad 2, 3, 4

4800

21,6

115 582

Volumenstrom Bad 5

2400

10,8

41 699

Volumenstrom Bad 6 und Vernickelung

2400

10,8

85 925

Die in Tabelle 12 aufgeführte elektrische Leistung „mit Teilabdeckung“ wurde mit Gleichung <2> ermittelt.

In der Tabelle 13 ist die Verringerung des Wärmeaustrags in der Heizperiode durch die Reduzierung des Volumenstroms aufgeführt.

Bei der Berechnung des ersparten Wärmeaustrags wurden nachfolgende Ansätze berücksichtigt:

  • Spezifische Wasserdampfabgabe: 2,5 l/h · m2
  • Badtemperatur: 50 °C
  • Halleninnentemperatur: 20 °C
  • Verringerter Wärmeverlust: 4,5 W/m3 · h

In der neuen Produktionshalle werden die Hauptkomponenten der bestehenden Abluftanlagen wieder installiert. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Konstruktion der Luftleitungen der zulässige Druckverlust der Ventilatoren berücksichtigt wird, sodass die zuvor ermittelten Effizienzmaßnahmen als realistisch betrachtet werden können.

4.1.2 Wärmerückgewinnung mit einem Kreislaufverbundsystem (KVS-System)

Wie bereits zuvor beschrieben ist eine korrespondierende Zuluftanlage zu den Abluftanlagen nicht vorhanden. In der neuen Produktionshalle ist es beabsichtigt, eine Zuluftanlage zu installieren.

Die Vorteile sind:

  • Nutzung von Abwärme (Wärmerückgewinnung)
  • Zufuhr von konditionierter Zuluft an den Arbeitsplätzen und
  • Vermeidung von Zugerscheinungen.

Die neue Zuluftanlage sowie die wieder installierten Abluftanlagen sollen mit einem Wärmerückgewinnungs-System (KVS) ausgerüstet werden. Die Installation des Wärmetauschers in dem Abluftkanal ist nach dem jeweiligen Zentralwäscher vorgesehen.

Die gewonnene Energie wird der Zuluftanlage, ebenfalls mit einem Wärmetauscher zugeführt. Als Kreislaufmedium wird ein Wasser-Glycolgemisch eingesetzt. Des Weiteren wird bei der Bewertung des Energieeinsparpotentials der reduzierte Volumenstrom mit Teilabdeckung der Abluftanlagen berücksichtigt.

In der Tabelle 14 ist das Einsparpotential des Wärmerückgewinnungssystems über das Jahr aufgeführt.

Es ergibt sich ein Einsparpotential von ca. 293 925 kWh/a.

Bei der Berechnung wurden nachfolgende Ansätze berücksichtigt:

Primärseite des Abluft-Wärmetauschers:

  • Temperatur/rel. Feuchte Lufteintritt: 18 °C/90 %
  • Temperatur Luftaustritt: 15 °C/90 %

Primärseite des Außenluft-Wärmetauschers:

  • Mittlere jährl. Außenlufttemperatur / Rel. Feuchte Lufteintritt: 9 °C/25 %
  • Temperatur Luftaustritt: 17 °C/10 %
  • Enthalpiedifferenz: 8 KJ/kg
  • WRG: 27 %
  • Gesamt-Druckverlust luftseitig: 800 Pa
Tab. 14: Einsparpotential des Wärmerückgewinnungssystems

Bezeichnung

WRG-Volumenstrom (mit Teilabdeckung)
m3/h

WRG-Wärmeleistung
kW

WRG-Wärmearbeit
kWh/a

Volumenstrom Bereich 1 (Bad 1)

6000

16

78 816

Volumenstrom Bad 2, 3, 4

7200

19

101 669

Volumenstrom Bad 5

3600

9,6

37 066

Volumenstrom Bad 6 und Vernickelung

3600

9,6

76 374

 

In der Tabelle 15 ist der elektrische Mehraufwand des Wärmerückgewinnungssystems, bedingt durch die zusätzlichen luftseitigen Druckverluste über das Jahr aufgeführt. Bei der Berechnung wurden nachfolgende Ansätze berücksichtigt:

  • Druckverlust luftseitig: 800 Pa
  • Ventilator: 60 %

Bei der Ermittlung der luftseitigen Druckverluste wurden die Komponenten wie die Wärmetauscher, der Tropfenabscheider und die Reinigungsanlage, sowie der elektrische Bedarf für die Kreislauf-Pumpe mit 50 W berücksichtigt.

Es ergibt sich ein elektrischer Mehraufwand von ca. 40 647 kWh/a.

Nach erster, grober Kostenabschätzung beträgt die statische Kapitalrücklaufzeit ca. 6,5 Jahre.

Tab. 15: Elektrischer Mehraufwand des Wärmerückgewinnungssystems

Bezeichnung

WRG-Volumenstrom (mit Teilabdeckung)
m3/h

WRG-elektr. Leistung kW

WRG-elektr. Arbeit kWh/a

Volumenstrom Bereich 1 (Bad 1)

6000

2,2

10 837

Volumenstrom Bad 2, 3, 4

7200

2,7

14 448

Volumenstrom Bad 5

3600

1,3

5 019

Volumenstrom Bad 6 und Vernickelung

3600

1,3

10 343

 

4.1.3 Effizienzsteigerung der elektrischen Ventilatorantriebe

Eine weitere Maßnahme bezüglich der Abluftanlagen ist ein Austausch der Elektromotoren an den Ventilatoren. Da die Zuluftanlage neu installiert wird, gehen wir davon aus, dass die elektrischen Antriebe der Ventilatoren dem aktuellen Effizienzstandard entsprechen.

In der DIN EN 60034-30-1 werden international geltende Effizienzklassen definiert. Ab dem 1.1.2017 müssen Elektromotoren, die in Betrieb genommen werden und eine Antriebsleistung von > 0,75 kW aufweisen, mindestens über die Effizienzklasse IE3 verfügen. Aus der Differenz des elektrischen Wirkungsgrades im Ist- und Soll-Zustand wird das Energieeinsparpotential in Tabelle 16 ermittelt.

Der Wirkungsgrad der elektrischen Antriebe wurde den Typenschildern entnommen, wobei die elektrische Arbeit mit Teilabdeckung gem. der Tabelle 12 berücksichtigt wird.

Es ergeben sich für den Einsatz des effizienten elektrischen Antriebs Einsparungen in Höhe von ca. 7234 kWh/a.

Nach einer groben Kosteneinschätzung beträgt die statische Kapitalrücklaufzeit im Mittel ca. 7 Jahre.

4.2 Maßnahmen am Vakuumverdampfer

Das Galvanikunternehmen beabsichtigt ebenso die vorhandene Vakuum-Verdampferanlage in der neuen Produktionshalle aufzustellen.

Die bestehende Vakuum-Verdampferanlage ist verfahrenstechnisch für den zukünftigen Betrieb geeignet, wobei Überlegungen angestellt werden, den elektrischen Hauptantrieb gegen einen effizienten und gleich großen auszutauschen.

Tab. 16: Einsparpotential durch effiziente elektrische Antriebe der Ventilatoren

Benennung

Ventilator Halle 1

Ventilator Bad 2,3,4

Ventilator Bad 5

Ventilator Bad 6 und Vernickelung

Wirkungsgrad Ist [%]

74

75,5

75,5

75,5

Wirkungsgrad Soll [%]

91,2

89,1

89,1

89,1

Verbrauch Ist [kWh/a]

13 300

24 615

3861

7956

Verbrauch Soll [kWh/a]

11 012

21 267

3336

6874

Differenz Verbrauch [kWh/a]

2279

3.348

525

1082

Der elektrische Wirkungsgrad und die elektrische Leistung mit 55 kW wurden dem Typenschild entnommen. Die elektrische Leistung wurde mit den in Tabelle 11 aufgeführten Daten bestätigt. Die Ermittlung des elektrischen Einsparpotentials ist in Tabelle 17 enthalten.

 

Tab. 17: Einsparpotential durch einen effizienten elektrischen Antrieb Vakuumverdampfer
Benennung Elektrischer Hauptantrieb Vakuumverdampfer
Wirkungsgrad Ist [%] 79,5
Wirkungsgrad Soll [%] 94,6
Verbrauch Ist [kWh/a] 96122
Verbrauch Soll [kWh/a] 81607
Differenz Verbrauch [kWh/a] 14514


Es ergeben sich für den Einsatz eines effizienten elektrischen Antriebes Einsparungen in Höhe von 14 514 kWh/a.

Die grobe Kosteneinschätzung ergibt eine statische Kapitalrücklaufzeit von ca. 4,5 Jahren. -wird fortgesetzt-

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 7
  • Jahr: 2020
  • Autoren: Marco Giglia, Joachim Wenzel, Potthoff GmbH, Fachbereich Energietechnik und Energiewirtschaft

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