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Montag, 14 September 2020 07:00

Einsatz der Röntgenfluoreszenzanalyse im modernen Werkstoffrecycling (Teil 2)

von Prof. Dr.-Ing. Andreas Zilly
Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten
Abb. 3: Schrottsortierung mit mobiler RFA bei der RPS Siegen GmbH [4] Abb. 3: Schrottsortierung mit mobiler RFA bei der RPS Siegen GmbH [4]

Durch das Recycling von Werkstoffen, insbesondere Metallen, lassen sich wertvolle Ressourcen und Energie einsparen. Viele Bauteile und Baugruppen, wie beispielsweise Karosserien von modernen Fahrzeugen, enthalten eine Vielzahl verschiedener Werkstoffgattungen und -sorten. Entfällt ein sortenreines Recycling aufgrund fehlender Analysemöglichkeiten, so gehen häufig teure und hochwertige Legierungselemente im allgemeinen Schrott verloren. In diesem Beitrag wird zunächst auf das physikalische Messprinzip eingegangen und die Funktionsweise der RFA anhand eines mobilen Analysators erklärt. Mittels konkreter Beispiele aus dem Edelstahlrecycling werden zudem die Einsatzmöglichkeiten und auch die Anwendungsgrenzen aufgezeigt. Abschließend wird noch kurz auf weitere Verfahren eingegangen, die diese Einschränkungen teilweise kompensieren können.

3 Anwendungsbeispiel Edelstahlrecycling

Am Beispiel des Recyclings von Edelstählen und rostfreien Stählen soll der Einsatz der mobilen RFA demonstriert werden. Hier ist eine genaue Quantifizierung in der Regel nicht erforderlich. In der Abbildung 3 ist ein Handheld-Gerät dargestellt, welches bei einem Recyclingbetrieb im Einsatz ist.

Edelstahl ist nach der DIN EN 10020 eine Bezeichnung für legierte oder unlegierte Stähle, deren Schwefel- und Phosphorgehalt 0,035 Gew.-% nicht übersteigen darf [4]. Die Bezeichnung „Edelstahl Rostfrei“ ist ein Sammelbegriff für die nichtrostenden korrosionsbeständigen Stähle. Sie enthalten mindestens 10,5 % Chrom (Cr) und weisen gegenüber unlegierten Stählen eine deutlich verbesserte Korrosionsbeständigkeit auf [6].

Ein konkretes Beispiel für den Einsatz rostfreier Edelstähle sind Tafelbesteckteile. Hierzu wurden exemplarisch zwei Teile unterschiedlicher Hersteller geprüft. Bei dem einem handelte es sich um das Produkt eines schwäbischen Traditionsunternehmens und bei dem anderen um Importware des untersten Preissegments. In der Tabelle 1 ist die Zusammensetzung der relevanten Elemente dargestellt.

Tab. 1: Messdaten einer RFA-Messung von hochlegierten Stählen

Type

General Metals

General Metals

Units

%

%

Alloy1

1.2080

1.4301

Fe

86.661

70.662

Cr

12.057

18.195

Si

0.635

0.588

Mn

0.264

1.151

Ni

0.186

8.538

V

0.074

0.105

Cu

0.000

0.316

Mo

0.000

0.171

Ti

0.000

0.053

Sn

0.000

0.027

Wie sehr gut zu erkennen ist, unterscheiden sich die Stähle in Bezug auf ihre Legierungselemente deutlich. Der 1.4301 (X5CrNi18-10), welcher als typischer nichtrostender, austenitischer Stahl bekannt ist und durch die Besteckprägung 18/10 auch zu erwarten war, weist einen Ni-Gehalt von knapp oberhalb 8,5 Gew.-% auf. Dieser Wert liegt zwar noch innerhalb des nach DIN EN 10088-3 zulässigen Bereichs von 8,0–10,5 Gew.-%, zeigt aber auch wie die Stahlhersteller vor allem teure Legierungselemente gezielt an den unteren Rand der Skala drängen.

Hingegen überrascht der Materialvorschlag mit der Bezeichnung 1.2080 (X210Cr12) für das günstige Besteckteil. Dieser Stahl mit einem relativ hohen Kohlenstoffanteil kommt normalerweise bei hochbeanspruchten Schnitt- und Stanzwerkzeugen zum Einsatz. Eine Vergleichsmessung mit einem, hinsichtlich der Messbarkeit von leichteren Elementen, genaueren Funkenspektroskop (Optische Emissionsspektrometrie – OES), auf dessen Funktionsweise im folgenden Abschnitt kurz eingegangen werden soll, liefert bezüglich der Zusammensetzung zwar ein ähnliches Ergebnis, schlägt als Werkstoff aber einen 1.4000 (X6Cr13) vor. Dieser ferritische nichtrostende Stahl mit seiner Beständigkeit in mäßig aggressivem Umfeld erscheint in diesem Kontext wesentlich plausibler.

4 Fazit und Ausblick

In diesem Beitrag wurden die Wirkungsweise sowie konkrete Anwendungsbeispiele der mobilen Röntgenfluoreszenzanalyse beschrieben. Dabei wurde sowohl die Vielseitigkeit dieses Verfahrens aber auch dessen Grenzen aufgezeigt. Bei der Analyse der Be-steckteile hat in dem einen Fall offensichtlich der verhältnismäßig geringe Mn- und Si-Anteil in Kombination mit der fehlenden Möglichkeit einer Kohlenstoffanalyse (aufgrund der zu niedrigen Ordnungszahl 6), welcher mit der OES im Gegensatz zur RFA bestimmt werden kann, zu einem falschen Werkstoffvorschlag geführt. Dies ist auch der Grund warum in der Stahlmetallurgie die Funkenspektrometrie zur genauen Analyse überwiegt. Die Funktionsweise ist ähnlich wie die der RFA. Hierbei werden, vereinfacht erklärt, Atome durch Zuführen von Energie angeregt Lichtstrahlen abzugeben. Die Lichtspektren werden ausgewertet und bei bekannten Wellenlängen der Lichtteilchen (Photonen) kann die jeweilige Atomart bestimmt werden. Da die Lichtmenge näherungsweise proportional zum Gehalt des zugehörigen Elements ist, kann somit aus der Strahlungsintensität der Gehalt eines Elements im Prüfling bestimmt werden. Ihren Ursprung hat die Funkenspektrometrie in der Schleiffunkenprüfung.

Da die Anregung der Atome über einen Lichtbogen geschieht, weist die Probe nach der Prüfung einen Brennfleck auf, der das Bauteil hinsichtlich dessen technischer Eigenschaften in der Regel nur wenig beeinflusst, sich aber optisch durchaus nachteilig auswirken kann. Aufgrund der hohen Temperatur des Lichtbogens muss der Prüfbereich mit Schutzgas abgeschirmt werden. Zudem sind nur leitende Matrixwerkstoffe prüfbar und es ist eine aufwendigere Oberflächenvorbereitung erforderlich.

Dieses einfache Beispiel hat gezeigt, dass mit dem Verfahren der RFA sehr schnell ermittelt werden kann, wie ein Werkstoff zusammengesetzt ist, ob sich die Zusammensetzung gegebenenfalls chargenübergreifend verändert hat und in wie weit diese Modifikation noch innerhalb der zulässigen Grenzen liegt. Diese Aussagen sind in vielen Fällen in der Praxis vollkommen ausreichend. Darin liegt die anfangs erwähnte Häufigkeit dieser Prüfmethode vor allem in der Qualitätssicherung und im Recycling begründet.

Ein neues mobiles Messverfahren alternativ zur RFA zur besseren Bestimmung leichterer Elemente soll abschließend noch erwähnt werden. Dabei handelt es sich um die laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIBS – laser-induced breakdown spectroscopy) welche derzeit noch einige Nachteile hinsichtlich der Kalibration und Messgenauigkeit aufweist. Dem Anwender in den genannten Bereichen wird empfohlen, die Entwicklung dieses Verfahrens in den nächsten Jahren im Auge zu behalten.

Diese Publikation entstand als Tagungsbeitrag im Rahmen der Veranstaltung „Pforzheimer Werkstofftag 2018“

Literatur

[1] Bauch, J.; Rosenkranz, R.: Physikalische Werkstoffdiagnostik, Springer Vieweg Verlag, 2017
[2] Haschke, M.; Flock, J.: Röntgenfluoreszenzanalyse in der Laborpraxis, Wiley-VCH Verlag, 2017
[3] https://www.analyticon.eu/de/rfa.html
[4] Schlegel, J.: Kleine Stahlkunde – Einblicke in der Welt der Edelstähle, Rommert Verlag, 2015
[5] Thermo Scientific Niton XL3t GOLDD Alloy Analyzers – Elemental Limits of Detection in Titanium/Iron/Copper-based Alloys, Produktdatenblatt, 2008
[6] https://www.edelstahl-rostfrei.de/downloads/iser/MB_821.pdf

 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 8
  • Jahr: 2020
  • Autoren: Prof. Dr.-Ing. Andreas Zilly, B. Eng. Ruben Krampulz, M.Sc. Tom Kurdewan, DHBW Stuttgart

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