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Montag, 14 September 2020 15:15

Vorbehandlung von Buntmetallen

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Vorbehandlung von Buntmetallen stock.adobe.com / Mulderphoto / #260152633

Frage: In unserer Handgalvanik werden seit ein paar Monaten Messingteile mittels Trommel und Gestell galvanisiert. Die meisten Teile werden vernickelt und verzinnt, einige Artikel wiederum vernickelt und versilbert.

Chargenweise kommt es vor, dass die beschichteten Teile Schlieren und unregelmäßige Rauheiten aufweisen. An manchen Stellen wirkt es, als würde man Fingerabdrücke sehen, diese treten auch bei Trommelware auf und da sollten entsprechende Abdrücke entfernt werden können.

Zunächst gingen wir von einem Problem mit dem Nickelelektrolyten aus, konnten hier aber keine Abweichungen feststellen. Die Hullzellenbleche sehen ebenso ordentlich aus wie die Stahlteile, die im selben Elektrolyten beschichtet werden. Derzeit vermuten wir die Ursache in der Vorbehandlung, die aus drei Stufen besteht:

  • Cyanidische Abkochentfettung
  • Elektrolytische Entfettung
  • Fluoridhalte Dekapierung

In diesen drei Wannen werden ausschließlich Buntmetalle vorbehandelt. Soweit wir erkennen können, zeigen sich die Fehler bereits in abgeschwächter Form nach der Dekapierung. Besonders nach der Verzinnung wirkt das Fehlerbild viel deutlicher. Haftfestigkeitsprobleme haben wir nicht, es ist ein rein optischer Effekt. Dennoch besteht der Kunde bei den technischen Teilen auf eine perfekte Optik. Nacharbeiten lohnt nicht, da sich danach das gleiche Resultat einstellt.

Antwort: Die Schwierigkeit bei Vorbehandlungsproblemen besteht vor allem darin, dass unterschiedliche Ursachen zum selben – oder ähnlichen – Fehlerbildern führen können. Bei Buntmetallen – und hier wiederum bevorzugt bei Messing – kommt es auf die Legierung, die Verarbeitung, eingesetzte Stoffe u. v. m. an.

Fehlerbild „Fingerabdrücke“

Dieser Fehler kann tatsächlich von echten Fingerabdrücken stammen. Werden die Messingteile von Ihren Mitarbeitern oder vom Kunden ohne Handschuhe angefasst, kann der Handschweiß mit der Oberfläche reagieren. Dabei ist nicht das Fett entscheidend, sondern die chemische Reaktion mit der Metalloberfläche. Dies tritt nur selten auf und auch hier lediglich an wenigen Tagen im Monat. Selbst Stoffhandschuhe reichen als Schutz nicht aus, die Beschäftigten müssen beim Umgang mit den Teilen Gummihandschuhe tragen.

Somit bringt es nichts, die Vorbehandlung zu verwerfen oder weiter zu verstärken. Die Reaktion ist bereits abgeschlossen, bevor die Teile in die Abkochentfettung gelangen. Im Gegenteil: Es kann sogar vorkommen, dass Sie die Entfettungen verstärken und dadurch zusätzliche Probleme verursachen. Möglicherweise haben Sie dies aufgrund des ersten Fehlers getan und damit die anderen Schwierigkeiten verursacht.

Der Grund, warum dieser Defekt nicht immer auftaucht, ist in Prozessschwankungen und vor allem im Grundmaterial und dessen Verarbeitung zu suchen. Die Oberfläche von öligeren Teilen wird von einer aggressiven Entfettung nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen wie die von trockenen, ölfreien Flächen. Die Kornstruktur der Oberfläche kann ebenso einen Einfluss haben, um nur ein Beispiel zu nennen.

Fehlerbild „Schlieren und Rauheiten“

Das klingt nach einem typischen Fehlerbild einer zu aggressiven Entfettung. Als Galvaniker neigt man dazu, die Vorbehandlung mit Natriumhydroxid und Komplexbildnern laufend zu verstärken. Frei nach dem Motto: „Viel hilft viel!“ Vor allem bei Messing kann dies die Oberfläche stark angreifen. Aufgrund des Wasserfilms sieht man diesen Angriff selbst bei Gestellteilen kaum, er kommt aber nach der Galvanisierung und Trocknung klar zum Vorschein. Manche bezeichnen die Beschichtung, bezogen auf den deutlichen Fehler, als „Lupe“.

Alkalien erzeugen einen hohen pH-Wert und eine gute Leitfähigkeit, um Fette leicht zu verseifen. Das Cyanid dient als Komplexbildner, trägt aber in Verbindung mit Hydroxiden auch Kupfer ab. Da Zink ein amphoteres Metall ist, löst es sich ebenfalls auf. Zusammen ergeben sich daraus schlierige, raue Oberflächen.

Wenn Sie irgendwann stark bleihaltige Messinglegierungen beschichten, können dadurch sogar Haftfestigkeitsprobleme entstehen. Dann haben Sie aus einem rein optischen Problem noch ein technisches erzeugt.

Cyanid lässt sich durch Phosphate ersetzen oder zumindest ergänzen, was das Problem – von der Giftigkeit abgesehen – höchstens in der Abwasserbehandlung verringert. Auf die Oberfläche hat es keinen so großen Einfluss, da auch Phosphate komplexierend wirken, jedoch deutlich mehr auf Calcium- und Magnesiumionen.

Carbonate und Borate werden in Entfettungen zur Stabilisierung des pH-Wertes eingesetzt, allerdings wird in Eigenansätzen von hoch alkalischen Reinigern oft darauf verzichtet. An der Stelle sei bereits vermerkt, dass Sie für Messing unserer Meinung nach keinen hoch alkalischen Reiniger benötigen.

Tenside haben die Aufgabe, Fette und Öle von der Oberfläche zu lösen und danach in der Reinigungslösung zu emulgieren, um ein Aufziehen auf das gereinigte Bauteil zu verhindern. Auf das Fehlerbild haben sie i. d. R. keinen Einfluss. Man könnte aber den Tensidanteil erhöhen, um die Alkalität zu reduzieren. Viel wesentlicher sind Silikate. Sie weisen ein gutes Schmutztragevermögen auf und wirken zugleich schützend auf die Oberfläche, indem sie eine sehr dünne Deckschicht ausbilden. Die Silikate werden als Natriumsilicat (Natriumwasserglas) zugegeben.

Die perfekte Entfettung

Es gibt keine Reinigungslösung, die für alle Anforderungen perfekt geeignet ist. Wir können Ihnen lediglich Tipps geben, mit deren Hilfe Sie die richtige Mischung für Ihre Produkte und Anforderungen finden.

Je nach Verschmutzungsgrad sollte der pH-Wert bei 8–9,5 liegen. Tendenziell führt man Entfettungen für Messing mit einem etwas geringeren pH-Wert (circa 8,5) und dafür mit höheren Temperaturen (70–85 °C). Achten Sie vor allem auch darauf, dass der Trübungspunkt nicht überschritten wird. Sonst beginnen die Entfettungszusätze auszuölen und unwirksam zu werden. Der Trübungspunkt ist abhängig vom eingesetzten Entfetterzusatz und der Salzfracht des Entfetters. Je höher die Salzfracht ist, umso niedriger der Trübungspunkt.

Neben einer Tensidmischung werden Borate, Phosphate und Silikate zugegeben. Wir empfehlen, bei dieser Gelegenheit eine Mischung zu finden, mit der Sie in Zukunft auf den Einsatz von Cyanid völlig verzichten können. Als weiche Komplexbildner kommen Gluconate, Phosphate und Phosphonate infrage. Stärkere Komplexbildner (und somit problematischer für die Abwasserbehandlung) sind Alkanolamine, Zitrate, Polycarbonsäure, Polyoxicarbonsäure und NTA. Versuchen Sie es zunächst ohne Komplexbildner (außer den Phosphaten) und anschließend mit den weichen Komplexbildnern, bevor mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Ein hoher Anteil an Komplexbildnern wird in der Regel nur benötigt, wenn in derselben Entfettung auch Buntmetalle und Stahl behandelt werden. In solchen Fällen setzt man zweckmäßigerweise ein hochalkalisches aminhaltiges System ein.

Ein leichter Abtrag der Oberfläche (wir reden hier von wenigen Atomlagen) ist bei der Vorbehandlung durchaus erwünscht, um eine aktive Fläche zu erhalten. Dennoch gilt bei allen Vorbehandlungsschritten die Regel: Nur so viel vorbehandeln, wie unbedingt nötig!

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 9
  • Jahr: 2020
  • Autoren: B. C

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