Diese Seite drucken
Dienstag, 12 Januar 2021 13:00

Zu hohe Metallwerte im Abwasser

von
Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten

Frage: In den letzten sechs Monaten kam es immer wieder zu Problemen bei unserer Abwasserbehandlung. Dies zeigt sich in erhöhten Metallwerten in der Endkontrolle, insbesondere Nickel und Zink. Die Abwasseranlage ist zwar etwas in die Jahre gekommen, funktioniert aber einwandfrei. Vor einem Jahr wurden die Harze an den Schlussaustauschern erneuert und an den Prozessen in der Fertigung hat sich nichtsgeändert. Nur die Produktion wurde – pandemiebedingt – heruntergefahren. Wir arbeiten nur noch ein bis zwei, statt wie zuvor, drei Schichten.

Bei uns werden weder Cyanide oder Legierungselektrolyte eingesetzt. Ausschließlich Zink, sauer Kupfer, Nickel, Chrom(VI) und Zinn. Das Chrom(VI) wird vor der Metallfällung in einem separaten Behandlungsbecken reduziert.

Woran könnten die plötzlichen Probleme liegen? Wie lässt sich der Entgiftungsvorgang verbessern?

Antwort: Die Behandlung von galvanischen Abwässern ist ein komplexes Thema und lässt sich nur selten mit allgemeinen Tipps konkret verbessern. I. d. R. bedarf es mehrere Proben des Abwassers, Analysen, Laborversuche mit Optimierungen und anschließend die Durchführung am Behandlungsbecken. Dennoch möchten wir Ihnen einige Anregungen an die Hand geben, damit Sie sich selbst helfen können.

Probennahme und Analyse

Schlechte FlockungSchlechte FlockungSie beschreiben, dass die Werte im Endkontrollschacht zu hoch sind. Dies lässt vermuten, dass die Kontrolle im Behandlungsbecken in Ordnung ist und der Wert erst später höher wird (siehe unten). Eine andere Schlussfolgerung wäre, dass die Probennahme und die daraus resultierende Analyse mindestens an einem der beiden Messstellen nicht in Ordnung sind. Dies lässt sich am einfachsten inspizieren und sollte ohnehin regelmäßig infrage gestellt werden, da bei Routineaufgaben, die von Menschen durchgeführt werden, immer wieder Fehler auftauchen.

Überprüfen Sie zunächst, ob an beiden Orten mit den gleichen Methoden gemessen wird. Gerne verwenden Galvaniken im Behandlungsbecken Schnelltests, im Endkon- trollschacht hingegen photometrische Prüfungen. Die Ergebnisse sind nicht vergleichbar, hauptsächlich, wenn die Probe vor der Messung gecrackt wird.

Außerdem ist darauf zu achten, dass die Proben gleich entnommen werden. Gleiche Mengen in identischen, reinen Behältnissen. Das Gefäß sollte vor der Entnahme mehrfach mit der Probenflüssigkeit durchgespült werden, um absolut sicherzugehen, dass hier keine Einflüsse von außen vorliegen. Handelt es sich dabei um eine verschließbare Flasche, muss bei der Reinigung und Durchspülung der Deckel berücksichtigt werden. Salze, die als Rückstände vorheriger Proben zurückbleiben, können das Messergebnis stark verfälschen.

Die zu analysierende Probe der Endkontrolle muss vor der Entnahme gut durchmischt sein. An der Entnahmestelle muss sichergestellt werden, dass hier der Mittelwert aller zu analysierenden Stoffe vorhanden ist.

Kontrolle der Folgeprozesse

Besteht der Unterschied weiterhin, sind die Folgeprozesse zu prüfen. Dies beinhaltet vor allem Filterpresse und Schlussaustauscher, aber auch Verrohrung und Behandlungsbecken dazwischen. Wir raten dazu, alles komplett zu reinigen. Gerade aufgrund der von Ihnen erwähnten geringeren Produktion und geringeren Abwasserbelastung, von der wir ausgehen, kann es durch Stillstandzeiten zur Auskristallisation und somit lokaler Aufkonzentration der Metalle kommen. Diese werden beim nächsten Durchlauf gelöst und führen entsprechend zu höheren Werten.

Zudem sollten Sie prüfen, ob die Regeneration der Schlussaustauscher richtig funktioniert. Es ist durchaus möglich, dass beim Austausch der Harze Durchfluss oder andere Regler verstellt wurden, so dass die Anlage nicht mehr einwandfrei arbeitet. Wir würden sogar so weit gehen und kontrollieren, ob sich überhaupt Harze im Austauscher befinden.

Geringeres Abwasservorkommen

Eine Abwasserbehandlung funktioniert dann am besten, wenn immer die gleichen Ausgangskonzentrationen im gleichbleibenden Zyklus anfallen. Eine Reduzierung der Fracht um 50 % oder mehr kann sich stark auf die Abwasserbehandlung auswirken, da nicht davon auszugehen ist, dass die Ausgangskonzentrationen gleich sind.

In der Praxis hat sich oft gezeigt, dass in solchen Phasen das Spülwasser verdünnter ist, weil verhältnismäßig mehr Spülen gewechselt werden als im Dreischichtbetrieb. Dies hat Auswirkungen auf die Konzentration der Salze im Allgemeinen und der Metalle im Speziellen, was die Metallfällung oft erschwert.

In diesem Fall hilft die Zugabe von Salzen wie Calciumchlorid, um das Gleichgewicht in Richtung Fällung zu verschieben. Zudem binden Calciumionen selbst Anionen wie Fluoride und Phosphate.

Allgemeine Tipps zur Abwasserbehandlung

Gute FlockungGute FlockungMeistens ist das Ergebnis der Fällung besser, wenn verschiedene Metallionen zusammen entgiftet werden, da sich der Fällungsbereich bei Anwesenheit mehrerer Ionenarten positiv verschiebt. Werden 2 Metalle gemeinsam aus einer Lösung ausgefällt, so ist die Löslichkeit beider Niederschläge geringer als bei getrennter Ausfällung bei gleichem pH-Wert. Die Löslichkeit des einen Metallniederschlags ist umso geringer, je höher die Ausgangskonzentration des anderen Metalls ist. Der Einfluss der 3-wertigen Metalle auf die Löslichkeit des Fällungsprodukts des mitgefällten zweiten Metalls ist größer als der der 2-wertigen Metalle. Dies ändert sich jedoch, wenn die Gesamtkonzentrationen steigen und die Hydrolyseprodukte nicht mehr in ihrer voluminösen Form mit den aktiven Ober- flächen vorliegen.

Der Löslichkeitsrückgang bei der gemeinsamen Fällung der Metalle ist auf folgende Ursachen zurückzuführen:

  • Bildung von Mischkristallen, besonders bei den 2-wertigen Metallen untereinander.
  • Bildung von Verbindungen, besonders zwischen 2- und 3-wertigen Metallen z. B. Chromite.
  • Adsorption der erst bei höheren pH-Werten fällbaren Metallionen an den aktiven Oberflächen der Niederschläge, die sich schon bei tiefen pH-Werten bilden, vor allem Adsorption 2-wertiger Metallionen an den Hydroxiden der 3-wertigen Metalle.

Bei Anwesenheit von amphoteren Metallen kann dies anders sein. Vor allem, wenn der pH-Wert der Wiederauflösung unter dem Zielwert liegt. Zink, in Kombination mit Nickel, macht weniger Probleme, da der Wert der Wiederauflösung bei 10,8 liegt. Zinn (9,2), Aluminium (8,7) und Chrom (8,3) sind hingegen kritisch zu sehen.

Ein Problem kann, vor allem bei Problemen mit der Filterpresse, die Größe der Flocken sein. Dies kann man bereits beim Flockungsvorgang bzw. bei der anschließenden Sedimentation beobachten.

Bevor es zur Fällung kommt, muss eine Übersättigung stattfinden. Danach stellen sich Verhältnisse ein, wie sie nach dem Löslichkeitsprodukt zu erwarten sind.

Zuerst entstehen Kristallisationskeime, die dann zu großen Kristallen (bzw. Partikeln) zusammenwachsen. Maßgebend für die Entstehung der Kristallisationskeime ist die Keimbildungsgeschwindigkeit. Diese ist umso größer, je schneller die Übersättigung erfolgt. Bei konstanter Temperatur, die man bei der Neutralisation verdünnten Abwassers voraussetzen kann, ist die Keimbildungsgeschwindigkeit von der Schwerlöslichkeit des zu fällenden Stoffes und von der Reaktionsgeschwindigkeit abhängig.

An die gebildeten Keime lagern sich die den Niederschlag bildenden Ionen unter Bildung mehr oder weniger geordneter Kristallgitter an. Die Geschwindigkeit dieses Vorgangs, die Kristallisationsgeschwindigkeit (Kristallwachstumsgeschwindigkeit) ist von der Diffusionsgeschwindigkeit der Ionen abhängig und somit von deren Konzentrationsgefälle.

Zwischen dem Herandiffundieren an die Oberfläche des Keimes bzw. des Kristalls und dem Einbau in das Gitter erfolgt die Adsorption an der Oberfläche.

VerfahrensablaufVerfahrensablauf

Eine optimale Fällung erfolgt in drei Schritten:

  1. Alkalisierung bzw. Zugabe von Fällungsmitteln. Der pH-Wert wird zunächst mit Ca(OH)2, anschließend mit NaOH bis zum Endpunkt (meist 9–9,5) erhöht.
  2. Zugabe von Flockungsmitteln. Dies geschieht i. d. R. mit FeCl3 oder Al2(SO4)3 (Koagulation).
  3. Zugabe von Flockungshilfsmittel (Flocculation).

Unter Koagulation versteht man die Entstabilisierung fein disperser bis kolloidaler Systeme, indem man ihre Ladung an der Oberfläche aufhebt. Letztere ist die Ursache dafür, dass sich die Partikel nicht gegenseitig annähern und sich zu größeren Partikelverbänden vereinigen können.

Die Aufhebung der Grenzflächenladung geschieht durch Zusatz von Elektrolyten, wobei deren Wirkung mit ansteigender Wertigkeit angenähert exponentiell zunimmt. Bestehen die Elektrolyte, wie es bei der Koagulation von Abwasserinhaltsstoffen üblich ist, aus Lösungen leicht hydratisierender Metallsalze, z. B. FeCl3 oder Al2(SO4)3, dann kommt es nicht nur zu deren Koagulation, sondern auch zu Adsorbtionsvorgängen. Man nennt diese Kombination Adsorbtionskoagulation. Bei überschüssiger Dosierung dieser Metallsalzlösungen kommt es zusätzlich zum mechanischen Einbau der feinen Partikel in die gröberen Eisen(III)-hydroxid- bzw. Aluminiumhydroxidflocken und dadurch zur Verbesserung der Sedimentation.

Die Flocculation ist ein Vorgang, der sich häufig an die Koagulation anschließt, aber auch allein zur Anwendung kommen kann. Insbesondere dann, wenn die dazu benutzten Mittel ionogen sind und damit zusätzlich zur Koagulation führen. Zur Flocculation sind organische Makromoleküle mit gestrecktem Aufbau, die wasserlöslich sind und sich elektrostatisch oder chemisch an Kolloide oder feinste Teilchen anlagern können, geeignet.

Dabei ist es wichtig, dass die Makromoleküle mit einem Ende oder der Länge nach an den Partikelchen haften und dass das andere Ende möglichst weit in den Elektrolyten reicht. Dieser kann sich dann auf gleiche Weise ein anderes Partikelchen anlagern.

Dabei entstehen größere, durch diese fadenförmige Moleküle zusammengehaltene Verbände, die sich gut sedimentieren lassen bzw. die Sedimentation beschleunigen. Stoffe, die eine solche Flocculation bewirken, nennt man Flockungshilfsmittel.

Wichtig ist, dass nach der Zugabe dieser sog. Flockungshilfsmittel nur so lange gerührt wird, wie nötig. Zu langes Rühren kann dazu führen, dass die langkettigen Moleküle wieder zerschlagen werden.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 12
  • Jahr: 2020
  • Autoren: B. C.

Ähnliche Artikel