2.4 Minuten-Reserve – Tertiär-Regelung
Die Aufgabe der Minuten-Reserve oder Tertiär-Regelung „mFRR (manual frequency restauration reserve)“ ist eigentlich die gleiche wie die der Sekundär-Regelung. Sie wird jedoch, wie der Name sagt, manuell gesteuert und ist entsprechend langsamer. Sie dient der wirtschaftlichen Optimierung, indem von der schnellsten auf die kostengünstigste Möglichkeit übergegangen wird. „Minutenreserve wird zur Ablösung der Sekundär-Regelenergie eingesetzt, ist mit einer Vorlaufzeit von bis hinunter zu 7,5 Minuten zur erbringen und wird mindestens 15 Minuten lang in konstanter Höhe abgerufen.“ [1]
Der Markt bestätigt, dass dies technisch funktioniert. Was der Markt dabei nicht zu bestätigen scheint, ist die kostengünstige Bereitstellung: Genau wie die Sekundär-Regelleistung bleibt zwar auch der Umfang der bereit gestellten Minutenleistung fast im ganzen Jahr 2019 über lange Zeiten unverändert und gerät erst am 10. Dezember plötzlich in Bewegung (Abb. 16). Ihr Preis dagegen weist am 29. Juni um 11:00 Uhr eine einsame Jahresspitze von 5375,26 Euro/MW auf (Abb. 18) – fast dem 220-fachen des Mittelwertes! Der Arbeitspreis (Abb. 17) zeigt gegenüber einem Jahres-Mittelwert von - 2,63 Euro/(MWh) am 13. August zwischen 22:30 und 23:00 Uhr mit - 848,97 Euro/(MWh) einen ähnlichen Extremwert im Negativen (Abb. 19). Dass bei der Energie beide Preise, der Mittelwert und der Extremwert, im negativen Bereich liegen, mag darauf zurückzuführen sein, dass zusätzlich zum Regelenergiepreis der übliche Börsenpreis oder eine entsprechende Vergütung für die gelieferte Energie gezahlt wird. Ob dem so ist, ist schwierig herauszufinden, doch gibt es einen Hinweis aus der Schweiz, dass dort Regelenergie-Anbieter – zusätzlich zur Vergütung der bereit gehaltenen Leistung – für die gelieferte Energie „den normalen Strompreis plus 20 Prozent“ erhalten (und ist negative Regelenergie gefragt, so bekommen Regelenergie anbietende Verbraucher ihren Strom 20 Prozent billiger, wenn sie netzgeführt Lasten zuschalten) [2] .
Gemäß den für Deutschland bei der Bundesnetzagentur vorgefundenen Informationen ist es vorstellbar, dass die Regelenergie-Anbieter über weite Teile des Jahres Energie ins Netz speisen, obwohl sie dafür von ihrem Erlös an der Börse wegen des leicht negativen Regelenergie-Preises einen geringfügigen Teil einbüßen. Unter Umständen ist dies wirtschaftlicher als nichts einzuspeisen und gar kein Geld zu bekommen. Dies könnte erklären, warum das Jahresmittel der für Regeenergie gezahlten Preise nicht bei Null, sondern knapp darunter liegt.
2.5 Stunden-Reserve
Nachdem nun eine Abweichung der Frequenz nicht nur aufgehalten, sondern die Frequenz zurück auf Sollwert gebracht wurde, müssen noch die Energiebilanzen mit benachbarten Regelzonen wieder ausgeglichen werden, denn wie eingangs erwähnt, sollen die Energiebilanzen der einzelnen Regelzonen langfristig stets jeweils gleich null sein. Hierzu muss sich jede Regelzone ihre Stunden-Reserve „RR (replacement reserve)“ bereithalten:
- Ist es zu einem Versorgungsausfall zum Beispiel einer ganzen Stadt gekommen, so ist die zu viel erzeugte Leistung im ersten Moment zu großen Teilen in die Nachbarzonen geflossen. Die betroffene Zone muss nun während etwa einer Stunde oder weniger Stunden etwas weniger elektrische Leistung erzeugen als darin verbraucht wird, bis die Energiebilanz wieder stimmt.
Literatur
[1] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/Versorgungssicherheit/Engpassmanagement/Regelenergie/regelenergie-node.html
[2] Benedikt Vogel: Netzwerk steuert Strom im Sekundentakt, ET HK extra, 2015