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Montag, 28 Juni 2021 07:41

Brief aus England

von
Geschätzte Lesezeit: 9 - 18 Minuten

Frieden in unserer Zeit (Teil 2)

Letzten Monat schrieb ich über Russland und die Bedrohung, die es für die westliche Demokratie darstellt. Seitdem hat die russische Regierung die Anti-Korruptions-Partei von Herrn Nawalny verboten und sie als „extremistisch“ deklariert. Jedem, der für diese Partei tätig ist, droht nun eine Gefängnisstrafe. In der Zwischenzeit bleibt Herr Nawalny selbst im Gefängnis aufgrund einer, wie westliche Kommentatoren übereinstimmend sagen, falschen Anschuldigung. Fazit: Wir können jetzt sagen, dass die Demokratie, wie wir sie definieren, in Russland tot ist.

Und was ist mit China? Russland macht uns auf unterschiedliche Weise Ärger, ist aber trotz seiner militärischen Macht sicher keine große Bedrohung. Aber China ist ganz anders. Seine Führer scheinen (im Gegensatz zu Russland) einen langfristigen Plan für die globale Vorherrschaft zu haben. Zu diesem Zweck investieren sie (wiederum im Gegensatz zu Russland) weltweit in die Infrastruktur, wie z. B. in das „Belt and Road“- Projekt. In Afrika und Asien bauen sie Straßen, Eisenbahnen, Häfen und andere Strukturen. In den meisten Fällen werden diese von chinesischen Ingenieuren mit chinesischer Ausrüstung gebaut. Das Empfängerland bekommt eine neue Eisenbahn oder einen Hafen – und die Rechnung! Wenn das Land nicht zahlen kann, beanspruchen die Chinesen das Eigentum – wie sie es getan haben, als die Regierung von Sri Lanka nicht in der Lage war, für einen neuen Hafen in diesem Land zu zahlen. Dies wurde als „Schuldenfalle“ bezeichnet. Es gibt weitere Beispiele in Afrika, wo unkluge Machthaber solchen Infrastrukturprojekten zustimmen, ohne zu prüfen, ob sich ihr Land das leisten kann. China hat so auf ungewöhnliche Weise einen neuen Standard gesetzt.

Die britische Regierung kritisiert die französische Regierung, die deutsche Regierung kritisiert die Italiener und das wird als Teil der freien Meinungsäußerung und der Demokratie gesehen. Aber als die australische Regierung eine Untersuchung über die Ursprünge der Coronavirus-Pandemie forderte, wurde Australien sofort von den Chinesen bestraft, die einen Zoll auf australische Exporte von Rindfleisch und Gerste nach China erhoben. Das Land unterdrückt seine Nachbarn im Südchinesischen Meer, befindet sich im Konflikt mit seinen Nachbarn im Himalaya und beansprucht nicht zuletzt die chinesische Republik Taiwan für sich, gegen die es aggressive Militäraktionen unterhält. Wieder einmal bestraft China mit Sanktionen Länder, die die Existenz des taiwanesischen Regimes anerkennen. Früher oder später wird China von Deutschland und anderen europäischen Nationen verlangen, die Legitimität Taiwans nicht anzuerkennen, und das wird unsere Regierungen in ein großes finanzielles und moralisches Dilemma bringen.

Wir sind nicht mehr von Russland abhängig, außer bei Öl und Erdgas und vielleicht auch bei einigen Rohstoffen, Metallen und Mineralien. Innerhalb der nächsten zehn Jahre oder so wird selbst das stark abgenommen haben. Aber im Gegensatz dazu sind wir enorm abhängig von chinesischen Exporten von Fertigprodukten, von LED-Glühbirnen bis hin zu Lithium-Batterien und unzähligen anderen Konsumgütern. Solange dies der Fall ist, wird China eine Macht über uns im Westen haben.

Die Zukunft der E-Mobilität

Dem elektrischen Verkehr gehört die Zukunft. Darüber scheint es keinen Streit zu geben. Aber werden Brennstoffzellen oder Batterien in Zukunft die wichtigste Energiequelle sein? Lithium-Batterien sind bereits nahe an der theoretischen Energiedichtegrenze. Da sind keine großen Veränderungen zu erwarten. Die israelische Firma StoreDot (www.store-dot.com) hat gerade einen Durchbruch bei Lithium-Batterien angekündigt, die in etwa 5 Minuten aufgeladen werden können. Wie sie anmerken, ist das kaum länger als die Zeit, die man braucht, um an einer Tankstelle einen Tank mit Diesel oder Benzin zu füllen. Die ersten Fünf-Minuten-Batterien sollen noch in diesem Jahr für Tests zur Verfügung stehen, die Massenproduktion soll 2024 starten. Die derzeitigen Lithium-Ionen-Batterien verwenden Graphit, um die Ladung zu speichern. Stattdessen verwenden die StoreDot-Batterien metalloide Nanopartikel wie Silizium, die nach Angaben des Unternehmens schneller laden können, ohne dass die Batterie kurzgeschlossen wird. Die Umstellung auf Silizium sei auch billiger, weil das Element massenhaft zur Verfügung stehe, was die Kosten in die Nähe der Kosten von Standard-Lithium-Ionen-Batterien bringe.

Die neue Technologie hat noch eine zweite wichtige Auswirkung. Viele in Europa beschweren sich, dass die Installation neuer Ladepunkte zu langsam ist. Aber wenn eine Batterie nur 5 Minuten zum Aufladen benötigt, kann ein einziger Ladepunkt vielleicht 15 oder 20 Pkw pro Stunde beliefern, statt wie derzeit vielleicht nur 2 Pkw/Stunde. Also ein enormer Schub für das „Team Battery“. Abbildung 1 zeigt eine typische Pkw-Reichweite für eine 1 Minute Ladezeit (in Meilen). Die schwarzen Spalten stehen für die Batterieindustrie im Allgemeinen, die grünen Spalten für die gegenwärtige und zukünftige StoreDot-Technologie.

Abb. 1: Batterieleistung, Gegenwart und Zukunft.  XFC (linker Rand) = „Extra Fast Charging“Abb. 1: Batterieleistung, Gegenwart und Zukunft. XFC (linker Rand) = „Extra Fast Charging“

Aber gibt es einen Nachteil bei diesen neuen Batterien? Eine kürzere Ladezeit bedeutet, dass ein größerer Strom benötigt wird. Dies wird den Ohm’schen Spannungsabfall erhöhen, sowohl in den Kabeln als auch in der Batterie selbst. Bislang gibt es dazu kaum Kommentare. Wenn das Ladegerät mit 50 V, 100 Ampere – d. h. 5 kWh arbeitet, würde es ca. 10 Stunden dauern, um eine kleine Pkw-Batterie zu laden. Wenn wir aber eine, z. B. 80 kWh Batterie in 5 Minuten laden sollen, kann sich der Leser den benötigten Stromwert selbst ausrechnen! Und wenn es, sagen wir, 20 Ladepunkte an einer Autobahnraststätte gibt? Das wäre eine ernsthafte Anforderung an das Stromnetz.

Aber was ist mit Wasserstoff-Brennstoff-Zellen? Zur Zeit wird Wasserstoff unter Druck in Druckzylindern gelagert, die selbst schwer sind und viel Platz benötigen. Könnte es einen besseren Weg geben, den Wasserstoff in einem Pkw oder Lkw zu speichern? Anglo-American, ein an der Londoner Börse notierter Bergbau-Riese, hat Pläne angekündigt, die Kosten für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge zu senken, indem die Notwendigkeit von Druckgas-Tanks entfällt. Das Unternehmen ist eine Partnerschaft mit dem belgischen Unternehmen Umicore eingegangen, um eine Technologie zu entwickeln, die es ermöglichen würde, Fahrzeuge mit Wasserstoff zu betanken, der chemisch an eine Flüssigkeit gebunden ist. Der FTSE 100 Bergbaukonzern sagte, dass die Verwendung solcher „flüssigen organischen Wasserstoffträgertechnologien“ die Einführung von Wasserstofffahrzeugen beschleunigen könnte, indem die Notwendigkeit einer Druckgasbetankungsinfrastruktur vermieden wird. Das Unternehmen finanziert Umicore, um eine Technologie zu entwickeln, bei der Anglos Metalle als Katalysatoren verwendet werden, um den Wasserstoff wieder aus der Flüssigkeit an Bord des Fahrzeugs abzutrennen, um „eine einfachere und billigere Alternative zur Speicherung von komprimiertem Wasserstoff an Bord“ zu bieten.

Anglo American ist wegen seines Platingeschäfts an Wasserstofffahrzeugen interessiert. Wasserstofffahrzeuge verbrauchen etwa doppelt so viel Platin wie ein Benzin- oder Dieselfahrzeug, während Elektrofahrzeuge nur sehr wenig verbrauchen. Umicore ist ein Materialtechnologie- und Recyclingkonzern mit rund 11 000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 3,4 Milliarden Euro. Gegenwärtig verwenden Wasserstofffahrzeuge Tanks mit dem komprimierten Gas, um über die Brennstoffzelle Strom zu erzeugen. Umicore sagte, dass „unzureichende Infrastruktur und Betankungsnetze für komprimierten Wasserstoff eines der Haupthindernisse für einen breiteren Einsatz von Wasserstoff-Brennstoff-Zellen in der Transportindustrie darstellen“. Anglo sagte, dass die Verwendung von Flüssigwasserstoffträgern „es ermöglicht, dass Wasserstoff ähnlich wie Öl oder Benzin gehandhabt und transportiert werden kann, wobei herkömmliche Flüssigtransportnetze wie Tankwagen und Pipelines verwendet werden, anstatt die komplexeren Anforderungen von komprimiertem Gas zu erfüllen.“ Benny Oeyen, 59, Leiter der Platinmarktentwicklung bei Anglo American, sagte: „Es ist eine normale Flüssigkeit. Man kann es in einem Schiff transportieren, mit dem man auch Milch oder Bier oder was auch immer transportiert.“ Es gibt zwar bereits Trägertechnologien für flüssigen Wasserstoff, aber die Herausforderung besteht darin, dass die Maschinen, die den Wasserstoff von der Flüssigkeit trennen, „ziemlich groß sind und viel Wärme abgeben. Was wir erfinden wollen, ist eine Technologie, die in mobilen Lösungen eingesetzt werden kann, also kleiner, leichter ist und mit niedrigerer Temperatur arbeitet.“ So kann Wasserstoff in flüssiger, nicht-explosiver und nicht-toxischer Form gehalten werden. Die Trennung vom Trägerstoff geschieht dann im Fahrzeug während der Fahrt.

Fahrzeuge, die diese Technologie nutzen, brauchen zwar einen größeren Tank, um Wasserstoff in dieser Form aufzunehmen, aber es wäre ein viel billigerer Tank, weil er nicht unter Druck steht.

Die Zukunft des Pkw

Zurzeit sehen die meisten Elektro-Pkw noch genauso aus wie ihre Brennstoff-Vorgänger. Aber die Designer werfen die Konventionen über Bord. Ich werde über zwei neuartige Fahrzeuge berichten.

Ein elektrisches Ein-Personen-Fahrzeug

Abb. 2: Das geplante neue SARIT-Fahrzeug    Abb. 2: Das geplante neue SARIT-Fahrzeug Ein kanadischer Automobil-Milliardär, der für seine Liebhaberprojekte bekannt ist, die von Rennstrecken bis zu Energydrinks reichen, entwickelt ein neues Fahrzeug, von dem er behauptet, dass es den Individualverkehr auf der ganzen Welt „revolutionieren“ wird. Mehr als 35 Jahre nachdem Sir Clive Sinclair mit seinem Sinclair C5 versucht hat, die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen, zu verändern, hofft Frank Stronach, 88, Gründer von Magna International, einem Unternehmen für Automobilteile, noch in diesem Jahr mit der Massenproduktion seines Sarit-Elektrofahrzeugs beginnen zu können (Abb. 2) Mit einer Breite von fast einem Meter, einer Länge von fast zwei Metern und einer Höhe von 1,65 Metern ist das „Safe Affordable Reliable Innovative Transport“ (SARIT) -Fahrzeug eine Mischung aus einem Golfwagen und einem Elektrofahrrad.

Seine Höchstgeschwindigkeit beträgt 30 km/h, um den Vorschriften für Elektrofahrräder zu entsprechen, es ist schmal genug, um in eine städtische Fahrradspur zu passen und es hat einen Kofferraum. Das Fahrzeug, das eine Reichweite von 100 km mit einer einzigen Batterieladung bewältigt, verfügt über einen Blei-Säure-Akku unter dem Sitz, der an einer normalen Steckdose aufgeladen werden kann. „Es ist überall auf der Welt dasselbe im Berufsverkehr – die Treibhausgase und die Zeit, die wir verschwenden, und die Luft, die wir verschmutzen, und die damit verbundenen Kosten sind enorm“, sagt Stronach. „Ich dachte, es muss einen besseren Weg geben. Ich habe einen Arbeiterklasse-Hintergrund. Der Denkansatz war also, können wir ein Auto für die Massen produzieren?“

Stronach kam auf die Idee, nachdem er im Stau gestanden und bemerkt hatte, dass in den meisten Autos nur eine einzige Person saß. Er entschied sich zu handeln, sagte er, nachdem er einen Anruf von Doug Ford, dem Premierminister von Ontario, erhalten hatte, der seinen Rat bezüglich der bevorstehenden Schließung eines General Motors-Werks mit etwa 2500 Mitarbeitern suchte.

Stronach kam 1954 als 21-jähriger Werkzeugmacher aus Österreich nach Kanada und machte aus einem Ein-Mann-Betrieb in Toronto den drittgrößten Automobilzulieferer der Welt. Mit dem SARIT, der als umweltfreundlich und preiswert vermarktet wird, ist Stronach mitten im globalen Wettlauf um die Fahrzeuge der Zukunft. Im Juli hat General Motors in China ein zweisitziges Elektroauto mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h vorgestellt. Stronach erwartet, den Sarit zu einem Preis von 2500 kanadischen Dollar (C\() produzieren und für 4000 C\) (rund 2500 Euro) verkaufen zu können.

Er plant den Bau einer Fabrik in Whitchurch-Stouffville, einer Stadt nördlich von Toronto, und hofft, im November mit der Produktion beginnen zu können. Sein Expansionsplan beinhaltet auch ein Montagewerk in Großbritannien. „Das ist ein absolutes Muss in Europa“, sagte Stronach. „Die großen Autokonzerne haben die Mikromobilität vernachlässigt. Aber wenn es kein Benzin mehr gibt, was soll man dann machen?“ Stronach ist ein sehr reicher Mann, der es sich leisten kann, Risiken einzugehen. Hoffen wir, dass er mit diesem Projekt erfolgreich ist.

Essen oder schlafen, während Ihr Pkw autonom fährt

Abb. 3: Der neue Airo PkwAbb. 3: Der neue Airo PkwEin Elektroauto, das die Luftverschmutzung anderer Fahrzeuge aufsaugt, könnte nach den Plänen eines britischen Designers schon in zwei Jahren auf der Straße sein. Das in London ansässige Heatherwick Studio hat Vorschläge für ein in China gebautes grünes Auto angekündigt, das ein leistungsfähiges internes Filtersystem nutzt, um Schadstoffe anzusaugen, die zu Atemproblemen und sogar zu einem vorzeitigen Tod führen können. Der Vorschlag sieht vor, dass das so genannte Airo-Auto auch im fahrerlosen Modus genutzt werden kann und einen flexiblen Innenraum hat, der sich leicht für unterschiedliche Bedürfnisse umgestalten lässt. Dazu gehört die Schaffung eines Raums im Stil eines Esszimmers mit einem Tisch und gegenüberliegenden Sitzen, damit die Insassen eine Mahlzeit genießen können, oder Liegesitze, die sich in ein Doppelbett verwandeln lassen (Abb. 3). Der Airo, der auf der Shanghai Motor Show vorgestellt wurde, wird wahrscheinlich eines der saubersten Fahrzeuge auf dem Markt sein, da er keine eigenen Abgase produziert und die von anderen Autos erzeugten reinigt. Es wird erwartet, dass es im Jahr 2023 in Produktion gehen wird. Es folgt die Einführung eines Busses mit ähnlichen Eigenschaften in Großbritannien. Das Verkehrsunternehmen Go-Ahead testete in Southampton einen einstöckigen Bus, der mit Hilfe von Ventilatoren die Abgase in ein Filtersystem leitet. Die Busse sollen bis zu 99,5 % der ultrafeinen Partikel bis zu einer Höhe von zehn Metern entfernen. Die britische Regierung hat bereits ein Verkaufsverbot für neue Benzin- und Dieselfahrzeuge bis 2030 angekündigt, um die Luftqualität zu verbessern und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Die Luftverschmutzung verursacht jedes Jahr schätzungsweise 40 000 vorzeitige Todesfälle in Großbritannien, und viele haben im Rahmen der Kampagne „Saubere Luft für alle“ ein härteres Vorgehen gegen dieses Problem gefordert. Heatherwick entwarf den Airo für das neue chinesische Elektroauto-Unternehmen IM Motors. Es wurde Ende letzten Jahres von SAIC, Chinas größtem Autohersteller, und dem E-Commerce-Riesen Alibaba gegründet. Es wird mit einem hocheffizienten Partikelfilter (Hepa) innerhalb der Karosserie des Autos ausgestattet sein, um die Luft um das Auto herum anzusaugen und zu reinigen. Hepa-Filter, die bereits in Flugzeugen zur Reinigung der Kabinenumgebung eingesetzt werden, drücken die Luft durch ein feinmaschiges System, das 99,9 Prozent der schädlichen Partikel zurückhält. Heatherwick, der Designer des neuen Londoner Routemaster-Busses, der 2010 vorgestellt wurde, sagte, dass er „die Luft aktiv von der Verschmutzung durch andere Fahrzeuge reinigt, während sie durch das Fahrwerk fließt, so dass die Luft um ihn herum sauberer wird.“ Im Inneren des Fahrzeugs wird es über Sitze verfügen, die sich von einer traditionellen, nach vorne gerichteten Fahrposition in die hintere Position drehen lassen, wenn das Fahrzeug im autonomen Modus betrieben wird. Es enthält einen Tisch, der ausgeklappt werden kann, um zum Essen genutzt zu werden, oder einen ausklappbaren Bildschirm zur Unterhaltung. Zusätzlich können die Sitze zu einem Doppelbett umgeklappt werden, wobei das Glasdach auf Befehl undurchsichtig wird, um den Insassen Privatsphäre zu bieten. Die britische Regierung hat bereits Pläne angekündigt, fahrerlose Autos auf Autobahnen fahren zu lassen, möglicherweise schon Ende dieses Jahres. Experten sagen, dass sie innerhalb des nächsten Jahrzehnts ein alltäglicher Anblick auf den Straßen sein könnten. Thomas Heatherwick sagte: „Der Airo ist nicht einfach ein weiteres Elektroauto, das die Luft nicht verschmutzt. Stattdessen geht er mit der neuesten Hepa-Filtertechnologie noch einen Schritt weiter und saugt während der Fahrt auch Schadstoffe von anderen Autos auf.“

Zwei Erfinder haben das größte und strahlendste Lächeln Amerikas, nachdem sie eine Technologie entwickelt haben, die ein Problem löst, an dem sich die Menschen seit 130 Jahren die Zähne ausbeißen. Ich bin voller Bewunderung für dieses Konzept, muss mich aber fragen, warum sollte ein privater Pkw-Besitzer für die Technologie zur Reinigung des öffentlichen Luftraums bezahlen müssen?

Ein uraltes Problem mit einer neuen Beschichtung gelöst

Kripa Varanasi, Professor am MIT, der Forschungsuniversität in Cambridge, Massachusetts, und Dave Smith, sein ehemaliger Doktorand, haben 50 Millionen Dollar aufgebracht und eine Partnerschaft mit Colgate angekündigt, nachdem ihr Unternehmen eine Behälterbeschichtung patentiert hat, die sicherstellt, dass auch der letzte Tropfen Zahnpasta aus der Tube kommt.

Die Beschichtung von LiquiGlide „eliminiert“ die Reibung zwischen Feststoffen und Flüssigkeiten und verspricht, die Verpackung zu revolutionieren. Nach einer kürzlich erfolgten Finanzierungsrunde in Höhe von 13,5 Millionen Dollar stellten die Ingenieure eine Antihaft-Zahnpastatube vor, die gemeinsam mit dem Konsumgüterkonzern Colgate entwickelt wurde. LiquiGlide (https://liquiglide.com) hat auch eine Partnerschaft mit der Mibelle Group. Mit der neuen Technologie konnte der Schweizer Hersteller von Konsum-, Kosmetik- und Pharmaprodukten den Ausbeuteverlust in seinen Zahnpastatanks um bis zu 99 % reduzieren. Außerdem wurden Einsparungen bei Waschwasser, Energie und Arbeit erzielt. Die Beschichtung hat ein breites Anwendungsspektrum, das von Ketchup-Flaschen mit lebensmittelechten Materialien bis hin zu Lotionen reicht, bei denen die Inhaltsstoffe hautverträglich sind. Sie hat auch biomedizinische und industrielle Anwendungen in Bereichen wie der Verabreichung von zähflüssigen Medikamenten an Patienten, Flugzeugenteisung, Wärmeaustausch in Kraftwerken und Erdölpipelines. „Unsere Technologie hat neu definiert, was bei der Arbeit mit dicken, langsam fließenden Flüssigkeiten möglich ist“, sagte Smith, Mitbegründer und Geschäftsführer von LiquiGlide. „Wir sehen bereits die Auswirkungen mit außergewöhnlichen Durchbrüchen in der Verpackung, der Fertigung und der biomedizinischen Industrie.“ Varanasi, Mitbegründer und Vorsitzender von LiquiGlide, sagte, dass Verbraucher und Hersteller Verschwendung akzeptiert hätten. Er sagte, dass wir mit der Technologie von LiquiGlide „jeden letzten Tropfen dosieren können, den Ertragsverlust bei der Herstellung minimieren und Verstopfungen und Infektionen bei medizinischen Geräten reduzieren können.“

Immer schnellere Computer

Abb. 4: Einzelne Transistoren auf einem von IBM verwendeten „Nanosheet“Abb. 4: Einzelne Transistoren auf einem von IBM verwendeten „Nanosheet“Computer werden immer schneller, aber es ist eher eine Serie von Sprüngen, als ein stetiger Fortschritt. IBM hat kürzlich seinen neuesten Fortschritt angekündigt, einen Mikrochip mit 2 nm Abstand. IBM behauptet, dass sein Testchip die Leistung um 45 % gegenüber den derzeit kommerziell erhältlichen 7 nm Produkten steigern kann. Er ist auch energieeffizienter – laut IBM benötigt er 75 % weniger Energie, um die aktuelle Leistung zu erreichen. Die Abbildungen 4 und 5 zeigen die neuen Chips.

Es wird behauptet, dass die Technologie die Akkulaufzeit von Mobiltelefonen vervierfachen könnte, und dass Telefone nur noch alle vier Tage aufgeladen werden müssten. In der Computerchip-Industrie wurden früher Nanometer verwendet, um die physikalische Größe von Transistoren zu messen. Heute wird eine niedrigere nm-Zahl weithin als Marketing-Begriff gesehen, um neue Generationen der Technologie zu beschreiben, die zu besserer Leistung und geringerem Stromverbrauch führen.

IBM sagt, dass sein 2nm-Prozess 50 Milliarden Transistoren in „einen Chip von der Größe eines Fingernagels“ einbauen kann – im Vergleich zu 30 Milliarden bei der Ankündigung des 5nm-Durchbruchs im Jahr 2017. Das Endergebnis sollte ein weiterer Leistungsschub für Computer in den kommenden Jahren sein. Aber kommerzielle Mainstream-Chip-Hersteller wie Intel und TSMC (die AMD-Prozessoren herstellen) haben bereits angekündigt, dass sie in den nächsten Jahren Ultra-Low-NM-Chip-Fabriken bauen wollen.

In den letzten zehn Jahren haben wir gesehen, wie Halbleiterhersteller von 14nm über 10nm zu 7nm übergegangen sind, wobei 7nm für einige Hersteller eine echte Herausforderung darstellt. Der neue Prozess von IBM könnte für KI-Anwendungen genutzt werden, die heute ein zweites Stück Technik – wie eine leistungsstarke Grafikkarte – benötigen, um einige Aufgaben zu bewältigen. Die erhöhte Energieeffizienz könnte in persönlichen Geräten nützlich sein, während die erhöhte Leistung großen Rechenzentren zugute käme. IBM sagte, dass der Testchip für seinen 2nm-Prozess in seinem Albany-Forschungslabor im Staat New York, USA, gebaut würde.

Abb. 5: Ein IBM-Mitarbeiter hält einen Wafer mit den 2nm-ChipsAbb. 5: Ein IBM-Mitarbeiter hält einen Wafer mit den 2nm-ChipsDiese Nachricht ließ mich mit zwei Gedanken zurück. Erstens wurde ich an „Moore's Law“ erinntert. Dieses empirische Gesetz wurde 1965 vom amerikanischen Ingenieur Gordon Moore aufgestellt und besagt, dass sich die Anzahl der Transistoren pro Siliziumchip alle 18 bis 24 Monate verdoppelt. Erstaunlicherweise ist es nach über einem halben Jahrhundert immer noch gültig. Mein zweiter Gedanke betraf Bitcoins. Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber ich weiß, dass Bitcoins „gemint“ (d. h. erzeugt) werden können, indem man komplexe mathematische Berechnungen durchführt. Es scheint klar zu sein, dass je schneller und energieeffizienter ein Computer ist, desto schneller und billiger wird er in der Lage sein, einen Bitcoin zu erzeugen. Bitcoins waren in letzter Zeit in den Nachrichten, nicht zuletzt, weil Elon Musk von Tesla über sie gesprochen hat. Ich würde sicherlich niemals mein eigenes Geld in dieser seltsamen Währung riskieren wollen.

Der Leser wird wissen, dass es derzeit einen weltweiten Mangel an Computerchips gibt, der vor allem in der Autoindustrie große Probleme verursacht. Der Leser wird auch wissen, dass Taiwan, und insbesondere TSMC, eine wichtige globale Quelle für Computerchips ist. In Anbetracht des bedrohlichen Verhaltens Chinas gegenüber Taiwan, für das es beansprucht, zum chinesischen Festland zu gehören, haben mehrere US-Elektronikunternehmen die strategische Entscheidung getroffen, neue „Wafer-Fabs“ innerhalb der USA zu bauen. Was passiert also hier in Europa?

Das Rennen um die Landung auf dem Mars

Die USA und China befinden sich in einem Wettlauf um die Landung von Menschen auf dem Mars (Russland hat derartige Ambitionen aufgegeben). Die Kosten und die Komplexität dieser Projekte übersteigen fast unser Vorstellungsvermögen. Vor kurzem gab die NASA bekannt, dass es gelungen ist, Sauerstoff aus dem CO2 herzustellen, das die Atmosphäre auf dem Roten Planeten ausmacht. Ein kleines Gerät von der Größe einer Autobatterie mit dem Namen Moxie wurde in den kürzlich gestarteten Mars Rover eingebaut. Moxie ist ein Akronym und steht für Mars Oxygen In-situ Experiment. Das Gerät arbeitet bei 800 ° C und ist in Abbildung 6 dargestellt.

Abb. 6: „Moxie“ arbeitet bei 800 °C und wandelt auf dem Mars CO2 in O2 umAbb. 6: „Moxie“ arbeitet bei 800 °C und wandelt auf dem Mars CO2 in O2 um

Das Experiment war also ein Erfolg. Aber … Moxie produzierte nur 5 g Sauerstoff pro Stunde. Um aber ein Team von vier Personen ein Jahr lang auf dem Mars zu versorgen wie geplant, wird mindestens eine Tonne Sauerstoff benötigt. Und für die Rückkehr zur Erde benötigt die Rakete 7 Tonnen Treibstoff und 25 Tonnen Sauerstoff. Und dieser Sauerstoff muss in flüssiger Form vorliegen. Bei einer solchen Herausforderung, allein für den Sauerstoff, kann sich der Leser alle anderen Herausforderungen für dieses Projekt vorstellen. Die technischen Probleme – und die Gesamtkosten – werden enorm sein.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 6
  • Jahr: 2021
  • Autoren: Dr. Anselm T. Kuhn

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