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Donnerstag, 21 Mai 2020 13:36

Einfluss von Alterungs-, Herstellungs- und Nachbehandlungsprozessen auf die galvanische Beschichtbarkeit von Zinkdruckguss (Teil 1)

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Geschätzte Lesezeit: 4 - 8 Minuten
Dieser Bericht ist eine kurze Zusammenfassung eines Vorhabens der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), das in Kooperation von der Gießereitechnologie der Hochschule für Angewandte Forschung in Aalen und der Abteilung Elektrochemie/Galvanotechnik des Forschungsinstituts Edelmetalle + Metallchemie (fem) in Schwäbisch Gmünd bearbeitet wurde. Initiiert und unterstützt wurde das Projekt durch zahlreiche Firmen der beiden Branchen Zinkdruckguss und Galvanotechnik aufgrund ungeklärter Schadensfälle und aufgrund von Problemen bei der Qualitätssicherung in der gesamten Prozesskette der Fertigung und des galvanischen Beschichtens von Zinkdruckguss-Teilen.

Im Vorhaben konnten einige neue Erkenntnisse zu den Mechanismen der Fehlerbildung erarbeitet sowie unkritische von fehlerrelevanten Prozessschritten unterschieden werden. Eine bedeutende Rolle des Interface zwischen Gussmaterial bzw. Gusshaut und der Verkupferung im Zusammenhang mit der Bildung und temporären Einlagerung von Wasserstoff deutet sich an.

Motivation 

Das Druckgießverfahren ist ein modernes Fertigungsverfahren, mit dem hoch komplexe Bauteile und Bauteilgruppen aus Aluminium-, Zink- und Magnesiumlegierungen mit hohen Qualitätsanforderungen äußerst wirtschaftlich hergestellt werden können. Zink-Druckgussteile können zu 100 % recycelt werden. Haupteinsatzgebiete sind die Automobilindustrie, der Maschinenbau, die Bau-, Elektronik- und Haushaltsgeräteindustrie. Obwohl Zink-Druckgusslegierungen im Vergleich zu Aluminium- und Magnesiumlegierungen eine höhere Dichte von 6,6–6,7 g/cm3 haben, werden Zink-Druckgussteile im Automobilbau in vielen Bereichen eingesetzt. Zink-Druckgusslegierungen besitzen im Gusszustand sehr hohe Festigkeitswerte, sie können äußerst dünnwandig hergestellt werden (bis 0,4 mm Dicke) und sie zeichnen sich durch eine hervorragende Oberflächengüte aus. In Europa werden im Jahr ca. 320 000 Tonnen Zink-Druckgussteile produziert, davon in Deutschland ca. 75 000 Tonnen, von denen ca. 50 % galvanisiert werden, überwiegend in KMU-Betrieben [1]. Die Beschichtungskosten (Galvanisieren) betragen ca. 1/3 der Gesamtkosten [2].
 
Die Herstellung von Zink-Druckgussteilen auf Warm-kammer-Druckgießmaschinen ist ein höchst wirtschaftliches und umweltverträgliches Fertigungsverfahren. Dennoch können Schwankungen der Formtemperatur, die sich stark auf die Bildung der Gusshaut auswirken, die Bildung von Kaltfließstellen beeinflussen. Schwankungen in der Trennmitteldosierung führen zu Fehlern an der Bauteiloberfläche, in die Reinigungsmittel und Elektrolytlösung eindringen können. Der Einfluss dieser Hilfsstoffe auf die Beschichtbarkeit und deren mögliche Wechselwirkungen mit den Stoffen der Galvanik wurde bislang nicht untersucht. Ebenso können Wanddicke und Gießbedingungen einen erheblichen Einfluss auf oberflächennah eingeschlossene Gase nehmen. Die bei Zinklegierungen hohe thermische Aktivierung für chemische Prozesse bereits bei Raumtemperatur führt zu ausgeprägten Diffusionsvorgängen sowie Maßänderungen (Alterung), deren Auswirkungen auf die Beschichtbarkeit noch nicht untersucht wurden. Um das Auftreten von Beschichtungsfehlern im Zink-Druckguss zu verstehen und zu verhindern, wurden metallkundliche Untersuchungen in Form von chemischen Analysen und Gefügeausbildung einschließlich Porenbildung als Funktion des Abstandes von der Bauteiloberfläche an druckgegossenen Proben durchgeführt. Als wichtige Parameter sollten Formtemperatur, Wanddicke und Sprühcharakteristik variiert werden. Jedoch sollten Alterungsprozesse – künstlich und natürlich – als wichtigste Größe in den Zusammenhang mit galvanischen Inhomogenitäten gebracht werden. Das Wissen über die Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von Oberflächenfehlern und Alterungsprozessen sowie Gießparametern ermöglicht die Erarbeitung von Richtlinien, die für die galvanische Beschichtung er-forderlich sind. Damit wären die Voraussetzungen gegeben für eine Erweiterung des Portfolios im galvanisch veredelten Zinkdruckguss.
 
Auseinandersetzungen zwischen Gießereien und Galvaniseuren bezüglich der Ursachen von auftretenden Beschichtungsfehlern waren der Auslöser für das hier beschriebene Forschungsvorhaben. Beide Prozesse – Gießen und Beschichten – werden in der Regel in KMU-Betrieben durchgeführt, die für das Erarbeiten komplexer Vorgänge keine Kapazitäten zur Verfügung haben. Da beide Prozesse sowie deren Zusammenwirken prinzipiell für das Entstehen von Beschichtungsfehlern verantwortlich sein können, sind für die Erforschung dieser Zusammenhänge zwei Institute erforderlich, die ihrerseits mit KMU-Unternehmen stark vernetzt sind. Der Schaden durch unbrauchbaren, galvanisierten Zinkdruckguss lässt sich nur schwer quantifizieren, ist aber nicht nur finanziell beträchtlich, da er erst am Ende einer langen Wertschöpfungskette in Erscheinung tritt. Das frühzeitige Unterbrechen der umfangreichen Wertschöpfungskette vom Gießen bis zum Endprodukt verbessert die Ressourceneffizienz erheblich und vermindert entscheidend eine gegenseitige Schuldzuweisung zwischen Gießer und Beschichter. Bei den Fehlern in der Oberfläche bei nicht-dekorativen, galvanisierten Gussstücken handelt es sich meist um Blasen unterschiedlichster Größe und Art. Die Fehler reichen von rein optischer Beeinträchtigung bis zur Funktionsbeeinträchtigung. Sie werden häufig mit der Vorbehandlung vor dem Galvanisieren in Verbindung gebracht.

Der Standard für den Ablauf der Vorbehandlung für Zinkdruckguss vor dem Galvanisieren lautet [3]:

  • mild-alkalische Abkochentfettung, nachfolgend Spülen
  • elektrolytische Entfettung (kathodisch1)) mit hoher Silikatkonzentration, nachfolgend Spülen
  • fluoridhaltige Dekapierung mit leichtem Angriff auf die Legierung und minimalem Abtrag, nachfolgend Spülen
  • Galvanisierung und ggf. weitere Schichtfolge

1) Anmerkung: gemäß anderer Quellen ist auch eine anodische Entfettung möglich (www.interzinc.org; abgerufen 08.02.2016; auch [4])

Die Wahl der richtigen Dekapierung ist von großer Bedeutung und hängt von der Legierungszusammensetzung ab. Fluoride werden für Pb- und Si-haltige Materialien empfohlen; ansonsten genügt eine verdünnte Schwefelsäure [SCH1982]. Keinesfalls sollten in den Vorbehandlungsmedien Buntmetalle gelöst sein, da edlere Metalle als Zink die Oberfläche durch Zementation verunreinigen.

Für dekorative Bauteile besteht eine typische Schichtfolge aus

  • Kupfer (cyanidisch)
  • Kupfer (sauer)
  • Halbglanz-Nickel
  • Glanznickel, ggf. Alternativen wie z. B. Satin-Nickel oder Perlglanz-Nickel
  • Chrom

Die Unterschichtungen dienen einer guten Haftfestigkeit, zur Einebnung und zur Optimierung des Korrosionsschutzes, während mit den Deckschichten der optische Eindruck vermittelt wird. Rein funktionale Zinkdruckguss-Bauteile werden nicht galvanisiert, sondern direkt passiviert, je nach Anspruch an die Optik und den Korrosionsschutz erfolgt noch eine Verzinkung mit anschließender Passivierung. Dadurch ist die Angleichung des Aussehens an kombiniert verbaute verzinkte Stahlteile möglich.

Zielsetzung und Vorgehensweise

Das Ziel des Vorhabens bestand in der Untersuchung der verschiedenen Prozesse im Vorfeld der galvanischen Beschichtung von Zinkdruckguss, einschließlich des Gießprozesses bei der Herstellung sowie nachgelagerter Behandlungsschritte und Alterungsvorgänge, um optimierte Prozessanweisungen abzuleiten und den komplexen und fehleranfälligen Gesamtprozess robuster zu gestalten. Die Legierungsauswahl erfolgte in Absprache mit dem Projektbegleitenden Ausschuss, in dem eine Reihe von Gussherstellern und Betrieben aus der Galvano- und Oberflächentechnik vertreten waren. Die Untersuchungen beinhalteten neben der Variation von Gießparametern die Anwendung von Trennmitteln und Variationen der mechanischen und chemischen Vorbehandlung. Im Fokus der Untersuchungen sollte die Wechselwirkung zwischen den Alterungsvorgängen und der Beschichtbarkeit stehen. Durch das Einbeziehen neuester, cyanidfreier Elektrolytentwicklungen wurde die galvanische Schichtfolge bewusst kritisch geführt, um in der umfassenden Charakterisierung (Korrosion, Haftung, Defekte) die Robustheit einer optimierten Vorbehandlung zu prüfen.

Abb. 1: Projektmanagement-Plan mit Ablauf-Koordination zur Verdeutlichung der Wechselwirkungen der ArbeitspaketeAbb. 1: Projektmanagement-Plan mit Ablauf-Koordination zur Verdeutlichung der Wechselwirkungen der Arbeitspakete

Als wichtige Gießparameter wurden die Wandstärke des Bauteils, die Formtemperatur und die Anschnittgeschwindigkeit variiert. Schwankungen der Formtemperatur können sich stark auf die Bildung der Gusshaut auswirken, vor allem auf die Bildung von Kaltfließstellen und Porositäten (Gaseinschlüsse und Lunker). Die Untersuchungen beinhalteten neben der Variation von Gießparametern auch die Anwendung verschiedener Trennmittel. Der Einfluss des Trennmittels auf die Beschichtbarkeit und deren mögliche Wechselwirkungen mit den Stoffen der Galvanik wurde bislang nicht untersucht. Ebenso können Wanddicke und Gießbedingungen einen erheblichen Einfluss auf oberflächennah eingeschlossene Gase nehmen, welche wiederum zu Ausschuss führen können. Weitere Einflussfaktoren stellen Nachbehandlungen der Bauteile wie Strahlen, Gleitschleifen, thermisches Entgraten, sowie Schleifen und Polieren dar. Hierbei wurde untersucht, inwiefern die Nachbehandlung die Oberfläche verändert und damit die anschließende Beschichtung beeinflusst.

Abb. 2: Feldzuordnung der GussprobenoberflächeAbb. 2: Feldzuordnung der GussprobenoberflächeFür eine präzise zeitliche Abstimmung der gesamten Prozesskette zur störungsfreien Oberflächenbeschichtung arbeiteten die beiden Forschungsstellen, die Gießereitechnologie an der HTW Aalen sowie die Abt. Galvanotechnik des fem in Schwäbisch Gmünd, eng zusammen und untersuchten die komplexen Zu-sammenhänge, um eine optimale Prozessbeschreibung für eine sichere Produktion mit höchster Qualität abzuleiten. Die Vorgehensweise folgte dem Schema in Abbildung 1.
 
Die Beschichtungslinie wurde wie in Tabelle 1 aufgeführt in der fem-Versuchsgalvanik aufgebaut.
 
Tab. 1: Prozessfolge des Beschichtungsvorgangs mit Prozessparameter (Prozesslösungen Fa. Schlötter, Standardansätze)
 
1 Entfetter SLOTOCLEAN AK 340 (T: 65 °C, t: 15 min.)
2 Fließspüle Stadtwasser (1 min.), Fließspüle entionisiertes Wasser (15s)
3
Kathodische Entfettung:
elektrolytischer Entfetter SLOTOCLEAN EL 130 (T: 50 °C, t: 30 s, i: 4 A/dm2)
oder bzw. alternativ
anodische Entfettung:
elektrolytischer Entfetter SLOTOCLEAN EL 130 (T: 30 °C, t: 15 s, i: 1,5 A/dm2)
4 Fließspüle Stadtwasser (1 min.), Fließspüle entionisiertes Wasser (15 s)
5 Aktivierung SLOTOCLEAN DECASEL 5 (T: 30 °C, t: 15 s)
6 Fließspüle Stadtwasser (1 min.), Fließspüle entionisiertes Wasser (15 s)
7
Cyanidischer Kupferelektrolyt CUPRUM 10 (T: 60 °C, t: 15 min., i: 3 A/dm2)
bzw. alternativ 
ein cyanidfreier Cu-Elektrolyt CUPA SANCY HE3, Fa. Chemopur H. Brand GmbH (T: 45 °C, t: 60 min., i: 1 A/dm2)
8 Fließspüle Stadtwasser (1 min.), Fließspüle entionisiertes Wasser (15 s)
9 Nickelelektrolyt Nickelsulfamatbad MS (T: 50 °C, t: 15 min., i: 5 A/dm2)
10 Fließspüle Stadtwasser (1 min.), Fließspüle entionisiertes Wasser (15 s)
 
Vorbemerkung: Für die Auswertung der einzelnen Felder der Gussteilgeometrie vor bzw. nach dem Galvanisieren gilt die Zuordnung gemäß Abbildung 2. Wegen der schwierigen Wandstärkenübergänge und an Winkeln und Kanten der Erhebungen und Bohrungen wurden dort die Standard-Schliffebenen platziert und bevorzugt in den Querschliffuntersuchungen ausgewertet. An Defekten sowie bei den XRD-Phasenuntersuchungen wurde von den Standardebenen abgewichen. 
 
-wird fortgesetzt- 
 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 5
  • Jahr: 2020
  • Autoren: Alexander Pfund1, Martin Funk1, Renate Freudenberger1, Axel Kansy2, Christos Mangos2, Lothar Kallien2   1 Forschungsinstitut Edelmetalle + Metallchemie (fem), Schwäbisch Gmünd 2 Hochschule für Angewandte Forschung, Gießereitechnologie, Aalen

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