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Donnerstag, 15 Juli 2021 11:59

Im Gegenteil - Mit dem Stoffwechsel leben

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Im Jahre 1782 haben der französische Chemiker Antoine Lavoisier und sein Freund Pierre-Simon Laplace ein Meerschweinchen in eine doppelwandige Metallkammer gesperrt und Schnee zwischen die beiden Außenwände gefüllt. Sie versuchten herausfinden, wie schnell die Kühlsubstanz durch die vom Versuchstier produzierte Körperwärme schmelzen würde, und sie wollten die dafür nötige Hitze mit dem Kohlendioxid in Verbindung bringen, den das Meerschweinchen ausatmete.

Auf diese Weise entdeckten die französischen Wissenschaftler das, was heute als Stoffwechsel bekannt ist, und sie waren auch die ersten, die dabei Kalorien zählten, um der Wärmeenergie eine messbare Einheit zu geben. Seither sind Kalorien zu einem Riesenthema geworden, das in heutiger Zeit viele Gesundheitsbewusste antreibt und eine wachsende Menge von Diätratgebern in die Buchhandlungen bringt. Den Autorinnen und Autoren solcher Bücher scheint bei den Fragen des körperlichen Stoffwechsels zwar alles klar zu sein, aber evolutionär orientierte Anthropologen denken da eher das Gegenteil und sie zählen dazu Stoffwechselmythen auf – „Metabolism myths“, (New Scientist vom 27. Februar 2021).

So meinte man, dass körperliche Anstrengungen viele Kalorien verbrennen, aber als man genaue Messungen bei der Volksgruppe der Hazda im Norden Tansanias vornahm, deren physische Aktivität fünffach höher als die europäischer Menschen liegt, stellte man fest, dass ihr Kalorienverbrauch kaum anders war. Und das galt auch in vielen anderen überschaubaren Gemeinschaften. Was den Schluss erlaubt, dass Körper in der Lage sind, den Kalorienverbrauch in einem engen Bereich zu regulieren, unabhängig vom Lebensstil. Deshalb kann auch kein Mensch abnehmen, wenn er sich sportlich betätigt, auch wenn man das Gegenteil erwartet.

Um abzunehmen, müssen wir weniger essen, was viele Diätratgeber auch im Sinn haben, wobei einige empfehlen, zu den Ernährungsgewohnheiten der Steinzeit zurückzukehren, was dann als Paleo Diät mit Nüssen und Beeren propagiert wird. Tatsächlich wird dafür mit evolutionären Argumenten geworben, sollten Menschen doch darauf angepasst sein. Das klingt gut begründet, übersieht aber zum einen, dass es selbst in der Steinzeit keinen Einheitsbrei gab, und ignoriert zum zweiten Einsichten der Archäologen, dass für Menschen selbst im Paläolithikum eine Mischung aus Fleisch und Gemüse die bevorzugte Speise war. Auf die Mischung kommt es an – im Leben ebenso wie beim Kochen.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 7
  • Jahr: 2021
  • Autoren: Ernst Peter Fischer

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