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Mittwoch, 11 August 2021 11:59

Investitionen für ein sauberes Morgen

von Redaktion
Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten
3D-Layout der im Berner Unternehmen entstandenen IonenaustauscherKreislaufanlage 3D-Layout der im Berner Unternehmen entstandenen IonenaustauscherKreislaufanlage

Die Promatverzinkerei Bern GmbH modernisiert ihre Wasseraufbereitungsanlage, halbiert so ihren Wasserbedarf und erweitert gleichzeitig um eine neue Zink-Nickel Galvanoanlage.

Obgleich die aktuelle Situation ohnehin bereits eine gute Portion Optimismus erfordert, demonstriert der junge Inhaber Patrick Zbinden mit seiner zukunftsweisenden Investition nicht nur seinen treffsicheren Unternehmergeist. Kostenintensive, gut durchdachte Modernisierungen mit innovativem Charakter zeugen von Mut und zeigen einen hohen Mehrwert.

Historie des Unternehmens

Seit bald 60 Jahren steht die Firma Promatverzinkerei Bern GmbH mit ihrem zentralen Berner Standort für höchste Qualität im Bereich Verzinken. Die konsequente Qualitätsprüfung auf allen Ebenen der Produktion ist neben Pünktlichkeit und hoher Flexibilität die Basis ihres Erfolges. Am 1. Januar 2020 wurde das Unternehmen von der Zbinden-Hänni Holding AG übernommen. Inhaber ist Patrick Zbinden, Betriebsleiter Christoph Weber.

Warum Zink-Nickel Abscheidung?

Das Verfahren der Zink-Nickel Legierungsabscheidung erschließt neue Möglichkeiten für Eisenwerkstoffe, die höheren Korrosionsanforderungen genügen müssen als die übliche Zinkabscheidung. Der Korrosionsschutz von Dickschicht passivierten Zink-Nickel bis Rotrost beträgt bei 8–10 µm Schichtdicke > 720 Stunden im Vergleich zu Zink ab 336 Stunden. Der Prozess ist mit 2 Stromkreisen und Zn- und Ni-Platten sehr einfach zu steuern.

Das Unternehmen hat sich aus ökologischen Aspekten für eine schwach saure statt eine übliche alkalische Legierungsabscheidung entschieden. Diese enthält weniger starke Komplexbildner (organische Aminoverbindungen) und erleichtert ganz erheblich die Kreislaufführung der Spülwässer und die Abwasserreinigung.

Spülwasser-Kreislauf statt End-of-pipe

Die ökonomische Einführung einer Kreislaufführung von Spülwässern der vorhandenen Verzinkungslinie sowie der neuen Zink-Nickel Linie erforderten einige Überlegungen. Die Anzahl an bestehenden Spülwannen der sauren und alkalischen Verzinkung konnte aus betrieblichen Gründen nicht geändert werden. Spülwasser nach alkalischem Zink und Entfettung werden mehrfach verwendet, eine gemeinsame Kreislaufspüle mit Anschluss an dem neuen Ionenaustauscher wurde eingeführt. Den höchsten Salzeintrag generiert die Blaupassivierung durch fehlende Sparspüle. Andererseits können Sparspülen nach Konversionsschichten jedoch auch zu Problemen in der Qualität führen. Nach Beizen und saurem Zink wird vorgespült, ehe nach dem Passivieren die Kreislaufspüle erreicht wird. Unten stehend ein Badverzeichnis der Verzinkungslinie nach der Umstellung der Spültechnik, worin auch die Salzfrachten für die Kreislaufanlage sowie die Abwassermenge durch Vor- und Warmspülen ersichtlich sind.

Die Reduktion von rund 10.3 m3 auf 4.9 m3 Abwasser der Verzinkungslinie pro Tag gelingt. Hinzu kommen Regenerate und Rückspülwässer der Ionenaustauscher-Kreislaufanlage, Boden-, Reinigungs- und Laborabwässer sowie Sparspülen der neuen Zink-Nickel Linie. Es werden 2x 4.5 m3/h Spülwässer im Kreislauf betrieben, neben weiteren 3x 3.0 m3/h der neuen Zink-Nickel Linie, total 18 m3/h. Die Ware wird neu statt mit Weichwasser mit vollentsatztem Wasser bei ca. 20 µS/cm am Ausgang der Ionenaustauscheranlage gespült, wodurch die Qualität weiter steigt.

Berechenbare Kreislaufanlage

Anhand der Ionenkonzentrationen in den Prozessbädern, der Elektrolytverschleppung und der Spülwassermenge der Vorspülen lässt sich die eingeschleppte Ionenfracht in die Kreislaufspülen in Äquivalente pro Woche für Kationen und Anionen berechnen. Die Äquivalente pro Volumen und je Prozessbad errechnen sich aus Konzentration des jeweiligen Stoffes, geteilt durch molare Masse mal Wertigkeit. Zwischen Kationen und Anionen muss unterschieden werden, da die Hydroniumionen (H3O+) und Hydroxidionen (OH-) den Ionenaustauscher nicht beladen. Für die Verzinkungslinie ergibt die Berechnung ca. 123 Äquivalente/Woche Kationen und 188 Äquivalente/Woche Anionen, die in die Kreislaufanlage verschleppt werden. Die Ionenaustauscher-Kreislaufanlage hat eine Kapazität von mindestens 600 Äquivalente Kationen (600 l Harz), respektive min. 450 Äquivalente Anionen (500 l Harz), bis ein Austauscher beladen und regeneriert werden muss. Wird nur die Verzinkungslinie ohne die Zink-Nickel Linie betrachtet, so muss ein Kationenaustauscher alle 4,9, der Anionenaustauscher alle 2,4 Wochen regeneriert werden. In der Praxis wird jedoch eine kürzere Laufzeit des Kations festgestellt, ausgelöst durch organische Stoffe und Ausfällungen, was die Kapazität des ersten Ionenaustauschers reduziert. Die Laufzeiten der Ionenaustauscher bei der Promatverzinkerei betragen inkl. der Salzfracht der Zink-Nickel Anlage ca. 5 Wochen für die Kationen- und 4 Wochen für den Anionenaustauscher bei einem Warendurchsatz gemäß Badverzeichnis.

Badverzeichnis der Verzinkungslinie nach Anpassung der SpültechnikBadverzeichnis der Verzinkungslinie nach Anpassung der Spültechnik

Verfahrensschema der Ionenaustauscher-Kreislaufanlage  Verfahrensschema der Ionenaustauscher-Kreislaufanlage

Abwasseranlage sanieren

Zur Absicherung der vorhandenen Abwasser-Reinigungsanlage der Restabwässer wurde parallel ein Mehrschichtfilter für den Überlauf des Absetzbeckens, ein sog. Dortmundbrunnen, installiert. Allfällige Feststoffe werden durch den rückspülbaren „Polizeifilter“ sicher zurückgehalten. Die hydraulische Leistung beträgt 6.0 m3/h.

Diese Massnahmen haben die Behörden überzeugt, statt eines kompletten Ersatzes einer Nachrüstung zuzustimmen. Die Messungen in der Endkontrolle für Nickel und Chrom ergaben bisher Restgehalte von jeweils deutlich unter 0.1 mg/l je Metall, für Zink kleiner 2.0 mg/l. Die Sparspülen nach Zink-Nickel Abscheidung sowie die Eluate (Regenerate) werden jeweils separat gesammelt und in geringen Mengen der Abwasseranlage zudosiert. Die Betriebskosten für die Abwasserreinigung sind erfreulich gering.

www.promatverzinkerei.ch

 

„Alleine hast du keine Chance“

Im Interview spricht Patrick Zbinden, Inhaber der Promatverzinkerei, über seine Erfahrungen mit der Modernisierung der Wasseraufbereitung.

Welche Ziele hatten Sie bei der Modernisierung vor Augen?

Patrick Zbinden vor der Ionenaustauscher-KreislaufanlagePatrick Zbinden vor der Ionenaustauscher-KreislaufanlageDie große Nachfrage an Zink-Nickel Schichten konnte durch die bestehende Beschichtungsanlage bei der W. Hänni Q-Oberflächenbeschichtungen AG in Aegerten nicht gedeckt werden. Zudem wollen wir für diese Technologie im Westschweizer Markt den Lead übernehmen. Hierzu muss die gesamte Palette möglicher Teilgrößen, von 5 Gramm bis 500 Kilogramm abgedeckt werden. Im Juli 2019 wurde der Kaufvertrag mit der Promatverzinkerei Bern GmbH unterschrieben. Ziel war eine funktionierende Produktion ab Februar 2020. Sprich: der Zeitplan für eine Kreislaufführung der Spülwässer sowie eine von Grund auf neue Zink-Nickel Beschichtungsanlage mit Kran war sehr sportlich. Gleichzeitig wollten wir die technischen Anforderungen so stellen, damit einer Zertifizierung gemäß ISO 14001 und 9001 nichts im Wege stand.

Wie wurden Sie bei der Umsetzung unterstützt?

Wir konnten in diesem Projekt nur Lieferanten berücksichtigen, welche uns bis Ende 2019 bedienen konnten. Mit den Firmen Hauser + Walz GmbH und der ProWaTech AG ist uns ein Glücksgriff gelungen. Die Firma Hauser + Walz GmbH führte ab Oktober eine Detailplanung durch und konnte bereits Ende November eine behördliche Zustimmung durch die Stadtentwässerung und den Kanton Bern erwirken. Ab Dezember 2019 startete die ProWaTech AG die Realisierung der Prozesswasser- und Abwasserreinigungsanlage. Die Abnahme der neuen Kreislaufanlage sowie der Polizeifilter für die Abwasseranlage erfolgte am 14. März 2020. Dies zwei Wochen nach Planung, jedoch immer noch sehr gut unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände. Von der Idee zur funktionierenden Anlage innert 6 Monaten – allein hast Du da keine Chance. Das Team um Herbert Hauser, Rainer Walz und Kudi Müller leistete großartige Arbeit. Klare Vorgaben an uns, was baulich erledigt werden musste sowie Hinweise auf mögliche Schwierigkeiten im Umfeld wurden rechtzeitig kommuniziert. Betreffend behördliche Anforderungen konnten wir uns ganz auf Herrn Hauser verlassen.

Wie hat sich die Modernisierung ausgewirkt?

Wir haben dieses Jahr bei gleichzeitiger Erweiterung der Produktion bereits 1 Million Liter Frisch- und somit Abwasser eingespart. Die Anforderungen an die eingeleitete Abwasserqualität werden jederzeit sicher eingehalten. Dies ohne nennenswerte Erhöhung der Betriebskosten. Das Aussehen der Blaupassivierung nach Verzinkung konnte durch das salzarme Kreislaufwasser optisch deutlich verbessert werden. Wir freuen uns, unseren Betrag für eine umweltschonende Produktion leisten zu können.

Verraten Sie uns, welche Investitionen Sie insgesamt getätigt haben?

Am Standort in Bern betrugen die Investitionen für die Kreislauf- und Abwasseranlage etwa 400 000 Franken, die neue Zink-Nickel Beschichtungsanlage kam auf rund 300 000 Franken. Hinzu kommen Investitionen für bauliche Voraussetzungen, neue Stromversorgung, Qualitätsmassnahmen, wie X-Ray und Photometer von weiteren rund 130 000 Franken. Eine beachtliche Investition in die Zukunft.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 7
  • Jahr: 2021
  • Autoren: Redaktion

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