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Montag, 02 August 2021 08:31

Wenn das Lösemittel allein nicht das Mittel zur Lösung ist

von Redaktion
Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten

In den Autos dieser Welt regeln sie den Luftstrom der Heizung und Klimaanlage und sorgen so dafür, dass es der Fahrer im Sommer schön kühl und im Winter angenehm warm hat: Aktuatoren. Angetrieben werden diese wichtigen Bauteile beispielsweise durch Schrittmotoren, wie sie auch die Johnson Electric International AG in ihrem High-End-Fertigungswerk in Murten in der Schweiz produziert. Rund 450.000 Stück Statoren werden jeden Tag in der Produktion am Standort in der Nähe von Bern gestanzt. Diese Statoren (innen und außen) werden anschließend in den Montagelinien zu Schrittmotoren zusammengebaut. Damit die Motorentechnologie im Fahrzeug später zuverlässig arbeitet und ein Drehmoment von bis zu 80 Nm hält, müssen die beiden Einzelteile des Schrittmotors perfekt entfettet sein. Genau hier lag in der Vergangenheit aber die Krux: Denn obwohl die Teile entfettet worden waren, hielten sie nicht mehr den geforderten Ausreißkräften stand. Hilfe kam von der Richard Geiss GmbH, dem Lösemittelspezialisten aus Offingen, Bayern und seinem Schweizer Kompetenz- und Distributionspartner, der Thommen-Furler AG aus Rüti bei Büren. In enger Zusammenarbeit mit Johnson Electric und dem Anlagenhersteller REK bekamen die Experten von Richard Geiss und Thommen-Furler das Entfettungsproblem in den Griff. Johnson Electric kann sich jetzt nicht nur auf einen stabilen Entfettungsprozess und hohe Bauteilsauberkeiten verlassen, sondern spart zudem rund 50 Prozent an Lösemittel – und damit auch Kosten.

Die Johnson Electric International AG gehört zur Johnson Electric Group, die weltweit führender Anbieter für innovative Antriebslösungen, Kontrollsysteme und flexible Schaltungen ist. Der Schweizer Standort in Murten ist laut der Unternehmensgruppe eines ihrer Innovations- und Produktentwicklungszentren und beschäftigt 400 Mitarbeiter. 75 Prozent der dort produzierten Bauteile gehen in die weltweite Automobilindustrie, darunter auch die Schrittmotoren, die in drei Montagelinien produziert werden. 36 Millionen Stück verlassen jedes Jahr das Werk in Murten.

Perfekte Entfettung für 450.000 Statoren pro Tag

„Jeden Tag laufen bei uns 450.000 Einzelteile für die Schrittmotoren durch die Produktion. Immer zwei Einzelteile ergeben einen Motor“, erklärt José Landeira, Metal Part Manager bei der Johnson Electric International AG. Später im Auto verbaut, steuern sie beispielsweise die Klappen der Heizung und Klimaanlage. Je luxuriöser das Fahrzeug, desto mehr dieser Schrittmotoren braucht es. „Bei einer gut ausgestatteten S-Klasse sind das circa 20 Stück“, so Landeira weiter. Seit 28 Jahren arbeitet er am Standort in Murten; zuerst für den Schweizer Hersteller Saia Burgess, bis dieser 2005 von Johnson Electric übernommen wurde.

Bevor die beiden Einzelteile jedoch zu einem Schrittmotor zusammengesetzt werden, müssen sie perfekt gereinigt werden. Denn jede kleinste Verschmutzung kann negative Auswirkungen auf die Ausreißkräfte des Schrittmotors haben. Die Entfettung der Statoren übernehmen in Murten zwei Anlagen der REK Reinigungstechnik GmbH, die seit 2015 im Einsatz sind. Beim Lösemittel vertraut Johnson Electric auf den modifizierten Alkohol RG CLEANER 63 der Richard Geiss GmbH. Der RG CLEANER 63 befreit die Bauteile nicht nur effizient von polaren Stoffen wie Salzen, Staub oder Metallabrieb, sondern löst auch unpolare Stoffe wie Fette und Öle.

Geringere Ausreißkräfte durch Probleme in der Entfettung

„Die Ausreißkräfte unserer Schrittmotoren wurden aber mit der Zeit immer schwächer. Und wir konnten uns nicht erklären, warum. Schließlich haben wir die Einzelteile ja wie gewohnt in unseren Anlagen entfettet“, so Landeira. Die Schrittmotoren müssen Ausreißkräfte von 80 Nm halten, um die strengen Anforderungen der internationalen Automobilindustrie zu erfüllen. Johnson Electric fährt die beiden REK-Dampfentfettungsanlagen im Dreischichtbetrieb, fünf Tage die Woche. „Zum Wochenbeginn waren die Messungen immer in Ordnung, aber zum Ende der Woche hin wurden sie immer schlechter“, erklärt Landeira weiter.

Erster Gedanke: Es könnte am Öleintrag liegen. Denn am Wochenende stehen die beiden Entfettungsanlagen still und das Lösemittel wird destilliert, was die besseren Messergebnisse am Wochenanfang erklärt hätte. „Die Analysen in unserem Firmenlabor aber haben gezeigt, dass die beiden Lösemittelproben, die wir am Anfang und am Ende der Woche aus der Anlage entnommen hatten, keine großen Unterschiede aufwiesen. Im Gegenteil: Das Medium war sauber“, betont Manuel Huihui, Außendienstmitarbeiter im internationalen Vertrieb der Richard Geiss GmbH, der die Johnson Electric International AG auch vor Ort betreut hat.

Analysen zeigten: Die Anlage schäumt

Wie konnte es dennoch sein, dass die Teile offenbar verschmutzt waren, nachdem sie aus den Entfettungsanlagen gekommen waren? Zur Ursachenforschung haben die Lösemittelspezialisten von Richard Geiss alle verschiedenen Prozessschritte bei Johnson Electric in Murten untersucht, Proben aus den einzelnen Waschbädern entnommen und auch den Abdampfrückstand in den Entfettungsanlagen gemessen. „Das ging weit über normale Serviceanalysen hinaus“, betont Landeira. Die umfassenden Analysen fanden im unternehmenseigenen Labor der Richard Geiss GmbH am Sitz in Offingen in Deutschland statt. Neben dem Lösemittel wurde auch die gesamte Anlagentechnik überprüft.

Das Ergebnis: Die bei Johnson Electric in Murten installierten Anlagen neigten unter den eingestellten Parametern zum Schäumen und dieses Schäumen hat die Teile nach dem Reinigen wieder verschmutzt. Verantwortlich dafür war das Zusammenspiel aus eingetragenem Öl in das Lösemittelbad und dem Druckunterschied in den Kammern der Dampfentfettungsanlagen. So hatte der Lösemitteldampf, der sich beim Reinigungsprozess auf die Teile legt, Öl mitgezogen, dieses Öl setzte sich dann wiederum auf den gereinigten Teilen ab.

GEISS DISTIL bricht den Schaum

Zur Lösung des Entfettungsproblems wurden in Rücksprache mit einem auf die Anlagen spezialisierten Servicetechniker der Druckunterschied in den Anlagen verringert und weitere Anlagenparameter optimiert. Darüber hinaus hat Johnson Electric in seinen beiden Dampfentfettungsanlagen jetzt den Entschäumer GEISS DISTIL im Einsatz. Der Schaumbrecher verhindert die Schaumbildung in organischen Lösemitteln, die durch Tenside, Silikone oder Fluorcarbonharze verursacht werden kann. Die enthaltene Entschäumerkomponente wirkt in Destillationsprozessen organischer Lösemittel stark schaumbrechend, sodass ein Überkochen oder Überschäumen bei der Destillation verhindert wird.

„Diese Umstellung hat geholfen. Wir können jetzt wieder problemlos die strengen Anforderungen der Automobilindustrie erfüllen“, verdeutlicht Landeira. Damit meint er nicht nur die internationalen Normen nach ISO, sondern auch Empfehlungen und Normungen des Verbands der Automobilindustrie (VDA), dem gemeinsamen Interessenverband deutscher Automobilhersteller und -zulieferer, sowie die Norm IATF 16949. Diese vereint allgemeine Forderungen an Qualitätsmanagementsysteme der Automobilindustrie, der sich rund ein Drittel der mehr als hundert weltweit existierenden Automobilhersteller angeschlossen hat. Dazu gehören unter anderem auch BMW, Chrysler, Daimler, VW, Fiat, Ford und General Motors.

Optimierter Entfettungsprozess spart 50 Prozent Lösemittel

Johnson Electric hat in Murten jetzt nicht nur einen stabilen, sondern sogar einen optimierten Entfettungsprozess. Denn der Technologieführer bei Antriebslösungen für die Automobilindustrie spart sich dank der Anlagennachjustierung und des Entschäumers GEISS DISTIL die Hälfte an Lösemittel im Vergleich zu vorher. Jede Woche gibt das Team von José Landeira rund 2 cl des Entschäumers in die REK-Entfettungsanlagen. Das klingt nach wenig, hat aber einen großen Effekt: „Wo wir früher alle drei Monate fast 700 Liter Lösemittel austauschen mussten, kommen wir mit dem Lösemittel jetzt sechs bis acht Monate aus. Das bringt uns nicht nur einen stabilen Prozess, sondern spart natürlich auch erheblich Kosten“, betont Ladeira.

In seinen Augen lag der Schlüssel zur Lösung des Entfettungsproblems vor allem in der engen und konstruktiven Zusammenarbeit aller Beteiligten: den Lösemittelspezialisten der Richard Geiss GmbH, dem Anlagenhersteller REK und der Thommen-Furler AG. Diese arbeitet bereits seit den 1990er Jahren als Distributionspartner für den schweizerischen Markt mit der Richard Geiss GmbH zusammen. „Wenn wir nicht den Austausch und die Unterstützung von allen drei Seiten gehabt hätten, wären wir dem Problem vielleicht nie auf die Schliche gekommen. Gerade auch die Profis von Richard Geiss standen uns von Problembeginn an mit ihrem Know-how und ihrer Hilfe zur Seite. Die Betreuung durch Geiss und das Team von Thommen-Furler ist wirklich klasse“, betont Landeira.

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