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Mittwoch, 15 September 2021 11:59

Hochbrechende Polymere: Eigenschaft und Beschichtung

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Abb. 1: Grundlegende Zusammensetzung von OKP- und EP-Polymeren im Vergleich zu Poly-Bisphenol-A-Carbonat (Makrolon) Abb. 1: Grundlegende Zusammensetzung von OKP- und EP-Polymeren im Vergleich zu Poly-Bisphenol-A-Carbonat (Makrolon)

Komplexe optische Elemente für Präzisionsoptiken, Beleuchtungen oder Displays sind die Haupteinsatzgebiete transparenter Kunststoffe. Hier sind sie Lösungen aus Glas deutlich überlegen.

Einleitung

Transparente Kunststoffe haben sich bereits am Ende des 20. Jahrhunderts für optische Anwendungen fest etabliert. Sie sind leichter als Glas und bieten die Möglichkeit der kostengünstigen Massenproduktion in Spritzgieß- und Prägeprozessen. Komplizierte Formen wie asphärische Flächen sowie die Integration von Halterungselementen lassen sich deutlich einfacher realisieren. Transparente Thermoplaste wie Polycarbonat werden deshalb insbesondere für die Fertigung von komplexen optischen Elementen in den Bereichen Präzisionsoptik, Beleuchtung und Display eingesetzt. Eine Voraussetzung für optische Anwendungen ist dabei die Verfügbarkeit von Antireflex (AR) Beschichtungen zur Entspiegelung der Oberflächen. Daneben ist es wichtig, den weichen Materialien durch dünne Schichten auch eine dauerhaft hohe mechanische Beständigkeit zu verleihen.

Neue hochbrechende Polymere

Poly-Bisphenol-A-Carbonat (PC, Markennamen z.B. Makrolon® und Lexan®) ist lange etabliert und das am häufigsten verwendete transparente Polymermaterial mit relativ hoher Brechzahl. Hochbrechende Materialien werden unter anderem zur Korrektur der chromatischen Aberration in Objektiven benötigt. Im Rahmen eines von der IGF geförderten Forschungsprojektes wurden am IOF einige neuere hochbrechende Polymere im direkten Vergleich mit PC untersucht, um Vorteile herauszustellen und Limitierungen für Vakuumbeschichtung zu ermitteln [1]. Bild 1 gibt einen Überblick über die chemische Zusammensetzung der neueren Polymere im Vergleich zu PC Makrolon®, soweit anhand von Herstellerangaben abschätzbar [2-4]. Beide neueren Materialgruppen, die EP-Polycarbonate der Firma Mitsubishi Engineering-Plastics Corp. (u.a. Iupizeta™ EP-6000 und EP-8000), sowie die OKP-Polyester entwickelt von Osaka Gas Chemicals (u.a. OKP-1, OKP-4) enthalten im Gegensatz zu PC auch Diphenyl-Fluoren-Gruppen.

Abb. 2: Dispersion der untersuchten Polymere (Brechzahl in Abhängigkeit von der Wellenlänge)Abb. 2: Dispersion der untersuchten Polymere (Brechzahl in Abhängigkeit von der Wellenlänge)

Eigenschaften

LED2245

EP-6000

EP-8000

OKP-1

OKP-4

Brechzahl bei 500 nm

1,59

1,65

1,68

1,65

1,62

Abbezahl νd

31

25

21

25

29

UV-Absorptionskante [nm]

316

339

385

383

337

Bleistifthärte

4B

HB

HB

B

B

Wassergehalt 24h, DIN EN ISO 62

0,25%

0,24%

0,16%

0,26%

0,30%

Wassergehalt, Maximum

0,42%

0,56%

0,43%

0,60%

0,75%

Statischer Kontaktwinkel H2O

80°

73°

74°

80°

74°

Einige Eigenschaften der Polymere, die im Rahmen der vergleichenden Untersuchungen ermittelt wurden, sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Die Polymere der EP-Reihe sowie der OKP-Reihe bieten teilweise höhere Brechzahlen als Makrolon (s. Abb. 2). Hervorzuheben ist die höhere Härte, insbesondere der EPs. Als nachteilig erwies sich eine geringere Beständigkeit der optischen Eigenschaften bei UV-Bestrahlung [9].

Entspiegelung und Härtung mit AR-hard®

Ein wesentlicher Teil des Projektes war die Untersuchung und Bewertung des Verhaltens der Polymere in Plasma-Beschichtungsprozessen. Das Vermögen, Oxide fest an die Polymeroberflächen anzubinden, ist entscheidend für die Herstellung stabiler optischer Schichten. Ein geeignetes Verfahren zur Schichtherstellung bei niedrigen Substrattemperaturen ist das Plasma-Ionengestützte Bedampfen (Plasma-IAD) [5]. Die Versuche wurden in einer Anlage APS 904 (Bühler Leybold-Optics) durchgeführt. Die schichtbildenden Oxidmaterialien werden mit Hilfe eines Elektronenstrahls verdampft und kondensieren auf den auf der rotierenden Kalotte befestigten Polymersubstraten. Ein Beschuss der aufwachsenden Schicht mit Argon- Ionen aus einer Plasma- Ionenquelle bewirkt dabei eine Schichtverdichtung und die Einstellung definierter mechanischer und optischer Eigenschaften. Eine Plasmabehandlung vor dem Aufdampfen kann die Oberflächen aktivieren, so dass Schichtmaterialien besser anbinden. Jedoch können auch Substratschädigungen ausgelöst werden, die später eine haftfeste Beschichtung behindern [6]. Bild 3 zeigt die nach verschiedenen Plasmabehandlungen gemessenen Kontaktwinkel, die ein Maß für die Hydrophilierung der Oberflächen sind.

Abb. 3: Kontaktwinkel vor und nach Plasmaaktivierungen mittels APS-Ionenquelle (80V Bias, 2*10-4 mbar Druck). Die Kontaktwinkel wurden innerhalb von 20 Minuten nach Belüftung der Anlage gemessenAbb. 3: Kontaktwinkel vor und nach Plasmaaktivierungen mittels APS-Ionenquelle (80V Bias, 2*10-4 mbar Druck). Die Kontaktwinkel wurden innerhalb von 20 Minuten nach Belüftung der Anlage gemessen

Das vom Fraunhofer IOF entwickelte Designprinzip AR-hard® bildet die Grundlage für die gleichzeitige Realisierung von Oberflächenhärtung und Entspiegelung von Kunststoffen [7]. Ein solches Schichtsystem mit einer Gesamtdicke von 1.2 µm wurde zur breitbandigen Entspiegelung im sichtbaren Spektralbereich an den Brechzahlbereich der hochbrechenden Polymere angepasst (Bild 4). Weiterhin wurden die Bedingungen für eine Plasmaaktivierung der Polymeroberflächen untersucht und die Parameter für eine Plasma-Vorbehandlung auf die minimal notwendige Zeit und Energie festgelegt.

Abb. 4: Reflexion der mit AR-hard® entspiegelten hochbrechenden Polymere im Vergleich zum unbeschichteten PC (alle Spektren ohne Rückseitenreflex)Abb. 4: Reflexion der mit AR-hard® entspiegelten hochbrechenden Polymere im Vergleich zum unbeschichteten PC (alle Spektren ohne Rückseitenreflex)

Auf den EP-Polymeren sowie auf OKP-1 konnte mit den auch für PC optimalen Systemen und Abscheideparametern eine ausgezeichnete Schichthaftung erreicht werden [8]. Auf OKP-4 variierten die Haftungsergebnisse zwischen sehr gut und mittelmäßig. Durch die AR-hard®-Beschichtung konnte die Reflexion im sichtbaren Spektralbereich von 5% auf weniger als 0.5% abgesenkt und gleichzeitig die Abriebbeständigkeit der Oberflächen erhöht werden [9].

Über dieses und weitere Projekte der Industriellen Gemeinschaftsforschung können Sie sich auf der V2021 vom 12. – 14. Oktober 2021 in Dresden näher informieren. Die etablierte Tagung mit begleitender Industrieausstellung rund um das Thema Oberflächentechnologien und deren Anwendungen präsentiert unter anderem den Workshop „Funktionelle optische Schichten und Schichtsysteme“ sowie weitere Veranstaltungen zur Vakuumtechnik, Digitalisierung, Oberflächentechnik in der Praxis uvm. Gleich informieren und anmelden unter www.efds.org/die-v/. Hier kommen Sie mit den passenden Experten der Branche in Kontakt und können sich in der umfangreichen Industrieausstellung über Angebote zum Thema informieren.

 

Danksagung

Das IGF-Projekt 20663 BR der Europäischen Forschungsgesellschaft Dünne Schichten e.V. (EFDS) wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) gefördert. Wir bedanken uns bei der EFDS für die freundliche Unterstützung der Projektarbeit. Besonderer Dank gilt Tina Seifert und Caroline Hahmann, die im Rahmen ihrer Studienarbeiten wesentlich zu den vorgestellten Ergebnissen beigetragen haben. Die Verantwortung für den Inhalt liegt bei den Autoren.

Literatur

[1] IGF Forschungsvorhaben »Beschichtung neuartiger Polymere für optische Anwendungen« (Polymere2020); https://www.iof.fraunhofer.de/de/geschaeftsfelder/funktionale-oberflaechen-und-schichten/kunststoffoptiken/polymere-2020.html

[2] Manufacturer Information Makrolon, https://solutions.covestro.com/en

[3] Manufacturer Information EP, https://www.mgc.co.jp/eng/products/kc/iupizeta_ep.html

[4] Manufacturer Information OKP, https://www.ogc.co.jp/e/products/fluorene/okp.html

[5] S. Pongratz; A. Zöller: Plasma ion assisted deposition: A promising technique for optical coatings, J. Vac. Sci. Technol. A 10 (4), 1992, 1897–1904

[6] U. Schulz: Review of modern techniques to generate antireflective properties on thermoplastic polymers, Appl. Opt. 45, 2006, 1608–1618

[7] U. Schulz; U.B. Schallenberg; N. Kaiser: Antireflective coating design for plastic optics, Appl. Opt. 41, 2002, 3107–3110

[8] T. Seifert, Masterarbeit, Ernst-Abbe-Hochschule Jena, Januar 2021

[9] U. Schulz et.al.: Coating-relevant properties of high-index optical polymers for automotive applications, Applied Optics 60 (20),2021, 1559

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 8
  • Jahr: 2021
  • Autoren: U. Schulz, F. Rickelt, N. Gratzke Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik, Jena

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