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Montag, 04 Oktober 2021 11:59

8 Fragen an… Ulrich Flatken

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Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten
Ulrich Flatken - Vorstandsvorsitzender des Industrie-verbandes Blechumformung (IBU) Ulrich Flatken - Vorstandsvorsitzender des Industrie-verbandes Blechumformung (IBU)

Ulrich Flatken ist Vorstandsvorsitzender des Industrie-verbandes Blechumformung (IBU) und Vizepräsident des Wirtschaftsverbands für Stahl und Metallwaren (WSM).

Interview: Heinz Käsinger

In Ihrer Funktion sind Sie der Politik sehr nahe. Wie nahe ist die Politik dem Mittelstand?

Gefühlt gigantisch weit weg, gerade die Berliner Politiker. Die Politik berücksichtigt den Mittelstand kaum. Er ist zwar ein Thema, aber das sind eher Lippenbekenntnisse. Kleine Unternehmen haben eine zu geringe mediale Aufmerksamkeit. Dabei stellt der Mittelstand den Großteil der Arbeitsplätze in Deutschland.

»Die Politik berücksichtigt den Mittelstand kaum«

Die Politik denkt in diesem Bereich zu kurz?

Sie denkt Themen öfters nicht zu Ende. Bestes Beispiel ist das Homeoffice. Persönlich bin ich ein Freund von flexiblen Arbeitsmodellen – wenn sie realisierbar sind. Fehlt ein leistungsfähiges Internet, wie vielerorts auf dem Land, wird die Umsetzung schwierig.

Nach der Pandemie herrscht jetzt der Mangel.

Die Politik schützt beispielsweise unsere Stahlindustrie. Entscheidend ist nun, dass dieser geschützte Industriebereich seiner Pflicht nachkommt, die aus dem Schutz erfolgt: eine Marktversorgung zu akzeptablen Preisen. Das fehlt – wir erleben eine dramatische Versorgungssituation und Höchstpreise.

Welche gravierenden Folgen hat der Stahlmangel für Unternehmen?

Die Vorfinanzierung ist bald doppelt so hoch wie normal, bei der Warenkreditversicherung werden die Limits überschritten. Die negativen Begleiteffekte sind enorm. Und es sind weitere Preissteigerungen absehbar, wenn die vielerorts üblichen Halbjahresverträge mit Stahllieferanten jetzt auslaufen. Wir werden mit Insolvenzen als Folge des Stahlpreises rechnen müssen.

Im Rahmen des EU Green Deals sind Handelsbarrieren z. B. als Ausgleichszölle geplant.

Unsere typisch deutschen Denkansätze – wir müssen besser, schneller, weiter sein – sind problematisch. Hohe Energiekosten, strenge Klimaziele, weitreichende soziale und ethische Fragestellungen, massive Steuerbelastungen – all das gefährdet unsere Wettbewerbsfähigkeit.

 »Der Mittelstand muss vor allem flexibel bleiben«

Hat der Mittelstand überhaupt genügend Substanz und Zeit, um alle Herausforderungen auch anzunehmen?

Für den Mittelstand ist es entscheidend, offen zu sein für Kooperation und Austausch, mit veränderten Rahmenbedingungen umzugehen, Problemlösungen anzudenken und technologische Lösungen anzubieten. Ein Vorteil ist seine höhere Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Der Mittelstand ist ideenreich, hat schlankere Strukturen, alle Mitarbeiter dürfen mitdenken – das ist klar ein Asset.

Werden alle mittelständischen Unternehmen den Wandel bewältigen?

Wahrscheinlich nicht jedes, aber das gilt auch für Konzerne. Es ist auch eine Frage des Produktes, der generellen Unternehmensausrichtung etc. – Unternehmen mit wenig Alleinstellungsmerkmalen haben es schwerer.

Blick in die Glaskugel: Auto verliert – Nischenmärkte gewinnen … Ist das die Zukunft?

Die Frage ist nicht generell zu beantworten. „Individuelle Mobilität“ heißt das Thema der Zukunft. Wir müssen alle Bedürfnisse sehen, nicht nur die der urbanen Bevölkerung. Ähnlich wie beim Homeoffice hat das kleine Dorf im Sauerland andere Anforderungen.

 

ZUR PERSON

Ulrich Flatken ist Vorstandsvorsitzender des Industrie-verbandes Blechumformung (IBU) und Vizepräsident des Wirtschaftsverbands für Stahl und Metallwaren (WSM). In beiden Funktionen setzt er sich in der Politik für den Mittelstand ein.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 9
  • Jahr: 2021
  • Autoren: Heinz Käsinger

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