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Donnerstag, 07 Juli 2022 12:00

Das Explosionsschutzdokument

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Geschätzte Lesezeit: 4 - 8 Minuten
Die Sonne bringt es an den Tag: Staubschwaden in einem Metall-verarbeitenden Betrieb ( Foto: jovo / StockAdobe.com) Die Sonne bringt es an den Tag: Staubschwaden in einem Metall-verarbeitenden Betrieb ( Foto: jovo / StockAdobe.com)

Gemäß Gefahrstoffverordnung müssen Betriebe, in denen Sicherheitsrisiken durch gefährliche explosionsfähige Gemische entstehen können, Explosionsschutzdokumente anfertigen. Betroffen von dieser gesetzlichen Verpflichtung ist nahezu jede Galvanik.

Natürlich geht es in diesem Fall darum, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu garantieren und die Umwelt vor Schäden zu bewahren. Das Explosionsschutzdokument stellt eine Gefährdungsbeurteilung dar, die entweder der Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte, fachkundige Person durchführt und dokumentiert. So will es der § 5 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG).

Gesetze definieren Begriffe

Auch die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sieht ein Explosionsschutzdokument vor. Allerdings ist es sinnvoll, zunächst zu prüfen, ob dies überhaupt erforderlich ist. Deshalb wird praktischerweise zunächst ermittelt, ob Stoffe, Gemische und Erzeugnisse auf Grund ihrer Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz entstehen, vorhanden sind oder verwendet werden, explosionsfähige Gemische bilden können. Diese Vorgabe gilt bei atmosphärischen Bedingungen, zwischen einer Temperatur von minus 20 °C und plus 60 °C, einem Luftdruck zwischen 0,8 bar und 1,1 bar und einem Sauerstoffanteil in der Luft von rund 21 %.

Diese Gefährdungsanalyse ist unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten zu erstellen

Diese Gefährdungsanalyse ist unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten zu erstellen, und zwar erstmals vor Aufnahme der vorgesehenen Tätigkeiten. Ergibt sich dabei, dass Beschäftigte oder Dritte durch Entstehen oder Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Gemische gefährdet werden, muss ein Explosionsschutzdokument erstellt werden.

Was aber ist überhaupt ein explosionsfähiges Gemisch? Die Definition dazu liefert der § 2 Abs. 10 der Gefahrstoffverordnung. Der Paragraph sagt: „Ein explosionsfähiges Gemisch ist ein Gemisch aus brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder aufgewirbelten Stäuben und Luft oder einem anderen Oxidationsmittel, das nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagiert, sodass im Allgemeinen ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird.“ Der Absatz 12 desselben Paragraphen aus der GefStoffV ergänzt: „Ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch ist ein explosionsfähiges Gemisch, das in solcher Menge auftritt, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten oder anderer Personen erforderlich werden.“

Funktionierende, gut arbeitende Abluftanlagen sorgen für Explosionssicherheit (Foto: Alexandr Ivasenko /StockAdobe.com)Funktionierende, gut arbeitende Abluftanlagen sorgen für Explosionssicherheit (Foto: Alexandr Ivasenko /StockAdobe.com)Für das Explosionsschutzdokument gibt keine verbindliche, durch Gesetzesvorgaben definierte Form. Jedoch hat sich ein Aufbau herausgebildet, der in der früheren Ex-Richtlinie BGR 104 festgeschrieben war und die jetzt DGUV Regel 113-001 heißt:

1. Angabe des Betriebes/Betriebsteils/Arbeitsbereichs

2. Die Namen der verantwortlichen Personen für den Betrieb/Betriebsteil/Arbeitsbereich, Erstellungsdatum und Anhänge

3. Kurzbeschreibung der baulichen und geografischen Gegebenheiten (z. B. Lageplan, Gebäudeplan, Aufstellungsplan, Gebäude- bzw. Anlagenlüftung)

4. Eine Anlagen-/Verfahrens-/Tätigkeitsbeschreibung

5. Die eingesetzten oder entstehenden Stoffe mit den sicherheitstechnischen Kenngrößen zur Beurteilung der Explosionsgefahr (Achtung: Bei nicht atmosphärischen Bedingungen können die Kenngrößen abweichen und müssen ggf. neu ermittelt werden!) sowie die eingesetzten Mengen und der Verarbeitungszustand der Stoffe

• Brennbare Flüssigkeiten und Gase z. B.:

  • Flammpunkt brennbarer Flüssigkeiten
  • Untere und obere Explosionsgrenze
  • Dichteverhältnis zu Luft
  • Zündtemperatur (Temperaturklasse)
  • Explosionsgruppe
  • Sauerstoffgrenzkonzentration
  • Dampfdruck brennbarer Flüssigkeiten

• Brennbare Stäube z. B.:

  • Korngrößenverteilung (Medianwert)
  • Untere Explosionsgrenze
  • Mindestzündenergie
  • Maximaler Explosionsdruck
  • KSt-Wert
  • Mindestzündtemperatur einer Staubwolke
  • Mindestzündtemperatur einer Staubschicht (bei 5 mm Staubschicht – Glimmtemperatur)
  • Sauerstoffgrenzkonzentration

6. Beurteilung der Gefährdung

  • Können im Bereich der zu beurteilenden Anlage oder im Inneren von Apparaturen explosionsfähige Gemische auftreten?
  • Sind die zu erwartenden Mengen explosionsfähiger Gemische aufgrund der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse gefahrdrohend?

7. Explosionsschutzmaßnahmen und -konzept

  • Maßnahmen, welche eine Bildung gefährlicher explosionsfähiger Gemische verhindern oder einschränken (Vermeiden explosionsfähiger Gemische nach TRGS 722) sowie Zoneneinteilung (Festlegung von Bereichen, innerhalb derer das Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Atmosphären nicht sicher ausgeschlossen ist)
  • Maßnahmen, die eine Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Gemische vermeiden (TRGS 723)
  • Konstruktive Maßnahmen, welche die Auswirkungen einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken (TRGS 724)
  • Organisatorische Maßnahmen (z. B. Unterweisung, Arbeitsfreigabe, Koordination, Prüfungen, Kontrollgänge, Reinigung, usw. – diese nur als Ergänzung zu den technischen Maßnahmen)

Oftmals werden dem Explosionsschutzdokument Anhänge oder Anlagen beigefügt, die jedoch räumlich vom eigentlichen Dokument getrennt aufbewahrt werden, beispielsweise im Computer oder auf einem externen Speichermedium. In so einem Fall genügt ein Verweis auf den tatsächlichen Fundort dieser Beilagen.

Fachkunde der Verantwortlichen

Weiterhin schreibt das Gesetz vor, dass eine Gefährdungsbeurteilung im Sinne eines Explosionsschutzdokuments nur von einer fachkundigen Person durchgeführt werden darf. Darüber hinaus findet sich in der entsprechenden Rechtsgrundlage der Hinweis, dass Betreiber bzw. Unternehmer, die dieses Wissen nicht haben oder sich die Erstellung nicht zutrauen, sich fachkundig beraten lassen müssen. In der Praxis bedeutet das, dass sich beispielsweise der Besitzer eines galvanischen Betriebs die Dienste eines externen Experten holen muss oder aber sich selbst oder einem Mitarbeiter die entsprechenden Fähigkeiten durch geeignete Fortbildungsmaßnahmen zukommen lassen muss.

Die Gefährdungsbeurteilung bezüglich Explosionsschutz und damit auch das Explosionsschutzdokument müssen regelmäßig überprüft werden. Eine gesetzliche Definition, was „regelmäßig“ ist, ist jedoch nicht festgelegt. Sicher ist: Ändern sich Produktionsprozesse, Stoffe oder Anlagen und Anlageteile häufig, ist eine jährliche, bei seltenen Änderungen die zweijährige Prüfung der Umstände empfohlen. Diese muss schriftlich unter Angabe des Datums dokumentiert werden.

Eine Aktualisierung ist immer dann gefordert, wenn

  • Veränderungen der Arbeitsbedingungen einschließlich der Änderung von Arbeitsmitteln, der Anlage oder der eingesetzten oder entstehenden Stoffe sicherheitsrelevant sind
  • Änderungen einer Anlage oder eines Arbeitsplatzes im explosionsgefährdeten Bereich Auswirkungen auf das Explosionsschutzkonzept haben
  • neue Informationen, insbesondere Erkenntnisse aus dem Unfallgeschehen vorliegen oder
  • die Prüfung von Eignung und Funktion der Schutzmaßnahmen ergeben hat, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen nicht wirksam oder nicht ausreichend sind.

Ob und inwieweit der Explosionsschutz in den vorher genannten Fällen eine Rolle spielt, muss die Unternehmensleitung gegebenenfalls unter Hinzuziehung einer fachkundigen Person beurteilen, so will es die DGUV Information 213–106.

Fazit:

Aus einem Explosionsschutzdokument könnte ein Explosionsschutzkonzept hervorgehen. Dieses sollte dokumentieren, wie sich das Unternehmen oder dessen Leitung die Vermeidung von Explosionen und damit ihrer Auswirkungen vorstellt, bzw. welche Maßnahmen und Vorkehrungen getroffen sind. Ein Beispiel dazu wäre, betroffene Bereiche in sogenannte „Ex-Zonen“ einzuteilen.

 

Gesetzliched Grundlage

Hier werden die Paragraphen aus jenen Gesetzen aufgelistet, auf die der Text bzw. Textstellen im Hauptaufsatz sich beziehen. Die Grundlagen sind deshalb nicht abschließend genannt, was den Rahmen dieses Infokastens sprengen würde.

Arbeitsschutzgesetz

§ 5

(I) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.

...

(III) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch

  1. die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes
  2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen
  3. die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit
  4. die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken
  5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten
  6. psychische Belastungen bei der Arbeit.

Gefahrstoffverordnung

§ 2

(I) Gefahrstoffe im Sinne dieser Verordnung sind

  1. gefährliche Stoffe und Gemische nach § 3
  2. Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind
  3. Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe nach Nummer 1 oder Nummer 2 entstehen oder freigesetzt werden
  4. Stoffe und Gemische, die die Kriterien nach den Nummern 1 bis 3 nicht erfüllen, aber auf Grund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können
  5. alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert zugewiesen worden ist.

...

(X) Ein explosionsfähiges Gemisch ist ein Gemisch aus brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder aufgewirbelten Stäuben und Luft oder einem anderen Oxidationsmittel, das nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagiert, sodass im Allgemeinen ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird.

...

(XVI) Fachkundig ist, wer zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Die Anforderungen an die Fachkunde sind abhängig von der jeweiligen Art der Aufgabe. Zu den Anforderungen zählen eine entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit sowie die Teilnahme an spezifischen Fortbildungsmaßnahmen.

...

(XVII) Sachkundig ist, wer seine bestehende Fachkunde durch Teilnahme an einem behördlich anerkannten Sachkundelehrgang erweitert hat. In Abhängigkeit vom Aufgabengebiet kann es zum Erwerb der Sachkunde auch erforderlich sein, den Lehrgang mit einer erfolgreichen Prüfung abzuschließen. Sachkundig ist ferner, wer über eine von der zuständigen Behörde als gleichwertig anerkannte oder in dieser Verordnung als gleichwertig bestimmte Qualifikation verfügt.

§ 6

(I) Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung als Bestandteil der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber festzustellen, ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben oder ob bei Tätigkeiten Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden können. Ist dies der Fall, so hat er alle hiervon ausgehenden Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten unter folgenden Gesichtspunkten zu beurteilen:

  1. gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Gemische, einschließlich ihrer physikalisch-chemischen Wirkungen
  2. Informationen des Lieferanten zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt
  3. Art und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege; dabei sind die Ergebnisse der Messungen und Ermittlungen nach § 7 Absatz 8 zu berücksichtigen
  4. Möglichkeiten einer Substitution
  5. Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge
  6. Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte
  7. Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen
  8. Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.

(XI) Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Fachkundig können insbesondere die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt sein.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 6
  • Jahr: 2022
  • Autoren: Heinz Käsinger

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