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Dienstag, 09 August 2022 12:00

„Wärmstes Jahrzehnt seit 20.000 Jahren“

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Foto: Berliner Energietage Foto: Berliner Energietage

Auf den Berliner Energietagen – der Leitveranstaltung für Energiewende und Klimaschutz in Deutschland – wurde über Strategien der Energiewende diskutiert. Zugleich ging ein Appell für entschiedenen Klimaschutz von dem Großkongress aus.

Die Berliner Energietage 2022 wurden als hybrider Großkongress Anfang Mai von Jürgen Pöschk, Initiator und Hauptveranstalter der Energietage, eröffnet. Er appellierte in seiner Eröffnungsrede für einen ehrlichen und verantwortungsvollen Diskurs in Zusammenhang mit der aktuellen Energiekrise. „Wir sollten uns nicht von alten ideologischen Leitplanken eingrenzen lassen. Gesinnungsethische Ansätze, die darauf abzielen, seinen ethischen und ideologischen Grundsätzen treu zu bleiben, sind in der aktuellen Krise unbrauchbar“, so Pöschk. Die Dringlichkeit für die Erreichung der Klimaneutralität unterstrich auch der Klimawissenschaftler Prof. Stefan Rahmstorf vom PIK (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung e.V.) in seinem anschließenden Überblick über den aktuellen Stand der Klimawissenschaften.

Höchste CO2-Konzentration gemessen

Derzeit sei die höchste CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit 3 Mio. Jahren, wahrscheinlich sogar seit 15 Mio. Jahren zu beobachten. Außerdem sei das vergangene Jahrzehnt höchstwahrscheinlich das wärmste seit mindestens 20.000 Jahren, so Rahmstorf. Dabei unterstrich der Klimawissenschaftler aber auch: „Aus physikalischer Sicht lässt sich die 1,5 Grad-Grenze noch halten.“

Das Forum Urbane Infrastrukturen 2022

Wie wird Berlin CO2-neutral? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Forums Urbane Infrastrukturen. Die digitale Veranstaltung bot den Teilnehmenden neben drei Best Practice Cases der Energiewende eine Keynote von Stephan Schwarz, Senator für Wirtschaft, Energie und Betriebe des Landes Berlin, und eine Paneldiskussion unter Beteiligung von Daniel-Jan Girl, Präsident der IHK Berlin, Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der dena, Snezana Michaelis, Mitglied des Vorstandes der Gewobag, und Dr. Tanja Wielgoß, Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wärme Berlin AG.

Mut und Zusammenarbeit bei Transformation gefordert

Thematisch wurde ein weiter Bogen gespannt, von Energieeinsparpotenzialen, über die Bedeutung von Innovationen bis hin zur Zukunft des Stadtwärmenetzes. Senator Schwarz betonte: „Der Ausbau der erneuerbaren Energien heißt mehr Sicherheit und auch mehr Unabhängigkeit.“ Auch die Auswirkungen des Angriffs auf die Ukraine wurden diskutiert. Auf die Frage, was passieren würde, wenn Russland den Gashahn zudreht, antwortete Dr. Tanja Wielgoß: „Wenn Deutschland vom Gas abgeschaltet wird, dann schaltet der Notfallplan. Wir fühlen uns gerüstet, dieses Netz aufrecht zu erhalten.“ Snezana Michaelis forderte die Echtzeitverfügbarkeit von Daten des Energieverhaltens von Bewohnern. Die Bürger sollen zu Akteuren des Klimaschutzes werden. Daniel-Jan Girl forderte mehr Mut und Zusammenarbeit bei der Energietransformation: „Berlin muss Chancenstadt werden.“

Energieeffizienz-Förderung für Unternehmen reboundresistent gestalten

Während die Energieproduktivität in Deutschland seit 1990 um über 60 % gestiegen ist, stagniert der Energieverbrauch im selben Zeitraum. Grund dafür ist u. a. der Rebound-Effekt – mit steigender Effizienz wird der Einsatz von Energie attraktiver und es kommt zu einer Mehrnachfrage. In diesem Sinne sind Steigerungen der Energieeffizienz nicht notwendigerweise ökologisch wirksam. Das Forschungsprojekt „ReInCent“ hat Rebound-Effekte in Unternehmen untersucht und Förderinstrumente erarbeitet. Durch Aufklärung und Sensibilisierung der Mitarbeiter können gesetzte Ziele, die ständig zu überprüfen sind, erreicht werden und der Klimaschutz durch Energieeinsparung erfolgreich umgesetzt werden.

Mineralölbranche im Wandel Richtung netto null CO2

„Wirtschaftsstandort Deutschland – Auf dem Weg zu netto Null CO2-Emissionen. Welche Beiträge leistet die Mineralölbranche?“ So lautete der Titel der Veranstaltung des en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie. Mehr als 100 Teilnehmer waren im Saal anwesend oder online zugeschaltet. En2x-Hauptgeschäftsführer Adrian Willig wies in seiner Keynote auf den Spagat der Branche zwischen aktueller Bewältigung der Ukrainekrise und dem von der Branche unterstützten Ziel der Klimaneutralität hin.

Thomas Behrends von der TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland und Detlev Wösten vom Spezialraffinerieunternehmen H&R erläuterten die technologischen Fortschritte anhand praktischer Beispiele in Leuna und Hamburg.

Es folgte eine Diskussionsrunde mit Volker Ebeling vom Hamburger Energieunternehmen Mabanaft, Melanie Form von der aireg – Aviation Initiative for Renewable Energy in Germany, Johannes Daum von der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie sowie dem SPD-Bundestagsabgeordneten Bernd Westphal. Dabei wurde deutlich: Die bisherige Mineralölbranche kann Schlüsselbeiträge zum Erreichen der Klimaziele leisten. Dabei setzen die Unternehmen auf unterschiedliche Lösungen, zu denen erneuerbarer Strom, CO2-neutraler Wasserstoff und alternative Kraftstoffe zählen. Für den Hochlauf der neuen Produkte sind allerdings investitionsfreundliche Rahmenbedingungen, schnellere Genehmigungsverfahren und bezahlbare Strompreise nötig.

Im Zwielicht von Energiekrise und Energiewende

Ein disruptiver Ansatz ließ die mehr als 200 digitalen und persönlichen Gäste der von ASUE und DVGW veranstalteten Session auf den 2022er Energietagen aufhorchen. Unter dem Titel „Erfolgreich nur im Team: Grüne Gase und Grüner Strom“ begann diese mit einer Keynote von Prof. Kai A. Konrad (Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen). Seine überraschende These, Erdöl und Erdgas weiter zu fördern, dabei aber dauerhaft stofflich zu nutzen, um keine CO2-Emissionen zu erzeugen und dabei die Kosten für die fossilen Rohstoffe bis ins Unwirtschaftliche steigen zu lassen, stieß auf ein geteiltes Echo. Einerseits wurde den energiewirtschaftlich aktiven Teilnehmern ein für das Klima überaus gefährlicher „Rush-to-burn“ von verbilligten Energieträgern vor Auge geführt, anderseits fühlten sich Vertreter der erneuerbaren Energien von der klassischen Öl- und Gasindustrie vorgeführt.

300 TWh grüne Gase sind möglich

Die Diskutanten waren sich anschließend unter der Moderation von energate-Redakteur Heiko Lohmann aber darin einig, dass insbesondere mit grünem Strom betriebene pyrolytische Verfahren ein großes Potenzial zur zukünftigen, klimaneutralen Energie- und Rohstoffversorgung besäßen. Dass der Bedarf an entsprechenden Produkten vorhanden sei, bestätigte Markus Staudt (BDH) mit seiner Antwort auf die Frage, ob Wasserstoff denn auch im Wärmemarkt zu finden sein werde: „Aber sicher!“. Dr. Volker Bartsch (DVGW) ergänzte final mit Blick auf die Ukraine: „Deutschland kann 300 TWh grüne Gase bereitstellen – mit überschaubaren Mitteln!“.

Jährliches Update zum Thema Energiewende

Auf dem Kongress wurde deutlich, dass es nun dringender denn je ist, die Energiewende voranzubringen. Viele Ideen und Projekte wurden vorgestellt, nun muss es an die Umsetzung gehen. Für die Dekarbonisierung des deutschen Energiesystems ist die Integration der fluktuierenden erneuerbaren Energien in das Gesamtsystem eine Herausforderung. Dabei wird die Flexibilisierung der Nachfrage in Industrie und Gewerbe eine entscheidende Rolle spielen. Dazu müssen Energieversorgungsunternehmen und Netzbetreiber ihre Daten permanent austauschen und neue Geschäftsmodelle erstellt werden. Bisher fehlen Anreize für netzdienliche Flexibilisierungsmaßnahmen.

Mit der Agriphotovoltaik werden die Agrarflächen doppelt genutzt: für die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion und die Erzeugung von Strom. Dafür muss noch mehr Akzeptanz bei Landwirten und der Bevölkerung geschaffen werden. Außerdem ist die naturschutzrechtliche Einordnung einheitlich zu regeln. Das Fraunhofer ISE gibt für die Agri-PV ein immenses Potenzial an. Theoretisch kann auf 4 % der deutschen Agrarflächen der heutige Strombedarf Deutschlands gedeckt werden.

Klimaschutz und die Steigerung der Energieeffizienz können zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Viele Energieeffizienzmaßnahmen werden gefördert. Die Förderinstrumente sollen aber an Erfolge geknüpft werden.

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