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Donnerstag, 06 Oktober 2022 12:00

Rohstoffe aus Abwasser

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Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten
Abwässer sind Rohstoffquellen, die langfristig primäre Ressourcen schonen sollen (Foto: Adope Stock) Abwässer sind Rohstoffquellen, die langfristig primäre Ressourcen schonen sollen (Foto: Adope Stock)

Forschungsprojekt untersucht bioökonomische Wertschöpfung.

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg finanziert das Projekt KoalAplan, das den Funktionsumfang einer Kläranlage um Möglichkeiten zur Rohstoffrückgewinnung aus dem Abwasser erweitert. Das Projekt soll einen positiven Beitrag zur Klimaneutralität leisten, da die erhaltenen Produkte fossile Rohstoffe und energieintensive Verfahren ersetzen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der DVGWForschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, der Technischen Universität Hamburg, der Universität Stuttgart und der Technischen Universität Clausthal arbeiten gemeinsam mit Umwelttechnik Baden-Württemberg (UTBW), der Landesagentur für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz, an einem Projekt zu neuen Prozessen der Abwasserreinigung. Das Projekt KoalAplan hat das Ziel, sowohl Rohstoffe aus Abwässern zurückzugewinnen als auch einen positiven Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten. Das Kürzel KoalAplan steht für „Kommunales Abwasser als Quelle für Ammoniumstickstoff, Wasserstoff und Bioplastik“.

Stickstoff biologisch entfernen

In einer klassischen Kläranlage wird der im Abwasser enthaltene Stickstoff biologisch abgebaut. Mikroorganismen wandeln die Stickstoffverbindungen zu gasförmigem Stickstoff um, der ungenutzt in die Atmosphäre entweicht. Hierfür benötigen die Mikroorganismen organischen Kohlenstoff, der entsprechend nicht mehr als Rohstoff zur Verfügung steht, sondern als CO2und Klärschlamm ausgetragen wird.

„Wir umgehen die biologische Stickstoffentfernung in unserem Projekt und wollen zeigen, dass wir einen Großteil der organischen Fracht aus dem Abwasser rückgewinnen können“, sagt Prof. Dr. Harald Horn, Leiter der DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut und Professor am KIT.

Kläranlagen sollen zukünftig mit Rückgewinnungsanlagen gekoppelt werden (Foto: Adope Stock)Kläranlagen sollen zukünftig mit Rückgewinnungsanlagen gekoppelt werden (Foto: Adope Stock)

Das geplante Verfahrenskonzept besteht aus chemischen, physikalischen und biologischen Prozessschritten. Ein Kernstück des gesamten Prozesses ist der Einsatz von Mikrosieben, um den partikulären organischen Kohlenstoff bereits nach der Vorklärung aus dem Abwasserstrom abzutrennen. Im Hauptstromverfahren wird der Ammoniumstickstoff in der Folge mittels Ionentauscher entfernt und so ein Produkt erzeugt, das als Düngemittel eingesetzt werden kann. Die abfiltrierten Feststoffe sowie der Primärschlamm werden im Nebenstromverfahren – der eigentlichen Bioraffinerie – durch saure Hydrolyse (Dunkelfermentation) zunächst in organische Säuren umgewandelt, dabei entstehen auch Biowasserstoff und CO2. Das Hydrolysat wird anschließend filtriert und mittels mikrobieller Elektrolyse zu Wasserstoff (und wiederum CO2) umgesetzt. Wasserstoff findet vielfältige Anwendung in der chemischen Industrie und gilt als zukünftiger Energieträger.

Erprobung auf Kläranlage der Universität Stuttgart

Die Gasströme aus mikrobieller Elektrolyse und Dunkelfermentation werden in einer Machbarbarkeitsstudie in einem biotechnologischen Prozess für die Produktion wertvoller Chemikalien verwertet, dabei wird auch das enthaltene Kohlenstoffdioxid wieder fixiert.

Die Stoffströme, die u. a. Carbonsäuren enthalten, werden in einem Fermentationsverfahren zu Polyhydroxyalkanoaten (PHA), einem natürlichen Biopolymer, umgesetzt. „Aus Abfallstoffströmen stellen wir das mikrobielle Biopolymer PHA her, ein Ausgangsmaterial für biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien und können damit persistente Kunststoffe aus fossilen Quellen ersetzen“, so Dr.-Ing. Susanne Zibek, Gruppenleiterin Bioprozesstechnik am Fraunhofer IGB.

Die Erprobung des neuen Verfahrenskonzepts erfolgt an der Kläranlage der Universität Stuttgart. Am Standort Büsnau werden innovative Verfahren für die Abwasserbehandlung getestet. Dort musste man sich bereits oft gegen Vorurteile durchsetzen, wurde aber meist mit Erfolg belohnt.

Das Projekt untersucht auch, welche weiteren Auswirkungen die Neuerungen mit sich bringen. „Ob man mit dem Verfahren einen positiven Beitrag für die Umwelt und das Klima erreicht, wird eine detaillierte Ökobilanz zeigen. Mithilfe einer Klima- und Energiebilanz kann das Verfahren dem klassischen Kläranlagenbetrieb gegenübergestellt werden.

Dabei vernetzt das Projekt die Akteure vor Ort und sucht nach regionalen Abnehmern für die erzeugten Produkte. Alle Projektbeteiligten sind von dem Marktpotenzial und der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens überzeugt.

Das Projekt KoalAplan soll das Potenzial zum Recycling in der Abwasserbehandlung aufzeigen. Die projektierte Gewinnung der Produkte Wasserstoff, Bioplastik und Stickstoff-/Phosphordünger kann den derzeitigen Ressourcenverbrauch deutlich reduzieren. Parallel werden energieintensive Verfahren ersetzt und die Emissionen vermindert. Daher wurde das Projekt durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg als wichtiger Teil der Landesstrategie „Nachhaltige Bioökonomie für Baden-Württemberg“ ausgezeichnet.

Mit dieser Strategie unterstützt die Landesregierung den Wandel zu einer auf erneuerbaren und biologischen Ressourcen beruhenden rohstoffeffizienten und kreislauforientierten Wirtschaft. Dies dient dem Schutz natürlicher Lebensgrundlagen und stärkt den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg.

ZUR INFO

Förderung und Projektkoordination

Das Projekt wird gefördert durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft BadenWürttemberg im Rahmen des EFRE-Programms „Bioökonomie – Bioraffinerien zur Gewinnung von Rohstoffen aus Abfall und Abwasser – Bio-Ab-Cycling“. EFRE ist ein europäischer Strukturfonds, der den wirtschaftlichen, territorialen und sozialen Zusammenhalt innerhalb der EU unterstützt.

Projektkoordination und Öffentlichkeitsarbeit erfolgen durch Umwelttechnik BW, die Landesagentur für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz Baden-Württemberg.

Das Fraunhofer IGB ist an allen fünf Bioraffinerie-Projekten beteiligt, die vom Umweltministerium im Rahmen des EFRE-Förderprogramms „Bioökonomie Bio-Ab-Cycling“ gefördert werden. Drei der Projekte werden federführend koordiniert: InBiRa, SmartBioH2-BW und RoKKa.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 9
  • Jahr: 2022
  • Autoren: Heinz Käsinger

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