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Montag, 21 November 2022 10:59

ZVO-Oberflächentage 2022 – Teil 2

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Geschätzte Lesezeit: 6 - 12 Minuten
Der erste Vortragstag in Leipzig war prall gefüllt mit Themen – von Klimaneutralität und Nachhaltigkeit in der Galvanobranche über Anlagentechnik und die Berichte junger Forscher bis zum Unternehmerforum Management meets Oberfläche mit Energieforum (Foto: C. Bäßler) Der erste Vortragstag in Leipzig war prall gefüllt mit Themen – von Klimaneutralität und Nachhaltigkeit in der Galvanobranche über Anlagentechnik und die Berichte junger Forscher bis zum Unternehmerforum Management meets Oberfläche mit Energieforum (Foto: C. Bäßler)

Erster Kongresstag nach der Eröffnung war der 15. September. Jetzt startete das Vortragsprogramm im Congress Center am Rande des Leipziger Messegeländes. Rund 50 der 90 Vorträge wurden an diesem Tag gehalten. Ein großer Block beschäftigte sich dabei mit Klimaneutralität & Energie- und Ressourceneffizienz (lesen Sie hierzu auch unseren Artikel „Der Weg zum klimaneutralen Unternehmen“ auf S. 1457). Eigens wegen der Energieproblematik infolge des Ukrainekriegs hatte der ZVO ein Energieforum initiiert, das den Tag einleitete.

Energieforum

Die hohen Preissteigerungen bei der Energiebeschaffung sind für die energieintensiven Galvanik- und Beschichtungsunternehmen existenzbedrohend. Anke Herzel und Silvia Bauer, bwh-energy GmbH, nannten Ursachen für die hohen Energiepreise. Zu den Preissteigerungen kam es bereits 2021, als in Teilen Europas eine ungewöhnliche Windflaute herrschte und die Einspeisung von Windenergie deutlich geringer ausfiel. Deshalb musste wieder mehr Kohle zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Die Nachfrage an EU-Emissionszertifikaten stieg, was eine weitere Strompreiserhöhung zur Folge hatte. Außerdem liefert Deutschland so viel Strom an Frankreich wie nie zuvor.

Anke Herzel stellte Möglichkeiten des Energieeinkaufes und Alternativen zum Festpreis vor. Zum einen gibt es die Möglichkeit, Energie über den Terminmarkt zu beschaffen. Dabei kann mit festen Preisen über eine feste Laufzeit geplant werden. Es ist auch ein Tranchen-Einkauf zu verschiedenen Zeitpunkten möglich. Allerdings muss mit versteckten Kosten für Risikoaufschläge oder Margen gerechnet werden und es gibt wenig Flexibilität beim Verbrauch. Zum anderen kann Energie über den Spotmarkt beschafft werden, was den Vorteil hat, dass keine versteckten Kosten auftreten, sondern der reine Börsenpreis gezahlt wird. Viele Unternehmen nutzen beide Möglichkeiten, wobei empfohlen wird, 70 % über den Terminmarkt und 30 % über den Spotmarkt einzukaufen.

Die Bundesregierung hat in den letzten Wochen verschiedene Maßnahmepakete zur Entlastung der energieintensiven Unternehmen beschlossen

Die Bundesregierung hat in den letzten Wochen verschiedene Maßnahmepakete zur Entlastung der energieintensiven Unternehmen beschlossen, wie zum Beispiel ein KfW-Kreditprogramm, Bürgschaftsprogramme, Energiekostendämpfungsprogramme und auch die Unterstützung von Energieunternehmen bei bestimmten Liquiditätsengpässen. So wird auch der Kostenanteil bei einer Verdopplung der Energiekosten im Vergleich zu 2021 zwar mit Zuschüssen von 30 bis 70 % gefördert. Die Hürde dafür ist jedoch, dass ein vom Wirtschaftsprüfer geprüfter Abschluss vorliegen muss, was die Unternehmen durchaus 12.000 Euro kosten kann. Weitere geplante Entlastungen sind die Verlängerung und Anpassung des Energiekostendämpfungsprogramms für energieintensive Unternehmen, ein Strompreisdeckel für kleine und mittelständische Unternehmen mit einem Versorgertarif und die Verlängerung des Spitzenausgleichs für produzierendes Gewerbe um ein weiteres Jahr. Die Rednerinnen empfehlen, möglichst viele Energiesparmaßnahmen im Unternehmen aufzudecken und umzusetzen, um Kosten zu sparen. Netzentgelte lassen sich durch atypische Netznutzung oder gezielte Lastspitzenglättung mit Mess- und Steuerungstechnik reduzieren. Auch können Energieaudits helfen, weitere Energieumlagen und -abgaben zu reduzieren oder die Unternehmen davon zu befreien.

Diskussion

In der folgenden regen Diskussion berichteten Unternehmer davon, wie sie Heizungen für Prozesslösungen auf Propangas umgestellt haben; wieder Ölheizungen einsetzen oder Heizungen auch mit Biogas betreiben wollen und aus rechtlichen Gründen nicht können sowie von ihrer Angst, dass Energieversorgungsunternehmen insolvent gehen. Alle müssen die hohen Energiepreise an die Kunden weitergeben, erste Erfahrungen zeigten, dass die Kunden darauf verständnisvoll reagieren.

Lars Baumgürtel, ZINQ GmbH & Co. KG, berichtete vom Besuch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in seinem Unternehmen, bei dem die exorbitanten Energiepreise Thema waren. Dabei wurde ein Brief des ZVO überreicht, in dem an Habeck appelliert wird, diese Situation zu entschärfen und unter anderem auch das Merit-OrderSystem abzuschaffen oder zumindest vorübergehend auszusetzen. Baumgürtel fordert einheitliche Strom- und Gaspreise für die Industrie in Europa. In Deutschland seien die Umweltstandards immer noch besser als in China. Daher sei es auch aus klimapolitischer Sicht besser, die Unternehmen in Deutschland zu unterstützen, damit hier weiter produziert werden könne.

Lars Baumgürtl, ZINQ Technologie GmbH, sprach über eine zirkuläre WirtschaftsweiseLars Baumgürtl, ZINQ Technologie GmbH, sprach über eine zirkuläre Wirtschaftsweise

Das Energieforum zeigte, wie brisant die Energiebeschaffung ist. Komplette Wertschöpfungsketten drohen zusammenzubrechen. Deshalb ruft der ZVO die Galvanikunternehmen auf, Bundestagsabgeordnete oder eben auch den Bundeswirtschaftsminister mit eigenen Brandbriefen anzuschreiben.

Klimaneutralität und Energie- und Ressourceneffizienz

Der Corporate Carbon Footprint (CCF), CO2-Fußabdruck eines Unternehmens, beschreibt alle klimawirksamen Emissionen eines Unternehmens. Mit dem CO2-Fußabdruck kann abgeschätzt werden, wie klimafreundlich das Unternehmen arbeitet. Außerdem können Maßnahmen für einen Klimaschutzplan festgelegt werden.

Anna-Theresa Schmidt von der Dr.- Ing. Max Schlötter GmbH informierte die Zuhörer über Inhalte der KlimabilanzAnna-Theresa Schmidt von der Dr.- Ing. Max Schlötter GmbH informierte die Zuhörer über Inhalte der Klimabilanz

Anna-Theresa Schmidt, Dr.- Ing. Max Schlötter GmbH & Co. KG, erläuterte, wie sie im Unternehmen die Emissionsquellen nach dem Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol), aufgeteilt nach Scope 1, 2 und 3, berechnet hat. Scope 1 beinhaltet alle direkten Emissionen, wie den Fuhrpark; Scope 2 sind indirekte durch zugekaufte Energie. Hierfür empfiehlt sie, die Rechnungen auszuwerten. Die Scope 3-Emissionen sind ebenfalls indirekte Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette anfallen, wie zum Beispiel für die eingesetzten Rohstoffe, die Logistik, Geschäftsreisen, Pendeln der Arbeitnehmer. Diese sind mit etwa 70 Prozent für die Emissionen der größte Posten. In der Diskussion wurde deutlich, dass bisher keine verlässlichen Daten für die Rohstoffe vorhanden sind. Deshalb kann der Footprint noch nicht für alle Produkte des Unternehmens angegeben werden. Jedoch sind die Zulieferer für die Automobilindustrie auf diese Daten angewiesen.

Björn Dingwerth, MacDermid Enthone Industrial Solutions, berichtete von reduzierten Emissionen und damit verbundenen Einsparpotenzialen am Beispiel saurer und alkalischer Zink-Nickel-Prozesse. In die Betrachtung müssen die jeweiligen Vor- und Nachbehandlungen, wie Reinigen, Passivieren und Versiegeln mit Trocknung, eingehen. Das Einsparpotenzial für die beheizten Prozesse ist gerade wegen der gestiegenen Energiekosten erheblich. Deshalb ist der Einsatz angepasster Prozesslösungen, die bei niedrigeren Temperaturen arbeiten, so effizient und ergibt ein signifikantes Einsparpotenzial.

Mit Blick auf die gestiegenen Energiepreise empfiehlt Manfred Hofschneider, Tribicon GmbH Ingenieurgesellschaft für Unternehmensberatung, durch Druckluftmanagement (Beseitigung von Leckagen, verbrauchsgerechte Steuerung), Optimierung der Abschalt- und Zuschaltstrategien, Wärmerückgewinnung oder Dämmung den Energiebedarf zu reduzieren. Mit Kenntnis der Verbräuche können diskontinuierliche Prozesse optimal aufeinander abgestimmt werden, um beispielsweise Verbrauchsspitzen zu vermeiden. Dass nichtbenötigte Beleuchtung, Wärme- oder Kälteanlagen ausgeschaltet werden, versteht sich von selbst. Mit strategischem Energieeinkauf können Kosten reduziert werden. BAFA- oder AGVO-Förderungen helfen, Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs und damit -kosten umzusetzen.

„Eine zirkuläre Wirtschaftsweise hat das Potenzial, die Treibhausgasemissionen um 39 % und den Ressourcenverbrauch um 28 % zu senken. Dennoch sind nur 9 % der Weltwirtschaft im Kreislauf geführt“ zitierte Lars Baumgürtl, ZINQ Technologie GmbH, den Circularity Report von 2022. Mit Footprintdaten auf Produkte, der Ökodesignverordnung oder dem Produktpass wird zum einen die Nachhaltigkeit der Produkte gefördert. Zum anderen beinhalten zirkuläre Geschäftsmodelle, dass Materialkreisläufe geschlossen und Rücknahmegarantien, wie zum Beispiel für feuerverzinkte Leitplanken, gegeben werden. Die zukünftigen Geschäftsmodelle der Oberflächenindustrie einschließlich ihrer Lieferketten und Kunden müssen sich diesen Herausforderungen stellen.

Felix Heinzler, BIA Kunststoff- und Galvanotechnik GmbH & Co. KG, sprach über die Kreislaufwirtschaft durch Nutzung von Rezyklaten bei galvanisierten Kunststoffen. ABS-Kunststoffe sind als Neuware mit biobasiertem Anteil oder rezyklierten Anteilen verfügbar. Kunststoffe mit Rezyklatanteil müssen selbstverständlich die Qualitätsanforderungen erfüllen. Ausschussteile der Kunststoffgalvanisierung in den Stoffkreislauf zurückzuführen, ist schwierig und noch in der Testphase. Eine Prozesskombination aus Schreddern zum Trennen von Kunststoff und Metall sowie der Aufbereitung ermöglicht, beide Fraktionen in den Stoffkreislauf zurückzuführen. Die Metalle werden zur externen Aufbereitung gegeben und die Kunststoffe wieder eingeschmolzen.

Die Nutzung von Rezyklaten bei galvanisierten Kunststoffen war das Thema von Felix Heinzler von der BIA Kunststoff- und Galvanotechnik GmbH & Co. KGDie Nutzung von Rezyklaten bei galvanisierten Kunststoffen war das Thema von Felix Heinzler von der BIA Kunststoff- und Galvanotechnik GmbH & Co. KG

Elke Moosbach (rechts), Moosbach & Kanne GmbH, und Elke Spahn, Gravitech GmbH. Sie sprachen über Klimaneutralität und Nachhaltigkeit als Herausforderungen für kleine und mittelständische UnternehmenElke Moosbach (rechts), Moosbach & Kanne GmbH, und Elke Spahn, Gravitech GmbH. Sie sprachen über Klimaneutralität und Nachhaltigkeit als Herausforderungen für kleine und mittelständische Unternehmen

Klimaneutralität und Nachhaltigkeit sind immense Herausforderungen für kleine und mittelständige Unternehmen, wie die Erfahrungen von Elke Moosbach, Moosbach & Kanne GmbH, und Elke Spahn, Gravitech GmbH, zeigten. Zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks werden nicht nur die galvanotechnischen Prozesse optimiert, sondern auch Fassaden isoliert, PV- und Speicheranlagen installiert sowie Luftwärmetauscher angebracht. Die Digitalisierung spielt eine große Rolle, denn digital erfasste Messwerte lassen sich einfacher auswerten, Prozesse werden so regelmäßig überprüft und auch automatisierbar. Dies wiederum hat zur Folge, dass weniger Prozesschemikalien eingesetzt werden können, damit weniger Abwasser anfällt, weniger Abwasserbehandlungschemikalien gebraucht werden und so der CO2-Fußabdruck reduziert wird. Einen Produktpass für den CO2-Fußabdruck der galvanisierten Produkte zu erstellen, ist erst möglich, wenn die Zulieferfirmen die Daten für die eingekauften Rohstoffe zur Verfügung stellen, was derzeit noch nicht der Fall ist.

Der Energiebedarf für die in galvanischen Unternehmen eingesetzten Gleichrichter kann erheblich reduziert werden, wenn energieeffiziente Gleichrichtersysteme eingesetzt werden. Lukas Büscher, Munk GmbH, stellte Förderprogramme vor, die neben den jährlich eingesparten Energiekosten auch eine einmalige Fördersumme, die sich an den eingesparten Kilowattstunden pro Jahr bemisst, ermöglichen.

Michael Schem, MacDermid Enthone Industrial Solutions – Conventya GmbH, stellte moderne Versiegelungs- und Top-Coat-Systeme unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten vor. Er erinnerte an den sächsischen Oberberghauptmann Carlowitz als Schöpfer des Begriffs „Nachhaltigkeit“, der angesichts einer Holzverknappung bereits 1713 sagte, dass nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung nachwachsen kann. Im Vortrag stellte er verschiedene Korrosionsschutzsysteme vor, die sich hinsichtlich Leistungsfähigkeit, aber auch im Aufwand für Rohstoff- und Energieeinsatz unterscheiden. Die Topcoats sind zwar leistungsfähiger, aber viele Korrosionsschutzsysteme kommen mit einer lufttrocknenden Versiegelung aus. Deshalb sollten die Anforderungsprofile kritisch hinterfragt werden und sich je nach dem für die Versiegelung oder das Top-Coat-System entschieden werden.

Michael Schem, MacDermid Enthone Industrial Solutions – Conventya GmbH, stellte moderne Versiegelungs- und Top-Coat-Systeme vorMichael Schem, MacDermid Enthone Industrial Solutions – Conventya GmbH, stellte moderne Versiegelungs- und Top-Coat-Systeme vor

Werden Zinklamellenbeschichtungenen prozessoptimiert, werden Ressourcen eingespart und so der CO2-Fußabdruck verkleinert. Die Schichtdicke von Zinklamellenbeschichtungen ist signifikant dünner als die der Zinkstaubbeschichtung. Außerdem haben die Schichten eine höhere elektrische Leitfähigkeit und damit einen besseren kathodischen Korrosionsschutz. Tomislav Marić, Atotech GmbH & Co. KG, stellte wasserfreie und -haltige Zinklamellenbeschichtungen vor. Die Einbrenntemperatur für die wasserfreien Systeme ist niedriger, wodurch die Energiekosten niedriger sind. Es wurden neue Additive entwickelt, mit denen die Temperatur weiter gesenkt werden kann. Der Redner appellierte auch dafür, Korrosionsschutzanforderungen zu definieren und die Beschichtungen daran anzupassen.

Funktionsschichten

Durch Einbringung von TiO2-Nanopartikeln in Anodisierschichten können photokatalytische Eigenschaften zur Luftreinigung erzeugt werden, wie Sigrid Benfer, Dechema-Forschungsinstitut, berichtete. Fassadenmaterialien sollen helfen, den NOx-Gehalt in der Luft zu reduzieren. Die TiO2-Partikel wurden mittels Dip-Coating in die Anodisierschichten eingebracht. Die photokatalytische Aktivität durch NOx-Abbau an den modifizierten Schichten wurde mit dem DeNOx-Test nachgewiesen. Werden die Fassaden mit handelsüblichen Produkten gereinigt, bleiben sie korrosionsbeständig, was mit Ruhepotential- und Impedanzmessungen sowie Stromdichte-Potential-Kurven gezeigt wurde.

Gibt es Alternativen zum Festpreis? Diese Frage beantworteten Anke Herzel und Silvia Bauer (im Hintergrund) von der bwh-energy GmbH im Rahmen des EnergieforumsGibt es Alternativen zum Festpreis? Diese Frage beantworteten Anke Herzel und Silvia Bauer (im Hintergrund) von der bwh-energy GmbH im Rahmen des Energieforums

Christoph Kiesl, Forschungsinstitut Edelmetalle und Metallchemie, stellte das Kontakt- und Langzeitverhalten selbstschmierender Beschichtungen in stromtragenden Verbindungen der Elektroenergietechnik vor. Der Einbau ausgewählter Dispersoide in Silber-Schichten konnte für cyanidische Elektrolyte erfolgreich umgesetzt werden. Dabei ist eine kontrollierte Hydrodynamik für den homogenen Einbau sehr wichtig. Ein gutes tribologisches Verhalten zeigten die Schichtsysteme Silber-Graphit, Silber-MoS2 und Silber-WS2. Das System Silber-hBN verbessert die tribologischen Eigenschaften hingegen nicht. Der Einbau der Dispersoide verlangsamt den Härteabfall im Vergleich zu reinen Silberschichten. Die Auslagerung der Dispersionsschichten bei 180 °C/2000 h zeigte, dass Kupfer aus dem Grundmaterial in das jeweilige Silber-Schichtsystem diffundiert, weshalb Sperrschichten wichtig sind. Mögliche Einsatzgebiete sind Freiluft- oder gasisolierte Anlagen und Leitungen der Elektroenergietechnik sowie Steckverbindungen für Ladestecker im Bereich der Elektromobilität.

Das Whiskerwachstum galvanischer Zinnschichten wird durch die Geschwindigkeit der Zinnkorn-Rekristallisation einerseits und die intermetallische Phasenbildung andererseits bestimmt, wie André Egli, riag Oberflächentechnik AG, betonte. Eine effiziente Maßnahme, das Whiskerwachstum zu unterdrücken, ist die Abscheidung einer Nickelschicht vor der Verzinnung.

In den Pausen drängten sich die Teilnehmer in den Gängen und besuchten die Stände der begleitenden FachausstellungIn den Pausen drängten sich die Teilnehmer in den Gängen und besuchten die Stände der begleitenden Fachausstellung

Heidi Willing, Forschungsinstitut Edelmetalle und Metallchemie, stellte die Prozessentwicklung für Aluminium als Werkstoff für Leiter und Steckverbinder in der Automobilelektronik unter Einsatz angepasster Zinnlegierungsschichten vor. Aluminiumlegierungen sind leichter und preiswerter als Kupferlegierungen, weshalb sie in der Automobilelektronik eingesetzt werden sollen. Dafür muss jedoch die Oberflächenbehandlung angepasst werden. Die Aluminiumvorbehandlung mit Zinkatverfahren umfasst mehrere Prozessstufen, was zeitintensiv ist. Auf höherlegierte Aluminiumwerkstoffe lassen sich prinzipiell Zinnlegierungsschichten haftfest aufbringen.

Zuhörer bei einem der Vorträge. Das Interesse war groß – die Fülle an unterschiedlichen Themen ebensoZuhörer bei einem der Vorträge. Das Interesse war groß – die Fülle an unterschiedlichen Themen ebensoDie Suche nach Alternativen zu chrom(VI)-haltigen Beschichtungen aus der Sicht eines großen Automobilzulieferers beschrieb Martina Bubrin, Robert Bosch Manufacturing Solutions GmbH. Verschiedene Lösungsansätze, wie galvanische NiW-Abscheidung oder Wolframcarbid in einer Metallmatrix, mittels Thermischen Spritzens im HVOF-Verfahren appliziert, wurden als Cr(VI)-Alternativen untersucht. Auch die Alternativen von CrN und DLC mit PVD sowie CrN und Impact Layer mittels PVD konnten im Bereich der Diesel- und Benzineinspritzsysteme nicht die herkömmliche Hartverchromung ersetzen. In der anschließenden Diskussion wurde kritisch angemerkt, dass die Hartverchromung außerhalb der EU weiterhin möglich ist und deshalb Produktionsstandorte verlegt werden.

Im Leichtbau werden oft faserverstärkte Kunststoffe eingesetzt. Durch galvanische Beschichtung der Fasern mit dünnen Fe-Co-Schichten werden die Fasern etwa um dauermagnetische Funktionalität ergänzt, wie Dominik Höhlich, TU Chemnitz, hervorhob. Durch ein außen angelegtes Magnetfeld erhalten die Fasern eine direkte Orientierung. Es werden ganze Faserbündel beschichtet; die Prozessparameter, wie zugesetzte Komplexbildner und Beschichtungszeit, müssen auf Haftfestigkeit, Kristallinität der Schichten und Streuung abgestimmt werden.

Einen chrom(VI)-freien Elektrolyten für die selektive Hartanodisation stellte Julia Dukwen, Aalberts Surface Technologies GmbH, vor. Auf hochsiliciumhaltigen Aluminiumgusswerkstoffen werden bisher sehr glatte Schichten mit chrom(VI)-halten Elektrolyten erhalten. Mit chrom(VI)-freien Elektrolyten, die auf Schwefelsäurebasis mit Molybdän- und Zinnzusätzen arbeiten, können die Kundenanforderungen grundsätzlich erreicht und vergleichbare Schichteigenschaften erzielt werden. Zur Verringerung der resultierenden Rauheiten, die vom jeweils eingesetzten Werkstoff abhängig ist, werden die Prozessparameter (Temperatur, Spannung und Strömungsgeschwindigkeit) an die Anforderungen angepasst.

Für die Reinhaltung von Raumluft werden AMC-Filter eingesetzt. Damit ein Durchbruch nicht unbemerkt passiert, sollen kostengünstige Durchbruchsdetektoren mit elektrochemisch aktiven Oberflächen für die Kontaminanten Ammoniak und Formaldehyd entwickelt werden, wie Gloria Lanzinger, Forschungsinstitut Edelmetalle und Metallchemie, berichtete. Die Sensitivität des Sensors soll mit leitfähigen Polymeren erhalten werden. Für die Erhöhung der Selektivität werden metallische Nanopartikel galvanisch mittels Pulse Plating Technik auf die Polymere appliziert und in die Polymerschicht eingebaut.

 

ZUR INFO

Schülergruppe besuchte Oberflächentage

Auf Einladung des ZVO besuchte auch eine Delegation der Gewerblichen Schule Schwäbisch Gmünd die diesjährigen Oberflächentage vom 14. bis 16. September in Leipzig. Die Schüler der Fachschule für Galvanotechnik in Schwäbisch Gmünd erhielten in den rund 90 Vorträgen spannende Einblicke in die Branche, Technologien und Trends. Am Rande des Vortragsprogramm und in der Industrieausstellung bot sich ihnen die Gelegenheit, Kontakte für ihren weiteren beruflichen Werdegang zu knüpfen. Die Berufsschule für Oberflächenbeschichter der Gewerblichen Schule Schwäbisch Gmünd ist ein dualer Partner der Berufsausbildung in Industrie- und Handwerksbetrieben in ganz Deutschland. An der Fachschule für Galvanotechnik ist nach einschlägiger Berufsausbildung eine Fortbildung (zweijährige Vollzeit-Ausbildung) zum staatlich geprüften Techniker, Fachrichtung Galvanotechnik beziehungsweise Leiterplattentechnik möglich.

Volker Rogoll und seine Schülergruppe der Fachschule für Galvanotechnik in Schwäbisch GmündVolker Rogoll und seine Schülergruppe der Fachschule für Galvanotechnik in Schwäbisch Gmünd

www.gs-gd.de

Fotos: Sven Hobbiesiefken

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 11
  • Jahr: 2022
  • Autoren: Claudia Bäßler

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