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Donnerstag, 22 Dezember 2022 10:59

Anlagen- und Verfahrensplanung

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Schlötter-Trommelanlage bei der Firma Knoblauch Galvanotechnik GmbH in Geislingen Schlötter-Trommelanlage bei der Firma Knoblauch Galvanotechnik GmbH in Geislingen Fotos: Schlötter

Frage: Aufgrund eines Grundstückserwerbs haben wir nun die Möglichkeit, unsere Galvanik um mindestens eine weitere Anlage auszubauen. Da es unser Kerngeschäft ist, soll es eine Trommelanlage werden, allerdings möchten wir unser Verfahrensspektrum erweitern. Zur Auswahl stehen drei neue Beschichtungen, zu denen uns im Haus noch das nötige Know-how fehlt. Voraussichtlich werden aber alle drei Verfahren in einer Anlage integriert.

Da uns praktische Erfahrungen fehlen, möchten wir im Labor mit Vorversuchen an Blechen und kleinen Gegenständen beginnen, wissen aber nicht, wie gut solche Versuche auf die Praxis übertragbar sind. Wir benötigen allgemeine Tipps, um eine möglichst gute Einschätzung zu erhalten.

Antwort: Drei neue Verfahren einzuführen, weil man den Platz dafür hat, klingt ein wenig, als wolle man ein unvollständiges Sammelalbum komplettieren. Wir nehmen an, dass die kaufmännische Seite hierzu gründlich geprüft wurde. Auch wenn es nicht der Fragestellung entspricht, möchten wir zunächst auf Schwierigkeiten eingehen, die innerhalb der Anlage auftreten können.

Anlagenplanung

Anlagentechnologie der Trommelanlage im ÜberblickAnlagentechnologie der Trommelanlage im ÜberblickDa Sie uns nicht mitgeteilt haben, um welche Verfahren es sich handelt, gehen wir derzeit von einer „willkürlichen“ Kombination aus.

Zunächst muss die chemische Zusammensetzung der Elektrolyte sowie Vor- und Nachbehandlung beachtet werden. Dabei ist neben eventuellen Platzproblemen auf die Verträglichkeit zu achten. Hinzu kommen Schwierigkeiten mit dem Abwasser, komplexe Verrohrungen etc.

Ein wesentlicher Punkt sind Verschleppungen. Bei Kombinationen diverser Verfahren neigt man dazu, Spülen zu sparen, was unweigerlich zu Problemen, etwa schlechte Spülqualität und ggf. zu unerwünschten chemischen Reaktionen führen kann. So etwa dann, wenn Sie Glanznickel mit alkalischen Zinkelektrolyten kombinieren und diese sich ggf. die Fließspüle teilen. Bei ungünstigen Bedingungen können hier Flocken von Nickelhydroxid entstehen. Von Verschleppungen von Zinkelektrolyten in einen Nickelelektrolyten ganz zu schweigen.

Deshalb geht man dazu über, Anlagen mit mehreren Straßen zu bauen. So teilen sich die Beschichtungsverfahren dieselbe Vorbehandlung, sind aber sonst komplett autark. Die Straßen sind über einen Querumsetzer miteinander verbunden.

Das Problem ist hier die Abstimmung, was zu Engpässen führen kann und wird. Bei der Planung einer Vorbehandlung geht man vom Istzustand aus, der gerne idealisiert wird. Mit der Zeit wird die angelieferte Ware schlechter, z. B. öliger, wodurch die Vorbehandlungszeit verlängert wird. Das führt zu Elektrolyten, in denen sich keine Ware befindet, was die Anlage unrentabel macht. Das Problem findet sich nicht nur bei der Vorbehandlung, sondern bei der Beschichtung selbst. Es kommt äußerst selten vor, dass bei einer Anlage drei verschiedene Verfahren gleichmäßig stark ausgelastet sind, d. h., dass ein bis zwei Beschichtungsverfahren häufig im Schlummermodus sind, Sie aber alle drei heizen oder kühlen müssen.

Wir würden somit zu höchstens zwei Verfahren raten, die zueinander kompatibel sind. Etwa Zink und Zink-Eisen. Bei anderen Kombinationen raten wir eher zu kleineren Anlagen mit Mono-Verfahren. Das hat, neben den angesprochenen Punkten, auch Vorteile bei Wartungen, Aus- und Umbau sowie Ausfallzeiten etc.

Skalierbare Tests

Das Problem der Skalierbarkeit ist allgemein bekannt. Egal ob Elektronik- oder Automobilindustrie, überall stellt man fest, dass nur wenige Eigenschaften / Verhalten 1:1 übertragbar sind. Das trifft auch auf die Entwicklung von Elektrolyten zu. Diese entstehen in einer Hull-Zelle, gehen weiter im Becherglas, 5 Liter Wanne usw.

Je nach Verfahren können sogar optische Eigenschaften in der Praxis anders ausfallen als im Labor oder einem kleinen Maßstab.

Eigenschaften im Labor

Im Labor können Sie sowohl die chemischen Eigenschaften als auch elektrochemische Grundlagen ermitteln.

Neben der isolierten Betrachtung eines Elektrolyts können Sie auch mit Verunreinigungen / Verschleppungen und Spülverhalten experimentieren. So können Sie bspw. feststellen, wie problematisch oder unproblematisch gewisse Mengen an Verschleppungen sind.

An Hull-Zellen-Blechen lassen sich, neben allgemeinen Schichteigenschaften, auch die Auswirkungen von Verunreinigungen, Überdosierungen etc. hervorragend ermitteln. Je nach Beschichtungsverfahren, etwa Zinn oder Silber, zieht man sogar eine Winkelkathode vor.

Praxisnahe Tests

Die besten Aussagen bekommt man, wenn die Tests in einer manuell betriebenen Kleinanlage durchgeführt werden. Hierzu bedarf es zwar einer weiteren Investition, die Anlage kann jedoch später für Kleinserien, Bemusterungen und Ausbildung eingesetzt werden.

Geeignet sind Wannen mit einem Volumen von 20–50 Litern und entsprechenden Einhängetrommeln. So bekommen die Oberflächen auch die wesentlichen physikalischen Parameter zu spüren, wie etwa die Trommeldrehung und eine anschließende Trocknung in einer Zentrifuge. Je nach Teilegeometrie lassen sich Eigenschaften wie Tiefenstreuung und Glanz viel besser beurteilen als mit einem Becherglas im Labor.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 12
  • Jahr: 2022
  • Autoren: B. C.

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