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Donnerstag, 12 Januar 2023 10:59

Mikrofluidik für die Covid-Diagnose

von Redaktion
Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Abb. 1 : Multiplex-Chip eines Freiburger Forschungsteams: Auf diesem Chip könnten simultan die Viruslast im Nasenabstrich sowie, gegebenenfalls, die Antibiotika-Konzentration im Blut von Covid-19 Patienten gemessen werden (Foto: AG Disposable Microsystems) Abb. 1 : Multiplex-Chip eines Freiburger Forschungsteams: Auf diesem Chip könnten simultan die Viruslast im Nasenabstrich sowie, gegebenenfalls, die Antibiotika-Konzentration im Blut von Covid-19 Patienten gemessen werden (Foto: AG Disposable Microsystems)

Die Covid-Pandemie hat auch einen Innovationsschub in der Diagnostik mit sich gebracht. Innerhalb kürzester Zeit mussten zuverlässige Nachweismethoden entwickelt, unzählige Labore ausgerüstet und mehrere hunderttausend Tests pro Woche durchgeführt werden [1]. Im Folgenden werden zwei Mikrofluidik-Systeme vorgestellt, die für einen SARS-CoV-2 Nachweis eingesetzt werden können.

SARS-CoV-2 Nachweis in 30 Minuten mit der Genschere [2]

Die sogenannte Genschere CRISPR-Cas ist vielseitig: Abseits vom populärwissenschaftlich bekannten ‚Gene Editing‘ zur Herstellung der kontrovers diskutierten genetisch modifizierten Organismen (kurz: GMOs) wird vor allem das Effektorprotein Cas in verschiedenen Varianten inzwischen auch in einer Vielzahl von Studien für den molekularbiologischen Nachweis von Nukleinsäuren wie DNA oder RNA verwendet.

Das Freiburger Forschungsteam um Mikrosystemtechniker Dr. Can Dincer vom Institut für Mikrosystemtechnik stellt in seiner neuesten Studie einen mikrofluidischen Multiplex-Chip vor, auf dem simultan die Viruslast im Nasenabstrich sowie, gegebenenfalls, die Antibiotika-Konzentration im Blut von Covid-19 Patientinnen und Patienten gemessen werden könnte [3].

Die Entwicklung von Schnelltests zum Nachweis von SARS-CoV-2-spezifischen Antigenen hat den gesellschaftlichen Umgang mit der Pandemie maßgeblich beeinflusst: Anstelle eines, nicht immer einfach verfügbaren Termins für einen rt-qPCR-Test auf dessen Ergebnis ein bis drei Tage gewartet werden muss, sind Schnelltests inzwischen relativ bequem in jeder Drogerie, Apotheke und auch in Supermärkten erhältlich. Was bei Letzteren allerdings an Kosten, Aufwand und Zeit eingespart wird, bezahlt man in Form von Test-Sensitivität. Dieses Problem äußerte sich vor allem im letzten Winter, als Infektionen mit der Omikron-Variante des Virus sehr spät und oftmals erst nach dem Einsetzen von Symptomen von den sogenannten ‚Lateral Flow Devices‘ erkannt wurden. „Der Trade-Off zwischen Testsensitivität und Sample-to-Result Zeit könnte mit unserer Methode überbrückt werden“ so Midori Johnston, Erstautorin der Studie, die nun in der Fachzeitschrift Materials Today erscheint [3] (Abb. 1).

Wie auch beim Schnelltest zuhause oder in Teststellen wird eine Patientenprobe (naso- oder oropharyngealer Abstrich) in einen Reaktionsmix getropft. Im Gegensatz zum herkömmlichen Schnelltest wird mit ­CRISPR allerdings nicht auf Virusproteine, sondern wie beim PCR-Test auf charakteristische Sequenzen im Virusgenom untersucht. Enthält die Probe den gesuchten RNA-Ausschnitt wird das Effektorprotein (Cas13a) aktiviert und schneidet die in der Reaktionslösung vorhandene Reporter-RNA. Durch die Abwesenheit dieses Reporters ergibt sich beim elektrochemischen Auslesen des Chips ein invers proportionaler Zusammenhang zwischen der Menge der Virus-RNA aus der Probe und der gemessenen Stromdichte. Das System kommt hierbei ohne Vervielfältigung des Genmaterials aus, ist flexibel anpassungsfähig an neue, infektiologisch-relevante Mutationen des Virus und verwendet ausschließlich günstige, haltbare und ungiftige Reagenzien sowie ein handliches Mess-Setup.

Nach Ende der Isolationspflicht sind Tests erforderlich

Im Licht der jüngsten Entscheidungen mehrerer Bundesländer die Isolationspflicht für positiv getestete Covid-19 Patientinnen und Patienten abzuschaffen werden zuverlässige, sensitive und schnelle Testmöglichkeiten wieder notwendig, um auf erneute Infektionswellen angemessen reagieren zu können. Auch die Hospitalisierung mit schweren Verläufen wird dabei nicht ausbleiben. Hier kommt ein weiteres Feature des Mikrofluidik-Chips zum Tragen: Die Kombination des CRISPR-Assays mit einem ß-Lactam-Antibiotika-Nachweis. Oftmals infizieren sich an Covid-19 erkrankte Personen zusätzlich bakteriell und werden entsprechend mit Breitband-Antibiotika wie zum Beispiel Amoxicillin, Ampicillin oder Piperacillin behandelt. Die richtige Dosis ist hierbei ausschlaggebend, um eine erfolgreiche Behandlung zu gewährleisten, aber auch die Entwicklung resistenter Keime zu verringern. Der Sensor der Forschergruppe könnte hierbei durch eine gleichzeitige Überwachung von sowohl der Viruslast als auch der Antibiotika-Konzentration im Blut oder Speichel des Patienten von Nutzen sein.

An dieser fächerübergreifenden Studie waren weitere Forschende der Universität Freiburg beteiligt: Prof. Dr. Wilfried Weber von der Professur für Synthetische Biologie und CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies, Dr. med. Daniela Huzly vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg und Prof. Dr. Gerald Urban von der Professur für Sensoren am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK).

Multiplex-Analytik mit para­­magnetischen Mikropartikeln [1]

Am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen hat ein Team eine neue Ausleseeinheit für paramagnetische Partikel in einem Mikrofluidiksystem entwickelt [1].

Die Besonderheit liegt dabei in der Art der Partikel: Es sind Mikropartikel verschiedener Größe und unterschiedlicher Fluoreszenzen, die nach Bedarf mit verschiedenen Fängermolekülen (Antigene oder Antikörper) „beladen“ werden, so dass bis zu 24 Analyte gleichzeitig erfasst werden können (Abb. 2).

Abb. 2: Mikrofluidische Ausleseeinheit für die spätere klinische Multiplex-Analytik (Fotos: Fraunhofer ILT, Aachen)Abb. 2: Mikrofluidische Ausleseeinheit für die spätere klinische Multiplex-Analytik (Fotos: Fraunhofer ILT, Aachen)

Viele Fragen haben sich daraus ergeben: Wie können Tests in Zukunft schneller skaliert, wie können verschiedene Tests simultan durchgeführt werden? Gerade der letzten Frage haben sich die Expertinnen und Experten des Fraunhofer ILT und der Institut Virion\Serion GmbH in einem gemeinsamen Projekt gestellt. Sie haben eine Kombination von Assay und Ausleseeinheit entwickelt, mit der sich in Zukunft eine Vielzahl von unterschiedlichen Tests simultan durchführen lässt (Abb. 3).

Integration in Automatisierungslösungen möglich
Abb. 3: Mikrofluidikchip mit optischen ElementenAbb. 3: Mikrofluidikchip mit optischen Elementen

„Ein normales Durchflusszytometer ist auf Zellen ausgerichtet“ erklärt Dr. Georg Meineke vom Fraunhofer ILT. „Wir haben ein System zum Analysieren von Mikropartikeln entwickelt, die wir über drei Größen und verschiedene Fluoreszenzlevel in 24 verschiedenen Kanälen simultan erkennen können.“ Die verschiedenen Spezies dieser Teilchen können über Streulicht- und Fluoreszenzmessungen eindeutig identifiziert werden.

Für die eigentliche Diagnostik kann jeder Partikeltyp mit einem spezifischen Fängermolekül versehen werden, das jeweils einen nachzuweisenden Analyten passgenau bindet. Der Nachweis der angebundenen Analytmoleküle erfolgt dann über einen fluoreszenten Sekundärmarker. So können in einem einzigen Prozessschritt viele verschiedene diagnostische Marker und im Falle eines Antikörpernachweises sogar bis zu drei Immunglobulinklassen gleichzeitig erfasst werden.

Während sich der Projektpartner Institut Virion\Serion GmbH auf die Partikel und den passenden Assay fokussiert hat, haben die Forschenden des Fraunhofer ILT die entsprechende mikrofluidische Ausleseeinheit entwickelt. Es wurde auf eine kompakte Bauform und eine Echtzeitdatenverarbeitung getrimmt.

Die Projektpartner haben ein Funktionsmuster für ein späteres in-vitro-Diagnostikum aufgebaut, das Partikelproben und deren angebundene Analyten automatisiert vermisst. Das spätere in-vitro Diagnostikum erlaubt aktuell die Erfassung von bis zu 24 verschiedenen individuellen Markern mit der zusätzlichen Möglichkeit bis zu drei verschiedene Sekundärmarker parallel auszulesen. Die dafür entwickelte Elektronikplattform übernimmt die Steuerung des Messsystems in Echtzeit sowie die Erfassung der Messdaten. Sie ermöglicht die Integration in Automationslösungen, wie zum Beispiel einen Laborvollautomaten.

Literatur

[1] Quelle : Quelle : Fraunhofer ILS

[2] Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg – FIT Freiburger Zentrum für interaktive Werkstoffe und bioinspirierte Technologien & Institut für Mikrosystemtechnik – IMTEK

[3] Johnston M.; Ates H.C.; Glatz R.; Mohsenin H.; Schmachtenberg R.; Göppert N.; Huzly D.; Urban G.A.; Weber W.; Dincer C.: Multiplexed biosensor for point-of-care Covid-19 monitoring: CRISPR-powered unamplified RNA diagnostics and protein-based therapeutic drug management, in: Materials Today, 2022, DOI: 10.1016/j.mattod.2022.11.001

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 12
  • Jahr: 2022
  • Autoren: Redaktion

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