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Dienstag, 07 März 2023 10:59

Abwasserbehandlung in modernen Galvanisierungsprozessen

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Abwasserbehandlung in modernen Galvanisierungsprozessen (Foto: MacDermid Envio Solutions)

MacDermid Envio Solutions arbeitet an der industriellen Erprobung eines neuen Ansatzes für die In-situ-Behandlung von Zink-Nickel-Abwässern und dreiwertigem Chromabfall. Die Ergebnisse sind vielversprechend.

Die dunkle Ära in der Geschichte der Oberflächenveredelung: Was ominös klingt, bezeichnet die Zeit der weit verbreiteten Verwendung von Cyanid, sechswertigem Chrom und Cadmium in der Galvanisierung. Tatsächlich aber waren viele dieser Stoffe trotz der bekannten Sicherheitsrisiken relativ einfach zu verwenden und zu entsorgen.

Fortschritte in der Galvanotechnik haben zu technisch modernen und kommerziell erfolgreichen Entwicklungen geführt. Sie bieten unübertroffene Leistungsmerkmale wie beispielsweise hohe Korrosionsbeständigkeit, gleichmäßige Schichtdicke und hervorragende Schichtverteilung, also Eigenschaften, die noch vor 20 Jahren undenkbar gewesen wären. Diese Vorteile spiegeln sich in der Langlebigkeit und Zuverlässigkeit von Alltagsgegenständen wie Autos, Elektronik und Haushaltsgeräten wider. Ohne sie könnte unsere moderne Welt nicht so funktionieren, wie wir es gewohnt sind: Es ist im Wesentlichen nicht mehr notwendig, Alltagsgegenstände ständig reparieren bzw. warten zu lassen.

Moderne Verfahren bieten viele Vorteile

Viele moderne Verfahren in der Oberflächenveredelung haben jedoch auch Nachteile, beispielsweise sind die daraus entstehenden Abwässer oft viel schwieriger zu behandeln als ihre Vorgänger.

Die Behandlung von Zink-Nickel

Moderne Verfahren genauer betrachtet: Zink-Nickel-Beschichtungen für den Korrosionsschutz oder auch dreiwertige Chrombeschichtungen für dekorative Anwendungen sind hochmoderne Beschichtungsverfahren, die in erster Linie entwickelt wurden, um dem Bedarf an verbesserter Arbeitssicherheit und höheren Leistungsstandards in der Beschichtung gerecht zu werden. Sie erfüllen beide Ziele hervorragend, stellen die Anwender aber auch vor einige der schwierigsten Herausforderungen bei der Abfallbehandlung.

Im Falle von Zink-Nickel-Verfahren enthält der Prozess erhebliche Mengen an Komplexbildnern, damit Nickel auch bei einem pH-Wert, der normalerweise weit über dem optimalen Bereich liegt, löslich bleibt. Alkalisches Zink-Nickel ist angesichts dieser optimalen Löslichkeit unterhalb von pH 10 eine besondere Herausforderung: Alkalische Systeme arbeiten in einem sehr hohen pH-Bereich und müssen daher starke Komplexbildner enthalten, um die Löslichkeit der Nickelionen zu gewährleisten. Während diese Komplexbildner für die Produktionsumgebung kein Problem darstellen, sind sie in Abwasserströmen sehr schwierig zu handhaben. Viele Anwender entscheiden sich deshalb dafür, ihre Zink-Nickel-Abfälle vom restlichen Abwasser zu trennen und sie von externen Unternehmen behandeln zu lassen. Diese verbrennen die Abfälle in der Regel, statt sie chemisch zu behandeln.

Bei einer Behandlung vor Ort wird üblicherweise Natriumhypochlorit verwendet, um die Komplexbildner teilweise zu zerstören und das Nickel weniger löslich zu machen. So wird eine weitere pH-Behandlung möglich. Dabei entsteht Nickelhydroxidschlamm, der zu einem Filterkuchen gepresst und dann deponiert werden kann. Leider ist diese Methode langsam und damit zeitintensiv. Die Hypochlorit-Reaktion ist ebenfalls langsam, so dass diese Methode gut und gerne 4–8 Stunden Behandlungszeit in Anspruch nehmen und große Mengen an Abfallschlamm erzeugen kann.

Bei sauren Zink-Nickel-Verfahren treten sehr ähnliche Probleme auf, da ähnliche Konzentrationen an Komplexbildnern erforderlich sind, um die Nickellöslichkeit zu erhalten. Genau wie bei den alkalischen Verfahren ist eine externe Abwasserbehandlung üblich – wobei einige kleinere Anwender Hypochlorit verwenden.

Alte Methoden in der Aufbereitung sind langsam und teuer

Für größere Zink-Nickel-Anwender besteht zudem die Möglichkeit, in eine Vakuumverdampfungsanlage vor Ort zu investieren und so die Menge des abzutransportierenden Abwassers zu minimieren. Dies hat den Vorteil, dass ein Teil des Zink-Nickel-Spülwassers, das normalerweise zur Aufbereitung geschickt wird, wiederverwendet werden kann. Angesichts der steigenden Energiekosten übersteigen die Investitions- und Betriebskosten für die Verdampfung jedoch zunehmend die finanziellen Möglichkeiten der meisten Unternehmen.

Ausblick: Ein neuer Ansatz

Es gibt diverse Gruppen, die sich um die Lösung dieses speziellen Abwasserbehandlungsproblems bemühen. In Europa hat sich eine kleine Anzahl von Unternehmen mit einer Universität zusammengeschlossen, um das Problem zu charakterisieren und zusammen an einer Lösung zu arbeiten. Die Arbeiten befinden sich allerdings noch in einem sehr frühen Stadium.

Die beste Option wäre jedoch, alternative Chemikalien mit leichter zu zerstörenden Komplexbildnern zu entwickeln. Angesichts der eng gefassten chemischen Parameter, innerhalb derer Zink-Nickel-Prozesse zur Optimierung der Legierungszusammensetzung und -verteilung ablaufen müssen, dürfte dies jedoch kaum Erfolg versprechen. Was gebraucht wird, ist ein Ansatz, der chemisches und abwassertechnisches Fachwissen kombiniert.

Kombinierter Ansatz von Chemie und Abwassertechnik

Und genau das leistet MacDermid Envio Solutions, ein relativ neuer Bereich der Element Solutions Inc. MacDermid Envio Solutions verfügt auf der einen Seite über das chemische Know-how von MacDermid, auf der anderen Seite besitzt das Unternehmen durch die Übernahme von DMP, einem Spezialisten für Abwasserbehandlungsanlagen im Jahr 2020 umfassende Kenntnisse in der Abwasseraufbereitung. MacDermid Envio Solutions arbeitet derzeit an der industriellen Erprobung eines völlig neuen Ansatzes für die In-situ-Behandlung von ZinkNickel-Abwässern. Die industrielle Erprobung des zum Patent angemeldeten Konzepts hat im September 2022 begonnen und wird voraussichtlich im ersten Quartal 2023 abgeschlossen sein.

Der neue Ansatz nutzt eine modulare Anordnung kleiner (Behandlungs-)Zellen, von denen jede für die schrittweise Neutralisierung von Zink-Nickel-Komplexen ausgelegt ist. Sowohl Spülwasser als auch dekantierte Konzentrate können in dem in sich geschlossenen System behandelt werden, bevor der Abwasserstrom wieder in das herkömmliche chemischeAbwasseraufbereitungssystem des Anwenders geleitet wird. Labortests haben gezeigt, dass dieser Ansatz die komplexierten Nickel- und Zinkverbindungen zu 100 % freisetzt, so dass die Metalle durch eine Standard-pH-Fällung leicht und vollständig entfernt werden können. Das System ermöglicht die Anwendung dieses Verfahrens bei Anwendern jeder Größe und stellt sicher, dass eine künftige Produktionserweiterung problemlos nachgerüstet werden kann.

Dreiwertiges Chrom

Bei der galvanischen Abscheidung von dreiwertigem Chrom besteht ein ähnliches Problem wie bei Zink-Nickel. Das komplexierte Chrom ist in der Prozesschemie fest gebunden, um eine effiziente Abscheidung zu gewährleisten. Dies erschwert jedoch die Abfallbehandlung. Im Gegensatz zu ZinkNickel liegen Chrom-Ionen in mehreren Formen als komplexierte Verbindungen vor, was die Wirksamkeit einer einzelnen chemischen Behandlung bei der Abfallbehandlung einschränkt. Während einige dieser Stoffe auf eine Behandlung mit niedrigem pH-Wert reagieren, verbleiben andere im Abwasser. Umgekehrt sprechen einige Chromkomplexe auf eine Behandlung mit höherem pH-Wert an, während andere davon unbeeinflusst bleiben. Durch die Einstellung des pH-Werts sowohl in hohen als auch in niedrigen Bereichen werden nicht alle komplexierten Chrom-Ionen freigesetzt, weshalb herkömmliche Behandlungen oft nur teilweise wirksam sind. Eine weitere Komplikation besteht darin, dass die dreiwertigen Chemikalien verschiedener Anbieter eine Reihe von Komplexbildnern verwenden können, was die chemische Behandlung weiter erschwert.

Derzeit arbeitet ein MacDermid Envio Solutions Team in den USA an einer neuen Methode für die Behandlung von dreiwertigem Chromabfall. Durch die Kombination von chemischen und apparativen Ansätzen lassen sich erhebliche Fortschritte bei der Behandlung erzielen. Dieses neue System soll noch in diesem Jahr bei mehreren Anwendern in der industriellen Produktion in großem Maßstab getestet werden.

Ausblick auf künftige Abwasserbehandlung

Es liegt auf der Hand, dass die Fortschritte in der Oberflächenveredelung die intelligentesten Forscher weiterhin vor die Herausforderung stellen werden, die Sicherheit chemischer Prozesse zu verbessern und die von den Endverbrauchern geforderten Leistungssteigerungen zu erzielen. Da die Palette der umweltverträglichen Chemikalien immer kleiner wird, ist der Einsatz komplexerer chemischer Verfahren sicher der beste Weg, um diese Ziele zu erreichen. Im Gegenzug müssen wir mit neuen Ansätzen der Abwasseraufbereitung Schritt halten, um eine zunehmend kostspielige und energieintensive Behandlung außerhalb des Standorts zu vermeiden. Schließlich muss das bei der Oberflächenveredelung verwendete Wasser in einem sauberen und nachhaltigen Zustand in die Umwelt zurückgeführt werden.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 2
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Terry Clarke

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