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Dienstag, 07 März 2023 08:54

Individualisierte Fingergelenksimplantate aus dem 3D-Drucker

von Redaktion
Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten
3D-Druck-Verfahren gefertigtes FingerKIt-Implantat 3D-Druck-Verfahren gefertigtes FingerKIt-Implantat Foto: Fraunhofer IAPT

Die Remobilisierung von beeinträchtigten Fingergelenken ist ein Zukunftsmarkt bedarfsgerechter Patientenversorgung. Das Konsortium „FingerKIt“ entwickelt KI-erstellte, individualisierte Gelenksimplantate aus dem 3D-Drucker, um die filigranen Fingerteile wenn nötig zu ersetzen.

Ob durch einen Unfall beim Sport oder die Volkskrankheit rheumatoide Arthritis: Wenn Fingergelenke unbeweglich werden, ist das eine gravierende Einschränkung und physische und psychische Belastung – für bestimmte Berufsgruppen wie Musiker, Chirurginnen oder Handwerker bedeutet es häufig sogar das Karriereende. In Zukunft könnte eine Entwicklung der Fraunhofer-Einrichtung für Additive Produktionstechnologien IAPT, des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS, des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM, des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM und des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medizin MEVIS dazu beitragen, dass Finger mit zerstörten oder geschädigten Gelenken ihre Beweglichkeit zurückerlangen.

Verliert heute ein Fingergelenk durch Unfall oder Erkrankung seine Funktion, so sind die Behandlungsmethoden eingeschränkt: Eine passgenaue Lösung, die nicht verrutscht und die vorherige Beweglichkeit wiederherstellt – also ein individualisiertes Implantat – sollte das Ziel der optimalen Versorgung sein. Im Projekt FingerKIt haben fünf Fraunhofer-Institute nun ein Konzept entwickelt, mit dem das gelingen könnte: In einer automatisierten Prozesskette sollen individualisierte Fingergelenksimplantate aus metallischen oder keramischen Werkstoffen schnell, sicher und zertifiziert hergestellt werden. Dafür entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer MEVIS zunächst eine KI-gestützte Software, die in der Lage ist, aus zweidimensionalen Röntgenaufnahmen dreidimensionale Modelle der Fingerknochen zu errechnen und eine potenzielle Fehlstellung der Finger zu korrigieren. Anschließend leiten Forschende des Fraunhofer IAPT das individuelle Implantatdesign anhand einer KI aus dem Fingermodell ab und setzen es im 3D-Druck um. Nachdem es gilt, sehr feine und filigrane Strukturen abzubilden, arbeiten die Wissenschaftler bei der Fertigung mit Metall-Binder-Jetting, also dem schichtweisen Aufbau der Teile, die in einem nachfolgenden Schritt gesintert – d. h. verdichtet und gefestigt – werden. Am Fraunhofer IKTS erfolgt die Fertigung der Implantate im Near-Net-Shape-Manufacturing – ebenfalls ein Fertigungsverfahren, mit dem Produkte möglichst nahe der gewünschten Endkontur entstehen, sodass nur wenige Nachbesserungen erforderlich sind. Auch keramische Materialien kommen dank der Expertise des Fraunhofer IKTS zum Einsatz. Diese werden im Schlickerguss – einem speziellen GipsformGussverfahren – verarbeitet. Um die Fragestellungen zur biologischen Verträglichkeit und Zertifizierung der Implantate kümmert sich das Fraunhofer ITEM, um die Simulation der mechanischen Belastungen das Fraunhofer IWM.

Während der Arbeit im Projekt haben die Forschenden mehrere Innovationen entwickelt: Die KI-basierte Berechnung eines dreidimensionalen Implantatdesigns aus 2D-Vorlagen wie Röntgenbildern ist völlig neuartig und inzwischen zum Patent angemeldet. Auch die Prozesstechnik ist etwas Besonderes: Weil die Struktur des Implantat-Schafts sehr filigran ist, haben die Forscherteams als 3D-Druck-Verfahren das Metall-Binder-Jetting für Titan eingesetzt. Das Verfahren ermöglicht die sehr präzise Fertigung der kleinen, komplexen Implantate und erlaubt es gleichzeitig, die Oberfläche des Schafts so zu strukturieren, dass dieser besser in den Knochen einwächst. Weiterhin konnte so die Nachbearbeitung der Gelenkflächen minimiert werden, die möglichst glatt und reibungsarm sein müssen.

Die Individualanfertigung ist dank automatisierter Modellerstellung und 3D-Drucks zeitsparend, 60 % der Zeit bis zum Einsetzen des Implantats kann eingespart werden. Weiterer Vorteil ist die bessere Beweglichkeit, weil das Implantat dem Original-Gelenk nachempfunden ist.

Quelle : Fraunhofer Forschung Kompakt Dezember 2022

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 2
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Redaktion

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