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Montag, 20 März 2023 06:59

4 Fragen an… Andrea Thoma-Böck

von
Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten
Andrea Thoma-Böck Andrea Thoma-Böck Bild: THOMA Metallveredelung GmbH

Frau Thoma-Böck, mit dem Bild-Artikel „Deutsche Betriebe vor dem Kollaps“ und Briefen an Wirtschaftsminister Habeck haben Sie im September auf die prekäre Lage bei Energiekosten und Engpässen hingewiesen. Wie wurden Sie zur Galionsfigur der Branche?

Thoma Metallveredlung war mit als Erstes in der Branche betroffen, weil unser Stromvertrag ausgelaufen ist. Da ich auch IHK Regionalvorsitzende bin und mit den Sorgen vieler Unternehmen konfrontiert war, deren Energieverträge gekündigt wurden oder deren Energielieferanten insolvent waren, habe ich in der Kammer in Augsburg früh Gespräche mit der Politik aufgenommen. Die Preise entglitten zunehmend und viele Firmen mussten ihren Energiebedarf von heute auf morgen am Spotmarkt decken. Mit dem Ukrainekrieg hat sich die Lage weiter hocheskaliert. Zu allem Überfluss drohte der Industrie die Gasumlage. So kam es, dass ich in der BamS etwas gesagt habe. Aufhänger war die Verknappung von Salzsäure. Wir bekamen keine Salzsäure mehr oder mussten Preise hinnehmen, die teils von 24 Cent auf 4 Euro gestiegen waren. Ich habe gesagt, Deutschland schafft sich ab, denn der Engpass bei Salzsäure reicht ja weit über die Branche hinaus. Kommunen brauchen Salzsäure zur Abwasseraufbereitung – in manchen Bundesländern wurden sogar Grenzwerte nach oben gesetzt, weil sie nicht mehr eingehalten werden konnten. Auch Kraftwerke benötigen viele Tonnen Salzsäure täglich, ansonsten stehen sie und damit ganze Städte still. Und da habe ich gesagt: Leute wacht auf, wohin soll das führen? Das war ein wichtiger Baustein, um die Gasumlage zu kippen. Dann kamen die leider schlecht ausgestalteten Energiepreishilfen. Unternehmer müssen ihre Sorgen artikulieren, sonst ändert sich nichts.

Auch der Verband hat ja gegen die Gasumlage und das Merit Order-Prinzip mobilisiert ...

Das ist richtig und wichtig, aber aus der Sicht von Bundestagsabgeordneten geht nichts über eine Unternehmerstimme. Unternehmen kommt von unternehmen und nicht von unterlassen. Früher waren Unternehmer Unternehmer und haben Politik Politik sein lassen, aber wenn die Rahmenbedingungen so entgleiten, kann ein Unternehmer nicht mehr still sein. Ich sage es noch einmal, der Verband ist das eine, aber man kann es den Unternehmen nicht ersparen! Die Branche muss mobilisiert werden und jeder muss etwas sagen.

Was bereitet Ihnen in der aktuellen wirtschaftlichen Lage noch Sorgen?

Zunächst: Die Versorgungssicherheit unserer Branche ist auf grundlastfähigen Strom angewiesen. Doch auch die Chemikalienverordnung REACh und der Green Deal sind besorgniserregend. Ein pauschales Verbot aller Substanzen und Mischungen, um sie dann einzeln zuzulassen, wenn sie „für das Allgemeinwohl unverzichtbar sind“, halte ich für vermessen und unverhältnismäßig. Mit dem neuen Bürokratiemonster Green Deal und dem „Essential use“-Prinzip droht der Branche ein Tsunami und eine bürokratische Überbelastung nie dagewesenen Ausmaßes. Das muss abgewendet werden. Es gilt die große Bedeutung unserer Branche für viele Lieferketten in Europa herauszustellen. Keine Oberflächenbeschichtung in Europa – keine Produktion von Metallteilen jeglicher Art in Europa. Dann in Folge aber auch keine gelingende Energiewende, keine Rüstung, keine Piplines, keine Reparatur von korrodierten AKWs in Frankreich. Ohne Galvanotechnik gehen die Lichter in Europa aus.

Die Lage ist ja aktuell längst noch nicht entschärft. Wie sehen Sie das und was fordern Sie?

Die Gefahr einer Deindustrialisierung ist groß. Zurzeit befürchten ja sogar die Gewerkschaften, dass die energieintensiven Unternehmen zugrunde gehen und zahllose Jobs wegfallen. Wir brauchen dringend einen international wettbewerbsfähigen Industriestrompreis und ein Belastungsmoratorium in Deutschland und der EU.

INFO

Andrea Thoma-Böck ist Geschäftsführerin des 99 Jahre alten Galvanikbetriebs Thoma Metallveredlung GmbH im bayerisch-schwäbischen Heimertingen. Gemeinsam mit ihrer Schwester Christine Thoma-Kemser leitet sie das 130-Mitarbeiter-Unternehmen, das von Chemisch Nickel über Hartchrom bis zur Zinkgalvanisierung zahlreiche galvanische Prozesse anbietet. Aktuell wird auch das Hochgeschwindigkeits-Laser-Auftragsschweißen eingeführt.

Frau Andrea Thoma-Böck ist auch im Galvano-Talk März 2023 zu hören. Darin geht es u. a. um REACh und Energiepreise. Jetzt anhören:

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