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Montag, 24 April 2023 16:00

Muschelaugen als Vorbild für neuartige Mikroskop-Objektive [1]

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Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten
Das Schmidt-Objektiv ermöglicht detaillierte Aufnahmen von Nervenzellen im Gehirn einer Maus Das Schmidt-Objektiv ermöglicht detaillierte Aufnahmen von Nervenzellen im Gehirn einer Maus Foto: Anna Maria Reuss (USZ) & Fabian Voigt (UZH)

Neurowissenschaftler der Universität Zürich haben neuartige Objektive für die Lichtmikroskopie entwickelt, die statt Linsen Spiegel nutzen. Als Inspiration dienten ihnen einerseits astronomische Teleskope und andererseits die Augen von Jakobsmuscheln. Denn einige Muschelarten können sehen. Jakobsmuscheln zum Beispiel haben bis zu 200 Augen, die ihnen helfen, Fressfeinde wie herannahende Seesterne zu erkennen. Allerdings unterscheidet sich das Muschelauge erheblich vom menschlichen Auge. Während beim Menschen die Kombination aus Hornhaut und Linse ein Bild auf der Netzhaut erzeugt, fokussiert bei Jakobsmuscheln ein halbkugelförmiger Spiegel das Licht.

Das Erzeugen von Bildern mit Spiegeln statt Linsen ist insbesondere bei astronomischen Teleskopen weit verbreitet, um so viel Licht wie möglich von Planeten, Sternen und Galaxien einzufangen. Im „Schmidt-Teleskop“, das in den 1930er-Jahren von Bernhard Schmidt (1879–1935) entwickelt wurde und bis heute in vielen Sternwarten im Einsatz ist, wird eine dünne Korrekturlinse mit einem großen Kugelspiegel kombiniert.

In der Erforschung des biologischen Mikrokosmos sind Spiegelobjektive eher selten anzutreffen. Die meisten Mikroskop-Objektive sind so kompakt, dass sie problemlos aus vielen Linsen zusammengesetzt werden können. Für höchste Bildqualität sind 10 bis 15 Linsen aus verschiedenen Glassorten erforderlich, die präzise poliert und exakt ausgerichtet werden müssen. Solche Objektive sind daher sehr teuer.

Neben ihrem komplexen Aufbau weisen viele kommerzielle Objektive den Nachteil auf, dass sie in der Regel nur für ein bestimmtes Immersionsmedium wie Luft, Wasser oder Öl konzipiert sind. Für Proben in unterschiedlichen Immersionsmedien muss so jeweils ein neues Objektiv erworben werden. In den letzten Jahren haben sogenannte Clearingverfahren, die Gewebeproben transparent machen können, in Biologie und Pathologie großes Interesse geweckt: Anstatt z. B. ein Mäusegehirn aufwendig in dünnste Scheiben zu schneiden, kann es mit Hilfe von Clearing-Techniken als Ganzes transparent gemacht werden. In der Pathologie ist die Hoffnung, dass durch Clearing Biopsieproben effizienter untersucht werden können, um bösartige Gewebeveränderungen wie Tumore früher zu diagnostizieren. Leider nutzen die meisten Clearingverfahren jedoch Immersionsmedien, die nicht mit herkömmlichen Mikroskop-Objektiven kompatibel sind. Erhebliche Vorteile von Clearing für die Forschung bleiben daher teils ungenutzt.

UZH-Neurowissenschaftler und Amateur-Astronom Dr. Fabian Voigt erkannte, dass es möglich ist, ein Schmidt-Teleskop mit einem flüssigen Immersionsmedium zu füllen und auf die Größe eines Mikroskops zu schrumpfen [2]. Das resultierende „Schmidt-Objektiv“ ist damit sozusagen ein Miniatur-Teleskop, das unter Wasser gesetzt wurde und trotzdem ein scharfes Bild liefert. Es kann in jeder homogenen Flüssigkeit und auch in Luft exzellente Bildqualität liefert. Damit ist ein einziges Schmidt-Objektiv mit vielen verschiedenen Clearingtechniken kompatibel. Grund für diese ungewöhnliche Eigenschaft ist, dass ein Spiegel anstatt Linsen verwendet wird und die Korrekturlinse speziell angepasst ist. Ein Kugelspiegel fokussiert das Licht an derselben Stelle, egal ob in Flüssigkeit getaucht oder in der Luft.

Forschende haben mit dem Schmidt-Objektiv Prototypen Proben von Mäusegehirnen, Kaulquappen und Hühnerembryos untersucht. Es konnten auch geclearte menschliche Hirnproben analysiert und neuronale Aktivitäten im Gehirn von jungen lebenden Zebrafischlarven gemessen werden. Bei gleichwertiger oder besserer Bildqualität sind solche Mikroskop-Objektive kostengünstiger als herkömmliche.

Literatur

[1] www.uzh.ch
[2] Fabian Voigt et al.: Reflective multi-immersion microscope objectives inspired by the Schmidt telescope, Nature Biotechnology, 30. März 2023, Doi: s41587-023-01717-8

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 4
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Dr. Stephan Reuter

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