Dr. Anselm T. Kuhn
Dr. Anselm T. Kuhn, c/o Metal Finishing Service Ltd., 105 Whitney Drive, Stevange, Herts, SG14BL/England; E-Mail: [email protected]
Brief aus England
Neue Allianzen
Es gibt viele Verbindungen zwischen der Ukraine und Russland. Viele ukrainische Familien haben Verwandte in Russland und viele in der Donbass-Region sind russischsprachig. Doch gerade jetzt wollen die Ukrainer zunehmend engere Beziehungen zu Europa knüpfen. So hat die Ukraine einen Antrag auf Beitritt zur EU gestellt – aber das wird noch einige Jahre dauern, wenn es überhaupt dazu kommt.
Brief aus England
Der Krieg geht weiter – und doch hat sich so viel verändert
Der schreckliche Krieg in der Ukraine geht weiter, und wie in den meisten früheren Kriegen gibt es Tod, Zerstörung und auch Massaker, wie das Blutbad in Butcha zeigte. Doch manches Kriegsverbrechen lässt sich mit CCTVKameras (Closed Circuit Television) aufklären, die es wie in den meisten europäischen Ländern auch auf vielen ukrainischen Straßen gibt. Auf einer dieser Kameras wurden Bilder von russischen Soldaten aufgenommen, die einen unschuldigen 68-jährigen Ladenbesitzer erschossen. Die russischen Soldaten bemerkten daraufhin das Vorhandensein der CCTV-Kamera und zerstörten sie. Doch die Bilder, die sie aufgenommen hatte, waren viele Kilometer entfernt gespeichert. Kurz gesagt, dank der modernen Technologie gibt es in der modernen Kriegsführung weniger Geheimnisse, und es ist schwieriger, die Gräueltaten zu verbergen, die wir in der Ukraine gesehen haben.
Brief aus England
Wandel durch Handel? Von wegen
In Russland ist das Wort „Krieg“ verboten und kann mit Gefängnis bestraft werden. Erlaubt ist nur der Ausdruck „Militärischer Sondereinsatz“. Intelligente Russen haben inzwischen erkannt, dass freie Meinungsäußerung (und friedliche Demonstrationen) in ihrem Land nicht mehr erlaubt sind. Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass Zehntausende von hauptsächlich hochqualifizierten Russen ihr Land inzwischen verlassen haben sollen. Wenn sie nach Europa kommen, sollten wir sie willkommen heißen. Noch Anfang Februar hat Präsident Putin mehrfach dementiert, dass er in die Ukraine einmarschieren würde. Die Geheimdienste in den USA glaubten ihm nicht – und sie hatten Recht. Der französische Geheimdienst hatte weniger Glück – er glaubte den Beteuerungen von Herrn Putin. Der französische General Vidaud, der den Geheimdienst leitete, wurde jetzt entlassen! Wissen wir, wer die Phrase „Wandel durch Handel“ erfunden hat? Wie sehr haben sich diejenigen geirrt, die das geglaubt haben. Jetzt versucht jeder zu verstehen, was Präsident Putin denkt und was seine Pläne sind. Vieles von dem, was er gesagt hat, ist lächerlich. Er hat die Ukrainer als „unsere slawischen Brüder“ bezeichnet und angedeutet, dass die Ukraine kein eigenständiges Land ist, sondern in Wirklichkeit ein Teil Russlands. Warum tut er dann sein Bestes, um die Heimat von Millionen seiner „slawischen Brüder“ zu zerstören? Er behauptet, die Ukraine werde von Nazis regiert – mit einem jüdischen Präsidenten! Er behauptet, dass die ukrainische Regierung (vor dem Krieg) einen Völkermord begangen hat, kann dies aber nicht beweisen. Ich glaube, sein ursprünglicher Plan war es, die gesamte Ukraine zu annektieren. Jetzt möchte er vielleicht (vorerst) nur den Donbass annektieren, so wie er es 2014 mit der Krim getan hat. Und während er ukrainische Häuser, Schulen und Krankenhäuser bombardiert und beschießt, droht er, dass jeder ukrainische Angriff auf russischen Boden „schwerste Konsequenzen“ nach sich ziehen werde. Mit anderen Worten: eine neue Art von Krieg mit neuen „Regeln“, bei denen ein Angriff erlaubt, ein Gegenangriff aber verboten ist. Wäre er bereit, taktische Atomwaffen einzusetzen? Ich fürchte, es wäre töricht, dies auszuschließen.
Brief aus England
In nur einem Monat hat sich alles verändert
Wir erholten uns langsam von der Pandemie, freuten uns auf einen normalen, glücklichen Sommer – und nun hat sich alles verändert. Seit 1945 haben wir hier in Europa nicht mehr solche Bilder von weitreichender Zerstörung und menschlichem Blutvergießen und Elend gesehen, wie sie uns jetzt täglich aus der Ukraine erreichen. Wir hoffen und beten, dass dieser Krieg nicht auf das übrige Europa übergreift, aber er hat bereits begonnen, uns auf andere Weise zu beeinflussen. Bei dem, was ich im Folgenden erörtere, habe ich ein schlechtes Gewissen, weil die Veränderungen, die ich erörtere, zwar die Folgen des Konflikts für uns wiedergeben, nicht jedoch den täglichen Schrecken in der Ukraine aufwiegen können.
Brief aus England
Zwei Stämme?
In England gibt es heute, und vielleicht ist es in Deutschland genauso, zwei verschiedene Stämme. Den einen werde ich den „blauen Stamm“ nennen, den anderen den „grünen Stamm“. Beide Stämme glauben an die globale Erwärmung und an die Notwendigkeit, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Der „blaue“ Stamm“ besteht jedoch darauf, dass der Energiesicherheit Vorrang eingeräumt werden muss, während der „grüne“ Stamm die Reduzierung der CO2-Emissionen als Priorität fordert.
Brief aus England
Kein glückliches Land
Die USA mögen etwa 5000 km von Europa entfernt sein, aber sie sind immer noch unser wichtigster Verbündeter, ein bedeutender Handelspartner und ein militärischer Schutzschild, der in der Vergangenheit wichtig war und heute angesichts der zunehmenden Aggression Russlands lebenswichtig ist. Es liegt also in unserem Interesse, dass es Amerika im Allgemeinen gut geht. Heute scheint die US-Wirtschaft zu florieren. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig und die Wirtschaft wächst gut (Abb. 1). Wir sollten uns nicht zu sehr mit Prognosen für 2024 und darüber hinaus befassen – es ist einfach unmöglich, so weit in die Zukunft zu blicken.
Brief aus England
Neues Jahr – neue Regierung – neue Probleme
Das neue Jahr bringt eine neue Regierung für Deutschland mit sich, und die vielen Freunde Deutschlands in der Welt wünschen Kanzler Scholz und seiner Koalitionsregierung viel Erfolg. Aber wir werden die bemerkenswerten sechzehn Jahre von Angela Merkel nicht so schnell vergessen. Nur wenige Staatsoberhäupter haben weltweit einen solchen Respekt genossen. Und während viele Staatschefs große Fehlentscheidungen getroffen haben, waren nur wenige so trittsicher wie Frau Merkel. Politische Analysten werden nun ein Urteil über „Muttis“ Jahre im Amt abgeben. Manche werden sagen, sie war zu vorsichtig und zu tolerant gegenüber Russland. Und damit zur neuen Ampel-Koalition! Einige der von ihr versprochenen Maßnahmen sind in der Tat mutig und – z. B. in Bezug auf Cannabis – könnten ältere und konservativere deutsche Bürger durchaus stören. Für andere außerhalb Deutschlands wäre es falsch, Kommentare abzugeben, und wir sollten einfach zusehen und lernen.
Brief aus England
Die Cop26-Klimakonferenz in Glasgow
Nach zwei Wochen und mit Zehntausenden von Teilnehmern aus der ganzen Welt ging am 12. November die Cop26-Klimakonferenz in Glasgow, Schottland, zu Ende. Hat sie etwas erreicht? Das wird nur die Zeit zeigen. Es gab viele Beschlüsse über den Anbau neuer Wälder und die Erhaltung bestehender Wälder. Die größte Enttäuschung war jedoch, dass China und Indien – die beiden größten CO2- Emittenten der Welt – sich weigerten, sich vor 2070 (Indien) bzw. 2060 (China) zu „Netto-Null“ zu verpflichten.
Brief aus England
In Erwartung einer neuen deutschen Regierung
Viele Freunde Deutschlands in der Welt, vor allem aber hier in Europa, warten gespannt auf die Nachricht von der Bildung einer neuen deutschen Regierung. Sicherlich wird es eine Koalition sein müssen, und wenn die Novemberausgabe der „Galvanotechnik“ Sie, liebe Leser, erreicht, wird die neue Regierung vielleicht schon gebildet sein. Natürlich gibt es viele Spekulationen darüber, welche Parteien in einer neuen Koalition vertreten sein werden – aber solche Spekulationen überlasse ich meinen viel besser informierten deutschen Kollegen.
Brief aus England
Neue Mauern
In allen westlichen Ländern wurde das Ende der 16-jährigen Amtszeit von Angela Merkel als Bundeskanzlerin zur Kenntnis genommen. Sie hat ihre Anhänger, aber auch ihre Kritiker. Aber es ist in Ordnung, wenn wir alle ihr und ihrem Mann Joachim einen schönen Ruhestand wünschen. Diejenigen, die ein gutes Gedächtnis haben, erinnern sich, wie Helmut Kohl sie als „Das Mädchen“ bezeichnete – und wir wissen, wie diese Geschichte endete!