Das Ersetzen eines mangelhaft gelöteten BGAs macht besonders viel Freude. Nicht nur, dass man aufwendige Gerätschaft benötigt, sondern wollte man es zum zweiten oder dritten Mal denn doch richtig machen, dauert es auch eine Weile – besonders bei qualitätsbewussten Firmen, die nur eine Reparatur pro BGA oder gar pro Baugruppe erlauben.
Die Entwicklung immer größerer BGAs mit stetig wachsender Anzahl von Kugeln, die Platzierung von mehr und mehr dieser teuren Bauteile auf und unter und sogar in der Leiterplatte, macht diese Operation heikler und heikler. Da die Baugruppe zu diesem Zeitpunkt auch noch an Wert zugenommen hat, zögert man, sie einfach zu entsorgen, wenn sie nicht funktioniert.
Die Kosten für ein Reparaturgerät variieren gewaltig, hängen aber auch von der Einstellung des Anwenders ab. Will man einfach mit einem Heißluftkolben loslegen, so kann das auch ein Heimwerker bezahlen. Aufwendigere Geräte mit Rechnersteuerung und Stickstoffeinleitung und einer Reihe weiterer Optionen können aber ins Geld gehen.
Damit ist es natürlich noch nicht getan, denn schließlich braucht man Zusatzgerät, Werkzeuge und nicht zuletzt eine Röntgenanlage, um nachzuprüfen ob die nächste Reparatur auch tatsächlich gelungen ist.
Neben Firmen, die sich auf die Reparatur von Bauteilen spezialisiert haben und als Dienstleister fungieren, gibt es beinahe unzählige Abteilungen, die ebenfalls mehr oder minder erfolgreich rumfummeln. Sie sind dann die Zielgruppe der Ausbilder, die sicher stellen, dass Ihre Mitarbeiter lernen, wie man es (ganz bestimmt) richtig macht.
Nachdem man herausgefunden hat, dass beim Reflow denn doch das eine oder andere BGA mit Fehlern aus dem Ofen fährt – gelegentlich sind es auch fehlerhafte BGAs, die aus ‚unerklärlichen' Gründen ihren Weg auf die Leiterplatte fanden – geht die rote Flagge hoch und die Baugruppe wird ausgefahren und vielleicht gelagert.
Die Schrittfolge bei der Reparatur ist bekannt. Zunächst heißt es, das Bauteil zu entfernen: Nachdem die Baugruppe ausgetrocknet wurde (meist mindestens 24 Stunden und eventuell länger, sollte das Bauteil gerettet werden), muss sie so vorbereitet werden, dass nur das fehlerhafte BGA thermisch beaufschlagt wird. Das Abziehen ohne eine Beschädigung der LP oder des Bauteils ist nicht ganz einfach und es wird mit zunehmender Größe und Komplexität immer schwerer.
Wurde das BGA bereits mit ‚underfill' versehen, verkompliziert sich dieser Schritt gewaltig und es stellt sich die Frage ob ein Erweichen des Kunststoffs ausreicht oder ob man zusätzlich chemisch und mechanisch vorgehen muss.
Aufbereitung der Landefläche und ‚retten' des Bauteils: Die Pads sind nach der Entfernung des Bauteils nicht mehr eben und ein Auftragen von Paste würde erschwert. Deswegen wird das noch anhaftende Lot mittels Litze oder Vakuumabsaugung entfernt.
Soll das teure oder schwer zu beschaffende Bauteil gerettet werden, müssen die Kugeln entfernt und neue angelötet werden – ein separater Schritt, der anderweitig getätigt wird: testen nicht übersehen.
Auftragen von Lotpaste: Hier stehen dem Spezialisten mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Minischablonen sind eine Option, wenn der Platz dafür vorhanden ist und der Spezialist eine ruhige Hand hat, Dispensen eine andere und sollte man ein gutes, verlässliches Gerät auftreiben käme auch Jetting infrage.
Alternativ oder zusätzlich kann man auch die Kugeln auf dem Bauteil mit Paste oder Flussmittel versehen.
Aufsetzen des Bauteils: Das macht man nicht mit der Hand und einer Saug-Pinzette sondern mit einem System, das sowohl die Pads wie auch die Kugeln des BGAs bildtechnisch erkennt und rechnerisch anpasst. Der Auflage-Druck beim Platzieren ist kritisch, denn ein Verwischen oder Zerquetschen des Pastenauftrags führt unweigerlich zur einer weiteren Reparatur.
Reflowlöten: Da die Wärme nur lokal aufgetragen werden sollte – benachbarte Bauteile sind empfindlich – wird meist mit Konvektion und eventuell mit Stickstoff gearbeitet. Das thermische Profil wird als kritisch angesehen und muss sowohl der Paste wie auch dem Bauteil Rechnung tragen. Wie man einer lokalen Verwerfung des Bauteils und der Leiterplatte entgegen wirkt, muss jeweils von Fall zu Fall entschieden werden.
Qualitätskontrolle: Einer der wichtigsten Schritte ist jetzt der Funktionstest und eine Röntgenbegutachtung. Die Entscheidung, ob die Reparatur erfolgreich verlief oder nicht, ist nicht einfach und bedingt weiteres Wissen und Ausbildung.
Produktionen sind unterschiedlich und hier sprechen wir mal die Menge der Waren an, die täglich gefertigt wird. Bei 10 oder 20 Produkten pro Tag, die jeweils ein BGA enthalten, ist die Lage überschaubar. Werden jedoch 20 000 gefertigt und enthalten sie jeweils ein halbes Dutzend BGAs verschiebt sich das Bild.
Die Reparatur eines größeren BGAs dauert zwischen 60 Minuten und zwei Stunden, ohne das eventuell nötig werdende Trocknen in der Klimakammer mit einzubeziehen. Somit kann sich ein Arbeiter während einer Schicht an einer Maschine mit zwischen vier bis acht Reparaturen befassen. Bei mehreren Tausend Lötverbindungen unter einem BGA muss man sich fragen, wie niedrig die Lötfehlerrate sein muss, um nicht Batallione von Arbeitern an Reihen von Reparaturmaschinen einsetzen zu müssen. Aber genau das sieht man inzwischen in einigen Produktionen.
Aus Sicht der Qualität und der Kosten sollte man einen Schritt zurück nehmen und sich fragen: Warum muss repariert werden? Wäre es nicht wiederum gescheiter und kostengünstiger gleich alles richtig zu machen wobei ‚Null-Fehler' natürlich auch eine Schimäre ist?
Zugegeben, das ist nicht ganz einfach. Aber ein guter Manager – und auch Prozessingenieur – arbeitet sehr hart bis er zu dem Punkt kommt, an dem er kaum mehr etwas zu tun hat. Das bedeutet, dass er lernt und beobachtet und mit allen zusammenarbeitet.
Aus der mathematischen Spieltheorie wissen wir, dass Kooperationsmodelle weit erfolgreicher sind als Konfrontationsmodelle – eine wissenschaftliche Erkenntnis, die offenbar bei Managern noch nicht angekommen ist oder verstanden wird. Das Prinzip solcher Universitäten wie ‚Schools of Economics', die Konfrontationsmodelle predigen und somit die verschiedenen Abteilungen wie Hyänen aufeinander hetzen, ist falsch, was sich auch unsere Politiker mit (und ohne) plagiierte Doktorarbeiten vielleicht merken sollten.
Alles im ersten Anlauf richtig zu machen kann eben nur gelingen, wenn alle harmonisch zusammen arbeiten. Man nennt das gelegentlich ‚people skill'.
Referenzen
[1] Aus William Hicksons ‚The Singing Master' (1836): ‚If at first you don’t succeed, try, try again'
Sein neues Buch über ‚Spezielle Reflowprozesse' erschien vor Kurzem beim Leuze Verlag. Er ist erreichbar unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, wohin auch Anfragen über In-Haus Seminare gerichtet werden können.