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Mittwoch, 23 September 2020 08:59

Mehr Roboter in die Elektronikfertigung

von Dr. Hartmut Poschmann
Geschätzte Lesezeit: 8 - 16 Minuten
Abb. 1: Beispiel für den Einsatz von ABB-Robotern in einer asiatischen Elektronikfertigung Abb. 1: Beispiel für den Einsatz von ABB-Robotern in einer asiatischen Elektronikfertigung Bild: ABB

Die Corona-Pandemie hat gelehrt, wie anfällig lange Lieferketten und wenig automatisierte Fertigungen sind. In diesem Beitrag wird anhand von Beispielen gezeigt, dass die Roboterhersteller mit einem wachsenden Dienstleistungsangebot bereitstehen, den Automatisierungsgrad der Elektronikindustrie voranzubringen. Die Regierungen führender Industrieländer unterstützen die Robotisierung von Fabriken durch zahlreiche Förderprogramme.

Die Corona-Pandemie schwächt die Wirtschaft weltweit. Dafür gibt es mehrfache Gründe, z. B. zeitweise Produktionseinstellungen als direkte Folge der Pandemie, unterbrochene Lieferketten, eingeschränkte Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Eine der Schlussfolgerungen, die sich vor allem in den ,westlichen' Industrieländern abzeichnet, ist, die Lieferketten wo möglich zu verkürzen, indem die Produktion von Zulieferungen aus dem günstigen Ausland zurück in die Nähe der Finalproduzenten geholt wird (Re-Shoring). Da diese Zulieferungen meist aus Ländern mit niedrigerem Lohnniveau kommen, muss bei der Rückverlagerung aus Gründen des Wettbewerbs die Frage der höheren Lohnkosten sinnvoll geklärt werden.

Eine andere Erkenntnis aus der Corona-Pandemie ist, dass die Produktion umso anfälliger ist, je mehr Menschen an ihr beteiligt sind. Sie können selbst erkranken oder aber in Quarantäne geschickt werden oder in Kurzarbeit. Auf nationalistische Denkweisen zur Rückverlagerung von Produktionsstätten, wie sie die Trump-Regierung immer nachdrücklicher von US-amerikanischen Firmen mit Produktion in China fordert, soll hier nur der Vollständigkeit halber hingewiesen werden.

Mehr Automatisierung

Eine wachsende Anzahl von Unternehmen versucht deshalb, die Krise als Chance zu verstehen und ihre Produktion umzustellen oder zu modernisieren, noch flexibler zu gestalten. Zielpunkte sind mehr Automatisierung einerseits und Verringerung der Beschäftigtenzahl andererseits. Bestenfalls kann bei gleichbleibender Mitarbeiterzahl mehr, aber preiswerter und variabler produziert werden.

Industrieroboter als wichtiges Instrument der Automatisierung haben für die Firmen gleich mehrere Vorteile: Zum einen werden sie nicht krank und sind nicht infektiös, zum anderen arbeiten sie oft präziser und ausdauernder als Menschen, was letztlich auch zur Kostensenkung beitragen kann. Gerade in der Elektronikindustrie ist es teilweise so, dass mit dem Voranschreiten der Miniaturisierung die Anforderungen an die Präzision steigen und zusätzlich die Gleichförmigkeit der Ausführung von Arbeitsoperationen stetig wächst (Abb. 1).

Die International Federation of Robotics (IFR) hat prognostiziert, dass von 2020 bis 2022 etwa zwei Millionen neue Industrie-Roboter in den Fabriken weltweit installiert werden [1]. Diese Einschätzungen sind noch kurz vor dem Beginn der Corona-Krise entstanden. Einige Experten gehen davon aus, dass sich das Re-Shoring durch Corona noch verstärken wird. Deswegen und wegen der generell zunehmenden Automatisierung wird die Nachfrage nach Robotern mittelfristig noch deutlicher als bis 2019 steigen – im Endergebnis wesentlich mehr als von der IFR vorausgesagt. Sollten beispielsweise wirklich viele US-Firmen, die bisher in Südostasien auf Basis wesentlich niedrigerer Löhne produziert haben, dem Druck der US-Regierung und den durch Corona veränderten Marktbedingungen nachgeben und die Produktion in die USA rückverlagern, macht das nur Sinn, wenn durch drastische Automatisierung mehr oder weniger auf die ‚menschenleere Fabrik' übergegangen wird. Das wiederum impliziert noch mehr Robotereinsatz.

Die IFR skizzierte, dass folgende drei Trends das Vordringen der Robotertechnik in die Produktion forcieren werden:

  • Leichtere Roboterintegration, weil Programmierung und Installation von Robotern deutlich einfacher werden, beispielsweise durch automatische Lernprogramme. Letztere leiten die Roboter an, ihre Bewegungen mit Trial-and-Error-Methoden zu optimieren und mit Videodemonstrationen zu arbeiten
  • Roboter arbeiten direkt mit Menschen zusammen (kollaboratives Arbeiten). Moderne Robotersysteme können schnell an sich verändernde Bedingungen in einem gemeinsamen Arbeitsraum (Shared Workspace) angepasst werden
  • Industrieroboter werden Bestandteil digitaler Netze. Sie sind eine zentrale Komponente der digitalen und vernetzten Produktion im Sinne von Industrie 4.0. Umso wichtiger ist es, dass sie miteinander kommunizieren können – unabhängig vom Hersteller. Die so genannte ‚OPC Robotics Companion Specification', die von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des VDMA und der OPC Foundation entwickelt wurde, definiert eine standardisierte generische Schnittstelle für Industrieroboter und ermöglicht die Anbindung von Industrierobotern an das IIoT

Die digitale Connectivity von Robotern, beispielsweise mit der Cloud, ist auch ein Treiber für neue Geschäftsmodelle. Roboter-Leasing – genannt Robots-as-a-Service – hat laut IFR Vorteile, die besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) attraktiv sein könnten: keine Kapitalbindung, fixe laufende Kosten, automatische Upgrades und kein Bedarf an qualifiziertem Personal für die Roboter.

„Wir sehen den Bedarf nach einer stärkeren, intelligenten und effektiven Automatisierung in der Elektronikfertigung ...“

In Abbildung 2 demonstriert die IFR die Entwicklungsetappen bzw. die Typen der kollaborativen Arbeit von Mensch und Roboter. Die jetzt vorherrschende Art der Zusammenarbeit von ihnen (roter Kasten) ist, dass beide zwar in einer Werkhalle arbeiten, aber mit getrennten Arbeitsbereichen, bzw. dass beide einen gemeinsamen Arbeitsbereich haben, jedoch sequenziell vorgehen. Der rechte Grafikbereich, wo Roboter und Mensch kollaborativ miteinander tätig sind, befindet sich erst im Anfangsstadium.Abb. 2: Entwicklungsetappen der Arbeit von Roboter und Mensch hin zur kollaborativen Tätigkeit Abb. 2: Entwicklungsetappen der Arbeit von Roboter und Mensch hin zur kollaborativen Tätigkeit

Wachsende Aktivitäten im deutschen Robotermarkt

Verschiedene Presseinformationen der letzten Wochen deuten darauf hin, dass sich sowohl die Roboterhersteller als auch deren Vertriebspartner verstärkt Gedanken machen, wie es nach Corona in der Industrie weitergeht. Es scheint, dass sie sich auf eine forcierte Marktentwicklung vorbereiten und dabei intensiver als bisher Produkte in Richtung stärkerer Automatisierung anbieten. Dabei schließen sie die Elektronikindustrie in ihre Überlegungen und Strategien deutlich ein. Der Anteil der Roboter, die ebenfalls für den Einsatz in der Elektronikindustrie geeignet sind oder speziell für sie konzipiert wurden, wächst. Dafür werden nachfolgend drei unterschiedliche Beispiele vorgestellt.

Hilpert electronics AG

Das Schweizer Unternehmen Hilpert electronics AG, ansässig in Dättwil, Eichenau, hat als Dienstleistung Beratung, Produktionsausstattung und Bereitstellung von Verbrauchsmaterial für die Entwicklung und Fertigung von Elektronik, Mikroelektronik und Mikromechanik. Das Unternehmen kündigte im Mai an, dass es mit dem taiwanesischen Roboterhersteller Techman Robot Inc. einen neuen Produktlieferanten in sein Programm aufgenommen hat. Mit diesem Schritt erweitert die Schweizer Vertriebsorganisation in der Elektronikindustrie das Produktportfolio um den Bereich Robotik. Erstes Ziel sei es, die kollaborierenden Roboter von Techman Robot in der Schweizer Elektronikfertigung zu etablieren. Weitere Industriesparten würden dann im Zuge des Sommers folgen. Die Besonderheit dieser kollaborierenden Roboter ist, dass sie aufgrund der integrierten Sensorik in unmittelbarer Nähe zum Menschen und mit ihm gemeinsam arbeiten können.

Weil die deutsche Tochter von Hilpert in Eichenau dasselbe Leistungsprogramm vertritt, ist davon auszugehen, dass die Techman-Roboter auch hier eingeführt werden. Die Schweizer geben deutlich zu erkennen, dass die jüngste Entscheidung für sie strategische Bedeutung hat.

„Als Hilpert AG arbeiten wir konsequent an einer Zukunftsausrichtung, die klar die Herausforderungen der Elektronikindustrie in der Schweiz in den kommenden Jahren im Auge hat“, sagte Raphael Burkart, Geschäftsführer der Hilpert electronics AG. Abgeleitet aus dieser Ausrichtung sei die Aufnahme einer kollaborierenden Roboterlösung in das Produktportfolio der logische Schritt gewesen. „Wir sehen den Bedarf nach einer stärkeren, intelligenten und effektiven Automatisierung in der Elektronikfertigung, die unsere Kunden für verschiedenste Aufgaben flexibel einsetzen können“.

Hilpert bietet vier Roboter in zwei Kategorien an. Bei den Systemen TM5-700 und TM5-900 handelt es sich um kleinere Roboter, mit einer Reichweite von 700 bzw. 900 mm und einer Traglast von 4 und 6 kg (Abb. 3). Mit dem TM12 und TM14 sind zwei weitere Roboter im Portfolio, die Reichweiten von bis zu 1300 mm und eine Traglast von bis zu 14 kg ermöglichen. Alle Roboter sind mit einem integrierten Kamerasystem ausgestattet, welches ihnen erlaubt, ihre Position zu erkennen, Koordinaten selbst einzustellen und visuelle Aufgaben zu erledigen. Des Weiteren können alle Systeme auch mobil innerhalb einer Fertigung an unterschiedlichen Positionen eingesetzt werden. Dazu werden die Roboter auf einen Transportwagen montiert und zu ihren jeweiligen Arbeitspositionen gefahren.Abb. 3: Beispiel für den Einsatz des Roboters TM5-700 von Techman in einem Montageband der Elektronikindustrie Abb. 3: Beispiel für den Einsatz des Roboters TM5-700 von Techman in einem Montageband der Elektronikindustrie

Dank der flexiblen Integration von Greifern und Peripheriegeräten unterschiedlichster Hersteller können die kollaborierenden Roboter für unterschiedlichste Anwendungen eingesetzt werden. Mittels der Plug&Play-Software lassen sich aufgrund der integrierten Hardware-Schnittstellen weitere Werkzeuge leicht einsetzen. Mit der Roboter-Programmiersoftware TMflow werden die jeweiligen Aufgaben des Roboters definiert. Durch die Drag-and-Drop-Handhabung lassen sich die Einzelschritte der Aufgabe leicht und intuitiv zusammenstellen.

Das Betriebssystem in der TM5-700 Steuerung basiert auf Windows. Somit lässt sich die gleiche Benutzeroberfläche direkt am TM5-700 wie auch auf einem entfernten PC installieren. Per Drag & Drop werden die einzelnen Funktionsbausteine in den Ablaufplan gezogen und anschließend eingerichtet. Auch die Einrichtung der Kamera ist in wenigen Minuten erledigt. Der Roboter-Basismodul mit seinen sechs Rotationsachsen wiegt 22 kg. Die Wiederholgenauigkeit von +/-0,05 mm ist für viele Anwendungszwecke in der Elektronikmontage ausreichend.

„Für die Roboter von Techman Robot sehen wir ein breites Anwendungsfeld in der Elektronikindustrie“, so Ralf Jentscher, Sales Manager und Berater Robotic der Hilpert AG. So kann der Roboter mittels eines Greifers Baugruppen in ESD-Verpackungen legen, größere THT-Bauteile und Stecker in Leiterplatten einsetzen oder auch mit Saugsystemen Baugruppen in Testsysteme einlegen und herausnehmen. Aber auch aktive Produktionsschritte sind möglich. Mit einem Schraubwerkzeug können beispielsweise Gehäuseschrauben festgedreht werden, mit einem Lötkolben Bauteile gelötet oder mittels eines Dispensers Klebstoffe, Dichtungen oder Vergussmassen appliziert werden. Visuelle Beispiele dazu findet man unter [3]. Abbildung 4 demonstriert symbolisch die große Einsatzbreite.Abb. 4: Applikationsvorschläge für TM5-700 Abb. 4: Applikationsvorschläge für TM5-700

Wie intensiv die Taiwaner den europäischen Markt selbst während der Corona-Pandemie angehen, belegt eine Pressemitteilung vom März dieses Jahres. In ihr informiert Techman darüber, dass es seine erste Europa-Niederlassung im niederländischen Alblasserdam eröffnet hat.

Die Strategen des Unternehmens denken deutlich in den Dimensionen von Industrie 4.0. Beispielsweise ist die TM Smart Factory von Techman Robot eine softwarebasierte Fabrikverwaltungslösung, die den Weg für eine vollständige Digitalisierung der Produktionsanlagen ebnet. Sie wurde entwickelt, um das Produktionsmanagement in Fabriken zu optimieren, in denen die Daten der kollaborativen Roboter und die Daten der gesamten Anlage zuvor nicht erfasst, überwacht und verwaltet wurden.

Universal Robots

Das dänische Unternehmen Universal Robots wurde 2005 von drei Studenten in Dänemark gegründet und war das erste Unternehmen, das kommerziell nutzbare kollaborierende Roboter herstellte. Die US-amerikanische Firma Teradyne übernahm Universal Robots im Jahr 2015 und hält dadurch einen Marktanteil von 50 % sowie 65 Patente. Auch hier hat man verstanden, dass Corona bei einer wachsenden Anzahl von Firmen neue Automatisierungsstrategien ins Rollen bringt. Dem entsprechend verkündete das Unternehmen Mitte Mai, dass es sein Vertriebsnetz in Deutschland gleich mit vier neuen Partnern ausbaut: Glaub Automation & Engineering GmbH, ID Ingenieure & Dienstleistungen GmbH, Samsys GmbH und Stadler GmbH & Co. Elektro KG weiter [4]. Die Auswahl dieser Firmen erfolgte bei weitem nicht zufällig.

„Es ist unser Anliegen, das Partnernetzwerk weiter zu stärken, um Unternehmen aller Größen den Weg zur Automatisierung mit unseren Cobots zu ebnen. Gerade der deutsche Mittelstand entwickelt derzeit ein neues Bewusstsein für kollaborative Robotik und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Ein verlässliches Netzwerk ist in dieser Situation der Schlüssel zum Erfolg – für uns, unsere Partner und unsere Kunden“, so Helmut Schmid, Geschäftsführer Universal Robots (Germany) GmbH und Regional Sales Director West- und Nordeuropa.

Die vier genannten neuen Partner der dänischen Roboterproduzenten zeigen in ihren Tätigkeitsfeldern gewisse Unterschiede. Die Glaub Automation & Engineering GmbH ist ein auf Automatisierung und Software-Services spezialisiertes Unternehmen mit Sitz in Deutschland und Ungarn. Für sie ergibt sich durch die Partnerschaft mit Universal Robots die wichtige Möglichkeit, das Angebot für die Branchen Automotive, Haushaltsgeräte und Health Care zu erweitern. Dabei will Glaub nicht nur für Großkunden THT-Bestückung, Kleinteilmontage und Prüfplätze realisieren, sondern auch für KMU Automatisierung in den Bereichen Handhabung und Applizieren/Dispensen mit UR-Cobots implementieren. Die Losung ist: Schneller automatisieren mit zertifizierten UR+ Anwendungs-Kits und Komponenten (Abb. 5).Abb. 5: Basismodul des UR3-Roboters von Universal RobotsAbb. 5: Basismodul des UR3-Roboters von Universal Robots

Die ID Ingenieure & Dienstleistungen GmbH ist etwas anders gelagert. Sie entwickelt Maschinen und Anlagen für die Verpackungsindustrie sowie den Konsumgüterbereich und ist Spezialist für Sondermaschinenbau. Dort sieht man die kollaborierenden UR-Roboter als wichtigen Bestandteil in Produktionen der Zukunft.

Die Samsys GmbH ist Expertin für Be- und Entladesysteme. Sie bietet Standard- und Sonderlösungen, um den jeweils optimalen Weg zur Automatisierung zu ermöglichen. Die Firma akzeptiert nur Geräte, die gut durchdacht konstruiert sind und die sich durch leichte Bedienbarkeit, schnelle Umrüstbarkeit, Zuverlässigkeit sowie Langlebigkeit auszeichnen. Das sind alles Argumente, die auch für die Elektronikfertigung interessant sind.

Die Stadler GmbH & Co. Elektro KG hat sich mit ihren Applikationsfeldern breit aufgestellt – mit Automatisierungslösungen auf Basis von Leichtbaurobotern für die Branchen Nahrungsmittel, Logistik, Pharmaindustrie, Metall, Elektronik und Automotive. Zusätzlich zu herkömmlichen Roboteranwendungen erschließt die Firma nun die kollaborative Robotik.

Universal Robots zielt bei seinen Robotern auf Systemlösungen, d. h. zusammen mit Partnern werden Interessenten UR+Anwendungs-Kits angeboten. Sie vereinfachen das Befestigen und Verbinden von Bauteilen oder anderer Objekte im Produktionsprozess. Beispiel dafür ist das Dahl Dispensing Kit (Abb. 6).Abb. 6: Symbolische Darstellung des Dahl Dispensing Kit Abb. 6: Symbolische Darstellung des Dahl Dispensing Kit

Die UR-Cobot-Familie, bei der jeder Roboter sechs Gelenke hat, bietet hinsichtlich der Traglast vier verschiedene Optionen mit 3, 5, 10 und 16 kg Belastbarkeit. Damit kann eine Vielzahl von Applikationen abgedeckt werden. Der UR3e, kleinster Cobot der Serie, ist für viele Aufgaben in der Elektronikindustrie einsetzbar. Durch die geringe Stellfläche eignet sich der ultraleichte kollaborierende Tischroboter besonders für den Einbau in Anlagen oder enge Arbeitsumgebungen. Der Cobot wiegt nur 11 kg und weist eine Traglast von 3 kg auf. Er benötigt eine Grundfläche mit 128 mm Durchmesser. Der Arbeitsradius beträgt 500 mm. Das Paket e-Series Cobot System beinhaltet alle Konnektivitäts-, Kommunikations- und Funktionalitätslösungen der e-Series Plattform: I/O, Netzwerk, USB, Anschlüsse für Peripheriegeräte, Sicherheitseinstellungen u. a. Man kann zwischen Gleichstrom- und Wechselstrommodellen wählen passend zur Stromversorgung des Nutzers.

Da alle seine Gelenke um 360 Grad rotieren können und sein ,Handgelenk' sich begrenzungsfrei drehen kann, bewältigt er hochpräzise Montage- und Schraubarbeiten mit Leichtigkeit (Abb. 7).Abb. 7: UR3e Cobot im praktischen EinsatzAbb. 7: UR3e Cobot im praktischen Einsatz

„Jedes Land hat seine eigenen Merkmale von Roboterprogrammen ...“

Ein entscheidender Faktor für den Robotereinsatz ist die Wiederholgenauigkeit des Arbeitskopfes [5]. Die 7-teilige Cobot-Reihe von Universal Robots (UR3, UR5, UR10, UR3e, UR5e, UR10e, UR16e) unterscheidet sich nicht nur durch unterschiedliche Arbeitsradien (500-1300 mm) und Belastbarkeiten (3-16 kg), sondern auch durch unterschiedliche Wiederholgenauigkeiten. Letztere reicht von +/- 0,03 mm bis +/- 0,1 mm.

Yaskawa

Auch Yaskawa verstärkt seine Deutschland-Präsenz, zumal das Angebot seit 2019 auch auf kleinere, für die Elektronikfertigung geeignete Roboter bzw. Cobots erweitert wurde. Davon hatte man dem Autor, als er 2017 Yaskawa in Kita-Kyushu besuchte, noch nichts gesagt. Es geht den Japanern jetzt generell um eine noch bessere Sichtbarmachung der gewachsenen eigenen Leistungsfähigkeit [6].

Das japanische Unternehmen bringt eine Reihe von Robotern auf den Markt, die für verschiedene Anwendungen optimiert sind, darunter Schweißen, Handling, Bauteilbestückung, Lackieren, LCD-Panel- und Halbleiterwafer-Transfer. Damit reagiert Yaskawa auch auf die in Japan wachsende Nachfrage nach Automatisierung, welche aus dem zunehmenden Arbeitskräftemangel resultiert. Das Unternehmen sagt, es sei an der Zeit, mit Robotern auch in anderen Branchen als der Automobilindustrie Produktivität zu verbessern und Herstellungskosten zu senken. So teilte Yaskawa im April dieses Jahres mit, dass sich der Konzern in der Technology Academy der Deutschen Messe in Hannover engagiert. Der Hersteller der MOTOMAN-Industrieroboter unterstützt als neuer Technikpartner die Robotation Academy und ist dort nun mit einer eigenen Plattform vertreten. Offensichtlich reichen die jetzt schon bei Yaskawa Deutschland vorhandenen Präsentationsmöglichkeiten für die angestrebten Marktziele nicht mehr aus. Der Hersteller zeigt im Pavillon der Technology Academy im Zentrum des Messegeländes auf rund zwölf Quadratmetern neue Robotik-Trends und aktuelle Modelle, darunter einen MRK-fähigen Hybridroboter MOTOMAN HC10. Vier Live-Demo- und Schulungszellen bieten dabei vielfältige Möglichkeiten für Kundenevents, Workshops und Fortbildungen.

Ende 2019 stellte Yaskawa zwei neue Typen von Horizontalrobotern mit zylindrischem Arbeitsraum (Scara-Typ) aus der MOTOMAN SG-Serie vor. Der MOTOMAN-SG400 ist mit maximal 3 kg belastbar (Reichweite 400 mm), der MOTOMAN-SG650 mit 6 kg (Reichweite 650 mm). Abbildung 8 zeigt die Basismodule der beiden Roboter.Abb. 8: Basismodule der neuen MOTOMAN-Roboter SG400 und SG650 für die ElektronikindustrieAbb. 8: Basismodule der neuen MOTOMAN-Roboter SG400 und SG650 für die Elektronikindustrie

Die High-Speed-Roboter mit einer sehr hohen Wiederholgenauigkeit von 0,01 mm sind besonders für hochpräzise Pick-&-Place-Aufgaben wie in der SMD-Bestückung sowie für Kleber-/Lotpasten-Auftrag und Komponentenzuführung geeignet. Sie können in bestimmten Fällen damit zu sehr guten flexiblen Alternativen für herkömmliche Bestückungsautomaten mit linearem XYZ-Verfahrsystem werden, jedoch sind sie unvergleichlich flexibler als letztere einsetzbar. Das mit 14kg recht geringe Eigengewicht erlaubt ein leichtes Verändern der Einsatzkonfiguration.

Im Mai 2020 stellte Yaskawa mit Semistar-Gekko MD124D einen speziellen Handling-Roboter für den Transfer von Halbleiterwafern vor, der sich durch hohe Positioniergenauigkeit, geringe Vibration und Eignung für Reinräume auszeichnet.

Regierungsprogramme zu Robotern

Nachfolgend von den betrieblichen zu den staatlichen Ebenen: Dass die Bedeutung des verstärkten Einsatzes von Robotern zusammen mit KI, 5G und Industrie 4.0 von den Regierungen der führenden Industrieländer der Welt verstanden wird, ist einer Pressemitteilung des IFR vom 5. Juni 2020 zu entnehmen [8].

Dort heißt es: Die Corona-Krise unterstreicht den wichtigen Beitrag, den Roboter für Industrie und Gesellschaft leisten. Forschungsförderprogramme (F & E) sind von entscheidender Bedeutung, um diese Entwicklungen zu ermöglichen und weiter zu unterstützen. Das IFR fasst in dieser Mitteilung die nationalen Finanzierungsprogramme in den neuen ‚World Robotics R & D Programs' zusammen. Darin werden die Ziele der staatlichen Forschungsförderprogramme in Asien, Europa und Amerika bezüglich künstliche Intelligenz, Big Data und 5G untersucht.

„Jedes Land hat seine eigenen Merkmale von Roboterprogrammen, die auf seinem spezifischen Hintergrund und seiner Geschichte basieren“, sagte dazu Prof. Dr. Jong-Oh Park, stellvertretender Vorsitzender des IFR-Forschungsausschusses und Mitglied der Geschäftsleitung. „Daher sehen wir, dass Robotikprogramme, die von den fortschrittlichsten Robotikländern eingerichtet wurden, einen ganz unterschiedlichen strategischen Fokus haben.“

In [8] werden Grundsätze der staatlich gestützten Roboterprogramme zu folgenden Ländern dargelegt:

  • China: Strategic Plan Made in China 2025
  • Japan: New Robot Strategy in Japan
  • Südkorea: The Intelligent Robot Development and Supply Promotion Act
  • EU: Robotics Projects funded by Horizon 2020
  • Deutschland: Robotics Projects funded by Horizon 2020 bzw. High-Tech Strategy 2025
  • USA: The National Robotics Initiative (NRI)

Zum Abschluss soll noch mit einer Zahl belegt werden, warum die Roboterhersteller als auch -händler so großes Interesse am deutschen Markt haben: Deutschland ist der fünftgrößte Robotermarkt der Welt und die Nummer eins in Europa, gefolgt von Italien und Frankreich. Im Jahr 2018 stieg die Anzahl der verkauften Roboter um 26 % auf fast 27 000 Einheiten – ein neuer Rekord aller Zeiten. Es ist durchaus zu erwarten, dass dieser Rekord in den nächsten zwei Jahren gebrochen wird.

Referenzen:

  1. https://ifr.org/news/top-trends-robotics-2020/
  2. www.hilpert.ch, www.hilpert-electronics.de/
  3. www.tm-robot.com/en/industry/
  4. www.universal-robots.com/de/
  5. www.jugard-kuenstner.de/universal-robots/cobots-ur3-ur5-ur10-ur16/ur3/
  6. www.yaskawa.de/header-meta/news-events
  7. www.yaskawa-global.com/newsrelease/product/25911
  8. https://ifr.org/ifr-press-releases/

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 9
  • Jahr: 2020
  • Autoren: Dr. Hartmut Poschmann

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