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Mittwoch, 23 Dezember 2020 13:00

Auf den Punkt gebracht: Matrix-Scheinwerfer – Licht wird Kommunikator

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Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten
Abb. 1: Der neue Audi e-tron S mit neuer Lichttechnologie: Stromverbrauch kombiniert in kWh/100 km: 28,4-26,8 (WLTP) CO2-Emissionen kombiniert in g/km: 0 Abb. 1: Der neue Audi e-tron S mit neuer Lichttechnologie: Stromverbrauch kombiniert in kWh/100 km: 28,4-26,8 (WLTP) CO2-Emissionen kombiniert in g/km: 0

Car2X Communication als Segment des autonomen Fahrens

Die Kommunikation zwischen Fahrzeugen erfolgt auch heute noch ,reaktiv', also per Lichthupe, per Signalhorn oder Handzeichen durch den Fahrer (m/w/d). So gibt man beispielsweise die Vorfahrt an einen anderen Verkehrsteilnehmer ab, warnt einen anderen oder signalisiert einem Fußgänger, dass man anhält und ihn queren lässt.

Das wird sich künftig ändern: solche Lichtsignale zur Kommunikation werden ,proaktiv' durch den Fahrzeugrechner ausgelöst oder kommen als Signal aus der Cloud. Matrix-Scheinwerfer mit 1,3 Millionen Pixel können dazu Signale oder sogar Schrift und Symbole auf die Fahrbahn projizieren. Ein Licht-Zebrastreifen aus den Hauptscheinwerfern projiziert, signalisiert einem Fußgänger, man ist von der Sensorik erkannt worden und das Fahrzeug gibt den Weg frei.

Solche Interaktion hat nebenbei auch gleich den Effekt, dass Vertrauen zu selbstfahrenden Fahrzeugen entsteht (Abb. 1). Gleiches gilt für Rücklichter, die mit unterschiedlichen Mustern oder Blinkfrequenzen z. B. eine Notfall Bremsung signalisieren. Technisch gesehen ist ein Matrix-Scheinwerfer als Frontlichtquelle ein Projektor und die Rücklichter werden zum Display.

Zukünftige Lichtarten

Folgende zukünftige Lichtarten sind definiert und teilweise bereits aktuell realisiert:

  • ‚Advanced Coming Home Light' leuchtet den Weg zur Haustür nach dem Verlassen des Fahrzeuges aus. Das ‚Leaving Home Light' beleuchtet den Weg zum Fahrzeug, wenn man sich dem Fahrzeug nähert bzw. per Schlüssel-Fernbedienung öffnet.
  • Mit ‚Glarefree High Beam' bezeichnet man das blendfreie Fernlicht, bei dem vorausfahrende Fahrzeuge oder entgegenkommende Fahrzeuge durch Abblenden der entsprechenden Pixel ausmarkiert werden. Eine Blendung wird so vermieden.
  • Das ‚Lane Light' beleuchtet die eigene Fahrspur.
  • Mit ‚Orientation Light' bezeichnet man die zusätzlichen Lichtmarkierungen innerhalb der ausgeleuchteten Fahrspur genau in der Breite des eigenen Fahrzeuges inclusive Spiegeln. Dies hilft vor allem bei sehr engen Durchfahrten oder in Baustellen auf Autobahnen.
  • ‚Marking Light' beleuchtet z. B. Fußgänger blendfrei oder Radfahrer, um so die Aufmerksamkeit des Fahrers zu erhöhen.

Texas Instrument DLP Chip

Der altbekannte Texas Instrument DMD Chip (Abb. 2) steuert die Matrix-Scheinwerfer. Diese Chips werden seit Jahren in der digitalen Druckvorstufe eingesetzt und auch in der Leiterplattenindustrie für digitale Belichter ohne Film. Allerdings mussten für die Anforderungen der Automobilindustrie gerade in Bezug auf den zulässigen Temperaturbereich und die Rüttelfestigkeit deutliche höhere Anforderungen erreicht werden.

Abb. 2: Technologie aus dem Videobeamer: Das Herzstück des Hightech-Scheinwerfers ist ein kleiner Chip mit etwa einer Million MikrospiegelnAbb. 2: Technologie aus dem Videobeamer: Das Herzstück des Hightech-Scheinwerfers ist ein kleiner Chip mit etwa einer Million Mikrospiegeln

Hinter den Matrix-Scheinwerfern (Abb. 3) steht eine Technologie mit dem Kürzel DMD (Digital Micro-Mirror Device). Als Herzstück fungiert ein kleiner Chip mit etwa einer Million Mikrospiegeln, von denen jeder nur eine einige hundertstel Millimeter Kantenlänge hat. Mithilfe elektrostatischer Felder lassen sich die Spiegel in jeder Sekunde bis zu 5000 Mal kippen.

Abb. 3: Aufbau eines Digitalen Matrix-LED-Scheinwerfers auf Basis des DMD ChipsAbb. 3: Aufbau eines Digitalen Matrix-LED-Scheinwerfers auf Basis des DMD Chips

Ihre Stellung entscheidet darüber, was mit dem Licht, das von drei Hochleistungs-LEDs erzeugt wird, geschieht. Der Großteil von ihm gelangt über ein Linsensystem auf die Straße; wenn bestimmte Bereiche ausgeblendet werden sollen, wird das entsprechende Licht in einen Absorber geleitet, der es schluckt. Abbildung 3 zeigt auch deutlich, wie aufwendig solche Scheinwerfer-Systeme sind. Eine eigenes Peltier Kühlelement gehört ebenso dazu wie die Ansteuerelektronik für den DMD Chip sowie ein kombiniertes LED-Abblendlicht und das Matrix-LED-Modul.

Ganz neu ist diese Technologie nicht, denn bei Mercedes wurden diese Matrix-Scheinwerfer in den Mercedes-Maybach-Modellen 2018 verbaut.

Rückleuchten mit digitaler OLED Technologie

Organische Leuchtdioden in den Heckleuchten, den sogenannten OLEDs (Organic Light Emitting Diode), wurden erstmals 2016 eingesetzt. Die Digitalisierung verspricht nun mehr Sicherheit im Straßenverkehr und erlaubt erstmals eine Personalisierung der Heckleuchten-Signatur. Audi ist mit dieser Technologie in die Serienproduktion eingestiegen und plant in diesem Jahr ca. 100 000 Fahrzeuge herzustellen und 2021 ca. 200 000 Fahrzeuge.

Vorteile der OLED-Technologie

Abb. 4: Organic Light Emitting Diodes (OLED) Rückleuchten mit individualisiertem Design beim neuen AUDI Q5Abb. 4: Organic Light Emitting Diodes (OLED) Rückleuchten mit individualisiertem Design beim neuen AUDI Q5OLED-Lichtquellen sind Flächenstrahler – im Gegensatz zu Punktlichtquellen wie LEDs aus Halbleiterkristallen. Die Vorteile der OLEDs: Das Licht ist extrem homogen. Es lässt sich stufenlos dimmen und erreicht einen sehr hohen Kontrast. Es lässt sich in Segmente aufteilen. Diese Segmente sind einzeln ansteuerbar und können unterschiedliche Helligkeiten entwickeln. Die Segmentabstände sind dabei minimal. Die Leuchteinheit benötigt keine Reflektoren, Lichtleiter oder ähnliche Optiken. Dadurch werden die OLED-Einheiten sehr effizient, leicht und flach. Das vergrößert die Designfreiheiten erheblich.

Ein OLED-Lichtelement ist nur einen Millimeter dünn, während konventionelle LED-Lösungen wesentlich größere Bautiefen von 20 bis 30 Millimetern erfordern. Der Energiebedarf einer OLED ist noch einmal signifikant geringer im Vergleich zu einer LED-Optik, wenn diese eine ähnliche Homogenität erreichen soll.

Die größere Zahl einzeln ansteuerbarer Segmente ist nun beliebig aktivierbar und stufenlos in der Helligkeit regelbar. Im Q5 sind das aktuell drei Kacheln à sechs Einheiten, also 18 Segmente pro Leuchte. Die hohe Präzision und große Variabilität bieten den Lichtdesignern viele Möglichkeiten. Das funktioniert mit einer einzigen Hardware, die drei Wunsch-Signaturen in den Heckleuchten möglich macht. Im drive select-Modus ‚dynamic' wechseln die Leuchten zudem auf eine weitere Signatur. Außerdem lassen sich Animationseffekte umsetzen wie Coming-Home-/Leaving-Home-Lichtszenarien.

Unterschied zur bekannten OLED-Technologie

Aus einem reinen Medium für Signalfunktionen wird also ab sofort zusätzlich ein Darstellungsmedium für unterschiedliche Inhalte.

Außerdem verbessern digitale OLED-Leuchten die Verkehrssicherheit durch eine Annäherungserkennung. Nähert sich einem stehenden Fahrzeug ein anderer Verkehrsteilnehmer von hinten auf weniger als zwei Meter an, aktivieren sich alle OLED Segmente.

Künftig sind deutlich mehr Segmente pro Heckleuchte denkbar. Das erlaubt noch mehr personalisierbare Leuchtsignaturen.

Abb. 5: Status-Übersicht über die verschiedenen Display-TechnologienAbb. 5: Status-Übersicht über die verschiedenen Display-Technologien

Der Blick voraus

Die vorgenannte Matrix-Scheinwerfer-Technologie ist sehr kostenaufwendig und eignet sich derzeit nur für teure Oberklassen-Fahrzeuge. Deshalb geht die weitere Entwicklung in Richtung Digtal Grid Light. Die Entwicklung von Micro LED kommt hier zum Einsatz. 25 000 einzeln ansteuerbare MicroLEDs entsprechend 25 000 Pixeln. Die Eigenschaften wie hochauflösendes Licht, kompaktes Packaging und hohe Effizienz sind im Wesentlichen vergleichbar mit der DMD Chip Lösung.

Auf den Punkt gebracht:

  • Mit den Neuentwicklungen der Elektromobilität kommen auch neue Lichtkonzepte und Designs zum Einsatz. Einhergehend mit der Car2X Kommunikation werden wesentliche Sicherheitskonzepte für die bald marktreifen autonomen Fahrzeuge serienreif gemacht.
  • Die Auflösung der Scheinwerfer wird durch einen Chip mit 1,3 Mio. stark reflektierenden Mikrospiegeln aus Aluminium erreicht, der Mikrospiegelarray (DMD) genannt wird. Ein DMD ist ein elektromechanisches Mikrosystem (MEMS) zur effizienten und zuverlässigen räumlichen Lichtmodulation mit hoher Geschwindigkeit.
  • Mit derartig aufgebauten Matrix-Scheinwerfern können mehr als 5 Basis-Lichtarten eingesetzt werden und die Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern erleichtert werden.
  • Im Rücklicht Bereich werden zukünftig vielteilige Organic Light Emitting Diodes (OLED) Rückleuchten mit individualisiertem Design eingesetzt, die ebenfalls kommunizieren können.

Ein ungewöhnliches Jahr voller besonderer Herausforderungen neigt sich dem Ende zu.

Die globale Dimension der Pandemie beunruhigt uns. Vieles Gewohnte ist plötzlich abhandengekommen wie der regelmäßige persönliche Kontakt mit Kunden, Lieferanten und Mitmenschen oder auch die Gespräche mit Branchen-Kollegen am Abend auf der electronica und anderen Messen.

Wir lernen wieder mehr Demut!

Das Streben nach größer, schneller, höher hat einen Gegner bekommen und der Glaube, unverwundbar zu sein erweist sich als trügerisch.

Schauen wir positiv nach vorne und hoffen, dass wir die Pandemie mit ihren gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen bald in den Griff bekommen.

Die guten Nachrichten der Impfstoffentwickler sind zumindest ein Licht am Ende des Tunnels.

Ich wünsche Ihnen – trotz der ungewöhnlichen und schwierigen Lage – eine stimmungsvolle und besinnliche Advents- und Weihnachtszeit.

Bleiben Sie gesund und der PLUS auch 2021 gewogen

 

Ihr

Hans-Joachim Friedrichkeit

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 12
  • Jahr: 2020
  • Autoren: H. J. Friedrichkeit

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