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Freitag, 08 Januar 2021 13:00

Reinigung zur Wiederherstellung der Lötbarkeit

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Vergleich der Benetzungskräfte von mit revivec behandeltem Bauteil mit unbehandeltem Rohbauteil (rote Kurve) Vergleich der Benetzungskräfte von mit revivec behandeltem Bauteil mit unbehandeltem Rohbauteil (rote Kurve)

Sogar Bauteile aus den neunziger Jahren finden heute noch den Weg auf Leiterplatten. Ältere Bauteile stammen häufig aus Quellen mit nicht langzeittauglichen Lagerprozessen, so dass Oxidschichten oder organische Verunreinigungen an den Oberflächen die Lötbarkeit signifikant verschlechtern können. Gründliche Reinigung kann hier helfen.

In der schnelllebigen Elektronikwelt sind Unternehmen oftmals von Qualitätsschwankungen ihrer Rohware betroffen. Nicht selten finden sogar Bauteile aus den neunziger Jahren z. B. in PLCC-Gehäusen den Weg auf Leiterplatten in verschiedenen Industriebereichen. Dabei zeigt sich, dass ältere Bauteile häufig aus Quellen mit nicht langzeittauglichen Lagerprozessen stammen. Das führt dann zur Bildung von Oxidschichten oder organischen Verunreinigungen an den Oberflächen der Bauteilpins oder der Leiterplatte, welche die Benetzungsfähigkeit deutlich herabsetzen und die Lötbarkeit signifikant verschlechtern. Schlecht verlötete Bauteile führen dann zu Ausfällen ganzer Baugruppen oder auch zu besonders kostspieligen Frühausfällen im Feld. Um die Lötbarkeit und damit die sichere Verarbeitbarkeit von Bauteilen oder der Leiterplatten wiederherzustellen, ist eine gründliche Reinigung der Komponenten notwendig.

Die Reinigung erfolgt auf klassischem Weg durch den Einsatz von lösungsmittelhaltigen Flüssigkeiten und Chemikalien. Neben Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsaspekten wie der Entsorgung ggf. umweltschädlicher Emulsionen oder anschließend zusätzlich benötigter Trockenschritte ist insbesondere die rückstandsfreie Entfernung der Reinigungsflüssigkeiten problematisch.

HTV hat ein Verfahren unter dem Namen revivec entwickelt, mit dem elektronische Komponenten von Rückständen und Oxidschichten befreit werden. Mit dem Verfahren lassen sich nach Angaben des Herstellers sicher und kostensparend die Benetzungskräfte erhöhen und damit die Lötbarkeit verbessern.

Durch spezielle Reinigungsrezepturen und die schonende Wirkung von Niederdruck-Plasma ist es möglich, die Lötbarkeit von elektronischen Bauteilen oder Leiterplatten signifikant zu verbessern, und zwar ohne chemische Reinigungsverfahren, die oft Rückstände bilden, welche sich nicht immer komplett entfernen lassen.

Durch die besondere Zusammensetzung des Plasmas werden die unerwünschten Schichten aufgebrochen und entfernt. Die selektive Wirkung lediglich an der Oberfläche sorgt dafür, dass keine Gefahr für Bauteile oder Leiterplatten besteht. Auch hartnäckige organische Verunreinigungen können durch selektive, gasförmige Reinigungsrezepturen in ihrer Bindung geschwächt und anschließend in einem zweiten Prozessschritt entfernt werden.

Während der Reinigung erfolgt auch eine Trocknung, die ähnlich schonend wie eine Vakuumtrocknung bei reduzierter Temperatur wirkt. Damit entsteht kein unerwünschter Feuchtigkeitseintrag, der bei der Bestückung zum Popcorneffekt führen könnte. Durch das angewandte Niederdruckverfahren wird jeder Winkel des Bauteils oder der Leiterplatte gereinigt, auch dort, wo konventionelle Reinigungsmittel nicht hingelangen. Je nach Verunreinigung lässt sich das Verfahren in einem mehrstufigen Prozess parametrieren und mit unterschiedlichen Gasrezepturen je nach Anwendungsfall anpassen.

Richtige Langzeitlagerung

Sinnvoller als Bauteile und Leiterplatten nach nicht sachgemäßer Lagerung zu reinigen, ist es allerdings, die Lötbarkeit durch geeignete Lagerprozesse zu erhalten und die Alterungsprozesse zu stoppen. Hierfür hat HTV das Lagerverfahren TAB (Thermisch-Absorptive-Begasung) entwickelt, welches durch Vermeidung bzw. starke Reduktion der Alterungsprozesse die Einlagerung elektronischer Komponenten unter Beibehaltung ihrer Funktionalität und Verarbeitbarkeit bis zu 50 Jahren ermöglicht. Wesentliche Alterungsprozesse sind:

  • Diffusionsprozesse (Anschlüsse
    und Halbleiterchip)
  • Alterung durch Feuchte und Sauerstoff
    (Korrosion und Oxidation)
  • Alterung durch Schadstoffe
  • Whiskerbildung
  • Zinnpest

Bei der gängigen Lagerung unter Stickstoff wird ausschließlich die Oxidation reduziert, die nur ein Teil der zu berücksichtigenden Alterungsprozesse ist. In den sogenannten Stickstoff-Drypacks, die oftmals für eine Langzeitlagerung verwendet werden, findet man bei einem Standardverpackungsprozess zudem immer noch einen geringen Sauerstoffanteil, sodass auch Oxidationsprozesse nicht ausgeschlossen werden können. Andere Alterungsprozesse, wie die Diffusion oder auch Korrosion durch ausgasende Schadstoffe werden nicht reduziert.

Stark verunreinigtes Bauteil vor und nach der Behandlung mit revivecStark verunreinigtes Bauteil vor und nach der Behandlung mit revivec

Das Verfahren der Thermisch-Absorptiven-Begasung ist eine Kombination unterschiedlicher Methoden und verringert im Gegensatz zur Lagerung in Stickstoff-Drypacks oder Korrosionsschutz-Folien nahezu alle relevanten Alterungsursachen. Dies wird im Wesentlichen durch drei Mechanismen erreicht:

  • Durch Temperaturreduktion wird die Schwelle der Aktivierungsenergie erhöht. Chemische Reaktionen laufen so gar nicht oder nur sehr langsam ab. Dadurch werden Alterungsprozesse nahezu gestoppt, wie z. B. am Wachstum der intermetallischen Phase (Diffusion am Bauteilanschluss) zwischen dem Kupfer aus dem Inneren des Bauteilpins in das Zinn der Pinoberfläche deutlich gezeigt werden kann. Auch andere kritische Effekte, wie die Zinnpest, können vermieden werden.
  • Ein speziell entwickeltes System aus Funktionsfolien und individuell zusammengestellten komponentenspezifischen Absorptionsmaterialien: Dieses bewirkt die Absorption organischer und anorganischer Schadstoffe, die aus den elektronischen Komponenten ausgasen oder von außen in die Verpackungen diffundieren.
  • Ein konservierender Gascocktail umspült die zu lagernden Komponenten und wirkt Korrosionsprozessen entgegen.

Die Lagerung erfolgt zudem in Hochsicherheitsgebäuden, in denen die Komponenten auch vor Brand, Diebstahl und Naturkatastrophen gesichert sind.

 

Fazit:

Mit dem revivec-Verfahren kann die Lötbarkeit von Bauteilen und Leiterplatten zuverlässig verbessert werden, wodurch der Lötprozess wieder die gewünschte Qualität erreicht und kostspielige Ausfälle vermieden werden. Die Lötbarkeit bereits im Vorfeld während der Lagerung über Jahrzehnte zu erhalten, ermöglicht das Langzeitkonservierungsverfahren TAB durch Vermeidung bzw. starke Reduktion der Alterungsprozesse.

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