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Mittwoch, 16 Dezember 2020 13:00

Die Bauelemente-Märkte in der Corona-Pandemie

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Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten

Trotz gutwilliger Digital-Affinität war die ZVEI-Pressekonferenz auf der electronica 2020 virtual gewöhnungsbedürftig. Thema war die ,Marktentwicklung elektronischer Bauelemente und Baugruppen' am 10. November.

Wie die ganze Messe lief auch die traditionelle Pressekonferenz corona-bedingt nicht im gewohnten Sitzungssaal am Eingang West, sondern als bescheidene Home-Office-Videoschalte mit Johann Weber, Vorsitzender des ZVEI-Fachverbandes PCB and Electronic Systems sowie mit Christoph Stoppok, ZVEI-Fachverbandsgeschäftsführer von ‚Electronic Components and Systems' und ‚PCB and Electronic Systems'. In der Sache war es der gleiche Ablauf wie immer: Beide Präsenter gaben die aktuellen Zahlen und eine konzise Einschätzung der Lage der Märkte für elektronische Bauelemente – sowohl weltweit als auch heruntergebrochen auf Europa und Deutschland.

Dass die wirtschaftliche Gesamtsituation derzeit alles andere als zufriedenstellend ist, zog sich wie ein roter Faden durch beide Vorträge. Die Erholung aus der laut IWF „schwersten Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren“, so Weber, werde durch den weiteren Verlauf der Pandemie bestimmt. Dabei war das weltweite BIP-Wachtum bereits 2017 bis 2019 rückläufig. 2020 dürfte es -4,4 % erreichen. In Deutschland wird der Einbruch -6 % betragen. Im dritten Quartal zeigte sich zwar ein (vorschnell) optimistischer Anstieg um 8,2 %. Doch die deutsche Industrieproduktion lag bis Ende August um 14 % unter dem Vorjahresniveau. Weber: „Corona stürzt die Wirtschaft in eine tiefe Rezession“ (Abb. 1).PK Bauelemente Electro opt ONLINEAbb. 1: Weltweites BIP-Wachstum in Prozent (Quelle: Internationaler Währungsfonds IWF)

Das Corona-Virus trifft als Angebots- und Nachfrageschock die Wirtschaft in beinahe allen Bereichen, insbesondere die konsumtiven Dienstleistungen, nur gedämpft durch die gezielte Konjunkturpolitik der Industrieländer. Im bisherigen Jahresverlauf, so Weber, wurden zudem die anfangs positiven Signale einer „ungleichen Erholung“ durch erneute nationale und regionale Lockdown-Restriktionen wieder stark abgebremst. Weber: „Der Grad an Unsicherheit bleibt extrem hoch“.

Zur aktuellen Lage der Elektroindustrie aus der Sicht des ZVEI: Nach einem heftigen Einbruch im Frühjahr (wenn auch weniger tief als in der Finanzkrise 2008/09) hat sich zumindest der Geschäftsklima-Index des ZVEI wieder etwas erholt (Abb. 2). Er verharrt allerdings immer noch im negativen Bereich. Immerhin: die Kapazitätsauslastung ist im vierten Quartal 2020 wieder über 80 %, sie liegt also nur um 0,7 % unter der zu Anfang des Jahres. Die Industrie erwartet einen U-förmigen, also flachen Verlauf der Erholung. Als zusätzliche Belastung sehen die Teilnehmer einer ZVEI-Umfrage den ,Systemstreit' zwischen China und den USA. Bislang allerdings hat das auf Seiten deutscher Unternehmen noch nicht zu einem forcierten Ausbau anderer asiatischer Standorte geführt.Abb. 2: Geschäftklima-Index im Oktober, in Salden (Quelle: Destatis und ZVEI-eigene Berechnungen)Abb. 2: Geschäftklima-Index im Oktober, in Salden (Quelle: Destatis und ZVEI-eigene Berechnungen)

Die elektronischen Bauelemente haben 2019 substanzielle Umsatzrückgänge eingefahren: Weltweit waren das 9,8 % auf 589,3 Mrd. $. Insgesamt jedoch hielt sich das Jahr 2020 auf diesem Niveau. Abbildung 3 zeigt diesen Verlauf für die industriellen Weltregionen. Den größten Marktanteil verbucht China mit 38 %, gefolgt von Asien/Pazifik mit 25 %. Die zur EMEA erweiterte Region Europa hält gerade 9 %.Abb. 3: Weltmärkte für elektronische Bauelemente nach RegionenAbb. 3: Weltmärkte für elektronische Bauelemente nach Regionen

Weltmarkttrends: Einbußen bereits 2018 und 2019

Interessant auch die vom ZVEI ermittelten Weltmarkt-Trends bei den diversen Bauelemente-Kategorien:, Schichtschaltungen, Leiterplatten, elektromechanische und passive Komponenten sowie Hableiterbauelemente. Sie verzeichnen bereits in den Jahren 2018 bis 2019 deutliche Einbußen. Nur die Halbleiterbauelemente haben seit 2019 (zumindest numerisch) wieder um 2,9 % zugelegt (Abb. 4). Der Weltmarkt für Halbleiterbauelemente wird bekanntlich seit Jahren von China dominiert, das seinen Anteil auch 2020 (um 1,2 %) steigern wird. Ähnliches gilt für die Region Asien/Pazifik. Für die globalen Halbleitermärkte rechnen die meisten Analysten nach dem geradezu euphorischen Jahr 2018 (mit einem Gesamtumsatz von 469 Mrd. $) einen Einbruch, der bis 2021 anhalten dürfte.

Der deutsche Markt für elektronische Bauelemente folgt im Wesentlichen den globalen Trends: 2019 mit einem Umsatzrückgang um 5,1 % auf 19,9 Mrd. Euro, gefolgt in diesem Jahr von einem zu erwartenden weiteren, Corona-bedingten, Rückgang um 14,6 %. Derselbe Verlauf zeigt sich bei den Baugruppen: 2019 ein Umsatzrückgang um 8,2 % auf 30,2 Mrd. Für 2020 erwartet der ZVEI nochmals einen Abfall um 14,6 %. Der europäische Bauelemente-Markt verzeichnete 2019 einen relativ milden Einbruch von 1,6 % auf insgesamt 55,4 Mrd. Euro. 2020 verstärkte sich jedoch dieser negative Verlauf mit einem Minus von 14,5 %.Abb. 4: Weltmarkt für Bauelemente nach Produkt-KategorienAbb. 4: Weltmarkt für Bauelemente nach Produkt-Kategorien

Fazit: Die Hightech-Branche hofft auf ruhigere Zeiten. Änderungen der Nachfrageprofile und Pandemie-bedingte Strukturverschiebungen der traditionellen Abnehmerbasis für Elektronikprodukte und fertigungsnahe Dienstleistungen sind bereits deutlich erkennbar. Sie dürften bald auch das Innovationsverhalten der Industrie neu definieren.

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