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Dienstag, 09 März 2021 10:59

Bericht aus Dresden: Robot Valley im Silicon Saxony

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Geschätzte Lesezeit: 7 - 13 Minuten
Abb. 1: Roboter abgeschirmt unter sich  (im Fraunhofer-IWU) Abb. 1: Roboter abgeschirmt unter sich (im Fraunhofer-IWU)

Robotikunternehmen und -Forschungseinrichtungen im ‚Silicon Saxony' bringen immer mehr international vielbeachtete Innovationen in den Robotertechnologien hervor. Dazu tragen universitäre Ausgründungen und zugezogene Robotikfirmen ebenso bei, wie gewachsene Automatisierungsunternehmen und einzigartige Exzellenzcluster. Gebildet wurde jetzt die Allianz ‚Robot Valley Dresden', um die Region als Tal der Robotertechnologien zu profilieren und die Wirtschaftskraft auf diesem Gebiet zu steigern.

Abb. 2: Roboter-Mensch-Beziehung – der humanoide Roboter ‚Pepper‘ unterstützt seit November 2018 die Forschung des Lehrstuhls Adaptive Dynamische Systeme der TU DresdenAbb. 2: Roboter-Mensch-Beziehung – der humanoide Roboter ‚Pepper‘ unterstützt seit November 2018 die Forschung des Lehrstuhls Adaptive Dynamische Systeme der TU Dresden„In und um Dresden haben sich inzwischen zahlreiche Unternehmen angesiedelt, die auf die eine oder andere Weise mit Robotik zu tun haben“, betonte der Amtsleiter der Wirtschaftsförderung Dresden, Robert Franke. Die Robotik ergänzt sehr gut die Schwerpunkte der Mikroelektronik- und Softwareindustrie im Silicon Saxony im Zusammenspiel mit dem starken Maschinenbau der Region, der sich auch auf die starke Ära der Feinwerk- und Büromaschinentechnik sowie der Uhrenindustrie in der Historie Sachsens begründet. Dadurch kann und will die sächsische Landeshauptstadt jetzt eigene Akzente in den Robotertechnologien setzen und sich als Robotik-Hochburg profilieren. Die Vision ist eine eigene Roboterfertigung.

Um diesen Trend zu fördern, haben Roboterexperten Mitte 2020 die Allianz ‚Robot Valley Dresden' gegründet. Ziel ist, kleine und mittelständische Unternehmen zu inspirieren, neue Technologien zu nutzen und insbesondere roboterbasierte Automatisierungslösungen zu entwickeln, mit denen Menschen und Roboter im gleichen Arbeitsumfeld gemeinsam Aufgaben erledigen können. Koordinator ist Prof. Steffen Ihlenfeldt vom neuen Fraunhofer-Zentrum für Cyberphysikalische Produktionssysteme (CPPS) im Fraunhofer-IWU und des Instituts für Mechatronischen Maschinenbau der TU Dresden. „Unsere Allianz wird dafür sorgen, dass Robotik langfristig ein Aushängeschild für den Standort Dresden sein wird.“

Prof. Welf-Guntram Drossel, Direktor des Fraunhofer-IWU betonte auf dieser Veranstaltung, dass gerade Corona gezeigt habe, wie wichtig eine neue, krisenfestere und flexiblere Art des Produzierens in Deutschland und Europa sei: „Wir brauchen Maschinen, Roboter und Fabriken, die zusammengebrochene Lieferketten und kranke Mitarbeiter schnell ausgleichen können. Künftige Roboter und Anlagen müssen imstande sein, kurzzeitig über Tausende Kilometer Entfernung von einer anderen Maschine in China oder Norditalien zu lernen, wie sie das benötigte Bauteil selbst hier in Deutschland herstellen können.

In Dresden sind Volkswagen, die Chiphersteller Infineon und Globalfoundries, aber auch die Hightech-Chirurgen im Uniklinikum wichtige Anwender von Robotertechnik, die Innovationen der regionalen Entwickler sofort umsetzen und durch ihre Anwendungs- und Hardwareexpertise die Entwicklungen unterstützen können. Maßgebliche Akteure im wachsenden Robot Valley Dresden sind zudem die Dresdner Automatisierungsspezialisten AIS Automation Dresden GmbH, Fabmatics GmbH, SYSTEMA Systementwicklung GmbH und XENON Automatisierungstechnik GmbH. Sie sind die Top-Experten für die robotergestützte Nachautomatisierung großer Fabriken. Als Gründer des ‚Automation Network Dresden' (ANT) holen sie jährlich zum internationalen ‚Innovation Forum for Automation' die Experten global führender Unternehmen von USA bis Japan nach Dresden, um sich über Branchentrends, Anforderungen, Entwicklungen und Erfahrungen im Bereich der Automatisierung von High-Tech-Fertigungen auszutauschen. Im Zuge von Corona wurde das 18th Innovation Forum for Automation in eine Reihe digitaler Veranstaltungen in den ersten vier Monaten dieses Jahres umgewandelt.

Der nach der Krise 2008/2009 eingeschlagene Roboter-Kurs von Infineon war und ist zwar umstritten, gilt aber längst als Blaupause für Europas Halbleiterindustrie. Entworfen und gebaut wurde ein Großteil der Technik für die nachträgliche Automatisierung der älteren Chipfabrikmodule für 200 mm-Wafer der Infineon Technologies Dresden GmbH von Spezialunternehmen aus der Region wie Fabmatics (Fusion aus Hap und Ortner). Einerseits arbeiten jetzt in diesen Fabs bei vergleichbaren Produktionsmengen weit weniger Menschen als früher, anderseits können weit höhere Qualitätsanforderungen z.B. der Autoindustrie erfüllt werden. Dies und die Umrüstungen auf Kupfer-Technologie schaffte Aufträge und die 200 mm-Fertigung ist jetzt innerhalb des Konzerns und international wettbewerbsfähiger, die Gefahr des ökonomischen Orkus der Speicherchip-Tochter Infineons wurde verhindert. Die eingesetzten kollaborativen Roboter der Metralabs GmbH Ilmenau sind in den Dresdner Chipwerken allgegenwärtig: „Manche haben knuddelige Robbenbaby-Augen, andere nur Arme. Einige stehen stoisch da und verrichten stundenlang dieselben Stahlhandgriffe. Wieder andere rollen durch die Reinraumgänge und weichen artig menschlichen Kollegen aus, denen sie begegnen“ berichtet das Nachrichtenportal Oiger „Es war ganz gut, dass wir bei denen die Köpfe drangelassen haben“, meint Infineon-Automatisierungsexperte Harald Heinrich. „Dadurch haben die Mitarbeiter die Roboter viel besser akzeptiert.“

Und noch einige Jahre weiter denken bereits die Ingenieure und Forscher im Exzellenzcluster Centre for Tactile Internet with Human-in-the-Loop der TU Dresden CeTI, das in der Allianz eng mit dem Fraunhofer-CPPS zusammenarbeitet. Sie wollen Fähigkeiten wie Präzisionsmontage, Klavierspielen oder Kuchenbacken zwischen Menschen und Maschinen beliebig hin- und her übertragbar machen, sodass einmal errungenes Können eines Meisters, Mensch oder Roboter, niemals wieder verloren geht. Damit werden die Fähigkeiten demokratisiert, also allen zugänglich gemacht, ähnlich der Demokratisierung des Wissens durch das Internet erklärte CeTI-Sprecher Prof. Frank Fitzek.

Auftragsspitzen und vermehrte Krankenstände soll der gemeinsam mit dem Fraunhofer-IWU (Institutsteil Dresden) entwickelte ‚Robo-Operator' von Industrie-Partner GmbH aus Coswig bei Dresden auffangen. Diesen künstlichen Leiharbeiter kann man an Werkzeugmaschinen heranrollen, damit er nach kurzer Anlernzeit die Nachtschicht für den fehlenden menschlichen Kollegen übernimmt. „Unser Ansatz ist es aber nicht, Facharbeiter arbeitslos zu machen“, unterstreicht der geschäftsführende Gesellschafter Ralf Hock. „Das Problem ist für die meisten Betriebe eher: Sie finden gar keine guten CNC-Fräser oder Dreher mehr auf dem Arbeitsmarkt. Durch unseren Robo können Mittelständler künftig auch Aufträge annehmen, die sich bisher nur für hochautomatisierte Betriebe gelohnt haben. 
Der fränkische Verpackungsmaschinenbauer Gerhard Schubert richtet in der sächsischen Landeshauptstadt das Entwicklungszentrum ‚Schubert Motion' ein. Ziel ist, den Schubert-Robotern durch intelligente Steuersysteme beizubringen, einander auch bei hohem Arbeitstempo in den Fabriken nicht ins Gehege zu kommen. Das soll Unfälle vermeiden, die Produktivität steigern und vorbeugende Reparaturen ermöglichen.

 Abb. 3: Auf der Gründungsveranstaltung des CPPS-Zentrums 2019 begrüßte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer im IWU in Dresden die Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek und den Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Reimund NeugebauerAbb. 3: Auf der Gründungsveranstaltung des CPPS-Zentrums 2019 begrüßte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer im IWU in Dresden die Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek und den Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Reimund Neugebauer

 Abb. 4: Prof. Welf-Guntram Drossel (r.) erläutert kognitive RobotertechnikAbb. 4: Prof. Welf-Guntram Drossel (r.) erläutert kognitive Robotertechnik

Die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt will die Robotik als ein Modul im Dresdner Technologienetzwerk ‚Smart Systems Hub' fördern und vor allem zunehmend den Instituts-Ausgründungen und ansiedlungswilligen Robotik-Firmen Büros, Technika und Bauflächen in den kommunalen Technologieparks und Zentren zur Verfügung stellen.

Das Technologiezentrum ‚Universelle Werke' in Dresden wurde ab 2017 mit einem Schwerpunkt auf Leichtbau- und Robotikfirmen ausgebaut (PLUS Heft 7/2019 S. 1092). Neben einem südkoreanischen Leichtbauzentrum und Teilen des ILK der TU Dresden haben sich auch die Krauss-Maffei Technologies (Kuka-Roboter), Reste der Plastic Logic GmbH, das Fraunhofer CPPS und ein Institut des DLR angesiedelt. Jetzt hat auch die Roboter-Softwarefirma Coboworx GmbH aus Rheinland-Pfalz ihren Firmensitz hierhin verlegt. „Die Schnelligkeit und Interdisziplinarität in Dresden haben uns überzeugt. Deshalb sind wir ins Herz der Technologieregion ‚Silicon Saxony' umgezogen. „Das technologische Umfeld und die wissenschaftliche Infrastruktur hier passen zu uns“, erklärte Mitgründer Olaf Gehrels. In einem gemeinsamen Projekt mit dem Fraunhofer-IWU wollen sie mögliche Sicherheitsrisiken für Menschen noch vor dem Einsatz von kollaborativen Robotern (Kobots) in Fabriken erkennen und ausmerzen. Kobots sind Roboter, die mit menschlichen Kollegen Hand in Hand arbeiten, statt in einem abgeschirmten Käfig, wie das klassische Industrieroboter tun. Die im Projekt favorisierte Lösung ist ein digitaler Zwilling, quasi eine Computersimulation der gesamten Produktionsanlage. Damit können die Sicherheitstests bereits durchgeführt werden, während die Roboter noch aufgebaut werden.

Abb. 5: Die Entwicklungsmuster der Metralabs-Roboter für die Halbleitertechnik, die auf der Semicon 2013 vorgestellt wurden, störten, noch „unerzogenen“ rigoros ein Pressegespräch: Sie wollten ihren Auftrag – „Waferboxen von A nach B transportieren“ – unbedingt ausführen aber der (damalige) sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Heinz-Martin Esser (Vorstand von Silicon Saxony und später auch von Fabmatics) standen im WegeAbb. 5: Die Entwicklungsmuster der Metralabs-Roboter für die Halbleitertechnik, die auf der Semicon 2013 vorgestellt wurden, störten, noch „unerzogenen“ rigoros ein Pressegespräch: Sie wollten ihren Auftrag – „Waferboxen von A nach B transportieren“ – unbedingt ausführen aber der (damalige) sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Heinz-Martin Esser (Vorstand von Silicon Saxony und später auch von Fabmatics) standen im Wege
Abb. 6: Prof. Frank Fitzek und Prof. Gerhard FettweisAbb. 6: Prof. Frank Fitzek und Prof. Gerhard Fettweis

Auch die TU Dresden-Ausgründung Wandelbots entwickelt Sensorjacken und -stifte, mit denen jeder Facharbeiter ohne jegliche Programmierkenntnisse in seinem Betrieb einen Roboter für eine neue Arbeit anlernen und ihn dadurch zum Kobot werden lassen kann. Zudem soll der Robotereinsatz so billig und einfach werden, dass sich künftig jede kleine Hinterhofwerkstatt einen Roboter leisten kann. Der Autor berichtete in der PLUS Heft 11/2020 Seite 1529 darüber.

Prof. Ulrike Thomas von der TU Chemnitz möchte in Sachsen eigene Hersteller für fühlende und Schreit-Roboter etablieren, die sich für die Anwendung als Kobots eignen. Prof. Thomas und Doktorand Hongxi Zhu haben ein nachgiebiges Roboter-Gelenk patentiert. Das soll vermeiden, dass die künstlichen Assistenten aus Stahl, Plaste und Silizium die Menschen verletzten, mit denen sie zu tun haben. Das Barkhausen-Institut an der TU Dresden will solche Roboter, die direkt mit und neben Menschen arbeiten, zuverlässiger machen. ‚Trustworthiness for the tactile Internet of Things' (Vertrauenswürdigkeit für das taktile Internet der Dinge) nennt sich diese Forschungseinrichtung offiziell. Der Gründer des Barkhausen-Instituts Prof. Gerhard Fettweis formulierte es einfacher: „Wir wollen verhindern, dass die Roboter plötzlich anfangen, den Menschen Ohrfeigen zu verpassen.“

An der Professur für Verarbeitungsmaschinen und -technik der TU Dresden wurde ein Parallel- bzw. Delta-Roboter für besonders schnelllaufende Industrieanwendungen entwickelt. Das junge Forschungsteam gründete sich Anfang vorigen Jahres als Rovobotik GmbH in Freital bei Dresden aus. Entstehen sollen besonders schnelle und leistungsfähige Pick and Place Roboter auf Basis des Automatisierungssystems IndraMotion MLC und Engineering Support von Rexroth.

Der Nanotechnologe Professor Oliver Schmidt hat am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden gemeinsam mit der TU Chemnitz den weltweit kleinsten Medizin-Roboter mit steuerbarem mikroelektronischem Düsenantrieb entwickelt. Der misst weniger als ein Millimeter und besteht aus zwei Zylindern, die mit einem Wasserstoffperoxid-Tank gekoppelt sind. Mit Magnetfeldern kann beeinflusst werden, in welchem der beiden Rohre Sauerstoffblasen entstehen und dann wie in einem Raketentriebwerk ausgestoßen werden. Durch den Doppelantrieb lassen sich die Mikroroboter sogar richtungsabhängig steuern. Obwohl das Leibniz-IFW 2014 um ein Technikum mit Bürokomplex an der sogenannten ‚Technologiemeile' an der Südflanke des Campus der TU Dresden erweitert wurde, platzt das Institut bereits jetzt schon wieder aus allen Nähten: „Aktuell fehlen bei uns bereits über 150 Arbeitsplätze“, informierte Direktor Büchner. „Zudem brauchen wir mehr Raum, weil wir die Kooperation mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden ausbauen und die Spezialisierung von Nachwuchsforschern unterstützen wollen.Fertigungshallen der Fabmatics GmbHFertigungshallen der Fabmatics GmbH

Ein neues Roboter-Sensor-System der TU Bergakademie Freiberg soll die Überprüfung in Trinkwassertalsperren und Staubecken sowie neu gefluteten Tagebaurestseen künftig in Echtzeit ermöglichen. So sind auch kurzfristige ökologische und hydrologische Veränderungen umgehend sichtbar. Dafür entwickeln Wissenschaftler seit einem Jahr im ESF-Projekt ‚Robotergestütztes Binnengewässer-Monitoring' spezielle Sensoren, die unter anderem Temperatur, Druck, pH-Wert, Phosphat- oder Quecksilbergehalt sowie Gas- und Feststoffanteile messen können. Ein Sonar soll die Gewässer vom Grund bis zur Oberfläche scannen. Angebracht am ebenfalls entwickelten autonom fahrenden Schwimmroboter werden dann während der Fahrt kontinuierlich alle relevanten Daten erfasst und an eine Basisstation am Ufer gesendet. Dort werden die Daten mit Hilfe künstlicher Intelligenz aufbereitet und in virtueller Realität dreidimensional dargestellt. „Mit diesen Erkenntnissen können wir das Wasser als Ressource noch besser verstehen, die hohe Qualität für Mensch und Umwelt gewährleisten und Konzepte für einen nachhaltigeren Umgang entwickeln“, erklärt Prof. Yvonne Joseph, Koordinatorin des Projektes.

Der Chipriese Intel will ‚Robotern das Fühlen' ermöglichen. Im Juli vorigen Jahres stellte ein Forschungsteam der National University of Singapore den Mitgliedern der Intel Neuromorphic Research Community Ergebnisse vor, die das Versprechen von ereignisbasiertem Sehen und Berührungssensorik in Kombination mit Intels neuromorpher Verarbeitung für die Robotik belegen. Entstanden ist ein neuartiges Robotersystem mit ereignisgesteuerten künstlichen Haut- und Sehsensoren unter Verwendung des neuromorphen Forschungschips Loihi von Intel. Der menschliche Tastsinn ist sensibel genug, um den Unterschied zwischen Oberflächen zu fühlen, die sich nur durch eine einzige Molekülschicht unterscheiden. Die gleiche oder sogar bessere Sensibilität wollen die Forscher mit ihrer entwickelten künstlichen Haut gleichfalls erreichen, die nach ihren Forschungsergebnissen Berührungen mehr als 1000 Mal schneller als das menschliche sensorische Nervensystem erkennen und Form, Beschaffenheit und Härte von Objekten zehnmal schneller identifizieren kann als der Wimpernschlag eines Auges.

Abb. 7: Kuka-Roboter-technik im CeTI-InfomobilAbb. 7: Kuka-Roboter-technik im CeTI-Infomobil
Abb. 8: Technologiezentrum ‚Universelle Werke‘ in DresdenAbb. 8: Technologiezentrum ‚Universelle Werke‘ in Dresden

 Als Prof. Thomas Mikolajick 2009 eine Professur am Institut für Halbleiter- und Mikrosystemtechnik erhielt und die wissenschaftliche Leitung der Namlab gGmbH übernahm, gab er als Ziele seiner Forschung und Aufgaben für das Namlab die Erforschung von Materialsystemen für neue Bauelementkonzepte und neue Speichertechnologien auf Nanobasis sowie die anwendungsspezifische Einstellung der elektrischen Schichteigenschaften an. Ein Teil der Forschungen am Namlab konzentrierte sich auf die Ferrospeichertechnik. Prof. Mikolajick hatte sich schon 1999 als Teamleiter bei Infineon in München mit der Integration der Ferrospeichertechnik in die Halbleiterfertigung beschäftigt und mit seinem Team diese gemeinsam mit dem Halbleiter-Auftragsfertiger Globalfoundries zur modernsten ferroelektrischen Hafniumoxid-Speichertechnologie entwickelt, um nichtflüchtige Speicher der Spitzenklasse für zukünftige Innovationen in der Elektronik und Informationstechnik zu liefern. Auf dieser Basis wurde die Ferroelectric Memory GmbH (FMC) 2016 ausgegründet. Sie arbeitet derzeit mit großen Halbleiterunternehmen an einer Embedded- und einer Stand-Alone-Speicherlösung. Die FMC-Speichertechnologie nutzt die ferroelektrischen Eigenschaften von kristallinem Hafniumoxid (HfO2), das in seiner amorphen Form bereits das Gate-Isolatormaterial jedes CMOS-Transistors ist, vom Planar- bis zum FinFET-Transistor. Die ferroelektrische Feldeffekttransistor- (FeFET) und Kondensator- (FeCAP) Technologie ist einfach zu integrieren, schnell, stromsparend und skalierbar, hat eine hohe Lebensdauer mit jahrzehntelanger Datenhaltung.

Stamminvestor der FMC ist die eCAPITAL (deutscher Leadinvestor bei Ausgründungen wie Sonnen GmbH oder Novaled GmbH). Jetzt steigt auch ein internationales Risikokapitalkonsortium ein. Unter anderen gehören dazu die Risikokapitaltochter Robert Bosch Venture Capital GmbH, die südkoreanische SK Hynix Inc. (weltweit führender Anbieter von DRAM, NAND Flash und CMOS-Bildsensoren), die TEL Venture Capital (Tokyo Electron Ltd.) und die imec.xpand (Risikokapitalfond des belgischen Forschungszentrums imec). Mit dem Kapital soll die ferroelektrische Speicherchiptechnologie auf Hafniumoxid-Basis weiterentwickelt werden und eine internationale Expansion auf den US-amerikanischen und asiatischen Märkten gestartet werden. Dazu ist die Erweiterung des Teams in Dresden von derzeit 23 auf 62 Mitarbeiter bis Ende 2022 geplant. „Der Aufstieg von KI, IoT, Big Data und 5G erfordert Speicherlösungen der nächsten Generation, die eine überlegene Geschwindigkeit und einen extrem niedrigen Energieverbrauch ermöglichen und zudem mit den modernsten CMOS-Logikprozessen kompatibel sind, um eine Senkung der Fertigungskosten zu garantieren“, sagte CEO Ali Pourkeramati.

Abb. 9: Im Technologiezentrum ‚NanoCenter Dresden‘ wurde das Startup Ferroelectric Memory GmbH integriertAbb. 9: Im Technologiezentrum ‚NanoCenter Dresden‘ wurde das Startup Ferroelectric Memory GmbH integriert
 Abb. 10: Prof. Mikolajick bei seiner Antrittsvorlesung 2009 am IHM der TU DresdenAbb. 10: Prof. Mikolajick bei seiner Antrittsvorlesung 2009 am IHM der TU Dresden

Im Mai 2019 als Ausgründungsprojekt am Institut für Aufbau- und Verbindungs-Technologie der TU Dresden gestartet, wurde im August vorigen Jahres die MicroPack3D GmbH gegründet. Das Unternehmen bietet Entwicklung und Fertigung elektronischer Packages sowie Dienstleistungen im Bereich der mikroelektronischen Aufbau- und Verbindungstechnik aus einer Hand an. Ein eigens entwickelter Prozess (KONEKT-Technologie) für die elektrische Kontaktierung und Hausung ungehäuster Chips, gekoppelt mit den Möglichkeiten der additiven Fertigung, beschleunigt die Chip-Charakterisierung in Entwicklung und Fertigung elektronischer Baugruppen deutlich. Dies ermöglicht die schnelle und kosteneffiziente Produktion selbst kleinster Stückzahlen. Hierdurch entsteht insbesondere für mittelständische Unternehmen die Möglichkeit, neue Geschäftsfelder durch das ‚Rapid Electronic Manufacturing' bzw. die Fertigung individueller Baugruppen ohne hohe Einrichtungskosten aufzubauen. Speziell die hohe Flexibilität der Hausung ermöglicht eine schnelle Emulation und Pinkompatibilität zu Standardhausungen für geeignete Testsysteme der Kunden. Die Zusammenarbeit mit einem Pilotkunden mündet nun in einem ersten Rahmenvertrag für schnell gefertigte Testpackages im Bereich der Hochleistungselektronik. „Wir wollen das ‚Rapid Packaging' speziell für High Power Devices als wichtigen Teil der schnellen Produktentwicklung weiteren Unternehmenskunden anbieten. Dresden bietet dafür mit dem Spitzencluster Cool Silicon im Silicon Saxony ein ideales Umfeld“, sagte Geschäftsführer und Leiter der Entwicklung, Dr. Andreas Krause.

Quellen:

Mitteilungen der Forschungsinstitute
Silicon Saxony e.V. Newsletter: silicon-saxony.de
Nachrichtenportal Oiger: computer-oiger.de

Zur Person

Dr. Rolf Biedorf schreibt seit 1994 für den Leuze Verlag und berichtet seit 10 Jahren in der PLUS über aktuelle Ereignisse der sächsischen Mikroelektronikszene. Nach seinem Chemie-Studium war er in der Elektronikindustrie und vor allem an der TU Dresden in Forschung und Lehre auf den Gebieten der Schicht- bzw. Aufbau- und Verbindungstechnologien der Elektronik tätig.Dr. Rolf BiedorfDr. Rolf Biedorf

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  • Ausgabe: 2
  • Jahr: 2021
  • Autoren: Dr. Rolf Biedorf

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