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Donnerstag, 30 September 2021 11:59

Energieeffiziente GaN-basierte Leistungselektronik

von Dr. habil. Dr. rer. nat. Oliver Ambacher
Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten
Kleinsignal-Charakterisierung von GaN-basierten HEMT Kleinsignal-Charakterisierung von GaN-basierten HEMT

Already today, about 40 % of the energy converted worldwide by technical systems is provided in the form of electric power. This share is expected to rise to around 60 % in 2040. These huge amounts of energy must not only be generated in a way that conserves resources and protects the environment, but must also be distributed and used efficiently.

Bereits heute werden etwa 40 % der weltweit durch technische Systeme konvertierten Energie in Form von elektrischem Strom bereitgestellt. Es wird erwartet, dass dieser Anteil im Jahr 2040 auf etwa 60 % steigt. Diese gewaltigen Energiemengen müssen nicht nur ressourcen- und umweltschonend erzeugt, sondern auch effizient verteilt und genutzt werden.

Die hierfür benötigte Leistungselektronik ist ein ‚emerging field' der Elektrotechnik, die es ermöglicht elektrische Energie optimal angepasst an verschiedenste Anwendungen bereitzustellen. Zu diesen Anwendungen gehören die Integration erneuerbarer Energiequellen in das elektrische Versorgungsnetz, die Antriebstechnik für die Elektromobilität, die Stromversorgung von Datenzentren oder das Hochfrequenznetz des Mobilfunks. Bei einer Betrachtung der für diese Anwendungen eingesetzten Leistungselektronik-Bauelemente über ihre Lebensdauer hinweg wird deutlich, dass durch eine Erhöhung ihrer Energieeffizienz nicht nur ein marktwirtschaftlicher Vorteil erschlossen, sondern auch die assoziierten Kohlendioxid-Äquivalente deutlich gesenkt werden können. In der aktuellen Entwicklung und Evaluation von besonders energieeffizienten Galliumnitrid-basierten (GaN) Leistungselektronik-Bauelementen und -Schaltungen wird deutlich, welch hohes Potential zur Energieeinsparung die weitere Optimierung von Halbleitermaterialien und mikroelektronischen Bauelemente bietet und auf welche Weise aus ihnen nachhaltigere, anwendungsrelevante Komponenten realisiert werden können.

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 Mit Hilfe von Wirbelstrommessungen bestimmte Verteilung der Flächenwiderstände (angegeben in Ω/□) von Ga0,75Al0,25N/GaN- (links) und Sc0,2Al0,8N/GaN-basierten Heterostrukturen mit einem Durchmesser von 100 mm

Gegenüber vergleichbaren, konventionellen Silizium-Bauelementen eröffnen GaN-basierte High Electron Mobility Transistors (HEMT) die Chance auf besonders energieeffiziente und trotzdem marktfähige, leistungselektronische Schaltungen. Industriell werden HEMT aus Ga0,75Al0,25N/GaN-Heterostrukturen prozessiert, die an ihrer Grenzfläche polarisationsinduzierte zweidimensionale Elektronengase mit einer sehr hohen Ladungsträger-Flächendichte von etwa 8 x 1012/cm2 besitzen und aufgrund der großen Elektronenmobilität Kanalwiderstände von nur 400 Ω/□ ermöglichen. Die geringen Kanalwiderstände und Gate-Kapazitäten in Kombination mit der hohen Durchbruchfeldstärke von GaN-basierten HEMT ermöglichen Spannungswandler mit Schaltflanken von mehr als 200 V/ns. Aktuelle Forschungsarbeiten zeigen, dass durch die erzielten Schaltflanken neue Schaltungstopologien und -konzepte umgesetzt werden können, die die Baugröße und Kosten von Spannungswandlern signifikant reduzieren. Diese Topologien ermöglichen neben der Einsparung von Bauelementen die Realisierung von leistungselektronischen Komponenten mit einer Energieeffizienz von >98 % bei einer Ausgangsleistung von mehr als 1000 W [1]. Nationalen Forschergruppen ist darüber hinaus die Demonstration von Hochfrequenz-Leistungsverstärkern mit Ausgangsleistungen von fast 1000 W, bei einer Betriebsfrequenz von 1000 MHz und einer Leistungseffizienz von 60 % für den Einsatz in Mobilfunkbasisstationen gelungen. Diese Leistungsdaten beschreiben den Stand der Technik GaN-basierter Hochfrequenz-Leistungsverstärker, ohne dass bisher das theoretisch prognostizierte Potential der GaN-Technologie vollständig ausgeschöpft wurde.

Trotz der bereits erreichten, hervorragenden Performance von GaAlN/GaN HEMT besteht ein großer Bedarf an Transistoren mit noch größeren Ausgangsleistungen und hoher Energieeffizienz. Eine Option zur weiteren Erhöhung der Ausgangsleistung ist die Spannungsskalierung, d. h. die Optimierung von elektrischen Feldverteilungen in GaAlN/GaN-HEMT, um bei höheren Drain-Spannungen zu arbeiten. Leoni et al. [2] berichteten über Betriebsspannungen von bis zu 200 V, die HEMT Ausgangsleistungen pro Gate-Weite von bis zu 51 W/mm ermöglichen. Die Spannungsskalierung reduziert jedoch die Bandbreite von GaAlN/GaN-basierten Leistungsverstärkern und ist daher auf Mikrowellenfrequenzen beschränkt. Um diese Einschränkung zu überwinden, muss die Transistor-Stromdichte proportional zur Skalierung der Betriebsspannung erhöht werden. Daher besteht die aktuelle Herausforderung darin, HEMT zu entwickeln, die sowohl eine Erhöhung der Stromdichte als auch der Betriebsspannung ermöglichen.

Hierzu wird aktuell die Ga0,75Al0,25N-Barriere der HEMT durch eine dünne Scandium-Aluminiumnitrid (Sc0,2Al0,8N)-Schicht ersetzt. Die Abscheidung hochqualitativer, einkristalliner ScAlN-Schichten auf GaN ist erst in den letzten Jahren durch die Epitaxieverfahren der Molekularstrahlepitaxie (MBE) und der metallorganischen Gasphasenabscheidung (MOCVD) möglich geworden [3, 4]. Durch diese Verfahren ist eine Verfügbarkeit von Sc0,2Al0,8N/GaN-Heterostrukturen entstanden, welche die Prozessierung von HEMT mit Elektronenflächendichten von bis zu 30 x 1012/cm2 und Kanalwiderständen von weniger als 200 Ω/□ ermöglichen [5]. Vorteilhaft für die Performance der neuartigen HEMT ist auch, dass die Sc0,2Al0,8N-Barriere (≈ 5,3 eV) im Vergleich zur Ga0,75Al0,25N-Schicht (≈ 3,9 eV) eine größere Bandlücke besitzt und unverspannt hergestellt werden kann. Sowohl die größere Bandlücke als auch die höhere, mögliche Barrierendicke unterstützen eine Aufskalierung der Betriebsspannung von ScAlN/GaN- im Vergleich zu GaAlN/GaN-HEMT.

Raytheon Technologies und das Air Force Research Lab in den USA konnten bereits ScAlN/GaN-HEMT auf SiC-Substraten mit maximalen Stromdichten von 3 A/mm demonstrieren - Werte, die weit über dem liegen, was mit heutigen GaAlN/GaN-HEMT vergleichbaren Designs erreicht werden kann [6, 7]. Diese Transistoren zeigen Steilheiten von bis zu 0,5 S/mm, niedrige Leckströme im Sperrzustand (<1 mA/mm) und Durchbruchspannungen von über 60 V. Die Bauelemente besitzen eine Transitfrequenz (ft), eine maximale Oszillationsfrequenz (fmax) und eine maximale Verstärkung (Gmax) von > 50 GHz, > 140 GHz und 13 dB.

Die Kombination der gemessenen Leistungs- und Hochfrequenzeigenschaften der ScAlN/GaN-HEMT lässt ihr Potential für besonders energieeffiziente Leistungsverstärker mit Anwendungen im Mobilfunk erkennen. Der geringe Kanalwiderstand und die bei kleinen Gate-Längen erreichte hohe Betriebsspannung der Transistoren verspricht auch eine deutliche Steigerung der Ausgangsleistung und Effizienz von GaN-basierten Spannungswandlern. Die abschätzbaren Einsparungen im Betrieb leistungselektronischer Systeme motivieren sowohl aus wirtschaftlichen als auch umwelttechnischen Gesichtspunkten die Entwicklung von ScAlN/GaN-basierten leistungselektronischen Bauelementen bis hin zu ihrer Produktion.

Prof. Dr. Oliver Ambacher wird am 12. Oktober 2021 für diese Forschungsarbeit durch die Deutsche Vakuum-Gesellschaft DVG e. V. mit dem Rudolf-Jaeckel-Preis 2021 auf der V2021 geehrt werden. Die Auszeichnung erfolgt in Würdigung seiner herausragenden Leistungen auf den von der DVG betreuten Wissenschafts- und Technologiebereichen insbesondere für seine bahnbrechenden Beiträge zum Fortschritt leistungselektronischer Systeme durch die Entwicklung von Bauelementen aus neuartigen Halbleiterstrukturen basierend auf Materialien mit großer Bandlücke. Die Preisverleihung wird auf der von der Europäischen Forschungsgesellschaft Dünne Schichten e. V. (EFDS) organisierten Fachtagung V2021 Vakuum & Plasma (12.-14. Oktober 2021, ICC Dresden) stattfinden. Neben dem Preisträgervortrag am 12. Oktober 2021 werden vielfältige Fachbeiträge zur Energiewende durch dünne Schichten, Vakuumtechnik, Wasserstofftechnologie, Digitalisierung sowie Oberflächentechnik in der Praxis angeboten. Zahlreiche Aussteller werden ihre Angebote zur Vakuumtechnik, Oberflächentechnik und Elektrotechnik präsentieren.

Zur Person

plus 2021 09 0020Seit dem 1. Januar 2018 leitet Prof. Dr. Oliver Ambacher erneut das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF. Von 2007 bis Ende 2016 stand der Physiker bereits an der Spitze des Freiburger Fraunhofer-Instituts und wurde nun zum zweiten Mal als Institutsleiter berufen.

 

Referenzen

[1] S. Mönch, et al., Phys. Stat. Sol. A 218, 2000404 (2021)
[2] R. Leoni, et al., IEEE Compound Semicon-ductor Integrated Circuit Symposium (2017)
[3] M. T. Hardy, et al., IEEE Trans. Semicond. Manuf. 30, 475 (2017)
[4] S. Leone, et al., Phys. Stat. Sol. RRL 14, 1900535 (2019)
[5] O. Ambacher, et al., J. Appl. Phys. 129, 204501 (2021)
[6] T. E. Kazior, et al., IEEE MTT-S Int. Microw. Symp. Dig. 1136 (2019)
[7] A. J. Green et al., IEEE Elec. Dev. Lett. 41, 1181 (2020)

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