Design Differenzierung durch Licht
Die Weiterentwicklung der Elektromobilität schreitet voran. Damit einher gehen vielfältige Chancen für Zulieferer. Zum einen im Bereich Antriebskonzepte und Energiemanagement wie etwa mit Batteriemanagementsystemen. Zum anderen eröffnen sich aber auch neue Designmöglichkeiten. Da die klassische Motorkühlung in E-Fahrzeugen entfällt, lässt sich die Fahrzeugfront neu gestalten. Mit illuminierten Displays, LED-Lichtleisten und beleuchteten Logos werden hier neue Gestaltungsakzente gesetzt.
Neben innovativen LED-Scheinwerfern hat hier die Firma Hella für die Fahrzeugfront des EQA von Mercedes ein charakteristisches, ein Meter langes Lichtband entwickelt (Abb. 2). Das Lichtband sorgt für ein unverwechselbares Erscheinungsbild auf der Straße und verbindet die Scheinwerfer optisch miteinander. Auf jeder Seite des Lichtbands koppelt jeweils eine LED ein. Darüber hinaus wurde in der Fahrzeugfront ein beheiztes Radom integriert, also eine komplexe Radarabdeckung (Radom, Abkürzung für Radar Dome). Diese schützt die Front-Radarsensoren vor Witterungseinflüssen und Verschmutzung. Beim EQA befindet es sich hinter dem Emblem des Automobilherstellers und ist in dem großflächigen Panel der Fahrzeugfront integriert.
Radar-Sensoren für die 360 Grad Umfeld Wahrnehmung
Mit über 90 Mio. 24 GHz Sensoren ist der Automobilzulieferer Hella einer der weltweit größten Anbieter für Radarsensoren wie auch Continental, Bosch, Denso oder Delphi (neu Aptiv). Mit Einführung der 77 GHz Radarsensoren baut das Unternehmen seine Position im Bereich der Radartechnologie nun weiter aus. So ist jetzt die Serienproduktion der neuesten 77 GHz Radartechnologie für einen internationalen Automobilhersteller im Elektronik-Werk in Hamm angelaufen. Die Technologie wurde bereits im Frühjahr letzten Jahres erstmalig im Truckbereich in Serie gebracht. Weitere Anläufe bei Pkw, unter anderem bei einem deutschen Premiumhersteller als auch bei Trucks folgen. Darüber hinaus entwickelt das Unternehmen in Lippstadt bereits die zweite 77GHz Radar Generation, die 2024 für einen weiteren deutschen Premiumhersteller in Serie gehen wird.
Die 77 GHz Radarsensoren unterstützen den Trend zum automatisierten Fahren der Klassen 2+ und 3. Hocheffiziente Hardware und smarte Software heben die radarbasierte 360 Grad-Umfeld Wahrnehmung auf die nächste Stufe und werden damit Treiber für eine sichere Mobilität (Abb. 4).
Sie erfassen ständig die Umgebung, erkennen sowohl Fußgänger als auch andere Verkehrsteilnehmer und Objekte rund um das eigene Fahrzeug und liefern unabhängig von Witterungs- und Lichteinflüssen zuverlässige Ergebnisse. Vor allem mit Blick auf Funktionen wie autonomes Parken oder automatisierte Spurwechsel gewinnt die 77 GHz-Technologie zunehmend an Bedeutung, da sie im Vergleich zu 24 GHz eine deutlich größere Signalbandbreite und damit eine verbesserte Umfeldauflösung bietet. Hierdurch lassen sich Objekte wie Lastwagen, Autos, Zweiräder und Fußgänger auf der Straße besser detektieren und klassifizieren.
Kernstück der 77 GHz Radarsensoren ist der Radar-System-Chip, der auf der RF-CMOS-Technologie basiert. Durch die besondere Architektur lassen sich neben den Komponenten zum Senden und Empfangen auch digitale Komponenten sowie Systeme zur Selbstdiagnose auf dem Chip integrieren. Die Radarsensoren basieren zudem auf einem modularen, skalierbaren Plattformkonzept. Damit unterstützen sie unterschiedliche Fahrzeugarchitekturen und Schnittstellen wie z. B. Ethernet.
Hochvolt- Batteriemanagementsystem
Auch das Hochvolt-Batteriemanagementsystem des Mercedes-Benz EQA wurde von Hella in dem Fahrzeug integriert (Abb. 5). Dieses gewährleistet eine sichere und verlässliche Funktion der knapp 70 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie des Elektrofahrzeugs und überwacht Spannung, Temperatur und Strom der Batterie. Der modulare, skalierbare Aufbau der Batteriemanagementsysteme ermöglicht eine von der verwendeten Zellentechnologie unabhängige Integration in die jeweiligen Antriebsstränge und stellt auf dieser Basis eine hohe Variabilität für den Einsatz in verschiedenen Batterien und Fahrzeugmodellen sicher. Wesentliches Ziel ist es, den Energieverbrauch von Fahrzeugen zu senken und damit zu einer emissionsfreien Mobilität beizutragen.
Der Radar Markt im Wandel
In 2021 überholte die 77 GHz Radartechnologie mit 60,5 Mio. Einheiten die bis dahin führende 24 GHz Radartechnologie mit 46 Mio. Einheiten (Abb. 6). Gleichzeitig gewinnt die 77 GHz Technologie zunehmend an Bedeutung und soll nach einer Yole Studie 2025 mit 70,9 Mio. Radarsystemen auf Platz zwei liegen.
Solid State Lighting/High Definition Scheinwerfertechnologie
Die sogenannte Matrix SSL/HD Technologie von Hella stellt die evolutionäre Weiterentwicklung von LED-Matrixsystemen dar. Damit ist der Anspruch verbunden, bei minimierter Baugröße der Lichtmodule sowohl eine sehr hohe Lichtleistung als auch einen sehr hohen Funktionsumfang zu erreichen. Die SSL Micro-LED Cluster sind Elektronikbauteile, bei denen momentan zwischen 100 bis zu 25 000 LED Pixel auf kleinstem Bauraum angeordnet sind und einzeln ansteuerbar sind. Diese LED Cluster werden als Lichtquelle im Scheinwerfer kombiniert und bieten durch die höhere Pixelzahl neue Anwendungsmöglichkeiten. Sie ermöglichen beispielsweise eine partielle Ausblendung entgegenkommender Fahrzeuge und das Anleuchten von Verkehrszeichen (Abb. 7). Perspektivisch können dadurch auch Projektionen des Sicherheitsabstandes realisiert oder Fußgänger bzw. Fahrradfahrer mittels Lichts hervorgehoben werden.
Bei SUV-Scheinwerfern hat Hella erstmals eine asymmetrische Anordnung umgesetzt, indem das SSL/HD- Modul nur auf einer Seite des Scheinwerfers integriert ist. Das Modul ermöglicht auch eine einfache Umstellung von Links- auf Rechtsverkehr und vice versa. Durch die hochpräzise digitale Pixelumschaltung gibt es darüber hinaus weitere Individualisierungsmöglichkeiten wie Coming- und Leaving-Home-Animationen und andere Kommunikationsfunktionalitäten. Zum Beispiel lassen sich Symbole zur Interaktion mit dem Fahrer auf die Straße projizieren (Abb. 8). Um eine optimale Ausleuchtung der Straße zu gewährleisten, werden die SSL/HD-Funktionalitäten durch weitere Komponenten wie BiLED- und Matrixmodule ergänzt.
Auf den Punkt gebracht
- Die Vielfalt der Mobilität zeigte sich auf der diesjährigen IAA mit 98 Autoherstellern, 75 Fahrradmarken, 152 Zulieferunternehmen, zahlreichen Tech-Unternehmen und 78 Start-ups
- Da die klassische Motorkühlung bei E-Fahrzeugen entfällt, lassen sich neue Designelemente verwirklichen wie illuminierte Displays, LED-Lichtleisten und beleuchtete Logos
- 77 GHz Radar-Module gewinnen für das automatisierte Fahren der Stufe 2+ und 3 und höher für die 360 Grad Umfelderfassung stark an Bedeutung. Die Wachstumsraten sollen nach einer Yole Studie 27 % CAAGR von 2015–2025 betragen.
- Hochvolt-Batteriemanagementsysteme stellen die verlässliche Funktion von Batterien in Elektro- sowie Voll- und Plug-In-Hybridfahrzeugen sicher
- Die Solid State Lighting | High Definition Scheinwerfertechnologie ermöglicht die Funktion des blendfreien Fernlichts, also eine partielle Ausblendung entgegenkommender Fahrzeuge.
Das Konzept der neuen IAA in München zeigte die enorme Vielfalt und Bandbreite der Mobilität. Das Einbinden der Stadt München mit dezentralen Aktionsplätzen (Open Spaces) öffnete einerseits die Flanken für Protestierer und Gegner, nutzte andererseits aber die Chancen weiten Bevölkerungsteilen die Mobilität der Zukunft näher zu bringen. 400 000 Besucher nach einer Corona bedingten Zwangspause sprechen für sich. Der nächste Termin 5. bis 10. September 2023 ist jedenfalls gesetzt.
Ich wünsche Ihnen produktive Herbsttage
Es grüßt Sie herzlich
Hans-Joachim Friedrichkeit