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Mittwoch, 15 Dezember 2021 12:00

Da liegt der Hund begraben

von
Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Abb. 1: Begrabener Hund, in Marthalen gefunden [2] Abb. 1: Begrabener Hund, in Marthalen gefunden [2] Bild: Sara Amadori, Kantonsarchäologie Zürich

Hundeliebhaber hören es nicht gern, doch sind einige Archäologen der Meinung, dass der Hund seines Fleisches wegen domestiziert wurde – was sie durch Schnittspuren auf Hundeknochen bewiesen wähnen. Dennoch wurden Hunde auch zu Urzeiten schon begraben, was aber nichts mit der Redewendung zu tun hat.

Abb. 2: Aussparung in einer Leiterplatte (Alcanta PCB)Abb. 2: Aussparung in einer Leiterplatte (Alcanta PCB)Aber wollen wir nicht ältere Damen beunruhigen, die ihren Fiffi auf dem Schoß mästen, sondern uns auf die Elektronik besinnen, in der man auch anfängt, Dinge zu vergraben. Der Ort, an dem die Elektronik Chips vergräbt, ist nicht der Friedhof, sondern die Leiterplatte.

Als erstes fragt man sich natürlich, warum die so was machen – geht es hier doch keineswegs um die Seele, die es in Ritualen zu retten gilt. Doch gute Gründe muss es geben, weil, wie so oft, wird die Herstellung des Produkts dadurch komplizierter. Nicht nur die Leiterplatte muss neue Merkmale aufweisen, sondern der ganze Zyklus der Verbindungstechnik wird mit Besonderheiten belegt.

Als Hauptmotivation wird angeführt, dass – speziell, wenn dickere Bauteile versenkt werden – die totale Dicke der Baugruppe reduziert werden kann. Auch andere Argumente, wie etwa die bessere Wärmeableitung, kürzere Verbindungswege oder gar bessere Haltbarkeit werden ins Feld geführt. Selbst eine Kostenreduzierung des Gesamtprodukts sehen einige Firmen als Möglichkeit, obgleich die Herstellung auf mehreren Ebenen umständlicher und aufwendiger wird. Aber vielleicht wird da ins Auge gefasst, dass ein höherer Grad an Automatisierung angestoßen wird?

Aussparungen werden immer öfter verlangt und inzwischen ist es nicht unüblich, dass man derartige Vertiefungen mit unterschiedlichen Abmessungen und auch in verschiedenen innerens Lagen vorfindet. Damit wird es möglich, Kondensatoren, Transistoren und sogar Logikmodule einzusetzen.

Abb. 3: Aussparungen in einer LeiterplatteAbb. 3: Aussparungen in einer LeiterplatteDas Verfahren wird bei mehrlagigen Leiterplatten angewendet und ermöglicht unterschiedliche Formen und Layouts mit mehreren Aussparungen bei unterschiedlichen Tiefen.

Die meisten Cavity-Boards werden vom Leiterplattenhersteller mithilfe eines Routing-Prozesses mit kontrollierter Tiefe hergestellt, der mit speziellen Fräs-Maschinen durchgeführt wird. Alternativ können Aussparungen auch mittels sequentieller Laminierung produziert werden. Schließlich bietet sich natürlich die modernste Methode an die spezielle Laser verwendet, die es obendrein erlauben, auch die innere Struktur zu modellieren.

Da die meisten dieser Aussparungen mit Bauteilen gefüllt werden, die man nach wie vor lötet, stellt es die Prozessingenieurin nun vor mehrere Probleme. Einerseits muss sie das Lot zur Verfügung stellen. Dann kommt die Bestückung und das Reflowlöten und letztendlich wird in vielen Fällen vor dem Eingießen noch gereinigt.

Bei dem Lot hat man die Wahl es entweder in der Aussparung zu deponieren oder die Bauteile vor der Bestückung damit zu versehen – gegebenenfalls eventuell beides.

Auf den ersten Blick meinte man, dass der Schablonendruck wohl kaum machbar sei, aber die guten Leute haben sich dazu bereits viel einfallen lassen und Schablonen mit der richtigen Anpassung erhält man bereits von vielen Anbietern bekommen.

Es ist offensichtlich, dass hier die Genauigkeit der Anpassung gefragt ist. Die Problematik verschärft sich, wenn mehrere derartige Aussparungen mit der gleichen Schablone abgedeckt werden müssen. Geschickt hergestellte Schablonen, bei denen der Einsatz geschrägt oder ein gewisser Spielraum erlaubt wird, erleichtern das Austarieren.

Jedoch wird schnell klar, dass ein normales Rakel mit dieser Situation nicht zu Rande kommt. Auch hier hat man sich etwas einfallen lassen und die Rakel segmentiert. Schnitte erlauben Teile des Blechs in die Vertiefung zu gleiten und dort den Druckvorgang dennoch durchzuführen. Also insgesamt alles nicht ganz einfach.

Drei weitere Möglichkeiten bieten sich an. Pin-Transfer kann Lot in die Tiefen der Leiterplatte bringen, eine Technik, die bei Massenproduktionen gute Ergebnisse erzielt hat aber eine Paste verwendet, die einen geringeren Metallanteil enthält. Dispensen in seiner diversen Form ist langsam, aber könnte, wenn nur wenige Punkte abgedeckt werden, eine erfolgsversprechende Methode darstellen. Dabei ist wichtig, auf die Konsistenz der Paste zu achten, die etwas dünner sein sollte und eine Spritze auszusuchen, die auch noch nach 10 000 Punkten gleichgroße Depots hinterlässt.

Abb. 4: Beispiel einer Schablone mit dazugehöriger LPAbb. 4: Beispiel einer Schablone mit dazugehöriger LP

Abb. 5: Druck mit  segmentierter RakelAbb. 5: Druck mit segmentierter RakelSchließlich ist das vieldiskutierte Jetting anzuführen. Damit werden inzwischen sogar Häuser gespritzt und warum denn nicht Pastenhäufchen in der Leiterplatte? Auch hier legt man Wert darauf ein System zu verwenden, das zuverlässig arbeitet. Zu oft werden MarketingVersprechungen gemacht, die das System dann nicht halten kann.

Die etwas extreme Situation erklärt, dass das Bestücken aufwendiger wird. Ein oder mehrere Bauteile in die Aussparungen zu setzen, verlangt ‚Fingerspitzengefühl'. Jedwede Verdrehung oder ein Nachkorrigieren sowie ein zu hoher Aufsetzdruck kann die Paste verschmieren und das anschließende Lötergebnis ruinieren. Das ist besonders wichtig, da man auch bei einem notwendig werdenden Reparaturvorgang mit dem Rücken an der Wand steht.

Je nach Bauteiltyp kann auch das Bauteil vor dem Aufsetzen und Einfügen entweder mit Paste versehen werden oder aber mit Flussmittel. Im letzteren Fall müssen die Kugeln z. B. bei BGAs während des Lötens aufschmelzen können. Nicht alle angebotenen Legierungen weisen Schmelzpunkte auf, die das schaffen, ohne dass das Bauteil oder ein anderes oder gar die Leiterplatte geschädigt werden.

Flussmittel wird meist mit einen Eintauchschritt ans Bauteil gebracht, eine Methode, die auch für gewisse Pasten machbar ist.

Abb. 6: Diese LP enthält ein SOIC-8- und ein QFN-60-GehäuseAbb. 6: Diese LP enthält ein SOIC-8- und ein QFN-60-Gehäuse

Es bleibt schließlich noch festzutsellen, ob alles geklappt hat. Funktionstests wären möglich, aber wahrscheinlich ist Röntgen gefragt, speziell bei der Entwicklung und Neueinführung solcher Prozesse und dann zumindest sporadisch, um sicher zu stellen, dass der Vorgang in den gesetzten Grenzen abläuft.

Literatur und Anmerkungen:

https://www.saw-leipzig.de/de/aktuelles/warum-der-hund-begraben-liegt-greiz
L.M. Snyder; W.E. Klippel: From Lerna to Kastro: further thoughts on dogs as food in ancient Greece, perceptions, prejudices and reinvestigations, British School at Athens Studies, Vol. 9, Zooarchaeology in Greece: Recent Advances (2003), Published By: British School at Athens
P. Vallabhajosyula et al.: Reservoir Printing in Deep Cavities, SMTA Proceedings, SMTA International, Sep. 25–29, 2016, Rosemont, IL, USA
H. Grumm et al.: The Potential of Stencil Technology – Choosing the Right Stencil Options to Maximize Yield and Earnings, SMTA Proceedings
W.O. Alger et al.: Challenges of Manufacturing with Printed Circuit Board Cavities, IPC APEX EXPO Conference Proceedings

Referenzen:

[1] Im Mittelalter gab es den Begriff hunda, der so viel bedeutet wie ‚die Beute' oder ‚der Schatz'. Eigentlich liegt also die Beute vergraben. Aber im Laufe der Zeit wurde das Wort hunda immer ungebräuchlicher; die Redewendung aber blieb – doch die Menschen interpretierten sie um und bezogen sie auf den Hund
[2] https://ad.zh.ch/hier-liegt-der-hund-begraben 

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  • Ausgabe: 11
  • Jahr: 2021
  • Autoren: Prof. Rahn

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