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Montag, 10 Januar 2022 10:59

Alterungseinfluss auf dielektrische Eigenschaften von Laminaten im 79 GHz-Bereich

von Julia-Marie Köszegi
Geschätzte Lesezeit: 8 - 16 Minuten

Alterungserscheinungen sind in der Elektronik-Industrie wohlbekannt: Sowohl Komponenten wie auch die Bauteilgehäusung sind hiervon betroffen. Solche Alterungserscheinungen haben auch Einfluss auf die dielektrischen Eigenschaften der Materialien im HF-Einsatz – mit Konsequenzen bis hin zum Funktionsausfall. Um dem vorzubeugen, müssen die im HF-Umfeld eingesetzten Materialien – gleichfalls wie mechanische und elektrische Kontaktierungen – für die Einsatzbedingungen verifiziert werden, um den Einfluss der Alterung auf die funktionsbestimmenden Parameter abzuklären. Bis dato ist diese wichtige Fragestellung jedoch nur unzureichend berücksichtigt, obschon Erkenntnisse diesbezüglich bereits in den ersten Designkonzepten eingebunden werden müssten.

Aging phenomena are well known in the electronics industry: Both components and packagings are affected. Such aging phenomena also have an influence on the dielectric properties of the materials used in RF applications – with consequences that can extend to functional failure. To prevent this, the materials used in the RF environment – as well as mechanical and electrical contacts – must be verified for the operating conditions in order to clarify the influence of aging on the function-determining parameters. To date, however, this important issue has been insufficiently considered, although findings in this regard should already be incorporated in the initial design concepts.

plus 2021 12 0009Abb. 1: Geometrie eines Offenen Resonators: KonfigurationMit dem wachsenden Interesse an autonom fahrenden Fahrzeugen ist auch der Bedarf an Integrationstechnologien für die notwendigen Radarsysteme gestiegen. Hier sind besonders Fragen des mmWellen-Packagings in den 77GHz und 79GHz Frequenzbändern für kurz-, mittel- und langreichweitigen Radare gefragt [1, 2]. Um einen sicheren Betrieb gerade für kritische Anwendungsfelder der Insassensicherheit auch über Jahre des Einsatzes in anspruchsvollen Betriebsumgebungen zu garantieren, werden die eingesetzten Materialien und Komponenten mit Zuverlässigkeitstests auf Herz und Nieren geprüft. Als übergreifendes Kriterium gilt hierbei die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches System unter den benannten Voraussetzungen seine Funktion über eine benannte Zeitspanne ausfallfrei erfüllen wird [3]. Da solche Tests naheliegend nicht sinnvoll und in akzeptablen Zeitrahmen unter realen Feldbedingungen durchgeführt werden können, sind Untersuchungen im Laborumfeld, unter geeigneten Beschleunigungsbedingungen eine gängige Herangehensweise. Ebenfalls sind ggf. an die Testbedingungen angepasste- Ausfallkriterien zu definieren. Im Bereich der Elektronikzuverlässigkeit ist oft der elektrische Kontakt diese Zielgrösse, die auch in entsprechenden Designvorgaben (Design for Reliability) genutzt wird [4]. Darüber hinaus werden als Kriterien auch die Schutzeigenschaften von Umhäusung wie auch die thermische Lastbewältigung herangezogen [5].

Im Gegensatz zu diesen Fragestellungen ist bei der mmWellen-Integration zudem eine zentrale Fragestellung, wie die hochfrequenten Signale ohne Verlust oder Störungen geführt und verteilt werden (signal integrity – SI). Sind im HF-Aufbau auch Antennenstrukturen verbaut, müssen auch die gewünschten Abstrahlparameter und elektromagnetischen Störeinflüsse (electromagnetic integrity – EMI) betrachtet werden.

Essentiell für diese Parameter sind die dielektrischen Eigenschaften der verwendeten Materialien, z. B. die relative Dielektrizitätskonstante (er) und der Verlustwinkel (loss tangens d), die entscheidend für die angestrebte Funktion sind – und bereits beim Design berücksichtigt werden.

Sind diese Materialdaten nicht korrekt, führt dies zu Fehlanpassungen, Signallaufzeitstörungen, Schwächungen und verfälschter Abstrahlcharakteristik – mit anderen Worten, einer Systemfehlfunktion.

Komponenten und Bauteilgehäuse betroffen

Alterungserscheinungen sind in der Elektronik-Industrie wohlbekannt, sowohl Komponenten wie auch die Bauteilgehäuse sind hiervon betroffen. Solche Alterungserscheinungen haben auch Einfluss auf die dielektrischen Eigenschaften der Materialien im HF Einsatz – mit den angesprochenen Konsequenzen bis hin zum Funktionsausfall.

Um solchen Szenarien vorzubeugen, müssen die im HF-Umfeld eingesetzten Materialien – gleichfalls wie mechanische und elektrische Kontaktierungen – für die Einsatzbedingungen verifiziert werden, um den Einfluss der Alterung auf die funktionsbestimmenden Parameter abzuklären. Bis dato ist diese wichtige Fragestellung jedoch nur unzureichend berücksichtigt, obschon Erkenntnisse diesbezüglich bereits in den ersten Designkonzepten eingebunden werden müssten.

Die vorliegende Arbeit stellt eine umfassende Studie zum Einfluss von Alterungsprozessen auf integrierte HF-Packages im für die im Automobile-Umfeld interessanten Radarfrequenzen im Bereich 77 bzw. 79GHz vor. Beispielhaft wird diese Methodik an einem in HF Anwendungen weitverbreiteten Material, Panasonic Megtron 6, dargelegt. Hierfür werden drei Teststrukturen (Mikrostreifen-Leiter, geerdete Koplanar-Leitung und eine Patch-Antenne) als Anwendungsbeispiele für das 79GHz Band genutzt.

Mustervorbereitung und beschleunigte Alterungstests

Das Panasonic Megtron 6, R-5775, Laminatmaterial hatte eine Dicke von 100 μm und ist auf Basis eines 3313 Webmusters laminiert. 10 x 10 cm Testmuster wurden aus einem Paneel ausgeschnitten und initial vermessen. Die vorgesehenen Alterungstests wurden entsprechend typischer, im Automobilbereich genutzten Parameter, durchgeführt.

Neben einer Auslagerung von 150 °C über 1000 h (AEC-Q100) erfolgte eine thermische Wechselbelastung (-55 °C/+150 °C) bzw. eine Feuchteauslagerung (85 °C/85 %r. h.) über 1000 Zyklen bzw. Stunden. In dem ersten Test wurden die Belastungen ohne Bestromung/Spannungsbelegung durchgeführt, um zunächst die Alterungseinflüsse ausschliesslich durch die extrinsischen Faktoren zu bestimmen (dh. thermische, thermomechanische und feuchteinduzierte Einflüsse im Betrieb). Die Referenzprobe wurde bei Raumtemperatur unter Stickstoff gelagert.

Charakterisierung des Dielektrikums

Dielektrische Eigenschaften einer Probe lassen sich auf unterschiedliche Weise ermitteln, die sich in experimentellem Aufwand (nicht zuletzt den in der Praxis relevanten Kosten) und den extrahierbaren Ergebnissen (z. B. Frequenz. Auflösungsvermögen) unterscheiden.

Im Wesentlichen lassen sich die Verfahren in resonante und nicht-resonante Ansätze differenzieren. Während resonante Verfahren sich durch eine sehr gute Auflösung auszeichnen, sind sie auf den durch den experimentellen Aufbau vorgegebenen Frequenzbereich limitiert. Nicht-resonante Verfahren sind für einen breiten Frequenzbereich geeignet, bieten jedoch nur eine geringere Auflösung [6].

In der Mikroelektronik haben sich für die Vermessung von mmWellen Packages die Hohlraum-Resonatoren, Offene Resonatoren, Resonatoren in einem Freifeld-Setup sowie Mikrostreifen-Resonatoren bewährt [7]. Gerade die Mikrostreifen-Resonatoren versprechen anwendungsnahe Vorteile, da sie neben dem Material (material under test MUT) auch die fertigungsbezogenen Effekte für die elektromagnetische Feldausbreitung mit erfassen und damit für Design und Implementierung unmittelbar bereitstellen [8].

Diese Untrennbarkeit von Material und Fertigung sind für das vorliegende Studienziel jedoch ungünstig, da zur Extraktion (und späteren Integration in Simulationsmodelle) exakt die Materialalterung ohne weitere Beeinflussung abgebildet werden soll. Aus diesem Grunde wurde das Verfahren des Offenen Resonators (ORM) ausgewählt. Ein solcher Offener Resonator besteht aus zwei gegenüberliegenden HF reflektierenden Spiegeln in einer offenen Konfiguration (vgl. Abb. 1).

Die dielektrischen Eigenschaften des Materials lassen sich nun durch den Vergleich der Resonanzkurven mit und ohne Probe ermitteln. Für die Untersuchung kam ein Messgerät der Fa. Keycom (MDM-02) zum Einsatz. Der Hersteller spezifiziert eine Auflösung von ±1 % (bzw. ±0,01 er) für die Dielektrizitätskonstante und ±3 % ( bzw. ±0,0001 tand) für den Verlustwinkel. Bei einem Aufbau zur gleichzeitigen Messung der beiden Parameter ist diese Auflösung etwas reduziert: ±3 % (±0,01) bzw ±7 % (±0,0001) für er bzw tand.

Obschon der ORM-Aufbau ein resonantes Verfahren ist, lassen sich die Versuchsbedingungen dennoch über einen recht breiten Frequenzbereich abstimmen, da sich durch eine Veränderung der Spiegelposition auch die Resonanzbedingungen anpassen lassen. In dem bestehenden Aufbau lassen sich resonante Moden im Frequenzabstand von 2-3 GHz realisieren. In unserem Falle wurde als Zentralfrequenz 71GHz gewählt, da hier die höchste Sensitivität vorlag.

Abb. 2: Gealterte Materialmuster: Die Farbveränderung weist auf die in Abbildung 3 und 4 ermittelten Änderungen hinAbb. 2: Gealterte Materialmuster: Die Farbveränderung weist auf die in Abbildung 3 und 4 ermittelten Änderungen hin

Charakterisierung gealterter Laminate

Nach den durchgeführten Alterungen sind Änderungen in den Laminaten bereits anhand der Farbveränderung offensichtlich – Abbildung 2 zeigt die Ansicht in Abhängigkeit der verschiedenen Alterungsbedingungen. Korrespondierend hierzu sind in Abbildungen 3 und 4 die mit dem ORM Verfahren ermittelten Parameter er und tand gegenübergestellt. Da nur relative Veränderungen erfasst wurden, repräsentieren die Fehlerbalken die prozentualen Messfehler. Mittels linearer Regression wurden die Trendlinien entsprechend ergänzt. Tabelle 1 fasst die mit der Alterung einhergehenden Degradationseffekte auf.

Tab. 1: Änderung der dielektrischen Eigenschaften lt. Abbildungen 3 und 4

Variation d.

Steigung der Regressionsgeraden [je 1000h]

150 °C

T Wechselbelastung

85 °C/85 % RH Feuchtelagerung

Dielektrizitätskonstante er

0,17

0,05

-0,005

Verlustwinkel tand

0,0062

0,0027

0,0003

Offenbar hat die Hochtemperaturlagerung bei 150 °C die höchste Auswirkung auf die dielektrischen Eingenschaften, wobei mit der Erhöhung des er nahezu eine Verdopplung des Verlustwinkels tand einhergeht.

Im Gegensatz zur Hochtemperaturauslagerung zeigte die Feuchtelagerung einen nur geringen Einfluss auf die Eigenschaften. Die Belastung durch thermisches Zyklen (-55 °C/+150 °C) zeigt ebenfalls einen deutlichen Einfluss auf die Eigenschaften, jedoch nur in einem geringeren Masse, wie die reine Temperaturauslagerung.

 Abb. 3: Verlustwinkel der Megtron 6 (100 μm) Muster für drei unterschiedliche AlterungsbedingungenAbb. 3: Verlustwinkel der Megtron 6 (100 μm) Muster für drei unterschiedliche Alterungsbedingungen

 Abb. 4: Änderung der Dielektrizitätskonstante der Megtron 6 (100 μm) Muster für drei unterschiedliche AlterungsbedingungenAbb. 4: Änderung der Dielektrizitätskonstante der Megtron 6 (100 μm) Muster für drei unterschiedliche Alterungsbedingungen

In Verbindung mit der Farbänderung weist dies auf eine thermisch induzierte Oxidation der Muster hin – so ist bei den Feuchteauslagerungen mit max. 85 °C kaum eine Farbänderung (korreliert mit einer nur geringen Änderung der Eigenschaften) zu beobachten. Die geringere maximale kummulierte Temperaturlast bei den thermischen Wechseln unterstützt diese Hypothese, die auch mit der Beschreibung von Degradationsverhalten von Polymeren korreliert [9–12].

Einfluss dielektrischer Parameter-Veränderung auf Funktionalität

Nachdem im ersten Untersuchungsschritt das Degradationsverhalten der Dielektrikums-Muster unter Alterungsbedingungen ermittelt wurde, ist nun die naheliegende Fragestellung, wie sich diese Änderung auf die funktionalen Eigenschaften von im HF-Design genutzten Komponenten auswirkt. Hierfür werden zwei typische Transmissionsgeometrien (Abb. 5) sowie ein Patch-Antennendesign herangezogen (Abb. 9).

 plus 2021 12 0013

 plus 2021 12 0014

 Abb. 5: Querschnitt durch die in der Simulation genutzte Geometrie des Mikrostreifenleiters (A) und des Koplanar-Leiters (B)

Mikrostreifen-Leiter

Ein Design für einen 50 Ω Mikrostreifenleiter mit 1 mm Länge wurde ausgewählt. Hierzu wurde ein Schichtaufbau mit dem Panasonic Megtron 6 Material (wie vor) und einer beidseitigen 18 µm dicken Cu Auflage simuliert. Bei der Simulation der Alterung werden nun – im Gegensatz zur unbeschichteten Materialprobe – zwei getrennte Effekte betrachtet.

Einerseits führt die Materialdegradation zu einer höheren Felddissipation im Dielektrikum. Abbildung 6 zeigt eine Simulation mit Ansys HFSS unter Zugrundelegung der bei den Materialtests ermittelten Daten und die damit einhergehenden erhöhten Feldverluste.

Abb. 6: S-Parameter einer 1 mm-Mikrostreifenleitung bei 79 GHz. Die Kreise zeigen die Übertragung und die Quadrate die Reflexion an. Die Daten für  85 °C/85 % RH wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassenAbb. 6: S-Parameter einer 1 mm-Mikrostreifenleitung bei 79 GHz. Die Kreise zeigen die Übertragung und die Quadrate die Reflexion an. Die Daten für 85 °C/85 % RH wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassen

Zum Anderen führt die Veränderung der Dielektrizitätskonstante zu einer – wenn auch nur geringfügigen – Impedanzänderung, damit zu einer Fehlanpassung zwischen der Microstrip-Linie und den benachbarten Bereichen der Signalführung sowie der Signal-Einkopplung.

Koplanar-Leitung

Als weiterer typischer Vertreter von HF Komponenten wurde ein Design für eine 50 Ω Koplanar-Leitung mit 1 mm Länge in gleicher beschriebener Lagenanordnung simuliert. Abbildung 7 zeigt entsprechend die Ergebnisse der HFSS Simulation. Wie schon bei dem Mikrostreifenleiter führen die erhöhten Verluste zu einem erheblichen Einfluss auf die Signalübermittlung. Auch führt die Änderung der Dielektrizitätskonstante zu einem bzg. dem Mikrostreifenleiter vergleichbaren Ergebnis (Abb. 8).

 Abb. 7: S-Parameter einer 1 mm Koplanar-Leitung bei 79 GHz. Die Kreise zeigen die Transmission, die Quadrate die Reflexion an. Die Daten für 85 °C/85 % RH wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassenAbb. 7: S-Parameter einer 1 mm Koplanar-Leitung bei 79 GHz. Die Kreise zeigen die Transmission, die Quadrate die Reflexion an. Die Daten für 85 °C/85 % RH wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassen

 Abb. 8: Relative Veränderung der Impendanz für die in den Abbildungen 6 und 7 dargestellten Linien. Die Daten für  85 °C/85 % RH wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassenAbb. 8: Relative Veränderung der Impendanz für die in den Abbildungen 6 und 7 dargestellten Linien. Die Daten für 85 °C/85 % RH wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit weggelassen

Die dielektrischen Eigenschaften wurden in allen Fällen für die Simulation homogen dem gesamten Substrat zugeordnet. Es bleibt experimentell zu untersuchen, ob sich der für die Änderungen angenommene Oxidationsprozess homogen auf das Substrat auswirkt oder ob sich infolge der strukturierten Metallbelegung ein inhomogenes Degradationsprofil ausbildet, da die Abschottung des unter einer Metallage befindlichen Polymers von dem oxidativen Angriff unter Umständen hier zu einer verzögerten Degradation führt. Der höchste Grad an Oxidation ist jedoch weiterhin in den für die Performance relevanten Hochfeldbereichen der Leitungen zu erwarten.

Tab. 2: Geometriedaten der simulierten Patch-Antenne

Parameter

Dimension (mm)

Lsub

3,5

Wsub

3,5

Lpatch

0,94

Wpatch

1,22

Linset

0,3

Winset

0,1

h

0,1

Patch Antenne

Um zu veranschaulichen, wie sich die Variationen der elektromagnetischen Eigenschaften auf die Leistung von Antennen für 79-GHz-Radaranwendungen auswirken, wurde eine Patch-Antennengeometrie mit einfachem Einspeisepunkt betrachtet. Der Aufbau gleicht den vorhin angesprochenen Übertragungsleitungen (siehe Abb. 9). Das Antennendesign wurde auf eine Resonanzfrequenz von 79 GHz ausgelegt, wobei die Materialeigenschaften des ungealterten Megtron 6 Substratmaterials zur Simulation verwendet wurden (er: 3,8 und tand: 0,008). Die Abmessungen der simulierten Antenne sind in Tabelle 2 aufgeführt.

Abb. 9: Schrägansicht und Seitenansicht der simulierten an einer durch einen Einspeisepunkt versorgten Patch-Antenne bei 79 GHzAbb. 9: Schrägansicht und Seitenansicht der simulierten an einer durch einen Einspeisepunkt versorgten Patch-Antenne bei 79 GHz

Der simulierte Reflektionsfaktor und das Abstrahlcharakteristik der Antenne bei einer Frequenz von 79 GHz sind in den Abbildungen 10 und 11 dargestellt. Die Antenne weist eine Impedanzbandbreite von 2,21 GHz, eine maximale Antennengewinn in Hauptabstrahlrichtung von 6,34 dBi und einen Wirkungsgrad von 72 % auf.

 Abb. 10: Simulierter Reflektionsfaktor der Patch-AntenneAbb. 10: Simulierter Reflektionsfaktor der Patch-Antenne

 Abb. 11: Simuliertes Abstrahlverhalten der Patch-Antenne um die Resonanzfrequenz 79 GHz; E-(blau) und H-Feldebene (rot)Abb. 11: Simuliertes Abstrahlverhalten der Patch-Antenne um die Resonanzfrequenz 79 GHz; E-(blau) und H-Feldebene (rot)

Im anschliessenden Simulationsschritt wird die gealterte Antenne dann durch Änderung der Dielektrizitätskonstante des Substrats und der Verlustwinkel entsprechend den Ergebnissen der Materialcharakterisierung nach der beschleunigten Alterung nachgebildet. Bei allen betrachteten Variationen der Materialeigenschaften ändert sich die Abstrahlcharakteristik der Antenne, der Spitzenwert des Reflektionsfaktors bleibt unter -20 dB. Die Abbildungen 12 und 13 zeigen die entsprechenden Veränderungen der Resonanzfrequenz, der Impedanzbandbreite, des Antennengewinns und des Wirkungsgrads bei 79 GHz.

So verschiebt sich die Resonanzfrequenz der Antenne aufgrund des starken Anstiegs der Dielektrizitätskonstante bei der Alterung des Materials bei einer Temperatur von 150 °C deutlich zu niedrigeren Frequenzen hin. Bei einer Alterungsdauer > 1500 Stunden führen die gemessenen Materialwerte zu einer Abdrift aus der für Radaranwendungen angestrebten Betriebsbandbreite von 76,5 GHz bis 81 GHz.

 Abb. 12: Antennengewinn (Kreise) und Antenneneffizienz (Quadrate) einer einzelnen Patch-Antenne bei 79 GHz über den Alterungsprozess (Rot: 150 °C, Blau: Therm. Zylken); (Daten aus der Auslagerung bei 85 °C/ 85  % RH sind der Übersichtlichkeit halber weggelassen)Abb. 12: Antennengewinn (Kreise) und Antenneneffizienz (Quadrate) einer einzelnen Patch-Antenne bei 79 GHz über den Alterungsprozess (Rot: 150 °C, Blau: Therm. Zylken); (Daten aus der Auslagerung bei 85 °C/ 85 % RH sind der Übersichtlichkeit halber weggelassen)

 Abb. 13: Resonanzfrequenz (Kreise) und und Impedanzbandbreite (Quadrate) einer einzelnen Patch-Antenne bei 79 GHz über den Alterungsprozess (Rot: 150 °C, Blau: Therm. Zylken); (Daten aus der Auslagerung bei 85 °C/ 85 % RH sind der Übersichtlichkeit halber weggelassen)Abb. 13: Resonanzfrequenz (Kreise) und und Impedanzbandbreite (Quadrate) einer einzelnen Patch-Antenne bei 79 GHz über den Alterungsprozess (Rot: 150 °C, Blau: Therm. Zylken); (Daten aus der Auslagerung bei 85 °C/ 85 % RH sind der Übersichtlichkeit halber weggelassen)

Demgegenüber kompensiert der Anstieg des Verlustwinkels bei 150 °C nicht nur die dem höheren er geschuldeten Bandbreitenverringerung, sondern führt sogar zu einer erhöhten Impedanzbandbreite bei allen Alterungsschritten. Die Frequenzverschiebung und der Anstieg des Verlustwinkels führen außerdem zu einer starken Reduzierung der maximalen Bandbreite und des Antennenwirkungsgrads bei der Zentralfrequenz von 79 GHz.

Die gleichen Effekte – d. h. die Verschiebung der Resonanzfrequenz, die Erhöhung der Impedanzbandbreite und die Verringerung des maximalen Gewinns sowie des Wirkungsgrads – treten auf, wenn das Material thermischen Zyklen zwischen -55 °C und 150 °C unterzogen wird. Hierbei ist die Veränderungen gegenüber der thermischen Lagerung nicht so deutlich, da der Anstieg der Dielektrizitätskonstante und des Verlustwinkels deutlich geringer sind, als bei der Langzeitalterung @ 150 °C.

Die Leistung der Antenne wird durch die Lagerung bei 85 °C/85 % relativer Luftfeuchtigkeit nicht beeinträchtigt, da – wie gesehen – die entsprechenden Veränderungen der Materialeigenschaften vernachlässigbar sind.

Zusammenfassung & Ausblick

  1. Die dielektrischen Eigenschaften des in dieser Arbeit untersuchten HF-Laminats sind sehr empfindlich gegenüber beschleunigter Alterung. Insbesondere die Lagerung bei 150 °C führt zu einem Anstieg der Dielektrizitätskonstante um 9 %, und die Verluste haben sich über die Auslagerungsdauer (2000 Stunden) mehr als verdoppelt. Eine Sättigungseffekt wurde nicht beobachtet. Es wird vermutet, dass die thermische Oxidation der Polymermatrix die Ursache für diesen Effekt ist.
  2. Die Alterung unter thermischen Zyklen führte zu einem ähnlichen Trend, jedoch in dem thermischen Budget entsprechend geringerem Ausmaß.
  3. Die Lagerung bei 85 °C und 85 % relativer Luftfeuchtigkeit dagegen ließ keine signifikante Parameteränderung erkennen.
  4. Es scheint naheliegend, dass in erster Linie das oxidative Alterungsverhalten des Polymers zu den Eigenschaftsveränderungen führt.
  5. Die erhöhte Dielektrizitätskonstante und die schlechteren Verlustfaktoren beeinträchtigen direkt die Übertragung von HF-Signalen. Für den Extremfall (Alterung bei 150 °C) wurde nachgewiesen, dass die Übertragungseffizienz einer Mikrostreifenleitung um etwa einen Faktor zwei ab- und die Reflexion aufgrund der eingeführten Fehlanpassung zunimmt. Das Beispiel einer geerdeten Koplanarleitung wies eine vergleichbare Verschlechterung auf.
  6. Bei der Patch-Antenne führten die veränderten Eigenschaften zu eine Verschiebung der Resonanzfrequenz hin zu niedrigeren Frequenzen, was zu einem starken Rückgang des Gewinns und des Wirkungsgrads gegenüber der Entwurfsfrequenz führte. Die Simulationen ergaben, dass die Antenne bereits nach einer vergleichsweise kurzen Lagerungszeit bei 150 °C nicht mehr den Spezifikationen entspricht.

Die Alterungsstudie hat gezeigt, welch großen Einfluss die im Betrieb auftretenden Belastungen auf die Leistung eines HF-laminatbasierenden Fahrzeugradarsystems haben kann. Künftige Untersuchungen werden zeigen, ob der Effekt bei anderen Laminaten und anderen Substratdicken vergleichbar stark ist.

Die Auswirkungen auf andere Arten von Übertragungsleitungen und Komponenten müssen ebenfalls noch bewertet werden. Außerdem sollen Strategien zur Abschwächung des Effekts erforscht werden.

Mögliche begünstigende Effekte einer flächigen Metallisierung zur Verminderung des Oxidationsfortschritt in das Material hinein und damit zur Abschwächung der Alterungseffekte sind gleichfalls Gegenstand künftiger Untersuchungen.

Autoren-Info:

Julia-Marie Köszegi (Forschungsschwerpunkt Technologien der Mikroperipherik, Technische Universität Berlin, Berlin, Germany, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!);

Marco Rossi, Olaf Wittler, Hans Walter, Oliver Schwanitz, Ivan Ndip, Klaus-Dieter Lang, Martin Schneider-Ramelow. RF & Smart Sensor Systems, Fraunhofer Institute for Reliability and Microintegration, Berlin, Germany;

Referenzen:

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Weitere Informationen

  • Ausgabe: 12
  • Jahr: 2021
  • Autoren: Julia-Marie Köszegi, TU-Berlin; Marco Rossi, Olaf Wittler, Hans Walter, Oliver Schwanitz, Ivan Ndip, Klaus-Dieter Lang, Martin Schneider-Ramelow, FhG-IZM, Berlin

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