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Freitag, 18 Februar 2022 10:59

Retrofit im Elektronikdesign: Smarte Modernisierung für Systeme zur Signaldatenverarbeitung

von Oliver Helzle
Geschätzte Lesezeit: 4 - 8 Minuten
Retrofit-Lösungen können analoge Systeme erweitern, ohne die komplette Infrastruktur austauschen zu müssen. Für ihre schnelle und kostengünstige Entwicklung hat hema einen modularen Baukasten entwickelt Retrofit-Lösungen können analoge Systeme erweitern, ohne die komplette Infrastruktur austauschen zu müssen. Für ihre schnelle und kostengünstige Entwicklung hat hema einen modularen Baukasten entwickelt

Nicht nur bei der deutschen Bundeswehr gibt es das Problem, dass bewährte analoge Technik nicht einfach ersetzt werden kann. Auch in der Verkehrsinfrastruktur und in Anwendungen der Signaldatenverarbeitung kann man ähnliches beobachten. Hier lassen sich die Weichen in eine digitale Zukunft stellen – durch Embedded-Technologie und modulares Elektronik-Design.

Der Ruf nach schneller Digitalisierung ist kaum zu überhören und in allen Branchen und Anwendungen überwiegen heute die Vorteile digitaler Daten. Dennoch sind Kosten und Aufwand enorm hoch, sollen analoge Systeme zur Signaldatenverarbeitung in Verkehrsanwendungen, in der Logistik und Überwachung ersetzt werden. Abhilfe schaffen Retrofit-Lösungen, die analoge Systeme erweitern, ohne die komplette Infrastruktur austauschen zu müssen. Mit modularem Elektronikdesign sind sie wirtschaftlich realisierbar und können an verschiedene Anwendungen angepasst werden.

Insbesondere in großen Infrastrukturprojekten wie Bahnanlagen, für die Überwachung von Tunnels oder die Zufahrtskontrolle von Betriebsgeländen kommen nach wie vor häufig ältere Kamerasysteme und Sensoren zum Einsatz, die analoge Daten erzeugen und weiterleiten, zum Beispiel an einen Bildschirm. Häufig funktionieren die Anlagen zuverlässig. Aufgrund ihres Alters und des technologischen Fortschritts seit der Einführung ist ihr Funktionsumfang aber zumeist sehr eingeschränkt. Zudem sind bei einem Defekt abgekündigte Baugruppen nicht oder nur mit erheblichem Aufwand neu zu beschaffen.

Retrofit: Analog und Digital gemeinsam nutzen

Die neue Embedded Vision Plattform von hema für Xilinx KRIA K26 SoMs eignet sich optimal für rechenintensive Anwendungen mit verschiedenen SignaldatenDie neue Embedded Vision Plattform von hema für Xilinx KRIA K26 SoMs eignet sich optimal für rechenintensive Anwendungen mit verschiedenen SignaldatenEine optimale Lösung zur Modernisierung solcher Anlagen sind Retrofit-Elektroniken, die bestehende analoge Systeme mit den Möglichkeiten der digitalen Datenverarbeitung erweitern und aufbessern. Dabei werden die analogen Signaldaten digitalisiert und mit modernen FPGAs oder ARM-Prozessoren verarbeitet. Durch mehrfache Signal Ein- und Ausgänge können analoge und digitale Daten kombiniert und je nach gewünschter Weiterverarbeitung ebenfalls als analoge Daten zum Beispiel auf einem Display angezeigt oder digital ausgegeben werden. So profitieren auch bislang analoge Systeme von den flexibleren Verarbeitungsmöglichkeiten, der schnelleren Datenübertragung ohne Qualitätseinbußen und der unbegrenzten Nutzungs- und Speicherdauer. Gleichzeitig werden alle Schnittstellen des bestehenden Systems unterstützt, sodass sich die Elektronik perfekt in bestehende Anlagen integrieren lässt. Defekte Baugruppen können so mit wenig Aufwand durch modernere Komponenten ausgetauscht und die Infrastruktur kontinuierlich modernisiert werden. Eine kompletter Systemwechsel, der mit hohem Aufwand, Kosten und Risiken verbunden ist, ist nicht notwendig.

Aufwertung durch Low Latency und Bildverarbeitung

Sind die Daten der analogen Sensoren einmal digitalisiert, können alle Vorteile digitaler Weiterverarbeitung genutzt werden, allen voran die Low Latency Verarbeitung mit Reaktionszeiten unter 35 ms. Zusätzlich stehen damit neue Funktionen zur Bildverarbeitung zur Verfügung, zum Beispiel farbige Grafik-Overlays, Bild-in-Bild-Darstellungen oder Videomultiplexing, bei dem mehrere farbige Kamerabilder in einen einzigen Datenstream zusammengefasst werden. Für die Kommandosteuerung der Funktionen kommen FPGA-Module oder ARM-Prozessoren zum Einsatz. Beide Technologien lassen sich auch kombinieren und verbinden hohe Rechenleistung und schnelle Datenverarbeitung mit geringen Serienkosten für die Elektronik.

Modularer Aufbau senkt Aufwand und Kosten

Für die kostengünstige Entwicklung von Elektroniken zum Sammeln, Verarbeiten und Ausgeben analoger und digitaler Signaldaten hat hema electronic einen modularen Baukasten entwickelt, die hema Embedded Vision Plattform. Sie umfasst Hardware und Middleware ebenso wie ein Softwaregerüst, sodass Anwender in kürzester Zeit eine einsatzfähige Lösung erhalten. Für den Start in die Entwicklung wählen sie die benötigten Schnittstellen und Funktionalitäten; über 45 Building-Blocks stehen dafür bereits in einer Bibliothek fertiger Schaltungsteile zur Auswahl, die ständig ergänzt wird. Entgegen einer kompletten Neuentwicklung profitieren Kunden so von vielfach in der Industrie bewährten Schaltungsteilen und einem deutlichen Zeit- und Kostenvorteil in der Entwicklung. Auch das Design-Risiko wird so effektiv verringert. Neue Funktionen oder kundenspezifische Schaltungsteile können dennoch unkompliziert integriert werden.

SoMs liefern skalierbare Rechenleistung

Die benötigte Rechenleistung der Data-Distribution-Units stellen System on Modules bereit. Sie sind mit FPGAs und ARM-Prozessoren oder einer Kombination beider Technologien erhältlich und umfassen außerdem den Speicher und weitere EMV-kritische Komponenten. Durch das modulare Design wird die Komplexität bei der Entwicklung der Elektronik reduziert – Zeit und Kosten werden so auch hier eingespart. Das Interface der Module ist standardisiert, sodass Upgrades oder verschiedene Produktvarianten häufig ohne ein komplettes Neudesign der Hardware möglich sind. hema arbeitet dafür in zahlreichen Kundenprojekten und seit vielen Jahren mit SoMs von Xilinx und Enclustra. Erst kürzlich hat hema eine neue Version der Embedded Vision Plattform vorgestellt. Sie ist die Basis für die weltweit ersten industrietauglichen Mainboards mit den neuen KRIA K26 SoMs von Xilinx, die enorme Rechenleistung und AI-Fähigkeiten mit robustem Design verbinden.

In sechs Wochen zur Retrofit-Lösung

Mit der Embedded Vision Plattform von hema können Retrofit-Elektroniken für bestehende Anwendungen in nur sechs Wochen entwickelt werden – vom Auftrag bis zum seriennahen Prototyp. Dabei berücksichtigt hema bereits im Design Verfügbarkeit und Lebenszyklus der vorgesehenen Bauteile und begleitet seine Kunden auch in allen weiteren Entwicklungsschritten bis zur Serienqualifizierung inklusive Zertifizierung und Zulassung. Auf Wunsch übernimmt das Unternehmen auch das Lifecycle-Management und sorgt frühzeitig für Ersatz von nur schwer oder nicht mehr lieferbaren Bauteilen. Kunden profitieren vom Know-how aus über 40 Jahren Elektronikentwicklung und -Fertigung sowie von vielen erfolgreichen Projekten in Verkehrs- und Sicherheitstechnik, Transport und Logistik, Defense und Medizintechnik.

Funkgerät aus den 80er Jahren

Der Nachbau des SEM 80/90 stellt nach außen hin eine 1:1-Kopie des ursprünglichen Geräts dar. Im Inneren wurden die Funktionen nach BAAINBw-Angaben jedoch durch Software nachgebildetDer Nachbau des SEM 80/90 stellt nach außen hin eine 1:1-Kopie des ursprünglichen Geräts dar. Im Inneren wurden die Funktionen nach BAAINBw-Angaben jedoch durch Software nachgebildetAls im Sommer 2021 bekannt wurde, dass das Beschaffungsamt der Bundeswehr von der französischen Thales Group 30 000 analoge Funkgeräte des Typs SEM 80/90 angeblich 1:1 zum Stückpreis von 20 000 € nachbauen lassen will, um die Verzögerungen bei der Entwicklung des Projekts ,Digitalisierung Landbasierter Operationen' (D-LBO) zu überbrücken, war der Aufruhr groß und den Beschaffern und Verwaltern von Wehrtechnik in der korrekt Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) benannten Koblenzer Behörde wurde unterstellt, von Vorgestern oder gar nicht ganz bei Trost zu sein. Ich könnte jetzt in den Chor der Lästerer einstimmen: Am IT-Amt Bw, das mittlerweile ins BAAINBw integriert ist, scheint ja vorbeigegangen zu sein, dass zuverlässige Elektronik nicht unbedingt Bauteile mit Beinchen haben muss – aber ich mag mir gar nicht vorstellen, wie das Logo aussehen würde, wenn es auf aktuellen AVT-Trends basierte.

Doch ist jegliche Lästerei im Falle der analogen Funkgeräte unangebracht: Hätte man einen Zwischenschritt gewagt, wäre man über geltende Beschaffungsvorschriften gestolpert und hätte eine Lawine losgetreten – zeitlich und finanziell. Denn an einer offiziellen Ausschreibung mit entsprechenden Fristen wäre man nicht vorbeigekommen. Da sind die für den Fertigungsauftrag an den französischen Nachfolger des ursprünglichen SEM 80/90-Herstellers Standard Elektrik Lorenz veranschlagten 600 Mio. € Gesamtkosten eine verlässliche und planbare Größe, die nicht aus dem Ruder laufen dürfte.

Zudem hat die Bundeswehr offensichtlich doch einen Dreh gefunden, unter Beibehaltung der bisherigen Funktechnik auch ein wenig zu modernisieren. Das legt eine Pressemeldung des BAAINBw vom Spätherbst nahe: „Die beabsichtigte Lösung mit neuen, softwarebasierten Funkgeräten bietet der Truppe kosteneffizient alle bisherigen Fähigkeiten, da sie im Kern auf den technologischen State-of-the-Art zurückgreift“, so der zuständige Projektleiter im BAAINBw. Also scheint sich hinter der beibehaltenen äußeren Form, die keine komplexen Umbauten an den Fahrzeugen erfordert und ‚plug and play' eingebaut werden kann, doch etwas zu verbergen, was nur vorgibt, ein 1:1-Nachbau des seit den 1980ern in der Truppe genutzten Funkgräts zu sein. Die SEM 80/90 werden überwiegend in Fahrzeugen der Landstreitkräfte verwendet und dienen dort der taktischen Kommunikation.

Gleichzeitig verfolge die Bundeswehr weiterhin das Ziel, „den Truppenfunk auf lange Sicht vollumfänglich zu digitalisieren.“ Bis zur vollständigen Umsetzung dieses umfangreichen Vorhabens sichert die jetzige Vereinbarung die durchgängige Einsatzbereitschaft der Truppe. Der Einsatz der Funkgeräte ist bis 2035 geplant.

Bis dahin dürften dann nach und nach die Ergebnisse der Projekte D-LBO und TEN (Tactical Edge networking) eingeführt werden. Der Einsatz neuer Technologien, wie Edge Computing, Cloud, Mesh-Netzwerke oder künstliche Intelligenz (KI), so heißt es von Projktteilnehmern, entscheide zunehmend über die Informations-, Führungs- und Wirkungsüberlegenheit während einer militärischen Operation mit. KI-basierte Informationssysteme sollen dann durch schnellere Analysen unzähliger Daten aus verschiedenen Quellen fundiertere, präzisere und schnellere Entscheidungen ermöglichen. Cloud- und Edge Computing sowie moderne Übertragungstechnologien sollen helfen, auch bei eingeschränkter Konnektivität Informationen optimal zu verteilen. Wir werden sehen, ob 2035 nochmal eine weitere größere Zahl an SEM 80/90 nachbestellt werden muss.

the embedded vision expert

hema electronic hat sich als Entwicklungsdienstleister der Elektronikindustrie bei Hard- und Softwaredesign für Embedded Vision Boards und für Systeme der industriellen Automatisierungstechnik, Verteidigungs- und Sicherheitstechnik etabliert. Das Angebot komplett aus einer Hand reicht von der Beratung und Konzeption über Design (FPGAs, DSPs, Embedded Processors), Qualifizierungen, Rapid Prototyping und Kleinserienproduktion bis hin zum Lifecycle-Management.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 2
  • Jahr: 2022
  • Autoren: Oliver Helzle, Geschäftsführer hema electronic

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