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Freitag, 03 März 2023 10:59

Molekulare Defekte kristalliner Polymere - Organische 2D-Materialien unter dem Elektronenmikroskop

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Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten
Molekulare Defekte kristalliner Polymere - Organische 2D-Materialien unter dem Elektronenmikroskop Bild: Baokun Liang / Universität Ulm

Einem Forschungsteam um die Ulmer Physikprofessorin Ute Kaiser ist es gelungen, organische 2D-Polymere an einem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) auf submolekularer Ebene in hoher Auflösung abzubilden.

So war es möglich, molekulare Defekte zu finden. Damit lassen sich diese neuartigen, vielversprechenden Materialien wesentlich besser charakterisieren und in ihrer Funktionalität bestimmen.

Die organischen 2D-Polymere sind eine sehr junge Werkstoffgruppe mit großem Anwendungspotential. Neben einem möglichen Einsatz in der Optik oder Biologie könnten 2D-Polymere auch in der Elektronik verwendet werden. Das Besondere an ihnen ist, dass sie sich auch nachträglich noch funktionalisieren und formieren lassen. Die Komposition, Funktionalisierung und Stapelung von organischen 2D-Polymerschichten ist allerdings nicht einfach zu kontrollieren und muss daher überwacht werden.

In der Elektronik sind besonders kristalline Polymere interessant. Diese sind gleichmäßig, ähnlich wie ein Halbleiterkristall, in der Fläche vernetzt. Diese nicht leitfähigen Polymere könnte man nach der Herstellung partiell dotieren, also gezielt mit Fremdatomen ‚verunreinigen', um so kleinste Strukturen unterschiedlicher elektrischer Leitfähigkeit zu erzeugen. Somit entstünde ein nur wenige nm dünner, flexibler elektronischer Chip. Das würde neue Möglichkeiten in der Dünnschichttechnik, der Sensorik oder für tragbare Elektronik schaffen.

Herausforderungen bei der Untersuchung von 2D-Polymeren

Elektronenmikroskopische Aufnahmen von strahlungsempfindlichen 2D-Polymeren, aufgenommen am TEM mit Elektronenstrahlen reduzierter Energie (120 keV) / (Bild: Baokun Liang / Universität Ulm)Elektronenmikroskopische Aufnahmen von strahlungsempfindlichen 2D-Polymeren, aufgenommen am TEM mit Elektronenstrahlen reduzierter Energie (120 keV) / (Bild: Baokun Liang / Universität Ulm)Professorin Kaiser bezeichnet die 2D-Polymere als die ,jungen Wilden' unter den Polymeren. Denn sie reagieren empfindlich, wenn man sie näher untersuchen möchte. Aufgrund unterschiedlicher Bindungsarten und -eigenschaften gestalten sich die molekularen Interaktionen organischer 2D-Polymere sehr komplex und störempfindlich. Bislang war es kaum möglich, solche Materialien elektronenmikroskopisch mit ausreichender Auflösung auf atomarer Ebene zu charakterisieren. Das Problem besteht laut der Physikerin darin, dass die abbildenden Elektronen mit den Atomen der Polymerschicht in Wechselwirkung treten und diese beschädigen oder auch zerstören können.

Einem Forschungsteam aus Kaisers Arbeitsgruppe ist es in Zusammenarbeit mit Forschenden aus Dresden, Halle und Leipzig sowie aus Guangzhou und Jinan (China) erstmals gelungen, 2D-Polymere in nahezu atomarer Auflösung an einem TEM zu untersuchen, ohne sie zu beschädigen oder in der Zusammensetzung zu verändern. Zum Einsatz kam dabei das Mikroskop TITAN der Universität Ulm, ein hochauflösendes und bildfehlerkorrigiertes TEM.

Für ihre Untersuchungen haben die Forschenden die Beschleunigungsspannung und Anzahl der Elektronen variiert, um herauszufinden, bei welchen Parametern sich die höchste Bildqualität bei minimalen Elektronenstrahlenschäden realisieren lässt.

Üblicherweise werden für die transmissionselektronenmikroskopische Abbildung organischer Materialien Elektronenstrahlen mit einer Energie von 300 keV verwendet. Die Ulmer Physikerinnen und Physiker arbeiteten für ihre Studie hingegen mit Niederspannung und niedriger Dosierung der Elektronen. Die Energie der Elektronen wurde von 300 bis auf 80 keV reduziert. Dabei zeigte sich, dass eine Spannung von 120 keV – bei gleichzeitiger Reduktion der Elektronenanzahl – die höchstmögliche Auflösung in der Abbildung erzeugt.

Für ihre Versuche verwendeten die Wissenschaftler im ersten Schritt 2D-Polymere mit kristalliner Struktur. Deren regelmäßiger Aufbau ist mikroskopisch gut erkennbar. So ließen sich elektronenstrahlbedingte Defekte als Unregelmäßigkeiten und Musterabweichungen gut aufdecken. Dabei half den Wissenschaftlern auch ein neues KI-basiertes Auswertungssystem. Nach Ermittlung der optimalen Abbildungsbedingungen am TEM für kristalline 2D-Polymere wurden die Versuche auf amorphe Polymere ausgeweitet.

Optische Mikrofotografien vor und nach dem Reverse-Transfer verschiedener 2D-Materialien. Oben: Elektronenstrahl-belichtetes 2D-Material auf einem TEM-Gitter vor dem Reverse-Transfer. Unten: 2D-Material, das erfolgreich auf ein Polystyrol-Substrat rückübertragen wurde (a) MoSe2, (b) WSe2, (c) MoTe2, (d) hBN und (e) GraphenOptische Mikrofotografien vor und nach dem Reverse-Transfer verschiedener 2D-Materialien. Oben: Elektronenstrahlbelichtetes 2D-Material auf einem TEM-Gitter vor dem Reverse-Transfer. Unten: 2D-Material, das erfolgreich auf ein Polystyrol-Substrat rückübertragen wurde (a) MoSe2, (b) WSe2, (c) MoTe2, (d) hBN und (e) Graphen

Ergebnisse

Laut Kaiser ist es der Forschungsgruppe gelungen, bei einer niedrigeren Beschleunigungsspannung die Auflösung stark zu erhöhen. So konnte erstmals ein kontrastreiches, detailliertes Bild der Struktur dünner organischer Polymerschichten auf nahezu atomarer Ebene gewonnen werden. Die Arbeit des deutsch-chinesischen Forschungsteams macht es also möglich, molekulare Defekte zu erkennen, die entscheidenden Einfluss auf die Materialeigenschaften und damit auf die Einsatzmöglichkeiten haben. Die 2D-Polymere für die Studie wurden an der Sun-Yat-sen-Universität (Guangzhou/China) und der TU Dresden synthetisiert. In Dresden wurden auch die Berechnungen zu den quantenmechanischen Eigenschaften der Defektstrukturen durchgeführt.

Veröffentlicht wurde die Studie in der Fachzeitschrift ‚Nature Communications'.

www.uni-ulm.de, www.tu-dresden.de, www.sysu.edu.cn/sysuen/

 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 2
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Viola Krautz

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