Eugen G. Leuze Verlag KG
×
 x 

Warenkorb leer.
Warenkorb - Warenkorb leer.
Montag, 05 Juni 2023 11:59

Der ‚Glänzende Lackporling‘ als Substratlieferant – Ein Pilz für die Produktion nachhaltiger und flexibler Leiterplatten

von
Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten
Der Glänzende Lackporling, bekannt als Holzschädling und in Ostasien auch als Therapeutikum zur Stärkung des Immunsystems und der Leber genutzt, ist ein Pilz aus der Familie der Ganodermataceae Der Glänzende Lackporling, bekannt als Holzschädling und in Ostasien auch als Therapeutikum zur Stärkung des Immunsystems und der Leber genutzt, ist ein Pilz aus der Familie der Ganodermataceae Bild: Rudolphous/CC BY 4.0

Ein österreichisches Forschungsteam untersucht das Wachstum und die Verarbeitung von Pilzmyzelhäuten als biologisch abbaubares Substratmaterial für nachhaltige Elektronik. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht ein Pilz aus der Familie der Lackporling – Ganoderma lucidum.

An Austrian research team is studying the growth and processing of fungal mycelial skins as a biodegradable substrate material for sustainable electronics. The focus of their work is a fungus from the Ganodermataceae family.

Für flexible Leiterplatten werden üblicherweise Polyesterfolien oder für hohe Ansprüche Polyimidfolien als Basismaterial verwendet. Diese werden mit Hilfe der in der konventionellen Leiterplattentechnik üblichen Verfahren wie der chemischen und galvanischen Kupferabscheidung, fotolithografischer Strukturierung und dem Ätzen der Leiterbahnen weiterverarbeitet. Polyimidfolien zeichnen sich u. a. durch eine sehr hohe Biegebelastbarkeit, hohe Spannungsfestigkeit und eine hohe Temperaturbeständigkeit beim Löten aus. Flexible Leiterplatten finden überall dort Anwendung, wo der Bauteilträger während der Lebensdauer vielfach gebogen werden muss oder die Baugruppenkonstruktion ein Falten des Bauteilträgers erfordert. Dies kann u. a. bei tragbarer Elektronik, in der Medizintechnik oder in der Unterhaltungselektronik der Fall sein.

Nachhaltigkeit in der Elektronikindustrie erfordert die Substitution dieser nicht abbaubaren und schwer zu recycelnden Materialien durch solche, die entweder biologisch abgebaut werden können oder einfach zu recyceln sind. Ein österreichisches Forschungsteam um Doris Danninger von der Johannes-Kepler-Universität Linz geht dazu einen ungewöhnlichen Weg. Sie haben ein Konzept für das Wachstum und die Verarbeitung von Pilzmyzelhäuten als biologisch abbaubares Substratmaterial für nachhaltige Elektronik entwickelt. Immerhin trägt das Basismaterial nach den Schaltkreisen an zweiter Stelle zur Baugruppenmasse bei, die nach der Lebensdauer entsorgt werden muss.

  1. Herstellungsmöglichkeiten strukturierter Myzelhaut
  2. Bildung von Cu- und Cu-Au-Doppelschichten auf der Myzelhaut
  3. Koloriertes REM-Bild einer laserabgetragenen Kante einer Cu-Au-Schicht
  4. Leitfähigkeit einer PVD-Cu-Au-Schicht auf junger, mittlerer und reifer Myzelhaut
  5. Normierter Widerstand des jungen Cu-Au-bedeckten Myzels während der zyklischen Biegung über 2000 Mal mit Biegeradien von 5 bis 25 mm
  6. Normierter Widerstand in Abhängigkeit vom Biegeradius
  7. Cu-Au-Trassen auf einer jungen Myzelhaut nach Faltung
  8. Normierter Widerstand der Leiterbahnen steigt mit Anzahl der Faltungen
  9. Junge Myzelhaut mit oberflächenmontierter LED

Bild: Johannes-Kepler-Universität Linz

Durch die Kombination herkömmlicher (eventuell wiederverwendbarer) ICs mit einem biologisch abbaubaren Substrat anstelle von schwer zu recycelnden Polymeren könnte Elektroschrott schon deutlich reduziert werden. Nach dem Ende der Lebensdauer der Leiterplatte können wiederverwendbare oberflächenmontierte Komponenten mit einfachen Werkzeugen wie einer Heißluftpistole oder einem Lötkolben leicht von der Platine entfernt werden, so dass nur das biologisch abbaubare Substrat als Abfallprodukt übrigbleibt.

Basis für das neuartige Substrat ist ein Pilz, der glänzende Lackporling, der in der Natur auf Totholz wächst. Genauer gesagt, wird nur das reine Pilzmyzel künstlich hergestellt, welches vielversprechende mechanischen Eigenschaften aufweist, und vollständig biologisch abbaubar ist. Das Pilzmaterial lässt sich mit herkömmlichen Schaltungskomponenten bestücken.

Herstellung des neuartigen Basismaterials, der Myzelhaut

plus 2023 05 075Das Forschungsteam um Danninger stellt Myzelhäute her, indem auf feuchten Buchenholzspänen das Myzel bei 25 °C und in feuchter Atmosphäre gezüchtet wird. Wichtig ist, dass sich nur eine Myzelhaut bildet und die Bildung von Fruchtkörpern unterdrückt wird, um eine glatte Haut zu erhalten. Dies geschieht durch eine minimierte Lichteinwirkung und einen hohen CO2-Gehaltin der umgebenden Atmosphäre. Nach der Ernte werden die nassen Häute aus dem lebenden Myzel komprimiert und getrocknet. Die Forscher erzielten maximal fünf Folgeernten aus einem Kulturmedium über einen Zeitraum von sechs Wochen.

Konstruktion der Leiterbahnen

Das Myzelsubstrat wird mittels physikalischer Gasphasenabscheidung (PVD) ganzflächig metallisiert, und zwar mit einer 400 nm dicken Kupferschicht. Für eine bessere Haftung des Kupfers auf der glatten Myzelhaut wird vorher eine Chrom-Haftschicht von 3nm Dicke abgeschieden. Zur Verbesserung der Leitfähigkeit der Leiterbahnen wird zusätzlich eine 50 nm dicke Goldschicht auf das Kupfer aufgebracht.

Die physikalische Gasphasenabscheidung findet im Vakuum statt, um eine hohe Reinheit der abgeschieden Metallschichten und damit geringe elektrische Widerstände zu gewährleisten. Die Abscheidungsraten lagen bei 0,02 nm/s für Chrom, 0,3 nm/sfür Kupfer und 0,15 nm/sfür Gold.

Mit einer anderen Technologie wurde das ganzflächig durch PVD verkupferte Myzel galvanisch vergoldet. Dieser in der Leiterplattentechnik etablierte Galvanikprozess ist leicht skalierbar.

Die Leiterbahnen werden anschließend nicht ätztechnisch, wie eigentlich in der Leiterplattentechnik üblich, sondern durch eine selektive Laserablation strukturiert. Das Myzelsubstrat wir dabei nicht beschädigt.

Eigenschaften des Myzelsubstrats

Das so gewonnene Substrat wies eine thermische Stabilität bis 250 °C auf, sodass Leiterplatten auf dieser Basis später auch gelötet werden können.

Die Forscher stellten fest, dass sich nur junge Myzelhaut mit ihrer glatten Oberfläche als Substratmaterial eignet. Leiterbahnen, die darauf hergestellt werden, können hohe Stromdichten bis zu 333 A/mm2 aushalten. Neben der hohen Leitfähigkeit von 9,75 ± 1,44 × 104S/cm sind die Schaltungsträger sehr flexibel.

So sind bei einem Biegeradius zwischen 22,5 und 5 mm 2000 Biegezyklen bei einer geringen Widerstandserhöhung von 18,1 % möglich. Danach reißt der Metallfilm mit jedem Zyklus großflächig, was zu einer starken Widerstandserhöhung führt. Die Schaltungsträger lassen sich zudem mehrfach falten. So erhöhte sich der normierte WiderstandR/R0auf 4,07 ± 0,51 nach einer 12-fachen Faltung. Damit können mit so hergestellten flexiblen Leiterplatten auch sehr komplex gestaltete elektronische Baugruppen realisiert werden.

Neben der Herstellung von flexiblen Leiterplatten hat das Forscherteam aus dem Pilzmaterial neuartige Batterien entwickelt, die hauptsächlich aus abbaubarem Myzelium bestehen. Auch soll in Folgearbeiten untersucht werden, wie die aus der Pilzhaut gebildete Membran an eine jeweilige spezielle Anwendung gezielt angepasst werden kann.

Weitere Informationen

Onlineartikel Suche

Volltext

Autoren

Ausgabe

Jahr

Kategorie

Newsletter

Auf dem Laufenden bleiben? Jetzt unsere Newsletter auswählen und alle 14 Tage die neuesten Nachrichten in Ihrem E-Mail Postfach erhalten:

Der Leuze Verlag ist die Quelle für fundierte Fachinformationen.
Geschrieben von Fachleuten für Fachleute. Fachzeitschriften und Fachbücher
rund um Galvano- und Oberflächentechnik sowie Aufbau- und Verbindungstechnik in der Elektronik –
seit 120 Jahren professionelle Informationen und Fachwissen aus erster Hand.

UNTERNEHMEN

ZAHLARTEN

Paypal Alternative2Invoice
MaestroMastercard Alternate
American ExpressVisa

Zahlarten z.T. in Vorbereitung.

KONTAKT

Eugen G. Leuze Verlag
GmbH & Co. KG
Karlstraße 4
88348 Bad Saulgau

Tel.: 07581 4801-0
Fax: 07581 4801-10

E-Mail: [email protected] oder
E-Mail: [email protected]