Vernetzte Produktionsanlagen, Echtzeit-Kommunikation zwischen Maschinen, individuelle Unterstützung vom Kollegen Roboter: Die Digitalisierung der Industrieunternehmen in Deutschland macht Fortschritte. Fast 6 von 10 Industrieunternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern in Deutschland (59 %) nutzen spezielle Anwendungen aus dem Bereich Industrie 4.0. Vor zwei Jahren waren es erst 49 %. Zugleich ist der Anteil der Unternehmen, für die Industrie 4.0 gar kein Thema ist, auf 1 % geschrumpft.
‚Corona‘ ist zusätzlicher Treiber
Je digitaler die Industrieunternehmen aufgestellt sind, desto schneller werden sie sich von den Folgen des Shutdowns erholen. Diese Erkenntnis ist auch im größten Teil der Unternehmen verankert: 94 % sehen in der Industrie 4.0 die Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie.
Mehr als jeder Zweite (55 %) betont, Industrie 4.0 gebe dem eigenen Geschäft generell neuen Schub. Insgesamt sieht eine überwältigende Mehrheit von 93 % der Industrie-Unternehmen die digitale Transformation als Chance – und nur 5 % als Risiko.
Digitalisierung schafft neue Geschäftsmodelle
Bei fast drei Vierteln (73 %) der deutschen Industrieunternehmen werden im Zuge von Industrie 4.0 nicht nur einzelne Abläufe oder Prozesse verändert, sondern ganze
Etwas mehr als jedes zweite Unternehmen (51 %) entwickelt neue Produkte und Dienstleistungen oder plant dies (2018: 39 %). Jedes Vierte verändert bestehende Produkte oder hat dies vor. Automobilproduzenten entwickeln sich zu Anbietern von Mobilitätslösungen und Hersteller von Medizintechnik werden zu smarten Gesundheits-Dienstleistern. Wenn die Produktion mit Abbau der Corona-Beschränkungen nun langsam wieder hochgefahren wird, sollte das eigene Geschäft erneut auf den Prüfstand gestellt werden.
Die Geschäftsmodelle der Zukunft sind ausschließlich digital. Die Mehrheit der Industrieunternehmen, die neue Produkte und Dienstleistungen im Zuge von Industrie 4.0 entwickeln, setzt dabei auf Plattformen.
88 % entwickeln digitale Plattformen neu oder weiter oder beteiligen sich daran. Auf ihnen können Produkte oder Services vertrieben oder auch Kunden mit Lieferanten vernetzt werden. 45 % haben sogenannte Pay-Per-Use- oder Production-as-a-Service-Modelle eingeführt:
Damit verkauft etwa ein Maschinenbauer keine Maschinen mehr, sondern vielmehr Produktionskapazitäten, je nach Bedarf des Kunden. Die Reifenfirma Michelin entwickelte einen neuen besonders haltbaren aber kostenaufwendigen Lkw-Reifen, der im Markt floppte. Dies änderte sich schlagartig als man den Speditionen eine Pay-Per-Use Lösung nach gefahrenen Kilometern anbot.
18 % der befragten Unternehmen, in denen neue Produkte und Dienstleistungen im Zuge von Industrie 4.0 entwickelt oder geplant werden, setzen auf datenbasierte Geschäftsmodelle. Allerdings wirken die neuen Geschäftsmodelle aktuell nur zu einem kleinen Teil disruptiv: Bei 3 % der betreffenden Unternehmen wurden bisherige Geschäftsmodelle komplett abgelöst. Bei einer Mehrheit von 77 % existieren neue und alte Geschäftsmodelle vorerst noch nebeneinander.
Natürlich gibt es auch Hemmnisse bei der Einführung von Industrie 4.0 wie Abbildung 2 verdeutlicht.
Was ist eine Plattformökonomie?
Als Plattformökonomie bezeichnet man internetbasierte Geschäftsmodelle, bei der Anbieter mit Interessenten / Kunden auf einem digitalen Marktplatz zusammengebracht werden, z. B., Handelsplattformen wie Amazon, Suchende und Werbetreibende (Suchmaschinen wie Google), Hungrige und Gastronomie (Lieferservice), Mietinteressenten mit Immobilienanbietern (Immobilienportale), Selbständige mit Auftraggebern (Freelancer- und Projektseiten),
Fahrer und Autos mit Transportbedürftigen (MyTaxi), Reisende und Wohnungsbesitzer (Unterkunftsvermittlung, Airbnb ) oder Hotels (Hotelportale Booking.com, HRS)
5G – Nervensystem von Industrie 4.0
Der Großteil der deutschen Industrieunternehmen setzt große Hoffnungen in den neuen Mobilfunkstandard 5G, mit dem sich große Datenmengen drahtlos und in Echtzeit übertragen lassen. 73 % der Industrieunternehmen sehen die Verfügbarkeit von 5G für das eigene Geschäft als wichtig an – davon 36 % als ‚sehr wichtig‘ und 37 % als ‚eher wichtig‘ (Abb. 3). 5G ist für die deutsche Industrie eine Schlüsseltechnologie und das Nervensystem der Industrie 4.0
Künstliche Intelligenz in jedem siebten Unternehmen
Eine ebenfalls große Bedeutung wird Künstlicher Intelligenz (KI) beigemessen. Jedes siebte Unternehmen (14 %) nutzt aktuell Künstliche Intelligenz im Kontext von Industrie 4.0, wobei größere Unternehmen ab 500 Mitarbeitern mit 23 % deutlich häufiger auf KI setzen als kleinere Unternehmen mit weniger als 200 Mitarbeitern (9 %) oder 200 bis 499 Mitarbeitern (11 %).
Zu den gängigen KI-Anwendungen zählen etwa Predictive Maintenance, bei der mithilfe von Algorithmen und Sensoren der Betrieb von Maschinen überwacht wird, so dass die KI noch vor einem drohenden Ausfall auf die notwendige Wartung hinweist (Abb. 4). Auch Roboter, die ihre Arbeitsabläufe auf aktuelle Erfordernisse hin selbständig anpassen können, sind ein solches Beispiel.
Zu den wichtigsten Vorteilen von KI in der Industrie zählen die Unternehmen neben der genannten Möglichkeit der vorausschauenden Wartung (43 %) eine Steigerung der Produktivität (41 %) sowie die Optimierung von Produktions- und Fertigungsprozessen (39 %). Mehr als jedes zweite Industrieunternehmen (58 %) sieht in KI disruptives Potenzial, hält es also für wahrscheinlich, dass Geschäftsmodelle dadurch nachhaltig und tiefgreifend verändert werden.
Deutschland international weit vorn?
Die Angaben basieren auf dem Ergebnis einer repräsentativen Studie zur Digitalisierung der deutschen Industrie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die 552 Industrieunternehmen ab 100 Mitarbeitern von Mitte Februar bis Anfang April 2020 befragt wurden.
Auf den Punkt gebracht:
- 81 % der Industrieunternehmen in Deutschland nutzen oder planen in 2020 Anwendungen im Rahmen von Industrie 4.0 lt. einer neuen Umfrage des Branchenverbandes bitkom
- Bei 73 % der Industrieunternehmen beeinflusst Industrie 4.0 das Geschäftsmodell; 2018 waren dies nur 59 %
- Plattformbasierte Geschäftsmodelle stehen mit 88 % ganz vorne, gefolgt von Pay-per Use Modellen mit 45 % und Datenbasierten Geschäftsmodellen mit 18 %
- 58 % der befragten Industrieunternehmen glauben das künstliche Intelligenz (KI) ihre Geschäftsmodelle tiefgreifend verändern wird, dabei werden eine Vielzahl von Vorteilen gewonnen (Abb. 4)
Industrie 4.0 ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Die künstliche Intelligenz muss zu einer europäischen Schlüsseltechnologie werden, damit der Umbau von alten zu neuen Geschäftsmodellen gelingt. Dazu gehört auch die digitale Souveränität und Daten-Souveränität in Europa. Eine sichere europäische Cloud Infrastruktur ist eine dringende Voraussetzung,
Alles Gute in diesen außerordentlichen Zeiten
Ihr
Hans-Joachim Friedrichkeit
Kontakt
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.pcb-network.com