Gespräch des Monats: Dr. Harald Schöning, Forschungsbeirat ‚Industrie 4.0‘

Dr. Harald Schöning, Forschungsbeirat ‚Industrie 4.0‘

„Industrie 4.0 ist noch lange nicht abgeschlossen“

Dr. Harald Schöning, Software AG und Sprecher der Industrie im Forschungsbeirat ‚Industrie 4.0', blickt mit Skepsis auf den Begriff ‚Industrie 5.0'.

Sie bezeichnen die Verwendung des Wortpaars ‚Industrie 5.0' als Fehler. Warum?

Erstens steht bei ‚Industrie 4.0' das 4.0 für die vierte industrielle Revolution – nach Mechanisierung, Arbeitsteilung, Automatisierung nun Industrie auf Basis von cyber-physischen Systemen. Eine fünfte industrielle Revolution ist nicht in Sicht. Zweitens greift ‚Industrie 5.0' nur Aspekte auf, die bei ‚Industrie 4.0' von Anfang an mitgedacht waren. Drittens – der wichtigste Grund – könnten kleine und mittlere Unternehmen auf dem Weg hin zur ‚Industrie 4.0' verunsichert werden. Das würde den Fortschritt hemmen.

Der Neologismus soll auf 'weiche' Faktoren wie Emotionen, Sinn- und Menschlichkeit in einer industriellen Ära hinzuweisen, in der Menschen verstärkt mit Maschinen und Robotern zusammenarbeiten und mit KI-Algorithmen kommunizieren. Halten Sie das für überzogen?

Im Gegenteil. Der Mensch stand von Anfang an bei ‚Industrie 4.0' im Mittelpunkt. Ohne Einbeziehung des Menschen in seiner gesamten Verfasstheit kann sie nicht gelingen. In der Plattform ‚Industrie 4.0' gibt es eine eigene Arbeitsgruppe zu diesem Thema. ‚Industrie 5.0' suggeriert, dass das Thema Mensch von den anderen Aspekten der ‚Industrie 4.0' getrennt ist. Das halten wir für falsch.

Laut Ihrer Kritik suggeriere der neue Begriff, dass die ‚Industrie 4.0 abgeschlossen sei' …

Das ist sie ist noch lange nicht. Die theoretischen und technischen Grundlagen sind weitgehend geschaffen worden, die industrieweite Umsetzung wird noch Zeit benötigen. Notwendige Investitionen gerade in kleinen und mittleren Unternehmen müssen noch getätigt werden, Themen wie Datenräume nehmen jetzt erst Fahrt auf.



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