Reiner Söhlmann leitet die PFAS-Geschäftsstelle des Landkreises Rastatt, der aufgrund von Kontamination ein Hotspot der ‚Ewigkeitchemikalien' ist (siehe Onlineartikel "Kolumne: Anders gesehen – Drücken wir das Abbild der Ewigkeit auf unser Leben![1]").
Wie lebt Rastatt mit der PFAS-Belastung?
Rastatt ist ein außergewöhnlicher Fall aufgrund der Größe des belasteten Bereiches. PFAS finden sich nicht nur im Boden, sondern davon ausgehend auch im Grundwasser. Bei jeder Baumaßnahme muss geklärt werden, ob kontaminiertes Material vorliegt und wie es entsorgt werden kann. Bei Eingriffen in den Untergrund muss wegen des geringen Grundwasserflurabstandes belastetes Wasser abgepumpt werden – aber wohin damit? Unsere Oberflächengewässer sind ja auch betroffen, die Flüsse und Seen. Angler müssen sich stets Gedanken machen, ob sie gefangene Fische noch essen können.
Das Vertrauen in die chemische Industrie ist verloren gegangen
Die Industrie argumentiert, dass stabile Fluorpolymere die Umwelt nicht belasten ...
Die Herstellung von Fluorpolymeren verursacht die größten Schadensfälle, die wir überhaupt kennen. Gucken Sie nach Gensdorf, nach Zwijndrecht, nach Dordrecht, nach Venezien, nach Lyon: Überall entstehen bei der Produktion wahnsinnige Schäden. Bei der Anwendung stimme ich bedingt zu – aber danach besteht ja noch das Problem der Entsorgung. Ein Forschungsprojekt konnte zudem nachweisen, dass Seitenkettenpolymere durchaus PFAS freisetzen.
Was wäre Ihr Appell an Industriebranchen, die vom PFAS-Einsatz abhängig sind?
Sie sollten sich schleunigst Gedanken über alternative Produkte und Ersatzstoffe machen, aber diesmal nicht nur wieder andere PFAS wie Adona oder GenX. Hierzu muss in Forschung investiert werden, statt dies wieder mal dem Ausland zu überlassen. Wir wollen doch ein Hochtechnologieland sein. Dann muss aber ein Umdenken stattfinden, auch in der Medizin-, Elektro-, und Halbleitertechnik. Einfach zu sagen ‚Ich kann nicht auf PFAS verzichten', das reicht nicht.