Der Wandel hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung erfordert den Ausbau erneuerbarer Energien. Dabei rückt auch die Nutzung von Wasserstoff in den Fokus, wobei technologische Lösungen aus der Industrie erforderlich sind. Rehm Thermal Systems leistet diesen Beitrag auf mehreren Ebenen.
Im Bereich Leistungselektronik hat sich das Dampfphasenlöten unter Vakuum als prozesssichere Technologie etabliert – etwa für Module in Wechselrichtern oder Ladesäulen. Durch die Begrenzung der Löttemperatur werden temperaturempfindliche Bauteile geschont. Gleichzeitig ermöglicht das Vakuum der Condenso-Systeme großflächige Lötstellen mit geringem Porenanteil für eine optimale thermische Anbindung, was die Lebensdauer der Baugruppe erhöht.
Durch den Ausbau des Produktportfolios vom Rehm wird ein weiterer Beitrag im Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur für eine unabhängige, europäische Energieversorgung geleistet. Mit Kernkompetenzen im Temperaturbereich von -40 °C – 1200 °C bietet das Unternehmen Systeme für den Materialauftrag sowie thermische Produktionslösungen für Elektrolyseur- und Brennstoffzellenkomponenten – skalierbar und hochautomatisiert. Dieses Anwendungsfeld ist eng mit der Leistungselektronik verknüpft, insbesondere durch vergleichbare Anforderungen an die elektrische Systemintegration und Prozesstechnik.
Brennstoff- und Elektrolyseurzellentypen
Es gibt verschiedene Arten elektrochemischer Zellen, zu den gängigsten zählen die PEM-Zellen (Proton Exchange Membrane, Protonenaustauschmembran) und die SO-Zellen (Solid Oxide, Festoxid), die als Brennstoff- und Elektrolyseurzellen betrieben werden können. Bei der Elektrolyse wird elektrische Energie verwendet, um aus Wasser Wasserstoff und Sauerstoff zu erhalten, während in der Brennstoffzelle der umgekehrte Prozess stattfindet. Die Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser unter Abgabe elektrischer Energie findet jeweils an der Membran der Brennstoffzelle statt. Hier unterscheiden sich die Zellen und daraus ergibt sich auch für die beiden Arten eine unterschiedliche Betriebstemperatur: PEM-Zellen arbeiten bei 60 – 80 °C, SO-Zellen bei 600 – 1000 °C – daher sind erstere mobil und letztere stationär eingesetzt.
Aufbau und Komponenten der Zellen
Bei PEM-Brennstoffzellen übernimmt die Bipolarplatte (BPP) zentrale Aufgaben: Sie leitet die Reaktionsgase, leitet Strom und verbindet Zellpole. In Festoxid-Brennstoffzellen (SOFC) kommt stattdessen eine Interconnect-Platte (ICP) zum Einsatz, die für die elektrische Verbindung der Zellen sowie die Gasverteilung sorgt. Beide Plattenarten müssen hohe Anforderungen an elektrische Leitfähigkeit, Gasdichtheit und thermische Stabilität erfüllen. Um diese Funktionen sicherzustellen, erhalten sie gezielte Beschichtungen. Ebenso wird auch die jeweilige Membran – polymerbasiert bei PEM, keramisch bei SOFC – funktional beschichtet. Damit die Funktionalität der Schichten gewährleistet ist, folgen jeweils exakt definierte thermische Produktionsprozesse.
Eine BPP besteht aus zwei geprägten Metallhälften, die miteinander verschweißt werden. Die Sicke am äußeren Rand der Platte dient als konturierte Aufnahme für die Dichtung und sorgt für eine definierte Federwirkung (vgl. Abb. 1). So bleibt die Dichtfunktion auch unter thermischer und mechanischer Belastung zuverlässig erhalten. Die Dichtungen trennen Medien, stabilisieren mechanisch und verhindern unkontrolliertes Eindringen von Fremdpartikeln in die Zelle sowie ein Entweichen der Reaktionsprodukte.
Das Dichtmaterial bei PEM-Zellen besteht aus Silikonen oder Elastomeren. Da SO-Zellen eine höhere Betriebstemperatur aufweisen, wird dort eine Glaspaste für die Dichtung verwendet, die bei hohen Temperaturen weich wird und eine dichte Verbindung zwischen den Komponenten herstellt. Im Unterschied zur BPP besteht die ICP nicht aus zwei geprägten Hälften, sondern aus einem massiven Stahlteil, das speziell für ein höheres Temperaturniveau ausgelegt ist.
Das integrierte Flowfield der Platten ist ein eingeprägtes Kanalmuster, das die Gase gleichmäßig über die Zellfläche führt und den Abtransport von Wasser und Wärme ermöglicht (vgl. Abb. 1). Dieses wird bei metallischen BPP beschichtet, um vor Korrosion zu schützen, mechanische Stabilität zu erzeugen und elektrische Leitfähigkeit zu garantieren. Bei BPP aus Graphit wird i. d. R. darauf verzichtet, da Graphit diese Anforderungen von Natur aus bietet. Da für ICP ausschließlich ferritischer Stahl verwendet werden kann, wird hier ein sogenanntes Mixed Conducting Oxide (MCO) Coating aufgetragen, damit das Chrom aus dem Stahl nicht mit der Zelle in Kontakt kommt. Zusätzlich erhält sowohl die keramische Membran in SO-Zellen als auch die MEA (Membrane Electrode Assembly) in PEM-Zellen eine Beschichtung, für Leitfähigkeit und Reaktivität.
Abb. 1: ZSW HyFaB Generic-Stack metallische PEM Bipolarplatte – hergestellt von EKPO
Herstellung des Stacks
Nachdem die BPP oder ICP zugeschnitten, geprägt und gereinigt wurden, wird das Flowfield beschichtet. Dies geschieht bei PEM selektiv per Walzendruck oder Dispensing bzw. gesamtflächig per PVD. Im Bereich der SO-Zellen erfolgt die MCO-Beschichtung der ICP meist per PVD oder Plasma-Spraying. Zudem wird jeweils die Dichtung aufgetragen – bei PEM-Zellen per Siebdruck, Dispensing oder Spritzguss, bei SO-Zellen hingegen i. d. R. per Siebdruck oder vereinzelt per Dispensing. Das Dispensing bietet eine hohe Flexibilität für verschiedene Materialien, Präzision sowie Wiederholbarkeit und verhindert Blasenbildung im Material. Dieser Prozess wird im Portfolio der Firma Rehm mit den Protecto-Systemen abgebildet. Druck- und Dispensprozesse erfordern eine nachfolgende thermische Behandlung. Nach dem Materialauftrag werden die Platten in Magazinen oder gestapelten Warenträgern automatisiert gehandelt und dem thermischen System zugeführt. Bei PEM BPP wird zuerst bei 80 – 100 °C getrocknet, um Lösemittel aus dem Material herauszutreiben und eine Blasenbildung in der Dichtung zu verhindern. Anschließend muss die Dichtung für eine vollständige chemische Vernetzung bei 170 – 200 °C vulkanisiert werden. Dieser thermische Prozess wird als Stufenprofil in einem Durchlauf abgebildet. Beim Spritzguss kann zur Qualitätsoptimierung ebenfalls ein Post-Curing-Prozess von max. 180 °C notwendig sein. Zur Prozessierung von BPP und ICP eignen sich Magazintrockner mit Konvektion, welche durch Schotts eine optimale Zonentrennung bieten und eine Abbildung von Stufenprofilen zulassen (vgl. Abb. 2). In den Magazinen oder gestapelten Warenträgern finden hunderte der Platten Platz, damit in High-Volume-Produktionen geringe Taktzeiten von wenigen Sekunden pro Platte erreicht werden können.
In der industriellen Serienfertigung wird für hohe Präzision auch bei der Beschichtung der keramischen Membran überwiegend der Siebdruck eingesetzt. Dabei werden die Funktionsschichten nacheinander aufgetragen. Nach dem Druckprozess erfolgt jeweils eine Trocknung bei 80 – 180 °C, gefolgt von einer Sinterung bei 900 – 1600 °C für eine funktionale Zellstruktur. Keramische Membranen erfordern höhere Temperaturgradienten, weshalb hier Systeme zum Einsatz kommen, die Infrarotstrahlung mit Konvektion kombinieren. Die empfindlichen 20µm dünnen Substrate werden auf stabilisierenden Geflechtsbändern aus Edelstahl oder Teflon geführt.
Nach bestandener Qualitätsprüfung werden die Zellen zusammengesetzt, um die gewünschte Gesamt-leistung zu erhalten. Zusätzlich erfolgt die mechanische Verbindung mit Anschlussplatten durch Verschrauben oder Klemmen, um einen dichten, stabilen Stack zu erhalten.
Abb. 2: Magazintrockner mit Stufenprofil für die Fertigung von BPP und ICP
Skalierbarkeit der Prozesse
Um moderne Produktionslinien effizient zu gestalten, stellt die Firma Rehm automatisierte Systeme her, die eine wiederholgenaue Fertigung ermöglichen. Die thermischen Systeme sind flexibel skalierbar und werden entsprechend den Materialanforderungen und dem Produktionsvolumen kundenspezifisch ausgelegt. Sie erfüllen die Anforderungen der DIN EN 1539 und sind dank separater Kühlzonen energieeffizienter als klassische Batch-Öfen.
Während in Greenfield-Projekten ausreichend Fläche verfügbar ist, zeigt sich in bestehenden Produktionsstandorten (Brownfield-Umgebungen) vermehrt die Herausforderung, neue Linien platzsparend zu integrieren. Je nach Temperaturprofil kann die Länge thermischer Systeme variieren. Um begrenztem Raumangebot gerecht zu werden, bietet das Unternehmen auch Anlagen mit vertikaler Produktführung an, wobei der Footprint um den Faktor Zehn reduziert werden kann.
Gemeinsam mit Partnern werden individuelle Linienkonzepte in unterschiedlichen Automatisierungsgraden und Traceability-Varianten konzipiert. Bereits in der Entwicklungs- und Prototypingphase steht zur Ermittlung optimaler Prozessparameter das firmeneigene Technology Center zur Verfügung.
Fazit
Um den wachsenden Anforderungen wasserstoffbasierter Energiesysteme gerecht zu werden, sind leistungsfähige und anpassbare Fertigungsprozesse entscheidend. Rehm Thermal Systems setzt dabei nicht nur auf bewährte Technologien, sondern entwickelt individuelle Lösungen. Mit Blick auf steigende Stückzahlen, neue Zellkonzepte und höhere Automatisierungsgrade wird eine starke technologische Basis geboten – heute und in Zukunft.
Zur Person
Jasmin Fuchs ist seit über fünf Jahren bei Rehm Thermal Systems tätig. Als Sales Managerin mit dem Schwerpunkt neue Märkte ist sie die Ansprechpartnerin für Systemlösungen in der Elektrolyseur- und Brennstoffzellenproduktion sowie in der Medizintechnik. Ihr Aufgabengebiet umfasst die weltweite Markterschließung und Kundenbetreuung sowie verschiedene Aspekte des Business Developments, um innovative und zukunftsorientierte Bereiche strategisch zu entwickeln.