Die LOPEC als führende Fachmesse der flexiblen, organischen und gedruckten Elektronik lockte 168 Aussteller und 2.300 Besucher an, die das ganze Spektrum dieser Schlüsseltechnologie bestaunen konnten. Im Vergleich zu früheren Jahren zeigte sich deutlich, welch immensen Schritt nach vorn sie gemacht hat.
Zwar stand nur eine der vielen Hallen der Messestadt München für die LOPEC zur Verfügung. Zusätzlich hatten sich die Veranstalter laut Dr. Martin Lechner, Executive Director bei der Messe München, bewusst dazu entschieden, einige Stände im Kongresszentrum (ICM) aufzubauen. Dadurch entstand eine enge Anknüpfung an den parallel abgehaltenen LOPEC-Kongress, auf dem Experten aus 22 Ländern in rund 17 Präsentationen ihr Fachwissen vermittelten. Ihre Expertise strahlte auf die gesamte Messe aus. Sowohl in den Vortragssälen als auch an den Ständen war das Interesse spürbar – die Verzahnung von Kongress und Ausstellern empfand unsere Redaktion als höchst gelungen.
Wir besuchten unter anderem Vorträge von Dr. Peter Zalar (Holst Centre Eindhoven), Dr. Chloé Bois (ici, Printability and Graphic Communications Institute), Daniel Strohmayr (tacterion) und Ezgi Inci Yesilyurt (ipf, Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden), die Einblicke in die teils unglaublichen Fortschritte der gedruckten und organischen Elektronik gewährten.
Dr. Zalar sprach in seinem Kurzlehrgang zu dehnbaren Sensorsytemen (‚Making Sensors Stretchable') über sich selbst reparierende Hydrogels, die etwa in Kontaktlinsen zum Einsatz kommen, über flüssige Metalle, mit denen Leiter und Halbleiter gedruckt werden können, und die immer eindrucksvolleren Eigenschaften flexibler Sensorik: ihre Dehnbarkeit (stretchability), Porosität (porosity), Durchsichtigkeit (transparency) und schwindende Dicke (thickness) verbessern sich immer mehr.
Dr. Bois, die seit 2016 das kanadische Institut ici leitet, befasste sich mit der Nachhaltigkeit gedruckter Elektronik. Sie wies auf die zunehmende Regulatorik der Nachhaltigkeitssziele weltweit hin. Dass etwa laut des Abkommens von Paris (2015) ganze 169 Vorgaben erreicht werden sollen, nehme auch die Hersteller mehr in die Pflicht. Laut Dr. Bois verbiete sich ‚Green Washing', und Elektronikhersteller sollten verstärkt Experten zu Rate ziehen, um etwa die Lebenszyklusanalyse (‚life cycle assessment' bzw. LCA) zu verbessern.
Daniel Strohmayr zeigte den Einsatz gedruckter Elektronik im Bereich ‚Augmented Reality' (AR). tacterion entwickelt mit dem ‚skillflow TX-1' einen Handschuh, der dem Benutzer einen digitalen Tastsinn ermöglich, um seine Arbeitsleistung während der Ausführung zu analysieren. TX-1 vergleicht sie mit vordefinierten Zielen und gibt dem Bediener sofortige Rückmeldung – eine intelligente Erweiterung des Bedieners zur Fehlererkennung. So wird neben der visuellen auch die taktile Wahrnehmung für AR nutzbar gemacht. Laut Strohmayr üben 80 % der Arbeitnehmer weltweit ihre Tätigkeit nicht am Schreibtisch aus (‚deskless work') – das sind bis zu fünf Mrd. Menschen. Sie werden von taktilem AR-Equipment enorm profitieren, und dieses erfordert elektronische Elektronik für Tragekomfort.
Ezgi Inci Yesilyurt behandelte im Vortrag Tinten auf der Grundlage optimaler Polyanilin/Kohlenstoff-Materialszusammensetzungen für druckbare Elektroden von Superkondensatoren. Eine große Herausforderung ist die Viskosität dieser Tinten (Zähflüssigkeit) Am ipf wurden im Zusammenspiel mit der Universität Tampere (Finnland) wasserbasierte Elektrodentinten unter Verwendung von Chitosan-Bindemitteln und PANI/Kohlenstoff-Kompositen hergestellt und spezifische Kapazitätswerte zwischen 300 F/g und 400 F/g erreicht. Mit Hilfe des Rotationssiebdrucks sollen monolithische Superkondensatoren hergestellt und die Eignung der Tinte für eine großtechnische Produktion untersucht werden.
Die Möglichkeiten gedruckter und organischer Elektronik war an den Messeständen zu erleben. Einen ersten Eindruck gab Dr. Klaus Hecker, Geschäftsführer des LOPEC-Veranstalters OE-A, der im Anschluss an die Pressekonferenz (s.o.) Innovationen des LOPEC-‚Showcase' zeigte. Befragt nach seinen persönlichen Highlights führte er unter anderem einen smarten Ski an, der Vibrationen ‚spürt', ebenso Sensoren, die zum Leckageschutz in Gebäuden verwendet werden können, Datenhandschuhe für das Metaverse und zahlreiche Anwendungen im Automobilbereich.
Wir selbst wurden Zeugen, welche Anwendungen bereits auf gedruckter Elektronik beruhen oder sie integrieren. Die zeigte etwa der Messestand der Firma Henkel. Die Firma verwandelt mit ‚Smart Adult Care' eine Windel in ein intelligentes, vernetztes medizinisches Gerät – ein wichtiger Schritt in die Zukunft der patientenzentrierten Pflege. Ausgestattet mit einem leichten, flexiblen gedruckten Sensor und einer wiederverwendbaren Hülle ermöglicht die Windel dem Pflegepersonal Feuchtigkeit, Bewegung und Temperatur aus der Ferne zu überwachen, während der Träger vom bedarfsgerechten Tausch der Windel profitiert. Henkel präsentierte weitere medizintechnische Innovationen wie ‚Smart Health Patches', die elektrisch Wärme erzeugen, sowie das flexible Tampondruckverfahren (‚pad printing'). Es ermöglicht gedruckte Elektronik auf unebenen, gewölbten oder kantigen Oberflächen mit hochleitfähigen Tinten.
Einige Innovationen zeigen die Bilder auf der kommenden Seite. Auch die herkömmliche Leiterplattenherstellung profitiert von dieser Technologie. So kann laut Dr. Hecker flexible Elektronik mit leistungsfähigen Silicium-Chips zum Auslesen und zur Prozessierung der umfangreichen Daten einer Sensorfolie kombiniert werden. Die Möglichkeiten solcher hybriden Systeme kann man nur erahnen.