Lassen sich aus Cellulosefasern ökologisch nachhaltige Platinen für die Elektronikindustrie herstellen? Ein multinationales Team innerhalb eines EU-Projekts namens ‚Hypelignum' geht u. a. dieser Frage nach. Ziel des Projektes ist eine biologisch abbaubare Elektronik.
Dem ‚Hypelignum'-Team gehört auch Thomas Geiger an, Forscher an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). Er forscht schon länger auf dem Gebiet der Cellulosefibrillen – feinen Fasern, die sich aus Holzabschnitten oder landwirtschaftlichen Abfällen herstellen lassen. Sie verbrennen ohne Rückstände und sind kompostierbar. Geiger untersucht, ob sich aus diesen Fasern auch Basismaterial für Leiterplatten herstellen lässt, denn herkömmliche starre Leiterplatten sind bekanntermaßen Verbundwerkstoffe auf der Grundlage glasfaserverstärkter Expoxidharze, die bisher nicht recyclingfähig sind.
Geiger hatte bereits Platinen aus Cellulosefasern hergestellt und deren biologischen Abbau untersucht. Die Biofasern ergeben mit Wasser vermischt einen dickflüssigen Schlamm, der sich in einer Spezialpresse entwässern und verdichten lässt. Gemeinsam mit einer Kollegin stellte er 20 Versuchsplatinen her, die diversen mechanischen Tests unterworfen und schließlich mit elektronischen Komponenten bestückt wurden. Der Versuch gelang, denn die Celluloseplatine gab nach wenigen Wochen in der Natur die aufgelöteten Bauteile wieder frei.
Seidiger Glanz wie Elfenbein
Geiger konnte auch gemeinsam mit einer Fachhochschule aus Rapperswil Gehäuseteile für Computermäuse aus dem Material entwickeln. Die hergestellten Gehäuseteile glänzen seidig und ähneln in Farbe und Haptik Werkstücken aus Elfenbein.
Innerhalb des europäischen Forschungsprojekts ‚Hypelignum' können nun die Mitarbeiter der Empa ihre gewonnenen Erkenntnisse einbringen. Das Projekt startete im Oktober 2022. Das Konsortium mit Beteiligung aus Österreich, Slowenien, Spanien, den Niederlanden, Schweden und der Schweiz plant, Öko-Leiterplatten aus verschiedenen Materialien herzustellen und zu evaluieren. Neben nanofibrillierter Zellulose (CNF) wird als Basis Holzwolle und Zellstoff aus Pappelholz untersucht; auch Holzfurnier kommt als Basis für die Platinen zum Einsatz.
Forschungsabteilungen der Empa werden im Rahmen des Projekts mit Hilfe von Material-Datenbanken den ökologischen Fußabdruck der Öko-Leiterplatten berechnen und die einzelnen Konzepte untereinander vergleichen und aus nachwachsenden Rohstoffen die Leiterplatten herstellen. Die Platinen müssen nicht nur eine hohe mechanische Festigkeit aufweisen, sondern dürfen auch in feuchten Bedingungen nicht aufquellen oder bei sehr niedriger Luftfeuchtigkeit Risse bilden. Geiger ist überzeugt, dass Cellulosefasern eine sehr gute Alternative zu Glasfaser-Verbundwerkstoffen sein können.
Das Material wird in einer Spezialpresse mit 150 t Druck entwässert. So kleben die Cellulosefasern ohne weitere Hilfsstoffe zusammen. Die Eigenschaften der so gewonnenen Basismaterialien hängen von den Prozessparametern Druck, Temperatur und Zeit des Pressvorganges ab.
Das EU-Projekt hat weitgesteckte Ziele: Es soll nicht nur Leiterplatten aus nachwachsenden und kompostierbaren Rohstoffen untersuchen, sondern auch leitfähige Tinten für die elektrischen Verbindungen zwischen den Bauteilen entwickeln. Diese Tinten werden oft basierend auf Silber-Nanopartikeln hergestellt.
Die Forschenden suchen nach preisgünstigeren und weniger raren Ersatzmaterialien, ebenso wie nach einer ökologischen Produktionsmethode für diese Nanopartikel.