Dank Kapitalvermehrung, gesteigerter Produktivität und zunehmenden technischen Fortschritten sollte die Wirtschaft gegen Anfang des 21. Jahrhunderts nicht nur die Grundbedürfnisse aller Menschen erfüllen, sondern auch dafür sorgen, dass niemand mehr als 15 Stunden pro Woche zur Arbeit geht. Die Futurologen in den 60iger-Jahren schwärmten von paradiesischen Zuständen, ohne sich zu fragen, ob Menschen das Paradies überhaupt aushalten. Stand nicht in der Bibel, dass sie dort nichts mehr zu suchen hätten und aus ihm vertrieben wurden?
Als die soziologisch orientierten Futurologen hemmungslos die baldige Ankunft im gelobten Land des Nichts-zu-tun-habens feierten, machte sich auch der bald zu Nobelpreisehren kommende Physiker Dennis Gabor Gedanken über die „Menschheit morgen“, wie sein 1969 erschienenes Buch hieß, in dem er „drei große Gefahren“ aufzählte, die „unsere Kultur bedrohen: die Vernichtung per Atomkrieg, Lähmung durch Überbevölkerung und das Zeitalter der Muße.“
Gabor meinte, dass die Menschen in den ersten beiden Fällen wissen, was zu tun ist, befinden sie sich doch in einer Situation, auf die die Evolution sie mit ihrem Überlebenskampf gut vorbereitet hat. Und im Gegenteil zu der Hoffnung des Ökonomen befürchtete der Physiker, „auf das Zeitalter der Muße ist der Mensch psychisch ganz und gar nicht vorbereitet.“ Er weist darauf hin, dass Keynes das gewusst, aber nur versteckt geschrieben hat. Im Essay „Die wirtschaftlichen Möglichkeiten unserer Enkel“ meinte er, „für diejenigen, die ihr tägliches Brot im Schweiße ihres Angesichts verdienen müssen, ist die Muße eine langersehnte Süßspeise – bis sie sie bekommen.“ Was Menschen brauchen, ist weder das Paradies, noch ewiger Frieden. Was ihnen die Lust am Leben gibt, ist das Kämpfen und die Hoffnung, sich dabei zu bewähren. In den USA heißt es, „Winning isn‘t everything, winning is the only thing.“ Aber gewinnen kann nur, wer zuerst gekämpft hat. Das ist, was die „Menschheit morgen“ braucht: Kämpfe, die sie gewinnen kann. Zum Beispiel gegen den Klimawandel.