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Thursday, 28 March 2024 12:00

Von Nullen und Einsen

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Richard Utikal vor seiner Versuchsgalvanik in Achstetten-Bronnen. Richard Utikal vor seiner Versuchsgalvanik in Achstetten-Bronnen.

Utikal Automation aus Achstetten-Bronnen bei Ulm ist der Branchenexperte in Sachen Automatisierung. Nach 35 Jahren Geschäftstätigkeit ist das Unternehmen weltweit bekannt – und ein unentbehrliches Verbindungsglied zwischen der traditionellen Galvanotechnik und der Digitalisierung der Produktion in der Galvanotechnik.

Vor 35 Jahren, im Jahr 1989, wagte ein kleines Startup von einer Bürogemeinschaft in Ulm aus die ersten Schritte. Der einzige Mitarbeiter damals: Richard Utikal, Diplomingenieur der Automatisierungstechnik. Er hatte sich gerade selbstständig gemacht und arbeitete für IBM, das nach der Schließung seiner Entwicklungsabteilung in der süddeutschen Großstadt weiter auf seine Expertise bei Programmierung und Automatisierung setzte. „Im Vergleich zu heute konnten Computer damals noch gar nichts“, sagt Utikal schmunzelnd mit Blick auf Geräte wie den Commodore 64 mit 64 KB Arbeitsspeicher und der rudimentären Programmiersprache Basic. „Daten sammeln war damals noch gar nicht möglich. Seitdem hat es ein exponentielles Wachstum in der Datenverarbeitung gegeben“, spannt er den Bogen aus den späten 1980ern bis in die Neuzeit.

Der Unternehmensfilm im Retrolook beschreibt Umzüge und Entwicklung von Utikal Automation... (Foto:Screenshot)Der Unternehmensfilm im Retrolook beschreibt Umzüge und Entwicklung von Utikal Automation... (Foto:Screenshot)

Erfolgsmodell Produktionssoftware

Statt in der damaligen Bürogemeinschaft mit einer Sekretärin für alle, sitzt Richard Utikal heute in dem großen Konferenzraum seines Firmensitzes im baden-württembergischen Achstetten-Bronnen. Bei klarer Sicht ist von hier aus das Ulmer Münster in der Ferne zu sehen.

In den Räumen, die von einem langgezogenen Flur abzweigen, arbeiten inzwischen zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Utikal Automation. Ingenieure, Techniker und Kaufleute. Zur Galvanotechnik kam Utikal ein Jahr nach der Firmengründung mit einem Auftrag für das älteste galvanotechnische Unternehmen in Deutschland: die Langbein-Pfannhauser Werke, deren Niederlassung in Wien sich für ein Leitsystem interessierte. Ein paar Jahre später war es dann soweit und Galvcon, eine Automatisierungssoftware für Galvaniken, programmiert von Utikal Automation, eroberte den Markt. Im Verlaufe der Jahre kamen die Programme Aracon für die Automatisierung der Abwasserbehandlung, Simcon, für die Simulation von Prozessen und Fieldcon für die Wartung und Instandhaltung dazu. Ein Komplettpaket für Automatisierung und Steuerung in der galvanotechnischen Produktion.

Gemeinsam mit Software für den kaufmännischen Bereich, etwa von Softec, ergibt sich daraus eine umfassende Software-Ausstattung für Branchenunternehmen, inklusive Feuerverzinkern, Eloxierern oder Betreibern von Bandanlagen.

...Next Level: Rückkehr in die Gegenwart (Foto: Screenshot)...Next Level: Rückkehr in die Gegenwart (Foto: Screenshot)

Global Reach

Die Software interessiert inzwischen nicht nur Unternehmen im deutschsprachigen Raum, sondern weltweit. Utikal gibt am Rechner ein paar Befehle ein und schon erscheint auf dem überdimensionaen LCD­-Fern­seher im Konferenzsaal eine Weltkarte mit weitverzweigten Verbindungs­linien von Achstetten- Bronnen bis nach New York, Mexiko City, Shanghai, Mumbai, Dubai und vielen anderen Städten und Weltregionen. Der Nutzen der Software hat sich herumgesprochen und Experten mit detaillierten Branchenkenntnissen sind rar und gefragt.

Dementsprechend gut läuft das Geschäft. Eine Reise nach Mexiko zu einem Kunden steht als nächstes auf Richard Utikals Terminkalender. In Deutschland haben er und sein Team erst kürzlich die Business Days mit den besten Kunden ausgerichtet. Das Interesse ist groß und im Sommer steht auch die Implementierung der ersten KI-gestützten Produktionssoftware auf der Basis von Galvcon bevor. Seit 2020 arbeiten die Achstettener Automatisierungsexperten daran, eine Galvanik komplett digital abzubilden. Hierfür kooperieren sie seit zwei Jahren mit dem Karlsruher Institute of Technology (KIT).

Richard Utikal beschreibt die komfortable Nutzung der Produktionssoftware per Tablet, daneben Manuela Schmied-WolfsbauerRichard Utikal beschreibt die komfortable Nutzung der Produktionssoftware per Tablet, daneben Manuela Schmied-Wolfsbauer

Von der Softwareimplementierung bis zur Echtzeitsimulation

Utikal-Büste mit Logo, hergestellt und be­schichtet von einem Kunden zum 30. JubiläumUtikal-Büste mit Logo, hergestellt und be­schichtet von einem Kunden zum 30. JubiläumIm Allgemeinen läuft das Geschäft mit der galvanotechnischen Produktionssoftware aber eher bodenständig. Utikal oder seine Teammitglieder fahren zu neuen Kunden, nehmen deren Wünsche auf und informieren sich genauesten über Abläufe, Ladekonzepte und Programme. Dann entsteht häufig ein Pflichtenheft, das als Blaupause für die Projektplanung und Realisierungsphase im Haus dient. „Wir haben Standardmodule, die für den Kunden individualisiert werden. Die Wünsche der Kunden sind nur sehr selten identisch“, beschreibt der Unternehmer. Dann folgen Vorführungen beim Kunden, bei denen auch Simulationen zum Einsatz kommen, und anschließend die Softwareinstallation in der Galvanik. Produktionsbegleitung und Schulungen stellen den erfolgreichen Einsatz der Software sicher.

Und auch für den Service aus einer Hand ist gesorgt, wie Manuela Schmied-Wolfsbauer, langjährige Mitarbeiterin bei Utikal Automation und Galvanotechnik-Kolumnistin, betont: „Wir haben Schaltschrankbauer an der Hand und können auch PCs und SPS-Steuerungen bereitstellen.“ Dann berichtet sie, wie aufwendig Projekte manchmal ablaufen können. Eines der Projekte, an dem sie vor einigen Jahren teilgenommen hat, erfolgte beim Technologieunternehmen Tyco TE in Österreich. „Es wurden die kompletten Kabel ausgetauscht. Über die zweistöckige Galvanik hinweg wurden dann Schaltschränke per Kran hinein und hinaus befördert“, erinnert sich die Kommunikationsspezialistin, die einen eigenen Podcast betreibt und neben ihrer Management-Coachingagentur bei Utikal Automation arbeitet.

Während manche Projekte wie diese monatelange Vorarbeit erfordern, können reine Softwareimplementierungen in mittelgroßen Galvaniken mit zwei Linien und fünf Fahrwagen nach einer Woche abgeschlossen sein, so Richard Utikal. Sind wie beim Steckverbinderhersteller ODU aufwendige Visualisierungen auf einem riesigen Bildschirm im Eingangsbereich mit Abbildungen der Produktion in Echtzeit gewünscht, ist natürlich mehr Arbeit erforderlich. Hier werden sogenannte Clients aktiv, die Daten von Sensoren an den Produktionslagen abrufen und diese für eine Echtzeitsimulation verwerten. Abrufbar sind diese Simulationen dann auch auf Tablets und Computern. Geht es um Steuerung kann die Software dann auch für den Einsatz im Home-Office genutzt werden.

Komplexitätsreduktion für alle Mitarbeiter

Was komplex klingt, muss in der Bedienbarkeit nicht komplex sein. „Unsere Bediendisplays sind paraktisch und übersichtlich. Wir haben sogar auf Rot-Grün-Fehlsichtigkeit Rücksicht genommen, bieten Mehrsprachigkeit und auf Wunsch auch die analoge Uhrzeitenanzeige“, so Schmied-Wolfsbauer. Die Verbindung zur Produktion erfolgt über Barcodes, mit denen Produktionsfortschritte rückgemeldet werden. „Das ist komfortabler und schneller. Die Datenerfassung ist damit exponentiell gestiegen“, weiß Richard Utikal.

Aber was bringt so ein System? Hier holt Utikal aus und erklärt die Unterschiede von starren und flexiblen Steuerungen. Für große Serien, die immer gleichlaufen, etwa in Bandgalvaniken oder Verzinkereien, eignen sich starre Steuerungen. Hier ist der Durchsatz ohnehin sehr hoch, zum Teil bei 100 Prozent. Im Mischbetrieben sieht das jedoch anders aus. Hier laufen kleine und mittlere Serien. Es gibt unterschiedliche Programme mit verschiedenen Verfahren. Diese flexiblen Steuerungen sind das ganz große Know-how von Utikal Automation. „Das machen wir schon von Anfang an. Da sind wir führend“, betont der Geschäftsführer stolz. Mit den Systemen aus seinem Haus wird der Durchsatz in solchen Galvaniken optimiert und damit der Umsatz gesteigert. „Meistens hat sich die Implementierung unserer Systeme für Galvaniken schon nach einem Jahr amortisiert“, wirbt der Manager für seine Technologie. Der Durchsatz kommt so auf rund 95 Prozent. Mit KI soll die Software in Mischbetrieben sogar Durchsätze von 98 Prozent erreichen, so das Ziel. Das Kundenspektrum ist sehr groß: Exemplarisch zeigt Utikal auf dem Bildschirm im Konferenzsaal einige Logos von Unternehmen aus aller Welt, etwa Grauer & Weil in Indien, Galwano-Perfekt in Polen, Aalberts, Neutra Eloxal, ABB, De Martin, Siemens, Lufthansa Technik und der Kooperationspartner DEWE Brünofix.

Retrofit fast immer möglich

Doch wie sieht es mit dem Retrofit alter Anlagen aus? Das ist natürlich von vielfältigen Faktoren abhängig, doch grundsätzlich ist Richard Utikal überzeugt, jeder Galvanik mit seiner Technologie zu einer modernen und effizienten Produktionsweise verhelfen zu können, denn die Software ist sogar für Handgalvaniken geeignet, wie er bekräftigt. Gegebenenfalls müssen Elemente wie Schaltschränke ausgetauscht werden. Auch bei den Verfahren gibt es keinerlei No-Gos. Ängste von Älteren, dass Arbeitsplätze verloren gehen könnten, weil Wissen digitalisiert und automatisiert wird, lässt Manuela Schmied-Wolfsbauer nicht gelten: „Die Gefahr gibt es nicht, es verändert sich nur das Bild“. Eine gewisse Computeraffinität ist allerdings schon erforderlich, gesteht sie ein. Und die ist eher bei Jüngeren als bei Älteren gegeben. Ein Komplettpaket der verschiedenen Programme von Galvcon über Aracon bis Fieldcon ist eher selten. Die Steuerungssoftware für die Produktion und die Abwasserbehandlung ist in Kombination aber recht häufig, das beinhaltet dann auch die Chemielagerverwaltung und die ständige Übersicht über PH-Werte und ­­Schichtdicken.

Ein langjähriges Team: Manuela Schmied-Wolfsbauer mit Richard Utikal (Fotos: Robert Piterek)Ein langjähriges Team: Manuela Schmied-Wolfsbauer mit Richard Utikal (Fotos: Robert Piterek)

Erste Version läuft noch immer

Stolz ist Richard Utikal auch darauf, dass keine Updates für seine Systeme erforderlich sind. „Es gibt Kunden, bei denen Galvcon schon seit 30 Jahren läuft“, betont er und zeigt die erste Benutzeroberfläche, die er in den frühen 1990ern für erste Kunden entwickelt hat, auf dem Konferenzbildschirm. Auch wenn Rechner und Betriebssysteme veraltern, kann die Ursprungssoftware portiert werden. Daten lassen sich in Excel oder andere Programme übertragen. „Gerade für die Heizung nutzen das viele“, hat Utikal beoachtet. Mit verbesserter Effizienz der Anlagen durch seine Automatisierungstechnologie geht selbstredend auch Energieeffizienz einher. Ein wichtiges Thema in Zeiten von Höchstpreisen für die Kilowattstunde Strom. Weitere Effizienzmaßnahmen schlagen die Experten in den Beratungen über die richtige Automatisierunglösung mit Kunden darüber hinaus ebenfalls vor, etwa sogenannte Solid State Relais für die Heizung. „Die kann man von der Regelung her besser ansteuern“, so Utikal. Allerdings ist in Galvaniken naturgemäß auch irgendwann das Potenzial für Energieeffizienz erschöpft. Schließlich ist Energie zur Erzeugung von Wärme für die Bäder unerlässlich. Und die Datensicherheit? Ist durch eine komplette Abschottung des Systems sichergestellt, wie Utikal versichert. Der Zugriff, auch bei der Fernunterstützung der Kunden, wird nicht über Remote-Zugänge, wie etwa den unsicheren Team Viewer, sondern Virtual Private Networks (VPN) gesichert. Hinzu kommen Firewalls und Routereinstellungen.

Rückblick auf Hunderte Installationen

250 Anlageninstallationen in der Galvano- und Abwassertechnik sowie Reinigungs- und Abluftanlagen sind die Bilanz nach 35 Jahren Utikal Automation. Heute erwirtschaftet das Unternehmen 1,6 Millionen Euro jährlich. Und der Ausblick ist durchaus positiv. Aktuell bereiten sich Richard Utikal und sein Team auf die bevorstehende Surface Technology in Stuttgart im Juni vor. Bis zu Richard Utikals 65. Geburtstag im Jahr 2029 soll die Nachfolge geklärt und die Umsätze auf 2,5 Millionen Euro gestiegen sein. Ob einer seiner beiden Söhne das Unternehmen eines Tages übernimmt, ist momentan unklar. Manuela Schmied-Wolfsbauer macht das keine Sorgen. „Herr Utikal ist wie ein Duracell-Männchen“, scherzt sie.

Fotos: Robert Piterek

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